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    Plenarprotokoll 10/8 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 8. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung der Republik Burundi, Prof. Dr. Emile Mworoha, und einer Delegation 315A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Gerstl 315B Wahl der Abg. Dr. Althammer und Rapp (Göppingen) zu Mitgliedern des Verwaltungsrats der Lastenausgleichsbank . . 315 B Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 315B Erweiterung der Tagesordnung 315 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Weltwirtschaftsgipfel in Williamsburg und Europäischer Rat in Stuttgart — Drucksache 10/79 — Lahnstein SPD 315D Dr. Schäuble CDU/CSU 316C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Bericht der Enquete-Kommission „Jugendprotest im demokratischen Staat" — Drucksache 10/51 — Wissmann CDU/CSU 317 B Schröder (Hannover) SPD 320 C Eimer (Fürth) FDP 323D Kleinert (Marburg) GRÜNE 325D Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU . . . 327 D Frau Terborg SPD 330A Neuhausen FDP 334 C Burgmann GRÜNE 336 D Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 339A Weisskirchen (Wiesloch) SPD 345 A Breuer CDU/CSU 348 C Dr. Vogel SPD 350 C Mischnick FDP 353 B Frau Karwatzki CDU/CSU 354 D Vizepräsident Westphal 357 B Wahl der Wahlmänner gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht — Drucksache 10/66 — in Verbindung mit Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes — Drucksache 10/70 — 376A Ergebnis der Wahl 389 C Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) — Drucksache 10/71 — 376 D Festlegung der Zahl und Wahl der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission — Drucksachen 10/68, 10/72, 10/73, 10/90 — Jahn (Marburg) SPD 377 B Seiters CDU/CSU 378 C Fischer (Frankfurt) GRÜNE 379 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 Wolfgramm (Göttingen) FDP 379 D Ergebnis der Wahl 390 B Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Schuldenausschusses bei der Bundesschuldenverwaltung — Drucksache 10/74 — 381 C Wahl der vom Bundestag zu bestimmenden Mitglieder des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt — Drucksache 10/75 — 381 C Wahl der vom Bundestag vorzuschlagenden Mitglieder des Verwaltungsrats der Deutschen Bundespost — Drucksachen 10/54, 10/76 — 381 D Wahl der vom Bundestag vorzuschlagenden Mitglieder des Programmbeirats der Deutschen Bundespost — Drucksache 10/77 — 382A Wahl der vom Bundestag vorzuschlagenden Mitglieder des Kunstbeirats der Deutschen Bundespost — Drucksache 10/78 — 382 A Beratung des Agrarberichts 1983 der Bundesregierung — Drucksachen 9/2402, 9/2403 — Kiechle, Bundesminister BML 382 B Müller (Schweinfurt) SPD 390 B Susset CDU/CSU 394 C Paintner FDP 399 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 402 C Oostergetelo SPD 406 C Brunner CDU/CSU 411 C Borchert CDU/CSU 413 C Frau Blunck SPD 415 D Eigen CDU/CSU 419A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 10/34 — Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 10/33 — Dr. Spöri SPD 422 B Schily GRÜNE 424 C, 433 D Dr. Langner CDU/CSU 426 D Schröder (Hannover) SPD 429 D Beckmann FDP 432 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Oktober 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Arbeitslosenversicherung — Drucksache 10/40 — 434 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zusatzübereinkommen vom 8. Oktober 1982 zum Übereinkommen vom 9. Dezember 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Fürstentum Liechtenstein, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bereich der Sozialen Sicherheit — Drucksache 10/41 — 434 C Fragestunde — Drucksache 10/55 — Verbot des Verkaufs von Kunden-Computerdaten großer Versandhäuser MdlAnfr 36, 37 13.05.83 Drs 10/55 Frau Reetz GRÜNE Antw PStSekr Spranger BMI . . . 357 D, 358 A, B ZusFr Frau Reetz GRÜNE 357 D ZusFr Dr. Laufs CDU/CSU 358A Teilnahme des türkischen Filmregisseurs Yilmaz Güney an der Vorführung seines Filmes „Yol" ohne Gefahr einer Verhaftung durch deutsche Behörden MdlAnfr 38, 39 13.05.83 Drs 10/55 Schneider (Berlin) GRÜNE Antw PStSekr Spranger BMI . . 358 B, C, D, 359A ZusFr Schneider (Berlin) GRÜNE 358 C, D, 359A ZusFr Reents GRÜNE 358 D Umweltbelastende Auswirkungenn der Ölkatastrophe im Persischen Golf für die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 4, 5 13.05.83 Drs 10/55 Repnik CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA . 359 B, C, D, 360A, B ZusFr Repnik CDU/CSU 359C, 360 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 359C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 360 B Erteilung von Visa für ehemalige DDR-Bewohner durch amerikanische Konsulate MdlAnfr 8 13.05.83 Drs 10/55 Frau Blunck SPD Antw StMin Möllemann AA . . . 360 C, D, 361A ZusFr Frau Blunck SPD 360 C, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . 361A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . 361A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 III Verhaftung von Volksdeutschen in der Sowjetunion im Zusammenhang mit Ausreisebegehren seit 1978 MdlAnfr 9 13.05.83 Drs 10/55 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA 361 B, C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 361 C, D Verurteilung des Studenten Thomas Reinl in der Türkei wegen Besitzes eines als antik deklarierten Steins MdlAnfr 10, 11 13.05.83 Drs 10/55 Lowack CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA . . . . 362 A, B, C, 363 A, B, C, D, 364A ZusFr Lowack CDU/CSU 362A, 363C, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . 362C, 363D ZusFr Catenhusen SPD 362C, 364 A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 362 D ZusFr Frau Reetz GRÜNE 363 A Fortsetzung der deutschen Entwicklungshilfe für Simbabwe angesichts der Menschenrechtsverletzungen MdlAnfr 12, 13 13.05.83 Drs 10/55 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA . 364 B, D, 365 A, B, C ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 364 C, D, 365 B ZusFr Verheugen SPD 365 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 365 A Bemühungen westlicher Staaten um die Unabhängigkeit Namibias; Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu schwarz-afrikanischen Staaten MdlAnfr 14, 15 13.05.83 Drs 10/55 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP Antw StMin Möllemann AA 365 C, D, 366 A, B, C, D, 367 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . . 365D, 366 A, 367 C, D ZusFr Verheugen SPD 366A, 367 D ZusFr Schwenninger GRÜNE 366 B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 366 B ZusFr Rossmanith CDU/CSU 366 C ZusFr Buschfort SPD 366 D ZusFr Toetemeyer SPD 367 A Schutz deutscher Entwicklungshelfer, insbesondere in Nicaragua MdlAnfr 16, 17 13.05.83 Drs 10/55 Immer (Altenkirchen) SPD Antw StMin Möllemann AA . . . 368A, B, C, D, 369 A, B, C, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . 368 A, B, 369B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 368 B ZusFr Repnik CDU/CSU 368 C ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 369A ZusFr Catenhusen SPD 369 C ZusFr Burgmann GRÜNE 369 D Aufruf zum Sturz der Regierung von Nicaragua durch die „Fuerza Democratica Nicaraguense" in Bonn angesichts des Mordes an Albrecht Pflaum MdlAnfr 18 13.05.83 Drs 10/55 Frau Gottwald GRÜNE Antw StMin Möllemann AA 370 A, B, C ZusFr Schwenninger GRÜNE 370 B ZusFr Catenhusen SPD 370 B ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 370C ZusFr Lambinus SPD 370 D Absprache über die Fortsetzung deutscher Entwicklungshilfe für Nicaragua mit den USA MdlAnfr 19 13.05.83 Drs 10/55 Frau Gottwald GRÜNE Antw StMin Möllemann AA . . . . 371 A, B,C, D ZusFr Frau Gottwald GRÜNE 371 A, B ZusFr Catenhusen SPD 371 C ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . 371C Rechte der USA auf Grund des Regierungsabkommens vom 15. April 1982 betr. „Wartime Host Nation Support" MdlAnfr 20 13.05.83 Drs 10/55 Reents GRÜNE Antw StMin Möllemann AA 372 A, B,C ZusFr Reents GRÜNE 372A, C Wirtschaftslage der Kartoffelbrennereigenosssenschaften in den strukturschwachen Gebieten angesichts der Brennrechtskürzung MdlAnfr 40, 41 13.05.83 Drs 10/55 Dr. Jobst CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Voss BMF . . 372D, 373 B,C, D, 374 A ZusFr Dr. Jobst CDU/CSU . . . . 372D, 373 B,C ZusFr Ertl FDP 373 D Beschäftigungsprogramm zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Bereichen Umweltschutz-, Verkehrs- und Forschungspolitik für 1983 MdlAnfr 42 13.05.83 Drs 10/55 Becker (Nienberge) SPD IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 Antw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 374 A, B, C, D, 375 A, B, C, D, 376 A ZusFr Becker (Nienberge) SPD 374 B ZusFr Matthöfer SPD 374 B ZusFr Roth SPD 374 C ZusFr Dreßler SPD 374 C ZusFr Lutz SPD 374 D ZusFr Catenhusen SPD 375A ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 375 B ZusFr Urbaniak SPD 375C ZusFr Cronenberg (Arnsberg) FDP . . 375D ZusFr Lahnstein SPD 375 D Nächste Sitzung 434 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 434 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 315 8. Sitzung Bonn, den 19. Mai 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 20. 5. Böhm (Melsungen) ** 19. 5. Brandt 20. 5. Engelsberger 20. 5. Ganz (St. Wendel) 20. 5. Glotz 19. 5. Jansen 20. 5. Jung (Lörrach) 19. 5. Dr. Mertes (Gerolstein) 20. 5. Dr. Müller * 20. 5. Nelle 20. 5. Sander 20. 5. Schwarz 20. 5. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 19. 5. Voigt (Sonthofen) 20. 5. Wimmer (Neuss) 20. 5. Wischnewski 20. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Egon Susset


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Gnädige Frau, dies liegt auf einem ganz anderen Gebiet.

    (Zurufe von der SPD)

    Was unter den Notwendigkeiten des Katastrophenschutzes oder des zivilen Bevölkerungschutzes dort
    unter Umständen vorgesehen war, können wir viel-
    leicht einmal in der Debatte im Innenausschuß besprechen,

    (Zuruf der Abg. Frau Reetz [GRÜNE]) aber nicht hier.

    Die Landwirtschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist als Teil der Volkswirtschaft ein auf wirtschaftliche Tätigkeit ausgerichtetes Gewerbe. Fortschreitende Industrialisierung und bessere Einkommenserwartungen in anderen Berufen führten zu einer starken Abwanderung von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft. Der Mangel an Arbeitsplätzen und die steigenden Lohnkosten machten es unumgänglich, auch die Anbaumethoden immer mehr zu rationalisieren und zu technisieren. Die vom Verbraucher und vom Handel gestellten hohen Anforderungen an die Qualität pflanzlicher Produkte, die festgelegten Qualitätsnormen, schließlich veränderte Ernährungsgewohnheiten trugen zu einer Entwicklung bei, daß mehr Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft verwendet werden, um die Ernteausfälle auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Wir haben im letzten Jahr — das bitte ich in den einen oder anderen doch zu überlegen — für Polen Saatkartoffeln geliefert. Als einmal ein zuständiger Mann aus Polen, der für die Nahrungsmittelhilfe und die Hilfe durch andere landwirtschaftliche Hilfsgüter verantwortlich ist, in der Bundesrepublik Deutschland war, erklärte er: Schickt uns bitte Mittel gegen Colorado-Käfer; sonst sind die Saatkartoffeln, die ihr geliefert habt, überhaupt nicht in der Lage, als Nahrungsmittel für die Polen ihren Beitrag zur Bekämpfung des Hungers zu leisten. Auch das dürften alle, die diese Frage heute ansprechen, doch zu bedenken haben.
    Der Landwirtschaft wird häufig vorgeworfen, daß sie aus reiner Gewinnsucht permanent nach Höchstleistungen strebt und dabei die nachhaltige Existenz ihrer Betriebe vernachlässigt. Für die konsequente Nutzung des technischen Fortschritts durch die Landwirte ist doch in erster Linie die wirtschaftliche Gesamtentwicklung verantwortlich, ebenso die unbefriedigende Entwicklung der PreisKosten-Relation, die Notwendigkeit einer ausreichenden Eigenkapitalbildung zur Sicherung der nachhaltigen Existenz als Haupt-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe und der Mangel an außerlandwirtschaftlichen Beschäftigungsmöglichkeiten, der viele abwanderungswillige Landwirte zwingt, ihren Betrieb intensiv weiter zu bewirtschaften, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
    Es wird oft behauptet, mit den verschiedenen Formen der alternativen Landbewirtschaftung ließen sich die vermeintlichen Nachteile der modernen Landwirtschaft vermeiden. Hierzu wird nachher der Kollege Borchert einen Beitrag leisten.
    Der Agrarbericht liegt schon lange vor. Deshalb befassen wir uns heute nicht so viel mit dem Bericht. Ich möchte aber die Gelegenheit wahrnehmen, auch Herrn Minister Ertl, der hier ist, zu danken. Er war ja der zuständige Minister mit seinen Mitarbeitern, der uns den Agrarbericht vorgelegt hat, der heute auf Grund politischer Umstände erst



    Susset
    spät beraten wird, viel später, als es normalerweise nach der Übung des Parlaments notwendig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir bedanken uns bei unserem Minster Josef Ertl. Er weiß: Wir waren die längste Zeit Opposition. Aber er weiß auch, daß er sehr viel nur mit unserer Hilfe durchsetzen konnte. Für die Kooperation herzlichen Dank.

    (Zurufe von der SPD)

    Ein Blick in den Agrarbericht zeigt, daß die Landwirte in den zurückliegenden Jahren erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen mußten. Aber er zeigt auch, daß die Zeit der permanenten Einkommenseinbußen erstmals durchbrochen ist.

    (Zuruf des Abg. Immer [Altenkirchen] [SPD])

    Die Durchschnittszahlen, die vorliegen, verbergen natürlich die Unterschiedlichkeit der Entwicklung der verschiedenen Betriebseinkommen. In Abhängigkeit von der Mengen- und Preisentwicklung veränderte sich das Einkommen in einzelnen Betriebsformen sehr unterschiedlich.
    Ich will ein paar Sätze zur Sozialpolitik sagen. Wir haben in einem Entschließungsantrag — unter Ziffer 2 — die Bundesregierung ersucht, angesichts der Tatsache, daß die Beiträge der Landwirte zur Altershilfe, Kranken- und Unfallversicherung in den zurückliegenden Jahren sehr gestiegen sind, die Einkommen im gleichen Zeitraum jedoch nur um durchschnittlich 1,2 % zugenommen haben, anzustreben, daß die strukturwandelbedingten Defizite der Unfallversicherung ausgeglichen werden.

    (Zurufe von der SPD)

    In der Agrarstrukturpolitik stehe ich voll hinter dem, was der Kollege Kiechle sagte. Er kann sich darauf verlassen, daß die Reform der Förderpolitik von der CDU/CSU und von der FDP-Fraktion hier in der Form getragen wird, wie er sie dargestellt hat.
    Wir haben in unserem Entschließungsantrag noch das Problem der Verhinderung und Verminderung von Waldschäden und deren Folgen angesprochen. Wir ersuchen, dafür Sorge zu tragen, daß ergänzend zu den bereits getroffenen Maßnahmen wesentliche weitere Schritte zur Luftreinhaltung, insbesondere zur Verminderung der Stickoxide und Schwefeldioxide sowohl in der Europäischen Gemeinschaft als auch in den osteuropäischen Staaten unternommen werden. Aber zu diesem Thema wird ja in der morgigen Debatte ausgiebig geredet werden. Kollege Müller, da haben Sie vielleicht auch einen Auftrag, einmal dafür zu sorgen, daß die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen zum Problem Waldsterben und Luftreinhaltung das gleiche sagen wie die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg und in Bayern.

    (Müller [Schweinfurt] [SPD]: Das gilt für die CDU/CSU genauso! — Borchert [CDU/ CSU]: Machen Sie das einmal dem Farthmann klar!)

    Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird ihre Agrarpolitik an folgenden Zielen ausrichten: Sicherung der Versorgung mit gesundheitlich einwandfreien und qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen, gleichrangige Teilnahme der Landwirtschaft an der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung, Erhaltung von Natur und Landschaft sowie stärkere Berücksichtigung der Erfordernisse des Tierschutzes. Diese Ziele zu erreichen, meine Damen und Herren, heißt im Bereich der EG-Agrarpolitik: Wahrung und Ausbau der Grundprinzipien der gemeinsamen Agrarpolitik, Aufrechterhaltung des Systems des Grenzausgleichs bei Änderung der Währungsparitäten, keine Belastung der bestehenden gemeinsamen Agrarpolitik bei der Süderweiterung der Gemeinschaft, Einräumung eines größeren Gestaltungsspielraums für die einzelnen Mitgliedsstaaten zur Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten bei der Neufestsetzung der EG-Argrarstrukturpolitik, im Bereich der nationalen Agrarpolitik — wieder in voller Übereinstimmung mit dem Minister — Wegfall der bisherigen Förderschwelle und gezielte Förderung nach betriebswirtschaftlichen Kriterien, Erhaltung des eigenständigen sozialen Sicherungssystems in der Landwirtschaft.
    Meine Damen und Herren, auch wenn es oft anders aussieht, muß ich feststellen: Das soziale Ansehen der Landwirtschaft in der Gesellschaft ist in den letzten Jahren tatsächlich gestiegen. Ich glaube, das Unwesentlichste war es sicher nicht, daß ihr Beitrag zur Nahrungssicherung, Umwelterhaltung und Stärkung der Wirtschaftskraft in dünn besiedelten Gebieten zunehmend deutlicher gesehen wird. Sicher ist aber auch, daß die Landwirte wieder besser in ihrer Lebenseinstellung und ihrer Verhaltensweise verstanden werden. Diesen Prozeß wollen wir fördern — nach außen, indem wir als mündige Bürger voll Anteil nehmen an der Gestaltung der Lebensbedingungen in einem modernen Staatswesen, nach innen, indem wir die bewährten Verhaltensweisen, Arbeits- und Lebensformen stärken, aber gleichzeitig aufgeschlossen sind für notwendige Änderungen und neue Erfordernisse. Eine solche Haltung ist im Grunde fortschrittlich. Sie jagt nicht blindlings nach Neuem, sondern sie will dem Menschen dienen, der immer in Gegenwärtiges und Vergangenes eingebunden ist, wenn er das Zukünftige neu gestalten will.
    Ich will zum Abschluß nochmals allen danken, dem Ministerium, den Landwirten mit ihren Familien und allen, die mit der Landwirtschaft, in der Landwirtschaft und für die Landwirtschaft im Nahrungsmittelgewerbe, im vor- und nachgelagerten Bereich tätig sind. Es ist schließlich jeder sechste Arbeitsplatz in der Bundesrepublik Deutschland, der davon abhängig ist, ob sich die Landwirtschaft auch künftig gut weiterentwickeln kann. Dem neuen Landwirtschaftsminister, unserem Kollegen Ignaz Kiechle, verspreche ich solide Zusammenarbeit und — ganz klar — eine Unterstützung der Ziele, die wir gemeinsam erarbeiten wollen, um sie dann zum Wohle der Landwirtschaft und zum



    Susset
    Wohle unseres Volkes durchzusetzen. — Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Paintner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Johann Paintner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach einem Regierungswechsel ist es sicherlich angebracht, in der ersten Agrardebatte auch darüber zu sprechen, was die Bürger im ländlichen Raum, insbesondere die Land- und Forstwirte, die Fischer, die Imker, von dieser Regierung erwarten können. Mit Genugtuung stelle ich fest, daß sich unser Bundeskanzler eindeutig und unmißverständlich für den bäuerlichen Familienbetrieb ausgesprochen hat. Unser Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher hat in seiner Rede am gleichen Tag ein Bekenntnis zu den selbständigen Existenzen im ländlichen Raum und den bäuerlichen Familienbetrieben abgegeben. Beide Erklärungen sind wohltuend und setzen sich deutlich von den pauschalen Verurteilungen der EG-Agrarpolitik der Opposition, der SPD, ab.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich meine nicht nur, daß Herr Dr. Vogel die europäische Agrarpolitik hier negativ herausgestellt und daß er sicherlich kein einziges Wort der Anerkennung für die deutsche Landwirtschaft gefunden hat. Das war für uns ein bemerkenswerter Vorgang. Es ist auch insoweit bemerkenswert, daß sich diese Verhaltensweise deutlich von den Agrarpolitikern der SPD abhebt.
    Bevor ich aber zu meinen Aussagen zum Agrarbericht komme, erlauben Sie mir als Angehöriger einer Fraktion, die 13 Jahre lang den Minister Josef Ertl und die Parlamentarischen Staatssekretäre Logemann und Gallus im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gestellt hat, zu sagen, was in dieser Zeit agrarpolitisch geleistet worden ist.

    (Zuruf von der SPD: Das sagen Sie einmal der CDU/CSU! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Lassen Sie mich einige Tatsachen nennen. Die landwirtschaftlichen Einkommen sind von 1968/69 von 12 151 DM je Familienarbeitskraft bis 1982/83 auf rund 24000 DM verdoppelt worden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Der Durchschnittshaushalt mußte 1969 23,4 % seines verfügbaren Einkommens für Lebensmittel ausgeben, während es 1982 nur noch 19,5 % waren.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Der Agrarexport belief sich 1969 auf 3,7 Milliarden DM, 1982 auf 24 Milliarden DM. Die gewerbliche Ernährungswirtschaft, Industrie, Handel, Handwerk und Gastronomie, stellte ein preiswertes Angebot von anerkannter Qualität und nie dagewesener Vielfalt zur Verfügung. Ihre über 380 000 Betriebe mit etwa 2,6 Millionen Beschäftigten erwirtschaften heute einen Umsatz von annähernd 600
    Milliarden DM und damit mehr als doppelt soviel wie 1970.
    Um eine Abwanderung in Ballungsgebiete zu verhindern, wurden im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftssturktur 1972 bis 1982 etwa 500 000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen. Über die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes wurden seit 1970 etwa 200 000 km ländliche Wege ausgebaut, mehr als 10 Millionen Menschen konnten an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen werden, für mehr als 20 Millionen Einwohner im ländlichen Raum wurden Abwasseranlagen geschaffen.
    Für die Agrarsozialpoltik standen im Bundeshaushalt 1969 rund 800 Millionen DM zur Verfügung. 1982 waren es 3,7 Milliarden DM. Im Oktober 1972 wurde die Krankenversicherung der Landwirte bei kostenfreier Versicherung der Altenteiler eingeführt, Bundeszuschuß 1 Milliarde DM 1983. Die Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung erhöhten sich von 200 Millionen DM jährlich zeitweise auf 400 Millionen DM. Derzeit liegen sie bei 280 Millionen DM.
    Das landwirtschaftliche Altersgeld ist seit 1974 nach Beitragsjahren gestaffelt, seit 1975 dynamisiert und an die Entwicklung der übrigen Altersrenten gekoppelt. Der monatliche Grundbetrag lag 1969 bei 175 DM für Verheiratete und 115 DM für Alleinstehende. Ab Juli 1983 lauten die Vergleichszahlen 502 DM und 335 DM. Rund drei Viertel der Ausgaben finanziert der Bund. Dazu wird seit 1975 ein Waisengeld und seit 1980 auch eine Versorgung für jüngere Hinterbliebene gewährt. Eine Zusatzversorgung für land- und forstwirtschaftliche Arbeitnehmer wurde 1975 eingeführt. Die Zusatzrente beträgt bis zu 70 DM im Monat. Mit Hilfe der Landabgaberente wurden seit 1969 rund 45 000 Unternehmen strukturverbessert abgegeben und dadurch rund 626 000 ha Land mobilisiert.
    Um Belastungen von Natur, Umwelt und Agrarprodukten zu vermeiden bzw. zu verringern, sind entsprechende Regelungen vorgenommen worden im Pflanzenschutzrecht, im Futtermittel-, Düngemittel- und Tierkörperbeseitigungsrecht, im Flurbereinigungsgesetz sowie im Abfallbeseitigungs- und im Chemikalienrecht. Außerdem werden mit dem integrierten Pflanzenschutz umweltschonende Alternativen entwickelt.
    Ein neues Naturschutzgesetz wurde 1976 erlassen. Sein Ziel sind Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft. Die Bundesartenschutzverordnung von 1980 will gefährdete Arten vor direktem Zugriff schützen.
    Die Förderungsgrundsätze der Agrarstrukturverbesserung wurden mehrfach mit dem Ziel geändert, schutzwürdige Biotope zu erhalten.
    Darüber hinaus wurden in knapp 2 000 Flurbereinigungsverfahren seit 1975 5 643 Hecken und auf
    1 364 ha Büsche und Feldgehölz angepflanzt sowie
    über 1 000 ha Seen, Teiche und Weiher angelegt.
    2 666 ha wurden direkt für Zwecke von Natur- und Landschaftspflege verwendet.



    Paintner
    Weitere 4 444 ha wurden vorrangig berücksichtigt. Dadurch konnten 1909 Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, geschützte Landschaftsteile, Natur- und Bodendenkmäler gesichert werden.
    1972 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 47 Naturparke mit 34 250 qkm. Das sind 13,8 % der Bundesfläche. 1982 hat sich die Zahl der Naturschutzgebiete auf 1 486 mit 4 338 qkm — das sind 1,7 % — erhöht. Dazu kommen zwei Nationalparke mit 340 qkm Fläche.
    Unserem ausgeschiedenen Minister Ertl möchte ich im Namen meiner Fraktion für seine Verdienste nochmals recht herzlich danken,

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    ebenso dem Parlamentarischen Staatssekretär Schorsch Gallus.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Versäumen möchte ich auch nicht, dem neuen Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ignaz Kiechle, zu sagen, daß er mit den FDP-Abgeordneten treue Mitstreiter für den ländlichen Raum und für die Land- und Forstwirtschaft haben wird.

    (Zuruf von der SPD: Bis zum bitteren Ende! — Weitere Zurufe von der SPD)

    An dieser Stelle gratuliere ich ihm für die schwere bestandene Feuertaufe in Brüssel. Was uns besonders freut, ist die Tatsache auf Grund der Brüsseler Verhältnisse, daß der Bauernverband heute, wenn es weniger gibt, sogar viel zufriedener ist als früher.
    Vieles steht uns ins Haus. Der agrarpolitische Wind wird zunehmend kälter. Wir können die Augen nicht mehr davor verschließen, daß die EG mit ihren Finanzierungsmöglichkeiten an Grenzen stößt, was, wenn sie nicht erweitert werden, zu schwerwiegenden agrarpolitischen Konsequenzen führen muß. Die handelspolitischen Auseinandersetzungen mit den USA werden uns weiter begleiten. Und der Streit um den Grenzausgleich läßt unsere europäischen Nachbarn nicht zur Ruhe kommen, obwohl wir heute einen positiven Grenzausgleich von rund 27 % haben müßten, wenn wir nicht bisher schon laufend nachgegeben hätten. Für die deutschen Bauern ist dies weniger erfreulich; denn sie liegen in der Zwischenzeit an drittletzter Stelle der Einkommensskala in Europa.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Vor diesem Hintergrund und dem Vorjahresergebnis mit einem Minus von 12,6 % ist es erfreulich, daß die Bundesregierung den Agrarbericht 1983 mit einer Steigerung des durchschnittlichen Familieneinkommens von 7,7 % vorlegen konnte. Das Familienarbeitseinkommen liegt nun wieder bei 22 899 DM. Das Unternehmereinkommen stieg um 5,9 % und lag im Wirtschaftsjahr 1981/82 bei 28 587 DM.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    Es darf aber nicht verschwiegen werden, daß das im Wirtschaftsjahr 1981/82 erreichte Durchschnittseinkommen noch unter dem des Wirtschaftsjahres 1975/76 liegt.
    Der Einkommenszuwachs war für die einzelnen Betriebsformen immer unterschiedlich; das wissen Sie aus den anderen Agrarberichten. Auf Grund verteuerter Betriebsmittel in Verbindung mit ungewöhnlich hoher Auswinterung ging z. B. der Gewinn bei Marktfruchtbaubetrieben zurück, während die Futterbaubetriebe auf Grund steigender Milchleistungen und höherer Milchpreise einen Einkommensanstieg von 3,2 % je Familienarbeitskraft zu verzeichnen hatten. Ganz besonders konnten sich die Veredelungsbetriebe freuen, denen der kräftige Anstieg der Erzeugerpreise für Schlachtvieh, besonders für Schweine, einen Anstieg von 31,5 % brachte. Dauerkulturbetriebe konnten ebenfalls bis zu 49 % höhere Gewinne erzielen. Hier muß aber dazugesagt werden, daß die Einkommen in dieser Gruppe, so z. B. beim Weinbau, in den vergangenen Jahren katastrophal niedrig lagen. Hier soll es dann auch nicht zu einem verkehrten Schluß kommen. Der Einkommensanstieg der Gemischtbetriebe lag bei 7 % und damit geringfügig über dem durchschnittlichen Anstieg der landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe.
    Erneut beweist der Agrarbericht, daß die günstigsten Betriebsstrukturen nach wie vor auf Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verweisen. Die Nebenerwerbsbetriebe konnten ihre Familieneinkommen um 6 % auf 36 268 DM steigern. Die Zuerwerbsbetriebe steigerten ihre Gewinne den Vollerwerbsbetrieben vergleichbar, nämlich um 5,5 %, und liegen mit dem außerlandwirtschaftlichen Einkommen bei 34 520 DM Familieneinkommen.
    Die Schätzung für das Jahr 1982/83 liegt bis jetzt noch günstig. Es darf dabei aber nicht übersehen werden, daß die Marktpreise für Schweine zur Zeit leider im Keller sind und daß dies bestimmt Auswirkungen auf das Jahresergebnis 1982/83 haben wird.
    Diese Debatte über den Agrarbericht 1983 darf uns keinesfalls dazu verleiten, die anstehenden Agrarprobleme in Europa zu verniedlichen. Wir müssen Bilanz ziehen und nach neuen Wegen Ausschau halten. Wir wissen alle, welche grundsätzliche Bedeutung die Agrarpolitik für die Weiterentwicklung Europas hat. Die erste Frage muß lauten: Haben sich die Marktordnungen der EG bewährt? Können wir mit einer Konzeption weiterarbeiten, die in den Zeiten des Mangels geboren wurde? Reichen die Instrumente aus, um eine Situation ständig steigender Überschüsse zu bewältigen? Hier muß auch gefragt werden, ob die 1-%-Mehrwertsteuer-Regelung noch für die Europapolitik ausreicht. Zum Glück stehen wir vor einer Neuordnung der Agrarstrukturpolitik in Europa. Wenn wir uns die Entwicklung der Agrarproduktion anschauen, dann marschieren wir in den nächsten Wochen auf eine Überschußsituation von 400 000 Tonnen Butter und 750 000 Tonnen Magermilchpulver zu.



    Paintner
    Nach Thiede in „Agra-Europe" vom 25. April 1983 stieg die Agrarproduktion in den letzten zehn Jahren in den einzelnen Sparten wie folgt:

    (Müller [Schweinfurt] [SPD]: Steht die FDP noch zu diesem Konzept?)

    — Dies soll uns zu denken Anlaß geben, mein lieber Müller.
    Die Getreideproduktion um 25 %, die Nachfrage nur um 5 %, die Milcherzeugung um 23 %, der Verbrauch bei Milch nur um 6 %. Die Zuckerherstellung stieg um 42 %, der Verbrauch sank um 10 %; die Weinerzeugung stieg um 10 %, der Konsum ging um 4 % zurück. Dieser Trend dürfte sich sicher in den 80er Jahren fortsetzen. Wenn diese Fakten bei der europäischen Agrarpolitik weiterhin außer acht gelassen werden, ist am Ende das Desaster unausweichlich. Die Gefahr liegt darin, daß wir in der Agrarpolitik in die gleiche Situation kommen wie die europäische Stahlindustrie,

    (Frau Traupe [SPD]: Da sind wir schon lange drin!)

    und das zu einer Zeit, wo es in Europa mehr Arbeitslose gibt als Bauern.
    Wenn wir den bäuerlichen Familienbetrieb in Europa wirklich erhalten wollen, dann muß er sein Einkommen aus den Verkaufserlösen auf den Märkten erzielen können. Die EG-Marktordnungen müssen dies garantieren. Dies wird aber nicht mehr der Fall sein können, wenn die Überschüsse immer mehr steigen.
    Die FDP-Fraktion sieht keinen Sinn mehr in der laufenden Ausdehnung der Produktion von Milch und Fleisch in Europa mit Hilfe staatlicher Mittel. Niemand kann auf die Dauer die Preise für die Überschüsse garantieren.
    Notwendig ist eine agrarpolitische Neubesinnung in Europa. Die FDP fordert deshalb eine neue agrarpolitische Konferenz von Stresa, wo im Zeichen des Überschusses über neue Wege nachgedacht wird, die agrarpolitischen Probleme Europas zu bewältigen. Man wird nicht darum herumkommen, vorübergehend jegliche staatliche Förderung der Mehrproduktion von Milch und Fleisch auszuschließen.
    Wem es mit dem bäuerlichen Familienbetrieb ernst ist, der muß ihm die Veredelungskapazitäten erhalten. Dazu bedarf es der Festlegung von Höchstbestandsgrenzen oder ähnlicher Maßnahmen, sicherlich am besten europaweit. Es muß verhindert werden, daß den Bauern die Schweineproduktion verlorengeht, wie dies schon in den 60er Jahren mit der Eierproduktion geschah.
    Ein weiteres Problem ergibt sich auf dem Getreidesektor. Angesichts der Auseinandersetzung zwischen Europa und den USA um die Weltagrarmärkte und angesichts der Tatsache, daß keine Möglichkeit besteht, den gewaltigen Zufluß an Substituten einzudämmen, muß Europa zur Selbsthilfe greifen. Wir fordern die offene Deklaration bei Mischfuttermitteln in ganz Europa, sind aber auch bereit, dieses im nationalen Alleingang zu erzielen. Wir sind sicher, daß eine entsprechende Änderung des Futtermittelgesetzes mit unserem Koalitionspartner möglich ist. Es ist höchste Zeit, daß der Landwirt erfährt, aus welchen Komponenten sein Futter zusammengesetzt ist. Wir müssen wegkommen vom reinen Nährstoffdenken, wenn wir mit den Getreideüberschüssen fertig werden sollen. Wir sind sicher, daß die Landwirte bereit sind, Futtermischungen mit höherem Getreideanteil zu bevorzugen. Auf nationaler Ebene darf nicht entgegen diesem übergeordneten europäischen Gedanken gehandelt werden.
    Die FDP ist für einen Agrarkredit, aber der darf nicht auf breiter Front zu einer Ausdehnung der Agrarproduktion führen. Wenn Nebenerwerbsförderung und Überbrückungshilfen in einem Agrarkredit aufgefangen werden, dürfen nur die Förderung des Wohnhauses, Hilfen zu arbeitserleichternden Maßnahmen, in bestimmten Fällen auch die Anschaffung von Maschinen und ebenso Einrichtungen für Freizeit und Erholung zur Diskussion stehen. Wenn schon Ärzte in Deutschland sagen, daß Urlaub mit Kindern besser auf einem Bauernhof als am Mittelmeer gemacht werden soll, ist, meine ich, der Weg aufgezeigt, den wir gehen sollen.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Auch ein Sonderprogramm für junge Landwirte würden wir für richtig halten. Junge Landwirte haben bei der Übernahme eines landwirtschaftlichen Betriebs zunehmend Schwierigkeiten, die besonderen Lasten, die mit der Übernahme verbunden sind, zu bewältigen. Darum meine ich, daß wir auch hier Überlegungen anstellen sollten.
    Ich bin sicher, daß uns auch die Verabschiedung des Bundeshaushalts 1984 vor weitere Probleme stellen wird. Schon jetzt halten wir von der FDP-Fraktion es für absolut notwendig, die Gelder, die der Staat für die Agrarsozialpolitik ausgibt, gerechter zu verwenden. Wir sind für eine Staffelung der Beitragszuschüsse beim Altersgeld. Ich bin sicher, daß unser Koalitionspartner dies aus christlicher Verantwortung auch so sieht.

    (Gallus [FDP]: Sehr gut!)

    Wenn ich mir die weitere agrarpolitische Entwicklung vor Augen halte, muß ich feststellen: Wir werden sicher keinen rosigen Zeiten entgegengehen. Hinzu kommt, daß der Kampf um den Boden bei den Landwirten immer härter ausgetragen wird. Ich bitte die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, daß bei Verpachtung von Höfen als Einzelgrundstücken keine Überführung ins Privatvermögen bei entsprechendem Steueranfall mehr erfolgt.
    Des weiteren bitte ich darum, die Frage zu prüfen, ob angesichts des bei vielen landwirtschaftlichen Betrieben stark gestiegenen Schuldenstandes die Veräußerungserlöse aus Grundstücksverkäufen nicht steuerlich zur Tilgung von Betriebsschulden verwendet werden dürfen. Minister Kiechle hat uns sehr aus dem Herzen gesprochen, als er angedeutet hat, daß dann, wenn Erlöse aus dem Betriebsvermögen erzielt werden, diese steuerunschädlich sein



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    sollen, wenn sie im Wohnungsbau verwendet werden. Wir sind der gleichen Meinung.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Minister Ertl ist seinem Nachfolger sicherlich sehr dankbar dafür, daß er diese Idee von ihm übernommen hat. Ertl war j a einer der ersten, der dies befürwortet hat.
    Diese Maßnahmen erscheinen mir dringend notwendig, wenn es mit der Erhaltung des bäuerlichen Familienbetriebs ernst gemeint ist. Dazu gehört auch die Verabschiedung eines Pachtrechtsschutzgesetzes, mit dem wir uns in diesem Hause in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich befassen werden.
    Wir als FDP werden es ernst nehmen mit der Frage: Wie ist die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen, gesundheitlich unbedenklichen Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen gesichert?

    (Eigen [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Ich verweise hier nur auf ein Stichwort, auf den Hunger in der Welt. Hier müssen noch Antworten gefunden werden, die sicherlich nicht leicht zu geben sind.
    Wir sind auch der Meinung, daß immer wieder überprüft werden muß, ob die Sicherung und Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen im ländlichen Raum — mit der Teilnahme der in der Landwirtschaft, im Weinbau, in der Garten-, Forst- und Fischereiwirtschaft Tätigen an der allgemeinen Wohlstands- und Einkommensentwicklung in Verbindung mit einer bäuerlichen Agrarstruktur — noch gegeben ist. Es ist auch wichtig, daß der Schutz, die Pflege und die Entwicklung der Landschaft sowie die Verbesserung des Tierschutzes berücksichtigt werden.
    Zum Waldsterben möchte ich heute nichts weiter ausführen, weil das morgen mein Kollege Professor Rumpf in der Debatte tun wird.
    Zum Schluß möchte ich allen Beamten danken, die diesen Agrarbericht erstellt haben. Er war für uns sicherlich wieder eine Hilfe. Aber er ist nur eine Hilfe, mehr nicht. Handeln muß wohl dieses Parlament.
    Ich möchte auch an dieser Stelle allen Bäuerinnen und Bauern in diesem Land herzlich dafür danken, daß sie trotz eines Einkommens, das, wie Minister Kiechle es erwähnte, 10 % niedriger liegt als das vergleichbare Einkommen anderer, dafür gesorgt haben, daß die Ernährung sichergestellt war und daß die Kulturlandschaft gepflegt wurde. Ich weiß als praktizierender Landwirt, was sie geleistet haben.
    Ich möchte unserem neuen Landwirtschaftsminister auch von dieser Stelle aus recht viel Glück und Erfolg für die Zukunft wünschen.

    (Zuruf von der SPD)

    Uns allen wünsche ich, daß wir der Herausforderung der Zeit gerecht werden und die Fragen beantworten, was für den ländlichen Raum, für die Landwirtschaft notwendig ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)