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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/4 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1983 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Dallmeyer . . . . 55 A Eintritt des Abg. Saurin in den Deutschen Bundestag 55 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Franke (Hannover) 55 C Begrüßung des Ministerpräsidenten von Spanien, Herrn Felipe González-Márques, seiner Gattin und der Mitglieder seiner Delegation 55 C Wahl der Schriftführer — Drucksache 10/44 — 55 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Kohl, Bundeskanzler 56 A Dr. Vogel SPD 74 D Dr. Waigel CDU/CSU 93 A Genscher, Bundesminister AA 104 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 112 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 117C Rühe CDU/CSU 124 B Frau Kelly GRÜNE 128 D Schäfer (Mainz) FDP 131 B Voigt (Frankfurt) SPD 133 B Bastian GRÜNE 135C Klein (München) CDU/CSU 138 B Büchler (Hof) SPD 139 B Lintner CDU/CSU 141 B Schneider (Berlin) GRÜNE 143A Ronneburger FDP 144A Präsident Dr. Barzel 71 C Nächste Sitzung 145 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 146*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 146* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1983 55 4. Sitzung Bonn, den 4. Mai 1983 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 6. 5. Berschkeit 6. 5. Böhm (Melsungen) * 6. 5. Büchner (Speyer) 6. 5. Dr. Enders* 6. 5. Dr. Engelsberger 6. 5. Hartmann 6. 5. Dr. Hornhues 6. 5. Kittelmann* 5. 5. Lahnstein 5. 5. Lemmrich* 5. 5. Frau Pack* 4. 5. Rösch* 4. 5. Schröer (Mülheim) 4. 5. Spilker 6. 5. Frau Steinhauer 6. 5. Vogt (Duren) 5. 5. Dr. Vohrer* 4. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Bundesrates hat mit Schreiben vom 29. April 1983 mitgeteilt, daß die Regierungen der Länder folgende Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) bestellt haben: Baden-Württemberg Bayern Berlin Bremen Hamburg Hessen Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Schleswig-Holstein Mitglied Ministerpräsident Späth Staatsminister Schmidhuber Senator Prof. Dr. Scholz Senator Dr.-Ing. Czichon Senatorin Maring Ministerpräsident Börner Ministerpräsident Dr. Albrecht Minister Dr. Posser Staatsminister Gaddum Frau Minister Dr. Scheurlen Ministerpräsident Dr. Dr. Barschel Vertreter Frau Minister Griesinger Staatssekretär Dr. Vorndran Senator Oxfort Senator Kahrs Präsident des Senats Erster Bürgermeister Dr. von Dohnanyi Frau Staatsminister Dr. Rüdiger Minister Hasselmann Minister Dr. Haak Ministerpräsident Dr. Vogel Minister Prof. Dr. Becker Minister Dr. Schwarz Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 20. April 1983 mitgeteilt, daß sie die Änderungsanträge auf Drucksachen 10/11 und 10/12 zurückzieht. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 14. April 1983 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn nebst Anlagenband und Stellenplan für das Geschäftsjahr 1983 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Wirtschaftsplan liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, die Probleme, die wir jetzt zu bewältigen haben, sind leider nicht mit Transparenten und Feldgeschrei zu lösen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deswegen schlage ich vor, daß wir uns wieder unseren Fragen zuwenden. —
    Die Bundesrepublik Deutschland unterstützt echte Blockfreiheit ebenso wie regionale Zusammenarbeit als wichtige Elemente internationaler Stabilität.
    Die Bundesregierung wird sich am Nord-SüdDialog in allen seinen Formen beteiligen. Wir messen hierbei dem Dialog der Weltreligionen eine hohe Bedeutung bei.
    Wir erleben in unserer Zeit den Aufbruch der sich zum Islam bekennenden Völker. Mit ihrer Kultur- und Geisteswelt hat sich Europa in Jahrhunderten fruchtbar auseinandergesetzt.
    Meine Damen und Herren, viele Entwicklungsländer sind auf unsere Mithilfe angewiesen. Auch für uns sind Entwicklungsländer längst unentbehrliche Partner. Viele haben sich in schwierigen Zeiten als unsere Freunde erwiesen. Sie können damit rechnen, daß auch wir sie als unsere Freunde unterstützen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir werden den Ländern der Dritten Welt helfen, ihre Erfindungskraft und Dynamik zu entfalten. Zunächst geht es für sie um die Deckung der elementaren Bedürfnisse, um den Aufbau einer eigenen Ernährungsgrundlage, um die Förderung der Energieversorgung, um Ausbildung und um die Erhaltung der natürlichen Umwelt. Wenn wir den Ländern der Dritten Welt helfen, helfen wir auch uns, denn wir sichern damit auch Arbeitsplätze in unserem eigenen Land.

    (Zurufe von den GRÜNEN)




    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Die Bürger unseres Landes — und hier möchte ich insbesondere die junge Generation hervorheben — beweisen seit Jahren durch ihr Verständnis und ihre Mitwirkung, wie wichtig ihnen Entwicklungshilfe ist. Wir wissen, was wir den Kirchen, den Stiftungen, den freien Trägern und vielen Einzelinitiativen zu danken haben. Ich begrüße es ganz besonders, daß sich in zunehmender Weise auch die Bundesländer in diesem Bereich betätigen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Afrika und ähnliches?!)

    Die Bundesregierung wird die guten Beziehungen zu den Staaten Afrikas, des Nahen und Mittleren Ostens, Asiens, Lateinamerikas und des südpazifischen Raumes ausbauen.
    Grundlage unserer Nahostpolitik ist der Respekt vor den berechtigten Interessen aller, zum Teil in Widerstreit miteinander lebenden Völker und Staaten in jener Region. Darüber hinaus gilt unsere Verbundenheit in besonderem Maße Israel und unsere Fürsprache seinen Lebens-, Freiheits- und Sicherheitsrechten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir werden die freundschaftlichen Beziehungen zu Israel vertiefen, und wir werden unsere traditionelle Freundschaft mit der arabischen Welt weiter ausbauen. Gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und gemeinsam mit unseren europäischen Partnern werden wir bei der Lösung des Nahost-Konflikts zu helfen versuchen. Unsere Nahostpolitik orientiert sich am Existenzrecht Israels, am Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes und am beiderseitigen Gewaltverzicht.
    Im südlichen Afrika unterstützt die Bundesregierung einen gerechten Interessenausgleich. Sie tritt für die Überwindung der Apartheid und das friedliche Zusammenleben aller Südafrikaner ein. Sie wirkt mit ihren westlichen Partnern auf eine baldige Unabhängigkeit Namibias hin.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Aus Afghanistan müssen sich die sowjetischen, aus Kambodscha die vietnamesischen Truppen zurückziehen. Für beide Länder bedarf es einer gerechten Lösung, die vom Willen der Bevölkerung getragen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im Interesse von Frieden und Stabilität Südasiens begrüßen wir die Schritte Indiens und Pakistans, historische Belastungen im Verhältnis zueinander abzubauen. Die Bundesregierung bietet den asiatischen Staaten unsere partnerschaftliche Zusammenarbeit an, wie sie sich zwischen EG- und ASEAN-Staaten bereits bewährt hat.
    Mit Staaten in anderen Weltregionen verbinden uns gemeinsame Überzeugungen und ähnliche Wirtschaftsstrukturen. Ich nenne Japan, Australien und Neuseeland. Meine Damen und Herren, im Bewußtsein gemeinsamer Interessen und traditioneller kultureller Bindungen wollen wir die Beziehungen zur Volksrepublik China weiter entwickeln.
    China ist ein wichtiger Faktor der Weltpolitik. Wir werden das zu berücksichtigen haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Unsere geschichtlich engen Verbindungen mit Lateinamerika werden wir besonders pflegen. Die Bundesregierung setzt sich für die Überwindung von Krisenursachen in Zentralamerika durch wirtschaftliche und soziale Reformen auf der Grundlage eines wirklichen demokratischen Pluralismus ein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Für weltweite Verständigung und Verhandlungen bleiben die Vereinten Nationen das zentrale Forum. Dem wird unsere Mitarbeit in dieser Weltorganisation Rechnung tragen. Wir werden uns für eine Stärkung ihrer Friedensinstrumente, für die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechts einsetzen. Dabei ist selbstverständlich, daß wir uns vor allem auch für die deutschen Interessen einsetzen, die sich aus der Teilung unseres Volkes ergeben.
    Meine Damen und Herren, eine gefährliche Grenze verläuft quer durch Deutschland — dort, wo noch immer die Mitte Europas liegt. Diese Grenze trennt die Deutschen, sie trennt die Europäer, sie trennt Ost und West. Vernunft und Menschlichkeit können sich nicht damit abfinden, daß an dieser Linie das Selbstbestimmungsrecht aufhören soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die geschichtliche Erfahrung zeigt: Der gegenwärtige Zustand ist nicht unabänderlich. Realpolitik: j a, Resignation: nein!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es sind jetzt 30 Jahre, seitdem der Volksaufstand des 17. Juni 1953 im sowjetischen Machtbereich aller Welt den Freiheitswillen der Deutschen demonstrierte. Mauer, Stacheldraht, Schießbefehl und Schikanen sind auch heute noch ein Anschlag auf die Menschlichkeit. Wo sie existieren, gibt es keine Normalität.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir schweigen nicht, wenn Menschenrechte verletzt werden.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Zu diesen Menschenrechten gehört das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit und auf Freizügigkeit.
    Wir wissen: Aus eigener Kraft allein können wir Deutschen den Zustand der Teilung nicht ändern. Wir können und müssen ihn aber, wenn möglich, erträglicher und weniger gefährlich machen. Ändern kann er sich in Wahrheit auf Dauer nur im Rahmen einer dauerhaften Friedensordnung in Europa.
    Für die Überwindung der deutschen Teilung haben wir den Rückhalt im Bündnis und in der Europäischen Gemeinschaft nötig. Sie garantieren uns Sicherheit und Freiheit, sie stützen die Hoffnung



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    auf Einheit — nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas. Das Bündnis und das geeinte Europa — wir brauchen sie mehr als andere.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Die zementieren die Teilung!)

    Die Deutschlandpolitik der Bundesregierung bleibt bestimmt durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, den Deutschlandvertrag, die Ostverträge, die Briefe zur „Deutschen Einheit" sowie die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972, der alle Fraktionen — CDU/CSU, SPD und FDP — zugestimmt haben, den Grundlagenvertrag und die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 1973 und vom Juli 1975.
    Das Bewußtsein der Einheit Deutschlands und der gemeinsamen deutschen Kultur und Geschichte wachzuhalten, ist für uns Aufgabe und Verpflichtung. Sie sollen nicht allein denen überlassen bleiben, die durch die Teilung unseres Vaterlandes besonders betroffen sind. Auch die Zonenrandförderung bleibt Ausdruck unseres Willens, uns mit den Folgen der deutschen Teilung nicht abzufinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Viele Bürger unseres Landes verloren durch Vertreibung, Flucht und Aussiedlung ihre Heimat. Sie haben einen wichtigen Beitrag zum Aufbau der Bundesrepublik Deutschland geleistet, und sie haben sich unermüdlich für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen und für die Einigung Europas eingesetzt. Es ist nicht zuletzt ihre großartige Leistung, die Leistung der Vertriebenen, daß der Revanchismus in Deutschland keinen Boden fand.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bereits in ihrer Charta von Stuttgart im Jahre 1950 haben die Vertriebenen feierlich den Gewaltverzicht mit den Worten erklärt:
    Wir verzichten auf Rache und Vergeltung. Wir werden jedes Beginnen unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist.
    Meine Damen und Herren, wir stehen in der langen Reihe deutscher Patrioten, die die deutsche Einheit in einer größeren europäischen Heimat suchten. Europäische Friedenspolitik ist Teil unserer Geschichte und liegt im nationalen Interesse. Die Menschen in den beiden Staaten in Deutschland halten an der Zugehörigkeit zu Deutschland und an ihrem Selbstverständnis als Deutsche fest. Für uns gibt es nur eine deutsche Staatsangehörigkeit. Wir bürgern niemanden aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die bestehenden Verträge mit der DDR wollen wir nutzen und ausfüllen. Grundlage für praktische Regelungen ist die Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung. Im innerdeutschen Handel liegen Chancen für beide Seiten. Er ist ein wichtiges Element der Beziehungen. Wir streben weitere praktische Fortschritte an. Wir sind bereit zu langfristigen Abmachungen über wissenschaftlichen, technischen und kulturellen Austausch, vor allem auch im Bereich des Umweltschutzes. Dazu können Gespräche auf allen Ebenen nützlich sein. Das gilt auch für den im vorigen Jahr vereinbarten Jugendaustausch, den wir gern erweitern wollen.
    Meine Damen und Herren, wer gutnachbarliche Beziehungen will, wie dies der Grundlagenvertrag formuliert, muß mit uns dafür eintreten, daß Verträge nach Geist und Buchstaben eingehalten werden. Deshalb bestehen wir weiterhin entschieden auf der Senkung der Mindestumtauschsätze.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir streben Erleichterungen für Reisen in beide Richtungen an. Einheit der Nation heißt auch, daß Menschen einander begegnen, daß sie sich auch in der gemeinsamen Geschichte wiederfinden. In diesem Sinne, so glaube ich, sagen zu dürfen, gehen auch heute von der Bundesrepublik Deutschland viele Gedanken hinüber nach Eisenach, wo auf der Wartburg die kirchlichen Luther-Feiern beginnen.

    (Beifall abei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir, die Deutschen, haben aus unserer Geschichte gelernt. Wir wollen in Frieden und wir wollen in Freiheit miteinander leben. Wir wollen zueinander kommen, weil wir zueinander gehören.
    Berlin, meine Damen und Herren, bleibt Prüfstein der Beziehungen zwischen Ost und West. Berlin ist keine Stadt wie jede andere. Die geteilte Stadt ist Symbol der deutschen Frage. Berlin ist eine nationale Aufgabe. Deshalb wollen wir die Lebenskraft der Stadt stärken und ihre Anziehungskraft fördern. Der kulturelle Reichtum Berlins gehört zu der besonderen Ausstrahlung der Stadt. Theater, Musikleben und Museumslandschaft Berlins wirken weit über die Grenzen unseres Landes hinaus. Die Bundesregierung wird alles tun, um zu helfen, damit Berlin diese Ausstrahlung behält.
    1987 blickt Berlin auf 750 Jahre seiner Geschichte zurück. In der alten Reichshauptstadt soll ein Deutsches Historisches Museum errichtet werden. Wir, die Bundesregierung, wollen bei der Verwirklichung helfen, und wir wünschen, daß das neue Museum im Jubiläumsjahr seine Tore öffnen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es gilt, die wirtschaftliche Lage Berlins zu verbessern. In der Wirtschaftskonferenz, die ich gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister einberufen habe, konnten wir Repräsentanten der deutschen Wirtschaft für folgende Aufgaben in Berlin gewinnen: verstärkt zu investieren und zukunftsorientierte Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist auch die Chance für Berlin, Zentrum für Grundlagenforschung und moderne Technologie zu bleiben.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    Wir treten weiterhin ein für Konsolidierung und Entwicklung der Bindungen Berlins an den Bund sowie für die Wahrung der Außenvertretung Berlins durch den Bund. Die strikte Einhaltung und volle Anwendung des Vier-Mächte-Abkommens über Berlin muß gewährleistet bleiben. Die Bundes-



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    regierung mißt dem reibungslosen Reiseverkehr von und nach Berlin hohe Bedeutung bei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bundesregierung hat am 13. Oktober 1982 ihre Absicht angekündigt, in der Bundeshauptstadt Bonn eine Sammlung zur deutschen Geschichte seit 1945 zu gründen, die der Geschichte unseres Staates und der geteilten Nation gewidmet ist. Wir wollen auch dieses Vorhaben bald auf den Weg bringen, wie wir überhaupt alles tun wollen, um der Stadt Bonn zu helfen, damit sie ihrer Funktion als Bundeshauptstadt gerecht werden kann.
    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir, die Deutschen, müssen uns unserer Geschichte stellen, mit ihrer Größe und ihrem Elend, nichts wegnehmen, nichts hinzufügen. Wir müssen unsere Geschichte nehmen, wie sie war und ist: ein Kernstück europäischer Existenz in der Mitte des Kontinents. Der jungen Generation muß die deutsche Geschichte in ihren europäischen Bezügen und Bedingungen wieder geistige Heimat werden.
    Heute steht die Bundesrepublik Deutschland an einem Wendepunkt ihrer Geschichte. Der Mensch kann den Strom der Zeit nicht schaffen,

    (Lachen bei der SPD)

    er kann nur auf ihm fahren und steuern So hat Otto von Bismarck als Summe seiner Erfahrungen Aufgaben und Grenzen der Politik bestimmt. Die Regierung hat den Auftrag zu steuern. Sie zählt dabei auf den Sinn der Bürger für Realität und Richtung.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Koalition der Mitte von CDU, CSU und FDP steht für Freiheit, Verantwortung und Mitmenschlichkeit. Wir wollen wahrmachen, was uns das Grundgesetz als das Erbe von Christentum und europäischer Aufklärung aufgetragen hat: die freie Entfaltung der Persönlichkeit in ihrer Verantwortung für den Nächsten.

    (Zuruf von der SPD)

    Dies bestimmt unsere Vision. Es ist die Vision von einem Volk, von unserem Volk, das sich im Miteinander bewährt und daraus die Fähigkeit gewinnt, anderen zu helfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir haben allen Grund zur Zuversicht. Uns ist ein großes kulturelles Erbe übertragen: der Philosophie, der Dichtung, der Literatur, der Musik und der bildenden Künste. Aber wir waren und sind auch immer ein Volk der Erfinder und der Unternehmer, der Sozialreformer und der Wissenschaftler gewesen, das Volk von Albert Einstein und Max Planck, das Volk von Siemens und Daimler, der Zeiss und Röntgen, das Volk eines Ketteler und eines Bodelschwingh.

    (Lachen und Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

    Unser Volk wird die Herausforderung der industriellen Welt, die es so entscheidend mitgeformt hat,
    bestehen. Es gibt keine Alternative zur Industriegesellschaft,

    (Zurufe von den GRÜNEN: Doch, doch!)

    aber es gibt Alternativen in der Industriegesellschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben die Kraft und das Leitbild, Ethik und Ökonomie, Freiheit und Gerechtigkeit zu verbinden. Beides zusammen hat den Aufstieg der Deutschen aus der moralischen Katastrophe und aus dem Elend vor mehr als 30 Jahren ermöglicht. Dies zeigte die Energie und die Stärke unseres Volkes. Warum sollte das heute anders sein?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Tor zur Zukunft steht offen. Die Koalition der Mitte wird den richtigen Weg gehen — in der Verantwortung für die Freiheit und die Mitmenschlichkeit in unserem Vaterland.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich unterbreche jetzt die Sitzung. Die Sitzung wird pünktlich um 14 Uhr mit der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung — erster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Vogel — fortgesetzt.

(Unterbrechung von 12.12 bis 14.02 Uhr)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
    Meine Damen und Herren, bevor ich dem Kollegen Dr. Vogel das Wort gebe, möchte ich mitteilen, daß ich den Eindruck habe — es gibt j a keine Verabredung —, daß die heutige Sitzung nicht um 19 Uhr, sondern um 21 Uhr zu Ende gehen wird.
    Ich habe außerdem den Vorgang mit dem Transparent noch einmal geprüft. Ich konnte von hier aus die Inschrift natürlich nicht lesen. Ich möchte darauf hinweisen, daß nach unserer Geschäftsordnung das gesprochene Wort die Methode der Auseinandersetzung ist. Ein Transparent ist nicht vorgesehen. Ich bitte deshalb, künftig darauf zu verzichten. Ich muß heute von § 36 unserer Geschäftsordnung Gebrauch machen und Frau Kelly und Frau Gottwald hiermit zur Ordnung rufen.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Das Wort hat der Kollege Vogel.