Rede von
Joseph
Fischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als Waldläufer versteht man vom Wald, der kaputtgeht, zumindest mehr denn als Innenminister. Das wollte ich Ihnen nur einmal gesagt haben.
— Nun beruhigen Sie sich doch. Sie werden gleich Anlaß genug haben, auf Ihre üblich lärmende Art das Hohe Haus wieder zu erschüttern.
Herr Schmude, in vielem, was Sie gesagt haben, stimme ich mit Ihnen sozusagen in einem ersten Schritt überein. Allerdings muß ich sagen, wenn schon immer die 50er Jahre zitiert werden: Die Lage ist viel zu ernst, als daß man hier gemessen über den Austausch von Beamten und ähnliches sprechen sollte. Was der Herr Bundesinnenminister gemacht hat — er läßt keine Zwischenfragen der GRÜNEN zu; das ist gut so, denn dadurch macht er klar, wo wir stehen, wo er steht —, ist doch nichts anderes, als hier eine innerstaatliche Feinderklärung nach der anderen abzugeben. Das konnte man dann auch am Verhalten der verehrten Kollegen von der CDU/CSU gestern abend sehr gut beobachten.
Sie werfen uns vor, die Rede von Frau Kelly sei haßerfüllt gewesen. Wären Sie, Herr Innenminister, dagewesen, so hätten Sie jenes haßerfüllte Meuteverhalten gesehen, das gestern abend hier gegen Gert Bastian gezeigt wurde,
dann hätten Sie gesehen, wie sich Herr Dregger die Tränen vor Gelächter aus den Augen gewischt hat, als es um tiefernste Fragen, um Megatonnen, um Tote, um Vernichtung ging. Dann reden Sie davon, wir seien haßerfüllt?!
Es tut mir leid. Wenn Sie hier ein solches Meuteverhalten an den Tag legen, dann müssen Sie sich das sagen lassen.
Noch etwas — ich finde es gut, daß es Herr Schmude angesprochen hat —: Der Parlamentarische Staatssekretär Spranger, „his master's voice", spricht von den „perversen Minderheiten", von „Terroristen", „Verbrechern" und „Randgruppen". Es ist weit gekommen, und es ist eine wirklich „liebe" Atmosphäre, die er da verbreitet, wenn ein Parlamentarischer Staatssekretär in der Bundesrepublik Deutschland 1983 nicht nur Unerhörtes sagt, sondern sich des Jargons des Reichssicherheitshauptamts wieder bedienen darf. Das scheint mir zu sein, was man hier unter Wende hinter all jenen schönen, tragenden Worten zu verstehen hat. Man ist angesichts von drohenden 3 Millionen Arbeitslosen offensichtlich wieder so weit, daß ein Beamter der Bundesregierung zu rassistischem Minderheitenhaß aufrufen kann.
— Ja, genau das tun Sie.
Was ist denn eine „perverse Minderheit"? In welcher Tradition steckt das denn? Ihr Bundeskanzler, der so sehr auf Tradition steht, hätte es benennen sollen, in welcher Tradition Herr Spranger steht.
Herr Spranger muß sich vorwerfen lassen — das sollte man auch so sagen —, daß es bei ihm wohl mehr als eine nur geistige Nähe zum nationalsozialistischen Verbrechen gibt.
— Es tut mir leid, es sind die Zuteilungskriterien für jene „perversen Minderheiten", für „Randgruppen", „Terroristen" und „Verbrecher", es sind jene Zuteilungskriterien, die im Dritten Reich dazu geführt haben, daß Leute eingesperrt wurden.