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ID1000308700

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    Plenarprotokoll 10/3 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 3. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 30. März 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 29A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde 51 A Bekanntgabe der Bildung der Bundesregierung in Verbindung mit Eidesleistung der Bundesminister Präsident Dr. Barzel 29 A Genscher, Bundesminister AA 30 A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 30 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 30 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 30 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 30 B Kiechle, Bundesminister BML 30 C Windelen, Bundesminister BMB . . . 30 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 30 C Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 30 D Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 30 D Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 31 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 31 A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 31 A Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 31 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW . 31 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 31 B Beschlußfassung über das Verfahren für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen 31 C Beschlußfassung über die Einsetzung von Ausschüssen Jahn (Marburg) SPD 32 B Fischer (Frankfurt) GRÜNE 33A Dr. Schäuble CDU/CSU 33 D Frau Potthast GRÜNE 35 A Zur Geschäftsordnung Porzner SPD 36 A Fischer (Frankfurt) GRÜNE 36 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 37 A Seiters CDU/CSU 37 B Aktuelle Stunde betr. „Volkszählung" Hecker GRÜNE 37 D Broll CDU/CSU 38 C Schäfer (Offenburg) SPD 39 D Dr. Hirsch FDP 40 C Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 41C Dr. Wernitz SPD 42 C Dr. Laufs CDU/CSU 43 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 44 C Schneider (Berlin) GRÜNE 45 B Niegel CDU/CSU 46 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 3. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. März 1983 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 47 B Baum FDP 48 B Fellner CDU/CSU 49A Dr. Schmude SPD 50 A Zur Geschäftsordnung Stratmann GRÜNE 51 B Porzner SPD 51 D Nächste Sitzung 52 A Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 53* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 3. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. März 1983 29 3. Sitzung Bonn, den 30. März 1983 Beginn: 11.02 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 30. 3. Conradi 30. 3. Dr. Glotz 30. 3. Frau Dr. Hickel 30. 3. Frau Huber 30. 3. Dr. Jens 30. 3. Junghans 30. 3. Kittelmann * 30. 3. Frau Dr. Martiny-Glotz 30. 3. Matthöfer 30. 3. Milz 30. 3. Offergeld 30. 3. Rappe (Hildesheim) 30. 3. Reuschenbach 30. 3. Frau Roitzsch 30. 3. Schmidt (Hamburg) 30. 3. Schreiner 30. 3. Dr. Soell 30. 3. Vosen 30. 3. Würtz 30. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Dr. Axel Wernitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn die Bemerkung von Herrn Zimmermann zurückweisen, daß unsere Position und unsere Darstellung „billig und heuchlerisch" sei. So gehen wir hier nicht miteinander um.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, jeder moderne Staat, der seinen Aufgaben und Verpflichtungen entsprechend den Gesetzen und der Verfassung gerecht werden will, der braucht möglichst genaue und aktuelle Angaben und Planungsdaten. Deshalb sollen alle über den Tag hinaus denkenden Politiker — das sage ich klar und deutlich — den Mut haben, auch jetzt zur grundsätzlichen Notwendigkeit einer Volkszählung zu stehen.

    (Beifall bei der SPD — Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Man kann unter den Bedingungen des modernen Rechts- und Sozialstaats nicht bei vollem staatlichen Service auf allen Ebenen und in allen Lebenslagen Robinson spielen. Das geht nicht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Allerdings nehmen wir die in der Bevölkerung entstandenen Bedenken und Zweifel an der geplanten Volkszählung in der jetzigen Form ernst. Aber ich sage hier auch mit vollem Ernst und großem Nachdruck: Der Boykott eines gültigen Gesetzes wäre Rechtsbruch. Dazu sollte von diesem Pult nicht aufgerufen werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei der CDU/ CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, der Bund und die Länder müssen sich allerdings vorhalten lassen, daß sie es versäumt haben, die Bürger rechtzeitig



    Dr. Wernitz
    und hinreichend über die Volkszählung aufzuklären.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Zu ruf von der SPD: Das ist der wesentliche Punkt!)

    So sind z. B. entsprechende Forderungen und Vorstöße des Deutschen Städtetages nach rechtzeitiger Öffentlichkeitsarbeit gegenüber der Bundesregierung seit April 1982 nicht erfolgreich gewesen — bis in die letzten Wochen hinein. Eine intensive, anschauliche und seriöse Aufklärungsaktion von Bund und Ländern ist unabhängig von der Verschiebung oder Nichtverschiebung unverzichtbar.
    Eine weitere vertrauensbildende Maßnahme könnte es sein, wenn im Rahmen der Innenministerkonferenz alle kritischen Fragen bezüglich der Durchführung der Volkszählung beraten und notwendige Maßnahmen bundeseinheitlich ergriffen würden. Hier ist leider wertvolle Zeit vertan worden. Das muß ich auch einmal sehr deutlich sagen.
    Meine Damen und Herren, das Engagement der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern ist im Zusammenhang mit den Diskussionen der letzten Wochen und der letzten Tage außerordentlich positiv zu werten. Dies verdient anhaltende Unterstützung und Förderung, auch von seiten der Politiker hier im Parlament.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Akzeptanz der Volkszählung wäre beim Bürger sicher größer gewesen, wenn sich die zunächst im Parlament beschlossene Fassung des Gesetzes behauptet hätte. Die Reden draußen, daß wir dieses und jenes nicht erkannt hätten, gehen an den Tatsachen vorbei. Hier hat der Kollege Broll absolut Recht mit dem, was er gesagt hat. Ich bitte diejenigen, die hier kritisch eingestellt sind, auch das bei ihren Diskussionen zu berücksichtigen.
    Meine Damen und Herren, die im Vermittlungsverfahren durchgesetzte Fassung ist in manchen Punkten nicht unproblematisch und ohne Zweifel verbessungswürdig. Hier ist einiges schon gesagt worden. Ich wäre froh darüber, wenn die Umsetzung, die Auswertung und damit das Aufbewahren der einschlägigen personenbezogenen Daten nicht erst nach 18 Monaten, sondern zu einem früheren Zeitpunkt beendet bzw. gelöscht werden könnte. Ich würde weiter vorschlagen, daß bundesweit sichergestellt sein sollte, daß zur Übermittlung von Daten an eine Gemeinde das Bestehen einer Datenschutzsatzung Voraussetzung ist, über den Rahmen des gültigen Gesetzes hinaus.
    Und schließlich muß alles getan werden, um die Gestaltung des Fragebogens streng nach Geist und Buchstaben des Gesetzes zu regeln. Dies scheint mir wichtig zu sein. Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, daß der Kollege Hirsch für seine Fraktion gesagt hat, eine Initiative, die wir einbringen wollen, um eine Weitergabe der erhobenen Daten nach strengeren Regeln zu sichern, würde von Ihnen eventuell konstruktiv mitgetragen. Hierzu rufe ich alle Fraktionen des Bundestages auf.
    Wir werden uns im Parlament — ob nun verschoben wird oder nicht — mit der Durchführung, mit der Umsetzung und der Auswertung dieses Gesetzes auf allen Ebenen des Deutschen Bundestages sehr gründlich zu beschäftigen haben. Das sind wir uns, dem Bürger und der Akzeptanz dieser notwendigen Gesetze schuldig. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Laufs.

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    Rede von Prof. Dr. Paul Laufs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt Gruppierungen in unserem Land, die aus den staatsbürgerlichen Pflichten aussteigen wollen, aber gleichzeitig auf allen Rechtsansprüchen der sozialen Fürsorge und Daseinsvorsorge, von der Sozialhilfe bis zum Umweltschutz, bestehen bleiben.

    (Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Unsere Aussage dazu ist: Ohne ein Mindestmaß an Solidarität, Pflichterfüllung und Vertrauen der Bürger gegenüber ihrem Staat ist unser Sozialstaat nicht lebensfähig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Zu diesem Mindestmaß gehört die Bereitschaft der Bürger, die Volkszählung 1983 mitzutragen. Es ist unerhört, was da an Volksverunsicherung und Falschinformation in die Welt gesetzt wird.

    (Lachen bei den GRÜNEN)

    Ihre klaren Aussagen, Herr Kollege Wernitz, zu den Boykottaufrufen und der Angstmacherei begrüßen wir. Aber die öffentliche Begleitmusik von seiten der SPD — ich erinnere an den Kollegen Schäfer — zur, wie Sie gesagt haben, sturen datenschutz- und bürgerfeindlichen Haltung der Bundesregierung

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Das ist Wahrheit!)

    ist ebenso unverantwortlich.
    Nach einer Befragung der Forschungsgruppe Wahlen Mitte März sollen viele Bürger befürchten, daß ihre Angaben mißbraucht werden könnten.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    Das ist auch uns Anlaß zur Sorge. Natürlich läßt sich Mißbrauch bei keinem Gesetz mit absoluter Sicherheit ausschließen. Aber der vorgesehene Schutz des Bürgers durch das Statistikgeheimnis und die datenschutzrechtlichen Vorschriften ist gut und belastbar. Ich sage dies nach allen eingehenden Beratungen im Innenausschuß, die sich j a über Jahre hingezogen haben.

    (Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Es wird gefragt: Kann sich der Bürger auf diesen gesetzlichen Schutz aber wirklich verlassen? Professor Bull, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, der gewiß nicht im Verdacht steht, jemals einer Regierung nach dem Munde geredet zu haben, sagt dazu:



    Dr. Laufs
    Darüber wachen die Landesbeauftragten und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz. Unsere Erfahrungen zeigen, daß das Statistikgeheimnis zu den am besten gehüteten Geheimnissen gehört. Es ist kein einziger Verstoß dagegen bekanntgeworden, obwohl es bekanntlich sehr viele Statistiken gibt.
    An anderer Stelle sagt Professor Bull:
    Ich bin überzeugt, kein Bürger braucht zu befürchten, daß seine personenbezogenen Daten mißbraucht werden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Es ist unsere Pflicht und es ist die Wahrheit, den Bürgern draußen zu sagen, das altbewährte Statistikgeheimnis sichert die Geheimhaltung der Volkszählungsdaten. Der Datenschutz beim Vollzug des Volkszählungsgesetzes durch die Länder und Gemeinden — dazu brauchen wir keine zusätzliche Gesetzesänderung —

    (Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE]) wird sorgfältig beachtet werden.

    Wir unterstützen alle Vorschläge, z. B. der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, zur optimalen Sicherung des Datenschutzes, wo es um die Auswahl der Zähler geht, wo es um die Aufbereitungsverfahren, die frühzeitige Trennung von Namen und sonstigen Daten oder wo es um die Vernichtung der Erhebungsbögen und die Löschung der Kennummern nach der elektronischen Speicherung geht und vieles andere mehr.
    Wir begrüßen, daß die Vertreter des Bundes und der Länder am 24. März dieses Jahres betont und festgestellt haben, daß Vorbereitung und Durchführung der Volkszählung den Verfahrensvorschlägen soweit wie möglich entsprechen, wie sie die Konferenz der Datenschutzbeauftragten zum Volkszählungsgesetz 1983 vom 22. März 1983 zum Ausdruck gebracht haben. Diese Stellungnahme der Datenschutzbeauftragten schließt mit dem Satz: „Wird diesen Forderungen der Datenschutzbeauftragten Rechnung getragen, so sind nach ihrer Überzeugung die Sorgen der Bürger im wesentlichen unbegründet."

    (Zuruf des Abg. Schäfer [Offenburg] [SPD])

    So wurde es vor wenigen Tagen gesagt.
    Des weiteren begrüßen wir, Herr Schily, daß der Bund und die obersten Landesbehörden vorgeschlagen haben, den Melderegisterabgleich nicht in den Meldebehörden vorzunehmen, sondern in den Erhebungsstellen. Die Grunddaten für den Registerabgleich — das sind sehr wenige Daten — sollen also nicht an die Meldeämter übermittelt werden, sondern diese sollen zu den Erhebungsstellen kommen. Dieser Vorschlag geht noch über den Forderungskatalog der Datenschutzbeauftragten hinaus, aber auch ihn bejahen wir. Deshalb kann ich Ihre Aufregung überhaupt nicht verstehen.

    (Schily [GRÜNE]: § 9 Abs. 2!)

    Wir wollen die Sorgen der Bürger sehr ernst nehmen und alle Fragen sorgfältig aufklären. Es ist unser Wille, uns im zuständigen Innenausschuß ins einzelne gehend über die Durchführung des Volkszählungsgesetzes auch von den Ländern unterrichten zu lassen.
    Die Volkszählung, Herr Kollege Schäfer, wird kein Reinfall werden. — Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)