Rede von
Dr.
Klaus
Rose
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Während im letzten Jahr der Einzelplan des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft das Schlußlicht in den Haushaltsberatungen bildete, ist er dieses Jahr — nicht zuletzt durch die verbundene Debatte wegen des Artikels 15 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 — in den Mittelpunkt des Interesses gelangt.
Hört man die plötzlichen Wehklagen der jetzigen Opposition, dann könnte man meinen, weil jetzt das Bundesausbildungsförderungsgesetz einer Änderung unterworfen wird, käme es zum Stillstand der Bildungspolitik in diesem Land. Doch auch wenn das Getöse von Ihnen oder von anderer interessierter Seite noch so laut wird, meine Damen und Herren, so bleibt doch folgendes festzuhalten:
Erstens. Der Bildungsetat des Bundes nimmt nicht ab, wie man angesichts leerer Kassen vermuten müßte, sondern er nimmt zu. Während das Gesamtvolumen 1982 bei 4,494 Milliarden Mark lag, haben wir jetzt nach den Abschlußberatungen des Haushaltsausschusses für das Jahr 1983 eine
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8765
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Summe von 4,602 Milliarden Mark aufzuweisen. Das heißt, die Steigerung liegt bei 2,4 %.
Zweitens. Auch die jetzt so laut lamentierende SPD hatte sich in den letzten Jahren auf Kürzungen im Bildungsetat eingestellt. Kollege Glombig blieb es vorbehalten, im Sommer dieses Jahres von sozialpolitischen Abstrichen, die gemacht werden müssen, zu reden. Und auch Bundeskanzler Helmut Schmidt hat in seiner letzten Rede vor dem Deutschen Bundestag ausdrücklich von notwendigen Eingriffen in die Leistungsgesetze gesprochen.
Drittens. Meine Damen und Herren, das sollte man laut und deutlich sagen: In der kurzen Zeit der jetzigen Regierung ist es der Frau Minister — gestellt von der CDU — gelungen, eine deutliche Umschichtung ihres Etats im Hinblick auf eine zukunftsträchtige Bildungspolitik durchzusetzen, und zwar ganz im allseits geforderten Sinn der Beschränkung von konsumtiven Ausgaben zugunsten von investiven Ausgaben.
Meine Damen und Herren, diese Grundlinie, die in kürzester Zeit gefunden und durchgesetzt wurde, verdient unser aller Achtung.
Ich möchte deshalb zunächst den letzten Punkt kurz erläutern.
Während es in den letzten Jahren bei den Sozialliberalen, sagen wir lieber, bei den Sozialdemokraten schick wurde, laufend neue Problemgruppen zu entdecken und für sie Modellversuche zu starten, zuletzt noch für sogenannte alternative Lebensformen, verfahren wir jetzt endlich wieder nach einer Devise, die in die Zukunft führt: Mittel für den Hochschulbau, Mittel für den studentischen Wohnraumbau und auch für überbetriebliche Ausbildungsstätten, und zwar nicht wahllos, sondern gezielt dort, wo sie benötigt werden.
Beim Hochschulbau ist der vorgesehene Ansatz für 1983 um 230 Millionen DM auf insgesamt 1230 Millionen DM erhöht worden. Aber auch der schon zum Tode verurteilte Wohnraumbau für Studenten wird fortgesetzt, weil man unbedingt für die kommenden geburtenstarken Jahrgänge der Studenten eine Wohnungsnot soweit als möglich vermeiden will.
Meine Damen und Herren, die Bildungspolitik der CDU/CSU-Fraktion geht davon aus, daß trotz enger gewordener wirtschaftlicher und finanzieller Rahmenbedingungen die Zukunftschancen der jungen Generation nicht verschüttet werden dürfen. Sie will ferner, daß die Hochschulen und die anderen Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung nicht sinnlos mit Hunderttausenden überfrachtet werden, sondern im Interesse einer fortbestehenden Wettbewerbsfähigkeit unseres Volkes auf allen Gebieten der Wissenschaft und Forschung gezielt genutzt werden.
In diesem Licht muß man auch die erneute Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach dem Graduiertenförderungsgesetz sehen. Und so ist die Erhöhung der Forschungsmittel an den Hochschulen um 4 % zu verstehen.
Ich habe hier als Haushaltspolitiker zu reden, der sich dafür verantwortlich fühlt, daß mit dem Geld der Steuerzahler vernünftige Politik gemacht wird. Ich blicke in diesem Zusammenhang auf die vergangenen 13 Jahre der sozialdemokratisch geführten Regierung zurück. Von den vielen bekannten, inzwischen natürlich aber schon vergessenen Namen will ich nur einen nennen, weil sich der Betreffende in Hamburg anschickt, weiterhin Karriere zu machen. Ich meine Herrn von Dohnanyi. Diese Leute sind mit ihrer Politik auf dem Bildungssektor längst gescheitert und werden auch in Zukunft nichts erreichen.
Von den sozialdemokratischen Bildungspolitikern wurde der Auftrag des Grundgesetzes, allen Bürgern gleiche Chancen zu bieten, gründlich mißverstanden, und zwar im Sinne der Aufforderung, ein Volk von Voll- oder zumindest Teilakademikern zu schaffen. Die Bildungspolitik bestand darin, eine bisher unbekannte Aufblähung des Apparats vorzunehmen und immer mehr Leute in diese Bildungspolitik hineinzuziehen. Am Schluß stand man dann vor einem Chaos, nämlich vor einer Kostenexplosion, die einfach nicht mehr zu bezahlen war.
— Nein, Gott sei Dank nicht! Ich bin selber dankbar, daß ich in Bayern zur Schule gehen konnte*).
Ich bin auch sehr dankbar, Herr Kollege Ehrenberg, daß ich meinen Sohn auf ein bayerisches Gymnasium schicken kann, weil ich mit Sicherheit weiß, daß er dort Besseres lernt.
Wenn Sie es hören wollen, sage ich es auch an dieser Stelle, obwohl ich das später noch einmal sagen werde: Ich bin auch ohne jene von Ihnen so sehr geforderten Einrichtungen etwas geworden. Ich will damit nur beweisen, daß man nicht auf der Linie fortfahren muß, für die sie hier eintreten.
Meine Damen und Herren, wir müssen auch etwas anderes festhalten. Ich beziehe mich wieder auf die Kostenexplosion im Bildungswesen. 1970 wurden von Bund, Ländern und Gemeinden noch 27,6 Milliarden DM ausgegeben. Im Jahre 1980 betrugen die Ausgaben bereits 77 Milliarden DM. Man kann sich doch leicht vorstellen, daß es mit diesem rapiden Tempo nicht weitergehen konnte. Ich möchte Ihnen diese 77 Milliarden DM noch einmal erläutern; wir müssen sie im Vergleich zu den Aus-
*) Abg. Dr. Rose hatte nach eigener Angabe den Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg wie folgt verstanden: „Lernen Ihre Kinder in Hamburg?"
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gaben sehen, die z. B. für die Landesverteidigung anfallen. Den jungen Freunden, die dies hören können, möchte ich in diesem Zusammenhang gleich sagen, daß das Schlagwort „BAföG statt Raketen" doch überhaupt nicht stimmt. Es wird viel, viel mehr für die Bildung als z. B. für die Landesverteidigung ausgegeben.
Meine Damen und Herren, damit bin ich bereits beim Stichwort BAföG. Man muß dieses Thema heute hier natürlich ansprechen. Auch ich will, wenn ich hier vorne stehe und spreche, nicht kneifen, sondern ganz klar unsere Meinung zu diesem Thema sagen. Was wurde denn zu diesem Punkt nicht schon alles verbreitet — erst gestern wieder von den Kollegen Ehmke und Leber und heute von anderen! Man kann es deshalb nicht oft genug wiederholen: Natürlich bedauern auch wir, daß die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes nicht Schritt hält mit liebgewordenen politischen Vorstellungen. Natürlich würden auch wir jedem Jugendlichen und jedem Studierenden seinen ihm angemessen erscheinenden Lebensstandard bezahlen, an den er sich in den letzten Jahren so gewöhnt hat: seine Studentenbude, sein kleines, bescheidenes Auto, vielleicht sogar seinen Bausparvertrag, den er sich ja auch leisten konnte, seine Ausbildung bis zum 30. oder 35. Lebensjahr — auch das ist ja nicht mehr selten gewesen.
Natürlich könnten wir im gehabten Stil das BAföG weiter bezahlen. Wir bräuchten bloß eines zu machen, was Sie uns immer vorexerziert haben: Wir bräuchten bloß zusätzliche Milliardenschulden zu machen, nur damit wir von den Betroffenen nicht öffentlich gesteinigt werden.
Nun, die neue Regierung ist nicht dazu angetreten, das Finanzchaos der verflossenen Regierung zu vertiefen.
Wir wollen eine andere Politik, die uns langfristig wieder auf grüne Zweige bringt. Dazu gehören halt nun einmal verschiedene Sparmaßnahmen, die eigentlich längst fällig gewesen wären, hätte man sich nicht mit Täuschungen und Irreführungen über die Zeit retten wollen. Dazu gehört auch die Neuregelung beim Bundesausbildungsförderungsrecht.
Nun wissen wir, daß mit Ausnahme der unmittelbar Betroffenen, also der Studenten selber — dafür habe ich Verständnis —
— und mancher Eltern; selbstverständlich; wir wissen es —,
viele in der Bevölkerung uns recht geben, daß auch
der Studiensektor nicht ausgenommen werden
kann, wenn der Bevölkerung allgemein Sparmaßnahmen abverlangt werden.
Und weil hier einige Kollegen von der SPD heute so laute und zum Teil sogar nette Zwischenrufe machen, füge ich hinzu: In der Tat, auch Sie kämen doch nicht an Einsparungen und Einschränkungen beim BAföG vorbei.
Denn sonst würden unabhängig vom sowieso vorhandenen Sparzwang die Zahlen davongaloppieren. 1970 hatten wir 298 Millionen DM im Rahmen des BAföG ausgegeben. 1975 waren es schon 1,7 Milliarden. Und dann stieg das ständig an auf die Höhe von 2,4 Milliarden im Jahr 1982, so daß sogar die alte Regierung, gestellt von SPD und FDP, sich gezwungen sah, diese Summe einzufrieren, weil es so einfach nicht mehr weitergegangen wäre. Wenn Sie ehrlich sind, müssen auch Sie das sagen.
Brächte man jetzt keine Änderungen an, so gäbe es 1989 bei gleicher Gefördertenquote und einer geringen dem Lebensstandard angemessenen Anhebung der Bedarfssätze schon 4,5 Milliarden DM Ausgaben. Auch das sollte man immer wieder sagen.
Lassen Sie mich vielleicht einige Minuten noch auf die Angriffe verwenden, die hier ständig gegen die Kürzungen oder Änderungen beim BAföG gestartet werden.
Da wird gesagt, Bildung sei in Zukunft nur noch für Reiche, nur noch für die Besserverdienenden möglich. Das haben wir heute schon gehört. Als wäre „besserverdienend" inzwischen zum Schimpfwort geworden! Da muß ich Sie alle, die Sie hier als Abgeordnete der Opposition sitzen, auch angesichts der vielen Nebengeschäfte, die manche von Ihnen sicher haben, fragen, warum Sie ständig die Besserverdienenden beschimpfen. Seien Sie doch ehrlich und beschimpfen Sie sich gleich selber! Dann sind Sie in der Bevölkerung glaubwürdig.
Und dann wird dieses seltsame Beispiel gebracht, daß man, wenn es ganz, ganz dumm kommt, mit 80 000 DM Schulden in die Ehe startet, weil beide zuvor studiert haben und beide das Höchstmaß an Darlehen nehmen mußten, um studieren zu können. Nun, wenn man 80 000 DM erreicht, heißt das nicht, daß man schnell und gut studiert hat,
sondern daß man sich, um diese Höchstsumme zu erreichen, lange Zeit auf der Hochschule herumgetrieben hat. Und das wollen wir nicht. Deshalb wird das mit den 80 000 DM sowieso kaum kommen.
Da gibt es bei uns eine Juso-Hochschulgruppe —
ich habe das aus der Zeitung entnommen —, die bei
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einer der in der letzten Zeit so häufigen Demonstrationen
sich in der Öffentlichkeit sogar dazu verstiegen hat, sich über die Regelung zu beklagen, daß man einen Rückzahlrabatt bekommt, wenn man das Examen gut und rechtzeitig besteht. Da haben die gesagt, das sei ein unerhörter Leistungsdruck, der da auf die Studenten ausgeübt werde.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Genau das wollen wir. Wir wollen, daß gut studiert wird und daß damit auch die Hochschulen wieder einigermaßen entlastet werden.