Rede von
Klaus-Dieter
Kühbacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will die letzte Bemerkung des Kollegen Riedl aufgreifen. Herr Bundesinnenminister, Sie brauchen es mit der Koalitionsunterstützung nicht so zu treiben, daß Sie die BKA-Beamten beim Bundesaußenminister zum Zuhören verurteilen, damit er wenigstens ein bißchen Publikum hat; denn anschließend werden vielleicht die Waffen geklaut. Ich denke, diese Beamten sollten lieber bei ihren Waffen bleiben.
— Ganz hervorragend! — Aber dies ist eine Debatte im intimen Kreise. Wir sollten sie in ruhigem Ton weiterführen.
Ich möchte das, was Kollege Riedl zum Bundesgrenzschutz gesagt hat, Ihnen, Herr Minister, ganz nahebringen, weil die Frage der Überleitung der Beamten wirklich ein Problem ist. Nur, was die Stellenkürzung angeht, Herr Kollege Riedl, so muß ich einen Ihrer Kollegen zitieren, der mir gesagt hat: „Wenn der Zimmermann Innenminister wird, dann brauchen wir keine Stelleneinsparungen mehr; durch stramme Haltung werden 2 000 Beamte ersetzt." — Dies hat sich nun nicht erfüllt. Aber wir werden ja sehen.
Herr Bundesinnenminister, man hat ja eine Reihe von Vorurteilen Ihnen gegenüber gehabt. Sie haben bislang — das sage ich einmal — keinen Anlaß zu größerer Kritik gegeben. Nur habe ich das Gefühl, daß Ihre Rolle im Kabinett als RZ, als reaktionäre Zelle, von der Frau Bundesbildungsministerin übernommen worden ist. Ich finde diesen Rollentausch nicht ganz gut, daß die Frauen in diesem Schritt nach rückwärts so an der Spitze stehen.
— Das sollte noch ein kleiner Hieb sein, Herr Miltner.
Ich will ganz kurz drei Punkte ansprechen, von denen ich meine, daß sie zum Innenbereich gehören.
Ich fange beim öffentlichen Dienst an. Ich glaube, Herr Minister, Sie müssen aufpassen, daß Ihnen die Gesamtkompetenz und die Gesamtverantwortung für den öffentlichen Dienst nicht abhanden kommen.
Mit der Vorgabe, im nächsten Jahr nur 2 % Gehaltserhöhung zuzulassen, kommen Sie spätestens im Sommer, wenn die Tarifverhandlungen im übrigen Wirtschaftsbereich andere Daten setzen, in eine Klemme. Sie werden — das ist meine Prophezeiung — diese 2%-Vorgabe nicht halten können. Sie ist geradezu eine Herausforderung an die Tarifpartner, zu einem höheren Abschluß zu kommen. Über eines müssen wir uns in diesem Hause klar sein: Wenn höher abgeschlossen wird, dann ist das Haushaltsbegleitgesetz bezüglich der 2%-Vorgabe zu ändern.
In diesem Zusammenhang, Herr Minister, finde ich die Aktion der Deutschen Postgewerkschaft bemerkenswert, die uns Abgeordnete j a über die Besoldungsverhältnisse im einfachen Dienst aufgeklärt hat. Wenn ein Oberschaffner von 30 Jahren monatlich 1 928 DM verdient und im nächsten Jahr nach Ihrer Vorlage 38 DM mehr bekommen soll, gleichzeitig aber etwa 120 DM verliert, dann kann er nicht mehr an die Fürsorgepflicht des Bundesinnenministers glauben.
Wir dürfen mit der Kritik auch bei uns selber nicht sparen. Daher sage ich Ihnen, daß im Bereich des Verteidigungsministeriums weit über 1 000 Beförderungen von A 14 nach A 15, von A 13 nach A 14 möglich sind. Hierbei geht es immer um persönliche Einkommenszuwächse von 300 bis 500 DM. Da muß man nachdenklich werden, wie das verkraftet werden soll.
Ich will auch beim Bundestag nicht Schluß machen, Herr Präsident. Unter der fürsorglichen Hand von Herrn Präsident Stücklen sind hier im Hause Stellenhebungen für Beamte von A 16 nach B 3, von A 15 nach A 16 — das sind Einkommenszuwächse von 600 DM — gemacht worden. Auch das ist eine Beförderungskette.
Ich finde das nicht gut.
An zwei Stellen im Bundesbereich gibt es Zuwächse. Das muß Druck seitens der übrigen Minister hervorrufen. Jeder wird hier nacheifern. Ich finde, an der Ecke hätten Sie aufpassen sollen, Herr Minister. Es gleitet Ihnen aus den Händen. Ich fürchte, Sie müssen es korrigieren.
Wo ich gerade bei den Spitzeneinkommen bin, möchte ich dem Hause einen Punkt erläutern, der in diese Debatte gehört, weil er denjenigen öffentlichen Dienst betrifft, der nun leider abgeschaltet hat, nämlich die Rundfunkanstalten. Wir haben uns mit dem Thema Rundfunkanstalten intensiv beschäftigt. Dieser Bereich des öffentlichen Dienstes, Herr Minister — wir alle drei Berichterstatter, Herr Gärtner, Herr Gerster und ich, haben dem Bundeskanzler einen Brief geschrieben —, ist offensichtlich noch immer eine Insel der Glückseligkeit.
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8785
Kühbacher
Hier werden Verdienste erzielt — wir haben dazu ein intimes Gutachten des Rechnungshofs bekommen —, bei denen einem die Luft wegbleibt.
Besonders ärgert mich dabei folgendes. Ich lese hier so, daß ein gehobener Redakteur nicht schlecht verdient.
Tatsächlich verlangte Arbeitsleistung je regelmäßige Arbeitswoche: 30 Stunden. — Da bleibt einem nun wirklich die Spucke weg.
— Ja, wahrscheinlich.
Herr Minister, meine herzliche Bitte ist es — Sie haben ja als jemand, der, wie ich glaube, dem Aufsichtsgremium im ZDF angehörte, spezielle Erfahrungen im Sparen —, daß Sie sich dieses Themas annehmen. Es kann nicht angehen, daß die Journalisten in den Rundfunkanstalten, im Sessel sitzend, über den öffentlichen Dienst herziehen und sich selber so bedienen. Dieses muß einmal angesprochen werden.
Ich will diese Kritik deshalb noch ein wenig ausdehnen, weil hier auch der Datenschutz eine Rolle spielt.
— Die sind nicht unerheblich. Es gibt einen Intendanten, der 231 000 DM im Jahr verdient.
— Das ist der eine Intendant. Es gibt noch andere Intendanten. Der beim ZDF kriegt mehr als der Bundeskanzler. Ich habe das schon einmal zum Ausdruck gebracht.
Beim ZDF will ich jetzt einmal bleiben, Herr Kollege Haase, weil das ZDF beispielsweise dem Landesrechnungshof in Rheinland-Pfalz verbietet, den Landtag in die Unterlagen hineinschauen zu lassen. Zur Begründung wird dabei auf den Datenschutz verwiesen.
Man könne, wenn man in den Unterlagen nachschaut — so schreibt das ZDF an den Landesrechnungshof —, bei dem einzelnen Journalisten ins Portemonnai blicken. Wir verabschieden gerade das Haushaltsbegleitgesetz. In dem Haushaltsbegleitgesetz ist die Besoldung im öffentlichen Dienst klar ablesbar. Jeder Polizeibeamte, wenn man nur sein Alter kennt, wird sich somit nachkontrollieren lassen. Das gleiche gilt für jeden Obermeister, für jeden Regierungsdirektor. Das ist frei ablesbar. Die Herren Journalisten aber sagen — und die Spitze des Hauses deckt das noch ab —, man dürfe dies bei ihnen aus Datenschutzgründen nicht wissen.
Dies ist nachzukarten. Herr Minister, ich bitte Sie, zusammen mit dem Bundeskanzler und mit den Ministerpräsidenten der Länder dafür zu sorgen, daß dieser Bereich durchschaubar wird, transparent wird. Die Journalisten sind für Offenheit, wir sind auch für Offenheit von deren Gehältern.
— Daß Sie einen neuen Datenschutzbeauftragten bringen werden — darauf wird der Kollege Schäfer noch eingehen —, befürchten wir schon lange.
Ich will einen letzten Punkt ansprechen, Herr Minister. Hier spreche ich nicht für meine Fraktion, sondern ganz für mich allein. Sie haben in Zirndorf zum Thema „Ausländer" einige Sätze gesagt, von denen ich meine, sie sollten hier gewürdigt werden. Sie sprechen von Integrationsbemühungen und davon, daß diese Integrationsbemühungen insbesondere im Hinblick auf türkische Mitbürger dann zum Scheitern verurteilt seien, wenn die Kinder der Türken zum Besuch von Koranschulen gezwungen werden. Ich kann Ihnen nur recht geben. Ich kann nur unterstreichen, daß jeder türkische Mitbürger, der hier leben will, wissen muß, daß hier in der Bundesrepublik das Grundgesetz und nicht der Koran gilt.
Wer diese Auffassung nicht teilt, muß sich solche Kritik von hier gefallen lassen.
Ich will einen anderen Punkt ansprechen. Ich spreche hier wirklich nur für mich allein.
Ich halte Ihre Position im Hinblick auf das sechste Lebensjahr, was den Zuzug im Rahmen der Familienzusammenführung angeht, für richtig, weil entweder Familie oder aber Broterwerb im Mittelpunkt steht. Von daher kann ich das nur unterstützen. Bleiben Sie auf diesem Wege! Wenn Sie dabei vermeiden, zu kantig, zu hart zu werden, und in Richtung Integration arbeiten, werden Sie jedenfalls meine Unterstützung bekommen.
Herr Minister, der Sie ja nun wirklich nur ein Übergangsminister sind
— nach dem 6. März werden wir Ihre wohlmeinenden Worte wohl hoffentlich in eigener Verantwortung durchsetzen können —, ich kann Ihnen nur bestätigen: Bleiben Sie bis zum 6. März so zurückhaltend, dann waren Sie ein guter Innenminister.