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    Plenarprotokoll 10/5 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 5. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. Mai 1983 Inhalt: Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Einberufung einer Sondersitzung des Deutschen Bundestages am 8. Mai 1983 aus Anlaß des 38. Jahrestages des Endes der nationalsozialistischen Herrschaft und des Zweiten Weltkrieges Reents GRÜNE 147 B Dr. Schäuble CDU/CSU 148 D Dr. Hauff SPD 149 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 150 B Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Althammer CDU/CSU 150 D Hoffmann (Saarbrücken) SPD 153 B Hoppe FDP 155D Kleinert (Marburg) GRÜNE . . . . 158C, 186D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 161 C Dr. Apel SPD 167 A Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 173A Dr. Graf Lambsdorff FDP 176 C Roth SPD 181 D Dr. Stoltenberg CDU/CSU 187 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 187 B Reuschenbach SPD 190 B Dr. Haussmann FDP 193 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 195 B Frau Fuchs (Köln) SPD 201A Dr. George CDU/CSU 205B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 207 C Lutz SPD 210B Hoss GRÜNE 212B Cronenberg (Arnsberg) FDP 214D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 218C Dr. Schmude SPD 222 D Fischer (Frankfurt) GRÜNE 226 B Dr. Miltner CDU/CSU 228 C Dr. Hirsch FDP 231C Schäfer (Offenburg) SPD 233 D Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 236 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 239A Dr. Emmerlich SPD 241 D Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . 245C Frau Schoppe GRÜNE 248 A Kleinert (Hannover) FDP 250A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 252 D Seiters CDU/CSU 255A Vizepräsident Westphal 226 D Vizepräsident Wurbs 245 B Nächste Sitzung 255 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 257*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 257* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 5. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Mai 1983 147 5. Sitzung Bonn, den 5. Mai 1983 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 6. 5. Berschkeit 6. 5. Böhm (Melsungen) * 6. 5. Büchner (Speyer) 6. 5. Dr. Enders * 6. 5. Dr. Engelsberger 6. 5. Hartmann 6. 5. Dr. Hornhues 6. 5. Kittelmann * 5. 5. Lahnstein 5. 5. Lemmrich * 5. 5. Dr. h. c. Lorenz 5. 5. Offergeld 5. 5. Poß 5. 5. Schmidt (Hamburg) 6. 5. Schmidt (Wattenscheid) 6. 5. Schreiber 6. 5. Schröer (Mülheim) 5. 5. Spilker 6. 5. Frau Steinhauer 6. 5. Vogt (Düren) 5. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Bundesrates hat mit Schreiben vom 29. April 1983 mitgeteilt, daß der Bundesrat in seiner Sitzung am 29. April 1983 der vom Deutschen Bundestag am 29. März 1983 beschlossenen Weitergeltung der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß nach Artikel 53 a des Grundgesetzes Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115d des Grundgesetzes zugestimmt hat. Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 2. Mai 1983 mitgeteilt, daß er seinen Antrag Veräußerung des bundeseigenen Geländes an der Schleißheimer Straße in München an die Landeshauptstadt München - Drucksache 10/22 - zurückzieht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich gehe davon aus, daß die Behörden, die ein lokales Ereignis polizeilich zu beurteilen haben, nach Gesetz und Recht die Maßnahmen ergriffen haben, die notwendig gewesen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Abg. Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich lasse keine weitere Zwischenfrage zu. Warum ich sie Ihnen gegenüber nicht zulasse, sage ich noch: Das hat mit der gestrigen Rede Ihrer Vorsitzenden etwas zu tun. Wer im zweiten Satz der Rede von Gewaltlosigkeit, Sanftheit und Toleranz spricht, um dem Bundesminister des Innern im letzten Teil der Rede zu unterstellen — wenn auch in Frageform gekleidet; wir kennen diese Tricks —, daß er Tote bei der Auseinandersetzung um Wyhl von vornherein billigen würde, hat das Recht verwirkt, mir Fragen zu stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Wenn das Ihr Einsatzleiter selbst sagt!)

    Sie dürfen davon ausgehen, daß ich die Passagen dieser Rede mehrfach gelesen habe und weiß, was ich gerade gesagt habe.

    (Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE]: Dann haben Sie wissentlich die Unwahrheit gesagt, Herr Minister! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    Bei Ihnen steht das, was Sie verkünden, und das, was Sie tun, in einem derart unvertretbaren Gegensatz,

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Das ist bei Ihnen ganz anders!)

    daß Sie sich in diesem Haus noch ganz andere Verhaltensregeln angewöhnen müssen, wenn Sie ernstgenommen werden wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden in der Ausländerpolitik die Entschlußkraft aufbringen, Lösungen vorzulegen und auch durchzusetzen, die den Interessen der deutschen Bevölkerung gerecht werden und auch den bei uns lebenden Ausländern dienen. Deutsche und Ausländer müssen wissen, wie die Reise in die Zukunft für beide aussieht. Ein konfliktfreies Zusammenleben wird nur möglich sein, wenn die Zahl der Ausländer bei uns begrenzt und langfristig vermindert wird, was vor allem die großen Volksgruppen betrifft.
    Ausländer, die auf Dauer hierbleiben wollen, müssen mehr als bisher eigene Integrationsleistungen erbringen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Dazu gehört, daß sie sich deutsche Sprachkenntnisse aneignen und die Grundwerte unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung respektieren. Dazu gehört weiter, daß sie sich in diese Rechts- und Gesellschaftsordnung einleben; Ghettobildungen sind dazu nicht geeignet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Bericht der Kommission Ausländerpolitik aus Bund, Ländern und Gemeinden liegt vor. Er enthält eine umfassende Bestandsaufnahme, die zum Teil kontrovers ist. Nunmehr ist es an der Zeit, die notwendigen politischen Entscheidungen alsbald zu treffen; die Bundesregierung und das Haus sind dazu aufgefordert. Der Bundesinnenminister wird dazu Vorschläge in Form eines Gesetzentwurfs vorlegen. Ich habe mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, daß der Vorsitzende der SPD in einem Interview im „General-Anzeiger" vom 23. April sagte, auf der anderen Seite spreche aber alle praktische Vernunft dafür, daß Kinder so rechtzeitig geholt werden, daß sie hier die Schule besuchen und ihre Einfügung erleichtert wird, was auch für die Eltern eigentlich vorteilhaft ist. — Der Bundesinnenminister ist, wie bekannt, dieser Meinung.
    Im Verlauf der parlamentarischen Beratung wird Gelegenheit sein, die Einzelprobleme eingehend zu erörtern. Ich bin überzeugt, daß wir am Ende eine Lösung erreichen, die einen Konsens der politisch Verantwortlichen darstellt.
    Folgende Punkte darf ich hier kurz ansprechen:
    Erstens. Der Rahmen für Maßnahmen der Rückkehrförderung ist wegen der gesamtwirtschaftlichen Lage eng. Niemand kann sich hiervon eine durchgreifende Lösung des Gesamtproblems erwarten. Es ist an der Zeit, diese Diskussion zu beenden, indem wir bald sagen, was möglich ist und was nicht.
    Zweitens. Familiennachzug ist für mich eines der wichtigsten Probleme überhaupt. Ich halte es für unverantwortlich und inhuman, Jugendliche an der



    Bundesminister Dr. Zimmermann
    Schwelle zum Erwerbsleben ohne Kenntnisse der deutschen Sprache hier einreisen zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Jugendlichen haben keine Chance, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden. Sie haben ein Leben ohne Perspektive vor sich, und es droht ihnen das Abgleiten in die Kriminalität. Wir können und dürfen nicht der Entstehung eines sozialen Sprengsatzes zusehen. Das wäre das Unsozialste und Inhumanste, was wir machen könnten.
    Mit der Türkei, mit der uns Deutsche eine traditionelle Freundschaft verbindet, müssen wir zu Regelungen gelangen, die ab 1986 einen Zuzug türkischer Arbeitnehmer ausschließen. Wir können es uns nicht leisten, weitere Arbeitslose zu importieren.
    Dritter Komplex: Umwelt. Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Bundesregierung. Ich glaube, das hat auch die Regierungserklärung deutlich gemacht. Wir sind es uns und den kommenden Generationen schuldig, eine möglichst intakte Umwelt zu erhalten. Wir werden diese Zukunft nur sichern können, wenn Umweltschutz als Gebot der Vernunft, auch der ökonomischen Vernunft, verstanden wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Deswegen dürfen Umweltschutz und Wirtschaft keine Gegensätze sein. Deswegen müssen Ökonomie und Ökologie in ein Gleichgewicht gebracht werden.
    Wir haben erschreckende Beispiele in den Ostblockländern vor uns, wo über Jahrzehnte ganz einseitig zugunsten der Ökonomie entschieden worden ist; dort macht sich aber auch der erste Prozeß des Nachdenkens deutlich.
    Eine Vorrangstellung nimmt die Luftreinhaltung ein. Wir haben in dieser Beziehung eine ganze Reihe von Dingen getan, wie Sie wissen. Wir haben in diesem weiten Feld die GroßfeuerungsanlagenVerordnung im Bundesrat gehabt, und der Bundesrat hat eine ganze Reihe von weitergehenden Vorschlägen gemacht, die erneut in der Bundesregierung zu beraten sind, was aber den Bundesinnenminister als Umweltminister nicht hindert, auch hier schon seine Meinung dazu zu sagen.
    Zunächst einmal muß ich all jenen, die auf diesem Gebiet aus der SPD-Fraktion Verschärfungen forderten und noch fordern, wie sie aus dem Antrag der Fraktion der SPD „Notprogramm gegen das Waldsterben" vom 28. April 1983 hervorgehen, sagen, daß z. B. die Forderung, daß auch für Feuerungsanlagen im mittleren Leistungsbereich verschärfte Werte gelten sollten, auf den massiven Widerstand des Landes Nordrhein-Westfalen, nicht des Bundesinnenministers, treffen wird. NRW hat ausgerechnet, daß, wenn man mit den vorgesehenen Begrenzungen von 400 MW auf 300 MW herabgeht, von den 33 000 MW, die NRW erzeugt werden, nicht weniger als 22 000 MW betroffen wären. Ich würde vorschlagen, daß Sie diesen Punkt noch einmal mit dem Ministerpräsidenten Rau besprechen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Zweitens. Was die unverzügliche Novellierung des Teils III der TA Luft anbetrifft, die hier gefordert wird, sage ich: Die Arbeit ist seit Monaten im Gang und wird in relativ kurzer Zeit vorgelegt werden können.
    Drittens. Wer die Einführung von bleifreiem Benzin in Europa fordert, findet den Bundesinnenminister an seiner Seite. Er hat die deutsche Automobilindustrie, von der alle Vorstandsvorsitzenden vertreten waren, und die deutsche Mineralölwirtschaft bei sich gehabt. Aber wer fordert, daß das notfalls auch im nationalen Alleingang geschehen müsse, der verkennt, daß Amerika ein Kontinent, Japan eine Insel, aber die Bundesrepublik Deutschland ein Durchgangsland ist. Das wäre gleichbedeutend mit dem Verbot von Auslandsreisen für bundesdeutsche Bürger.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    — Ja, natürlich, weil nämlich der Katalysator kaputtgeht, sobald Sie über die Grenze fahren.

    (Erneuter Widerspruch bei der SPD — Dr. Hauff [SPD]: Uninformiert!)

    Ich würde dringend empfehlen, daß die maximalen Forderungen, die in diesem Notprogramm enthalten sind, im Sinne eines Ausgleichs von Ökonomie und Ökologie noch einmal überdacht werden. Der Bundesinnenminister als Umweltminister hat mit den Änderungen, die der Bundesrat beschlossen hat, überhaupt keine Probleme. Die gesamtwirtschaftlichen Aspekte werden im Bundeskabinett neu zu beraten sein.
    Ich sage auch ganz klar, gegenüber der Richtlinie, die wir 1981 bei der Europäischen Gemeinschaft eingereicht haben, für eine bessere Verbrennung in den Motoren ziehe ich die Regelung mit bleifreiem Benzin vor. Wenn ich Europa nicht auf einmal zu dieser Regelung bekomme, dann würde es auch genügen, wenn die wichtigsten europäischen Länder gemeinsam den ersten Schritt tun. Aber Deutschland allein kann es nicht. Das wäre unter keinem Gesichtspunkt vertretbar, unter keinem.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zurufe von den GRÜNEN)

    Ich darf hier sagen, daß wir in den allerletzten Tagen einen großen Erfolg erreicht haben, was die Versalzung des Rheins betrifft.

    (Zurufe von der SPD: Entsalzung!)

    — Was die Entsalzung des Rheins betrifft. „Versalzung" kann man auch sagen: Was die Änderung der Versalzung des Rheins betrifft, hat sich der deutsche Standpunkt uneingeschränkt durchgesetzt, daß eine französische Versenkung unter Inanspruchnahme deutschen Untergrundes nicht in Betracht kommt. Wir haben damit einen sehr lange anhaltenden und mit dem schwierigen Partner Frankreich nur sehr schwer behebbaren Streit endlich vom Tisch gebracht.



    Bundesminister Dr. Zimmermann
    Meine Damen und Herren, was den Wald betrifft, so wissen wir, daß eine Fülle von Ursachen für die Schädigung vorhanden ist. Ich habe genug Erlebnisse vor Ort. Ich habe selbst gesehen, welche Partien welcher Wälder und welcher Baumarten besonders gefährdet und zum Teil schon erheblich geschädigt sind. Wer sieht, mit welcher unglaublichen Schnelligkeit die Schädigungen im Schwarzwald, im Bayerischen Wald und anderswo innerhalb der letzten zwölf Monate sichtbar geworden sind, der weiß, daß hier mit kurzfristigen Maßnahmen allein nach jahrzehntelangen Versäumnissen, die man aber wohl auch nicht hat erkennen können, wie man gerechterweise sagen muß — —

    (Lachen bei den GRÜNEN — Frau BeckOberdorf [GRÜNE] sowie weitere Zurufe von den GRÜNEN: Sie nicht!)

    — Sie haben es vor drei Jahrzehnten schon erkannt?! Sie sehen auch so aus, als wenn Sie immer im Wald gelebt hätten, das ist richtig.

    (Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU/ CSU)

    Ich bin vor 57 Jahren als Sohn eines Holzkaufmanns auf die Welt gekommen, der im Jahr 100 000 Festmeter Holz in deutschen und österreichischen Wäldern gekauft hat. Ich war seit frühester Jugend dabei. Mir braucht über Holz und Wald überhaupt niemand etwas zu erzählen. Das dürfen Sie mir glauben.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Dann müssen Sie es doch gemerkt haben?)

    Ich freue mich, daß das Umweltbewußtsein ohne jeden Zweifel erheblich gewachsen ist. Ich denke dabei an eine ähnliche Gründung, wie sie Ministerpräsident Vogel in Rheinland-Pfalz vorgeschlagen hat, aber für das ganze Bundesgebiet, an ein Gemeinschaftswerk „Rettet den Wald", dessen Zielsetzung es sein sollte — —

    (Zuruf)

    — Wenn da jemand „jetzt" ruft, dann frage ich: Was ist in den letzten 13 Jahren seitens der Regierung zum Schutz des deutschen Waldes geschehen? Da ist doch alles auf dem Tisch liegengeblieben!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

    Die Zielsetzung dieses Gemeinschaftswerkes sollte es sein, den bei Bürgern und Umweltverbänden vorhandenen Sachverstand und das Engagement einzubringen, durch Aufklärung und Information zur Versachlichung der Diskussion beizutragen und auch aus dem privaten Bereich Mittel für Maßnahmen zur Bekämpfung des Waldsterbens beizubringen. Sie wissen, für die Bundesregierung gilt unverändert das Verursacherprinzip. Was wir wollen, ist, dem Bürger unmittelbar Gelegenheit zu geben, sich an dieser Rettung des deutschen Waldes aktiv zu beteiligen. Ich bin sicher, wir werden ein ganz großes Echo haben, ich bin sicher, daß wir viel Freiwilligkeit erwarten können, und ich bin sicher, daß wir auf diesem Wege viel mehr persönliches Engagement erreichen werden, als wenn wir Abgaben staatlich verordnen oder Waldpfennige einführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben in diesem Jahr im letzten Umweltrat der Europäischen Gemeinschaft einen großen Erfolg gehabt. Wir haben in einer ganz kurzen Zeit, in einer Stunde, die Nordseekonferenz festgemacht — alle beteiligten Länder haben zugestimmt —, und wir werden auf dieser wichtigen Nordseekonferenz, die wir sorgfältig vorbereiten werden und die in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden wird, alle Probleme zu regeln versuchen, die die Verschmutzung der Nordsee mit sich bringt und die uns allen so große Sorgen bereiten.
    Ein Wort noch zur Abfallwirtschaft. Wir haben eine Novellierung angeregt und sind sofort in Vorlage getreten. Wir haben bei den Ländern ein absolut offenes Ohr gefunden, und wir werden in allerkürzester Zeit auch das, was bis jetzt noch lückenhaft gewesen ist, nämlich Regelungen über Einfuhr und Transit des Giftmülls, durch diese Vorschaltnovelle in den Griff bekommen.
    Mit dieser Novelle wird auch dafür gesorgt werden, daß die Abfalltransporte in Zukunft nur noch an ganz wenigen ausgesuchten Zollstellen abgefertigt werden und daß auch ein total wirksames Netz der Kontrolle existiert. Zwischen Bundesregierung und Landesregierungen besteht im wesentlichen jetzt schon — obwohl ich die Novelle erst vor wenigen Wochen auf den Weg gebracht habe — ein Einvernehmen über die Notwendigkeit eines baldigen Inkrafttretens dieser Neuregelung.
    Meine Damen und Herren, ich will die Diskussion, die das Parlament mit Recht für sich beansprucht, nicht weiter aufhalten. Am Ende meiner Ausführungen möchte ich nur noch einmal versichern, daß Umweltschutz auch in dieser Legislaturperiode zu den absolut vorrangigen Aufgaben der Bundesregierung gehören wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmude von der sozialdemokratischen Fraktion.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Schmude


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben zur Kenntnis genommen, daß Sie, Herr Bundesinnenminister, in der Umweltpolitik die Beschlüsse, die wir in der sozialliberalen Regierung am 1. September 1982 gefaßt haben, auszuführen im Begriff sind und daß Sie die vorbereiteten Maßnahmen, wie wir sie vorgesehen haben, treffen. Offenbar hat in dem halben Jahr auch bei Ihnen das Umweltbewußtsein, über dessen Wachsen Sie sich hier eben so demonstrativ gefreut haben, deutlich zugenommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben 13 Jahre gebraucht!)

    Wir begrüßen das.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Nach 13 Jahren!)

    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 5. Sitzung. Bonn, Donnerstag. den 5. Mai 1983 223
    Dr. Schmude
    Daß Sie aber die Ausführung dieser vorbereiteten Arbeiten nun auch noch als einen großen Erfolg feiern und dies der Politik der sozialliberalen Regierungen entgegensetzen, überrascht uns, zumal es dabei nicht ohne Verschlechterungen abgegangen ist.

    (Dr. Olderog [CDU/CSU]: Sie haben es in 13 Jahren nicht geschafft!)

    Zu den Einzelheiten wird mein Kollege Harald Schäfer gleich noch Stellung nehmen. Ich möchte mich auf die beiden anderen Punkte Ihrer Ausführungen konzentrieren.
    Ihren Einzug in das Bundesinnenministerium, Herr Dr. Zimmermann, und den Ihres Parlamentarischen Staatssekretärs Spranger haben viele, denen an innerer Liberalität und an der bis zum letzten Herbst erreichten Qualität unseres Rechtsstaates gelegen ist, mit Besorgnis und mit Befürchtungen begleitet. Sie wissen das. Diesen Betrachtern ist noch gut in Erinnerung, daß Sie beide stets in vorderster Front gestanden haben, wenn es um die Einschränkung von Bürgerrechten und um den Abbau der Freiheitlichkeit ging.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Herr Kühbacher hat ihn doch erst noch gelobt!)

    Wiederholt hat es gerade von Ihnen beiden harte Absichtserklärungen für eine besonders abrupte Wende in der Innen- und Rechtspolitik gegeben. Aus Ihrem Munde ist z. B. das skandalöse Verdammungsurteil über den früheren Bundesinnenminister Baum gekommen, er sei ein Sicherheitsrisiko.
    Argwohn und Sorge erwecken nun aber auch weitere Äußerungen, z. B. aktuelle Äußerungen Ihres schon genannten politischen Stellvertreters, des Herrn Spranger. Antworten aus Ihrem Ministerium auf parlamentarische Anfragen haben ja mehr bestätigt als abgeschwächt, daß er in Erding Anfang 1983 tatsächlich gesagt hat: „Frieden und Freiheit sind auch im Innern wichtig, aber das in erster Linie für die Normalen, nicht für perverse Minderheiten, Terroristen, Verbrecher und Randgruppen." Bestürzen muß uns alle — und bestürzen müßte doch auch Sie — die Gleichsetzung von Verbrechern, Randgruppen und sogenannten perversen Minderheiten in dieser Aussage. Den Minderheiten und Randgruppen gilt wohl auch der Hauptangriff. Sie sollen in einer für das Rechtsempfinden und für den demokratischen Konsens zerstörerischen Weise ausgeklammert werden. Dieser Rückfall in Intoleranz und Diskriminierung von Schwächeren und Randgruppen ist eigentlich, Herr Bundesinnenminister, unfaßbar.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Er ist unfaßbar, nachdem wir alle doch in der Vergangenheit gelernt und akzeptiert haben, daß sich die Qualität des Rechts- und Sozialstaats gerade im Umgang mit seinen Minderheiten beweist.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Dr. Laufs [CDU/CSU]: Malen Sie keine Gespenster an die Wand!)

    Wer diese Ansicht jetzt so drastisch verwirft, der zeigt eine Gesinnung, aus der schlimme Maßnahmen erwachsen können,

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Machen Sie es doch halblang! Das ist doch lächerlich!)

    wenn sich nur die Lage dazu eignet. Er zeigt eine Grundhaltung, die in der Leitung eines Verfassungs- und Verfassungsschutzministeriums unerträglich ist.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Das war offenbar kein einmaliger Ausrutscher, denn in seiner Rede vor der Polizeiführungsakademie Ende März hat Herr Spranger — das ist von Ihrem Ministerium offiziell verbreitet worden — das jahrelange überzogene Betonen der Rechte bestimmter Minderheiten beklagt. Da frage ich Sie: Gegen wen geht das? Welche Minderheiten sind heute damit gemeint, und wer wird morgen zu ihnen gehören? Ich erwarte von Ihnen eine Klarstellung, ein Wort des Bedauerns zu diesen Äußerungen, Herr Bundesinnenminister.

    (Beifall bei der SPD)

    Solche Signale lassen aufhorchen. Sie bestärken die Ihnen gegenüber bestehenden Sorgen und Bedenken. Gern würden wir in dieser Lage, meine Damen und Herren von der FDP, die Wahrung und Verteidigung der Liberalität von Ihnen erwarten. Wir können es aber leider nicht. Über das Ausklammern und Verschieben von Vorhaben, die Freiheits-
    und Bürgerrechte beeinträchtigen würden, reichen die Erfolge der FDP in der neuen Koalition nicht hinaus. Ihr Mißerfolg sitzt, verkörpert in der Person des jetzigen Bundesinnenministers, mit Ihnen zusammen in der Bundesregierung. Ihr Nachgeben in der Sache hat schon begonnen.
    Die Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts, früher aus guten Gründen von Ihnen immer wieder abgelehnt, ist nun Bestandteil Ihres gemeinsamen Koalitionsprogramms. Die Abwehr der FDP beschränkt sich auf Nachhutscharmützel bei Landesparteitagen, wo man die Wende wohl noch nicht ganz begriffen hat. Dafür müssen sich Ihre Parteifreunde dann vom Bundesinnenministerium offiziell bescheinigen lassen, sie hätten einen Angriff gegen die gesamte Bundesregierung unternommen.

    (Zuruf von der FDP: Gucken Sie einmal in Ihre eigene Partei hinein!)

    Mit dem in der Koalitionsvereinbarung festgelegten Vorschlag zur Verschärfung des Landfriedensbruchparagraphen präsentieren Sie eine Strafdrohung mit abschreckender Breitenwirkung. Sie wissen durchaus, daß sie sehr leicht auch Unschuldige treffen kann. Eben deshalb wollen Sie Ausnahmen vorsehen und dem Richter die Möglichkeit des Strafverzichts eröffnen. Damit wird die Vorschrift aber vollends unpraktikabel, wird das Risiko für Demonstranten unabsehbar. Da frage ich Sie: Wollen Sie das? Soll jeder Bürger sich in Zukunft dreimal überlegen, ob er überhaupt von seinem Grundrecht auf Meinungskundgabe durch Demonstration



    Dr. Schmude
    Gebrauch macht? Wer gestern erlebt hat, wie der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung das Demonstrationsrecht unter dem Oberbegriff „Zunahme der Gewalt" abhandelte, der muß solche, wie ich sage: böse Absicht annehmen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Wer schreibt Ihnen so etwas auf?)

    Sie geben damit die schlechteste Antwort auf die von Ihnen gefürchteten Demonstrationen im Zusammenhang mit der Ausführung des NATO-Doppelbeschlusses.
    Wo es zuallererst darum geht, Vertrauen zu stärken und mit Argumenten Verständnis zu wecken, haben Sie dann eine Reaktion vorbereitet, bei der statt der politischen Auseinandersetzung der Einsatz polizeilicher Mittel im Vordergrund steht.
    Sehr treffend schreibt dazu Helmut Kerscher in der „Süddeutschen Zeitung" am 26. April folgende Sätze:
    Es müßte der neuen Regierung eigentlich peinlich sein, daß etwa die Gewerkschaft der Polizei einen „Substanzverlust an Rechtstaatlichkeit" befürchtet. Die Polizisten wissen, warum sie sich wehren: In einem vom Gesetzgeber total vereisten Klima zwischen Demonstranten und Staatsgewalt müssen die Polizisten nicht nur Knüppel, sondern auch ihre Köpfe hinhalten.
    Das, Herr Bundesinnenminister, ist die Meinung der Polizei.

    (Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Nein, nur des Vorsitzenden der GdP! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn Sie sich doch in Ihrer Koalitionsvereinbarung zu vielen anderen Punkten Ihres innenpolitischen Programms darauf verständigt haben, zunächst die Vorlage von Berichten abzuwarten, warum duldet denn nicht auch die Änderung des Demonstrationsstrafrechtes noch einigen Aufschub? Sie könnten damit zur Befriedigung der Auseinandersetzungen dieses Jahres wesentlich beitragen.

    (Boroffka [CDU/CSU]: Das ist falsch!)

    Kommt es nämlich nach einer Rechtsänderung zu Zusammenstößen, so werden die Betroffenen das nicht auf das geltende Recht, dessen Geltung doch akzeptiert ist, sondern auf die Rechtsänderung zurückführen und deren Qualität wirkungsvoll in Zweifel ziehen.
    Ich appelliere deshalb ausdrücklich an Sie: Stellen Sie diesen Plan zur Strafrechtsverschärfung und -erweiterung zurück! Setzen Sie denen, die ihrer Sorge um die Erhaltung des Friedens durch Demonstrieren Ausdruck geben wollen,

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist eine unglaubliche Verknüpfung!)

    nicht von vornherein als markantestes Zeichen Ihrer Haltung die Drohung mit dem polizeilichen Zugriff und der gerichtlichen Strafe entgegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Datenschutz hat an Bedeutung für die Freiheit und die schutzbedürftige Privatsphäre des Bürgers ständig gewonnen. Diese Entwicklung wird weitergehen. Nach unserer Überzeugung ist als Antwort darauf eine Novellierung des Datenschutzgesetzes angebracht, die Lücken im Datenschutz schließt und aus den fünf Tätigkeitsberichten der Bundesbeauftragten Folgerungen zieht. Eine entsprechende Gesetzesinitiative werden wir alsbald ergreifen.
    Auch die Koalition kündigt eine Novellierung des Datenschutzgesetzes an, die dem ersten Anschein nach eine Erweiterung und Verstärkung zum Ziele haben soll. Gleichzeitig werden immer — auch in der Regierungserklärung — die Belange der Sicherheit hervorgehoben und zum Datenschutz in Gegensatz gestellt. Was wird denn danach die wirkliche Tendenz der Gesetzesänderung sein? Schon heute ist die Sorge begründet, daß sie weniger der Erweiterung als vielmehr der Einschränkung des Datenschutzes dienen wird. Die Vorzeichen sind nämlich bedenklich genug.

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Nun warten Sie mal ab!)

    Der Parlamentarische Staatssekretär Spranger ist vor und nach dem Regierungswechsel nicht müde geworden, scharfe Angriffe gegen einen angeblich einseitigen und übertriebenen Datenschutz zu richten. In der Praxis — dort, wo Unionspolitiker die Verantwortung tragen — sind die Rechte einiger Datenschutzbeauftragter bereits auffällig beschränkt worden. Baden-Württemberg hält hier einen traurigen Spitzenplatz. Aber auch der Bund, auch Sie, Herr Bundesinnenminister, haben dem Bundesbeauftragten die Fortsetzung seiner Überprüfung des Bundesamtes für Verfassungsschutz im November 1982 durch Verweigerung der Akteneinsicht erschwert. Dem halte ich entgegen: Auch bei Sicherheitsbehörden darf es keinen kontrollfreien Bereich geben.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Die Freistellung von der Überprüfung durch die Datenschutzbeauftragten würde dem Vertrauen der Bürger in ihre Sicherheitsbehörden nicht dienen; sie müßte es schwächen.
    Überhaupt gilt: Datenschutz und Sicherheit dürfen nicht als Gegensätze formuliert und gegeneinander in Stellung gebracht werden. Das würde beide schwächen und somit keinem der widerstreitenden Belange nützen.
    Besonders bedenkliche Folgerungen müssen wir, Herr Bundesinnenminister, aus der Art Ihres Umgangs mit dem Bundesbeauftragten für Datenschutz, Professor Bull, und aus seiner von Ihnen beabsichtigten Ablösung ziehen. Herr Professor Bull war als Datenschutzbeauftragter kein bequemer Mann, auch zu unserer Regierungszeit nicht.



    Dr. Schmude
    Niemand aber kann ihm das Verdienst streitig machen, sein Amt gewissenhaft und kompetent wahrgenommen zu haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Er hat damit Vertrauen auch in der Öffentlichkeit gefunden, ein Vertrauen, auf das z. B. Sie, Herr Bundesinnenminister, bei der Volkszählung gern zurückgegriffen haben.
    Es ist somit ein Fall, auf den wirklich paßt, was der Standardkommentar zum Bundesdatenschutzgesetz von Ordemann-Schomerus zu § 17 über die Verlängerung der Amtszeit des Datenschutzbeauftragten mit den Worten ausführt:
    Die Bundesregierung wird bei dieser Entscheidung nicht völlig frei sein. Sie kann einem Bundesbeauftragten, der sein Amt gewissenhaft im Interesse des Bürgers ausübt, der durch begründete Kritik Mißstände innerhalb der Bundesverwaltung aufgedeckt hat — kurz: einem unbequemen Kontrolleur —, nach fünf Jahren nicht die Wiederbestellung verweigern, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, sich eines Kritikers entledigen zu wollen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Genau diesen Vorwurf mache ich Ihnen, Herr Minister. Diese Personalentscheidung ist ein Programm. Der Datenschutz ist dabei der Verlierer.

    (Beifall bei der SPD)

    Wie Sie die Ablösung durchführen, verdient besondere Kritik. Die Amtszeit von Professor Bull ist längst abgelaufen. Schon drei Monate lassen Sie ihn geschäftsführend im Amt, ohne über die Nachfolge zu entscheiden. Einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen ist Ihre gesetzliche Pflicht. Indem Sie sie vernachlässigen, schaffen Sie zusätzliche Unsicherheit und begründen Zweifel, ob es Ihnen mit dem Datenschutz überhaupt ernst ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber kritikwürdige Personalentscheidungen sind ja bei Ihnen in letzter Zeit nicht auf den Einzelfall beschränkt. Auch wenn Sie geschickt vorgehen, fällt doch auf, wie aus wichtigen Positionen in Ihrem Geschäftsbereich vor allem solche Beamte ausscheiden, die der FDP angehören.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Gibt es da denn so viele?)

    Wie Sie außerdem mit dem bisherigen Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz umgegangen sind, hat bereits von anderer Stelle eine denkwürdige und ungewöhnliche Antwort gefunden. Der Empfang von Dr. Meier durch den Bundespräsidenten ist wohl mit Recht allgemein als Wiedergutmachungsaktion verstanden worden. Hier hat die menschliche Gesellschaft, die Sie so gern propagieren, durch den Bundespräsidenten eine Bestätigung gefunden, nicht durch Sie.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Ablösung von Professor Bull bestärkt jedenfalls
    unser Mißtrauen gegen Ihre Datenschutzpolitik.
    Wir werden Ihre gesetzgeberischen Bemühungen und Ihre Verwaltungspraxis wachsam verfolgen und sind bereit, den Datenschutz ausdrücklich auch gegen denjenigen zu verteidigen, der ihn kraft Amts fördern und stärken sollte, nämlich gegen Sie, den Bundesinnenminister.
    Der inneren Sicherheit, meine Damen und Herren, kann es nützen, wenn ihre grundsätzlichen Fragen von den Parteien übereinstimmend beantwortet werden, wenn ihre Probleme in Zusammenarbeit statt in Konfrontation gelöst werden. Die Chance zu einer solchen Zusammenarbeit zwischen Ihnen und uns kann ich bislang nicht erkennen. Wir würden uns zu ihr bereit finden, wenn Sie sich dazu verstehen könnten, die bis zum Oktober 1982 geltenden Grundlinien der Politik innerer Sicherheit und Liberalität fortzuführen. Beides — innere Sicherheit und Liberalität — läßt sich, wie wir bewiesen haben, gut miteinander vereinbaren, und der Rechtsstaat hat den Nutzen davon.
    Uns ist es gelungen, mit dem Terrorismus der 70er Jahre fertig zu werden, ohne dabei die Freiheitlichkeit und Rechtsstaatlichkeit unseres Landes aufzugeben.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Das war der eigentliche, der wichtigste Sieg über den Terrorismus. Er wurde von der sozialliberalen Koalition in der Abwehr freiheitsbeschränkender und rechtsstaatlich bedenklicher Forderungen der CDU/CSU errungen.

    (Lowack [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal zur Sache!)

    Daß einige Erfolge unserer jahrelangen Fahndungsbemühungen in Ihre Regierungszeit gefallen sind, hätte Sie wirklich nicht verleiten sollen, sich diese Festnahmen als Verdienst anzurechnen.

    (Beifall bei der SPD)

    Bei Problemen und Lasten sind Sie nicht so hastig mit der Übernahme der Verantwortung, sondern Sie wollen sie am liebsten noch viele Jahre bei uns lassen.
    Herr Bundesinnenminister, ich hätte von Ihnen heute eine Klarstellung zu jenem zweiten Thema, dem Sie sich zugewandt haben, dem der Ausländerpolitik, erwartet: Wie soll es nun mit der von Ihnen immer wieder geforderten Nachzugsbeschränkung für Ausländerkinder aussehen? Diese Klarstellung ist nicht gekommen. In Ihrem Koalitionsprogramm klammern Sie das aus. Sie lassen aber die Drohung im Raum stehen, eine Drohung, die Sie persönlich auch immer wieder erhoben und unterstützt haben — mit der für mich bestürzenden Begründung, eine solche Nachzugsbeschränkung entspräche christlicher Verantwortung.
    Kommt Ihnen angesichts des Widerspruchs der Kirchen nicht zum Bewußtsein, daß Sie damit auf einem völlig falschen Weg sind? Wie, glauben Sie, wirkt es auf die andersgläubigen Betroffenen, wenn ihnen das Christentum als Grundlage einer Politik



    Dr. Schmude
    vorgestellt wird, die sieben- und neunjährige Kinder von ihren Familien getrennt hält?

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Dr. Zimmermann [CDU/ CSU]: Ihr Vorsitzender Brandt ist derselben Meinung wie ich!)

    — Der SPD-Vorsitzende hat von Zweckmäßigkeit und Empfehlung gesprochen. Sie sprechen von Zwang. Das ist ein himmelweiter Unterschied.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Aber die Richtung ist die gleiche!)

    Offenbar hat auch der Brief von Frau Funcke an den Bundeskanzler, diese Regierungsdebatte möge zur Klarstellung genutzt werden, überhaupt nichts gefruchtet. Sie haben ihn nicht beachtet.

    (Beifall bei der SPD)

    Zusammenfassend, um zum Schluß zu kommen: Weithin bleibt unklar, Herr Bundesinnenminister, wohin der Weg der Innenpolitik dieser Bundesregierung führen soll. Wo sich Klarheit abzeichnet, gibt sie uns zu Sorgen Anlaß. Uns ist das Ansporn, für weitere Klärung zu sorgen und Verschleierungsmanöver nicht zuzulassen. In diesem Sinn werden wir Ihren Weg wachsam verfolgen und dem Bürger deutliche Informationen durch die Herausstellung unserer Alternativen geben.
    Dem Versuch, Gegenreformen durchzuführen, werden wir nach Kräften widerstehen. Wo sie trotzdem erfolgen, halten wir uns dann zur Wende bereit, aber zur Wende nach vorn.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)