Rede von
Dr.
Johannes
Gerster
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst dem Kollegen Kühbacher wie auch dem Kollegen Gärtner für die kooperative Zusammenarbeit bei den Haushaltsberatungen danken. Sie sind meine beiden Mitberichterstatter. Ich möchte dem Kollegen Kühbacher aber auch für seine sehr besonnene Rede, die er heute abend hier gehalten hat, sehr herzlich danken.
Ich will ihm nur in einem einzigen Punkt etwas widersprechen: Warum soll man einen so erfolgreichen Minister wie Dr. Zimmermann am 6. März wieder abwählen?
So wie Sie ihn hier gelobt haben, können Sie doch nur Ihre bayerischen Parteifreunde ermuntern, am 6. März CSU und Herrn Dr. Zimmermann zu wählen. Das wäre eine konsequente Fortfühung Ihrer heutigen Rede.
Mir scheint es auch bemerkenswert zu sein, daß der Kollege Kühbacher hier sagt, es habe Vorurteile gegen diesen Innenminister gegeben, er habe aber bisher keinen Anlaß zu einer größeren Kritik geboten. Ich darf die Kollegen der SPD bitten: Fahren Sie so fort! Das ist hervorragend. Sie werden Anlaß haben, dies nicht nur diesem Innenminister gegenüber zu bestätigen, sondern dieser gesamten Bundesregierung. Das heißt, auch bei Ihnen setzt sich ganz offensichtlich langsam durch, daß wieder regiert wird, daß mit Maßen regiert wird. Und ich würde nur bitten, daß Sie der Kollegin Frau Schmidt, die das noch nicht so ganz begriffen und vorhin zum BAföG eine Rede gehalten hat,
diese Erkenntnis übermitteln.
Lassen Sie mich in aller Kürze zu vier Punkten Stellung nehmen.
Erstens. Mit der Besoldungsanpassung von zwei Prozent zum 1. Juli 1983 werden die Beamten einen wichtigen Beitrag zur Sanierung des Bundeshaushalts leisten. Ihr Verzicht trägt dazu bei, daß die Lasten der öffentlichen Hand in Grenzen gehalten und daß zugleich Mittel zur Belebung der Wirtschaft und zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit freigesetzt werden.
Dieser Solidarbeitrag unkündbarer Arbeitnehmer zugunsten der Arbeitslosen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er darf — und das sage ich mit allem Nachdruck — aber nicht zur Ungleichbehandlung im öffentlichen Dienst führen.
Ich bitte von dieser Stelle alle, die einen unkündbaren Arbeitsplatz haben, und alle, die sich zu Vertretern von Arbeitnehmern, die unkündbar sind, machen, hier nicht zunächst an das eigene Portemonnaie, sondern an das Schicksal von zwei Millionen Arbeitslosen zu denken und maßzuhalten.
Wenn Sozialdemokraten — nicht der Kollege Kühbacher heute und hier — draußen wegen der angeblichen schlechten Behandlung der Beamten Krokodilstränen vergießen, sollten sie sich erinnern, daß die von ihnen geforderte Arbeitsmarktabgabe bedeutend größere Einschränkungen gebracht und zu Ungerechtigkeiten geführt hätte. Sie sollten auch bedenken, daß es ja ihre Bundesregierung war, die im letzten Jahr per Gesetz sogar eine EinProzent-Kürzung bei den Beamten durchführen wollte, daß die Sozialdemokraten dann während der Tarifverhandlung umgekippt sind und nicht das an Kontur und Richtung halten konnten, was sie selbst eingebracht hatten.
Meine Damen, meine Herren von den Sozialdemokraten, bei allem Verständnis für all den Ärger, den Sie in Ihrer Oppositionsrolle haben, macht mir Sorge, daß Sie in diesen Tagen und Wochen über Land laufen und versuchen, einzelne Berufsgruppen aufzuhetzen. Ich sage Ihnen: Sie sind als Interessenwahrer und Interessenvertreter der Beamten mit Sicherheit nicht geeignet und wenig glaubwürdig. Wer hat denn seit Jahren versucht, öffentliche Stimmung, verbunden mit Neidkomplexen, gerade gegen die Beamten zu wecken?
Ich will statt vieler Beispiele nur ein Zitat aus der „Wilhelmshavener Zeitung" vom 24. Juni 1977 bringen, dem nie widersprochen wurde. Demnach sagte der damalige Bundesarbeitsminister Ehrenberg — ich zitiere wörtlich —:
Im übrigen vertrete auch er die Meinung seines Freundes Heinz Kluncker, die Väter des Grundgesetzes müßten bei der Einführung des Berufsbeamtentums geistig umnachtet gewesen sein.
Das hat Herr Ehrenberg nie widerrufen.
Ich glaube, daß derartige Äußerungen, wo die Beamten — die natürlich auch ihre Fehler haben —
als eine Art Buhmann in die Ecke gestellt werden, die gebotene Fairneß gegenüber diesem Berufsstand vermissen lassen. Beamte und — ich füge hinzu — Richter und Soldaten leisten ihren Beitrag zum Ganzen. Und ich glaube insgesamt, daß sich diese Einrichtung des Beamtentums und der verwandten Gruppen bei uns bewährt hat. Ich meine, man sollte der Masse dieses Personenkreises, den allermeisten, auch an dieser Stelle gerade dann, wenn wir nicht so viel verteilen können, wie wir es gern möchten, ein herzliches und öffentliches Dankeschön für ihre Leistung sagen.
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen: den Umweltschutz, der mit Sicherheit nachher auch Thema meines Kollegen Schäfer sein wird. Ich möchte hier in aller Deutlichkeit sagen, daß der Umweltschutz von jeher für die Union einen hohen Stellenwert hatte. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart und Zukunft. Ich füge hinzu, Umweltschutz ist weder eine Erfindung der soziallibe-
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8787
Gerster
ralen Koalition noch anderer Gruppen, mögen sie noch so bunt und schillernd sein, wenn sie auftreten. Wir sollten uns hüten, hier einen künstlichen Gegensatz aufzubauen, der im wesentlichen nicht vorhanden ist.
So hat der Haushaltsausschuß auf Vorschlag der Regierung für das nächste Jahr auch die Umweltschutzmittel um insgesamt 5,9 % erhöht. Das ist bedeutend mehr als der Prozentsatz, um den der Gesamthaushalt steigt, und bedeutend mehr als die Steigerung in den meisten Einzelbereichen, wo wir ja zum Teil sogar kürzen. So hat diese Regierung die Novelle zur Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft in kürzester Zeit verabschiedet. Wie Sie wissen, ist die Großfeuerungsanlagenverordnung mit den Kreisen und Ländern erörtert und wird auf den Weg gebracht. Eine Reihe weiterer Maßnahmen wurde dem Innenausschuß erläutert und ist bereits in Arbeit.
Ich glaube, man kann sagen, daß es mit dem Umweltschutz nicht nur weitergeht, allerdings werden in der Zukunft weniger Luftblasen produziert. Es wird vielmehr an die Arbeit herangegangen, und es wird wieder gehandelt, wobei wir allerdings den Umweltschutz nicht nur als ein Gebot ökologischer, sondern auch als ein Gebot ökonomischer Vernunft ansehen.
Der dritte Bereich, den ich in Kürze ansprechen will, betrifft die Förderung des Sports. Immerhin steigen im nächsten Jahr trotz der bekannten Finanznot die Ansätze für den Sport um 8,2 %. Allerdings liegt dabei der Schwerpunkt auf Baumaßnahmen, die natürlich auch der Schaffung von Arbeit und Aufträgen und damit dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit dienen sollen. Wir bitten allerdings in aller Deutlichkeit die Spitzen der Sportverbände, sich auch in ihrem Bereich um ein Höchstmaß an Sparsamkeit zu bemühen.
Wir lehnen Sonderopfer für den Sport ab, und wir wollen auch dem Breiten- und Leistungssport nichts wegnehmen. Nur meine ich, mancher teure Auslandslehrgang und manche großzügige Funktionärsreise sollte zumindest nicht von der öffentlichen Hand finanziert werden.
Ich komme zu einem vierten Punkt, zur Kultur. Es ist natürlich ohne Zweifel richtig, daß in einem Kulturstaat auch bei knappen Kassen Steuermittel für die Kulturförderung vorhanden sein müssen. Kultur, Sprache, Dichtung, Musik, Bildende Kunst, Theater, Film sind Grundlage und einigendes Band unserer Nation. Das Wirken der Künstler, die Begegnung des Bürgers mit der Kunst waren in guten wie in schlechten Zeiten ein entscheidender und unverzichtbarer Faktor für das geistige Leben unseres Volkes.
Der Bund stellt im nächsten Jahr mit 195 Millionen DM mehr Mittel zur Verfügung als im Jahre 1982. Der Ansatz betrug damals 191,3 Millionen DM. Ich füge hier allerdings hinzu, daß es mit diesen Mitteln nicht allein getan ist, daß dies nicht ausreichend ist, sondern daß hier natürlich die Länder und Gemeinden dem Bund zur Seite treten, wenn es um die Kulturförderung geht. Hier haben wir die herzliche Bitte an die Bundesregierung, den Kompetenzwirrwarr, der zum Teil zwischen Bund und Ländern besteht, auf Dauer aufzulösen und zu klaren Abgrenzungen zu kommen.
Ich möchte einen einzigen Gesichtspunkt noch in diesem Zusammenhang ansprechen. Wir glauben, daß der Bewahrung und Erhaltung des kulturellen Erbes des deutschen Ostens dabei eine ganz besondere Priorität zukommen muß.
Wir bitten die Bundesregierung, in diesem Bereich einen Schwerpunkt zu sehen und ihm ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Wir stimmen diesem Haushalt zu. — Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.