Rede von
Gabriele
Potthast
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Meine Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde! Liebe Frauen!
34 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes, in dessen Art. 3 Abs. 2 die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben wurde, sieht die Realität immer noch so aus, daß die Mehrheit der bundesrepublikanischen Bevölkerung von einer Minderheit regiert und diskriminiert wird.
Obwohl Frauen über 53 % der Bevölkerung stellen, sind sie in diesem politischen Entscheidungsgremium — sprich Bundestag — mit knapp 10 % vertreten. Diese für die letzten Jahre sogar noch relativ hohe Anzahl
kommt wohl auch nur dadurch zustande, daß der Frauenanteil bei uns GRÜNEN mit 40 % wohl überdurchschnittlich hoch ist, wenngleich auch diese Anzahl für uns Frauen bei den GRÜNEN nicht zufriedenstellend ist. Das allerdings drastische Mißverhältnis von insgesamt 10 % Entscheidungsträgerinnen im Bundestag zu einem Frauenanteil von 53 % in der Gesamtbevölkerung kann wohl kaum im Sinne der vier Mütter des Grundgesetzes gewesen sein.
Daß Frauen nicht die gleichen Chancen haben wie Männer, daß Frauen diskriminiert und daß Frauen ungleich behandelt werden, wird in keinem Programm der im Bundestag vertretenen Parteien bestritten. Sie, meine Herren, bestätigen ersteres durch Ihre Unaufmerksamkeit und durch Ihre lauten Zwischenrufe voll.
Nicht umsonst hat sich eine Enquete-Kommission schon seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt. Nur: Analysen gibt es und gab es schon seit Jahren wie Sand am Meer. Wir vermissen in erster Linie die praktischen Konsequenzen, die aus all den umfangreichen Erkenntnissen gezogen werden müssen, Konsequenzen, die zwingend notwendig werden, wenn wir uns die Analysen zum Thema Gewalt gegen Frauen, zum Thema Hausarbeit und zum Thema Erwerbsarbeit ansehen.
Ein etwas heikles Thema in diesem Saal ist wohl die Vergewaltigung. Vergewaltigung ist eine der schlimmsten Formen von Gewalt gegen Frauen, aber es ist nur die Spitze dieser menschenverachtenden Diskriminierung.
— Wenn Sie möchten, warte ich auch so lange, bis sich hier ein bißchen Ruhe ergeben hat.
Frau Präsidentin, können Sie vielleicht dafür sorgen, daß es sich etwas beruhigt?