Ich wollte auf die Schwierigkeiten hinweisen, die der Bundesverteidigungsminister bei seiner Amtsübernahme angetroffen hat. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Soldaten wenig motiviert waren, daß die Dinge im Beschaffungsbereich auseinandergelaufen sind; teures Gerät wurde beschafft, aber die notwendige Munitionierung, die Anschaffung von Peripheriegerät, Führungssystemen usw. wurde verzögert. All dies hat es außerordentlich schwierig gemacht, den Einzelplan 14 ordnungsgemäß in den Griff zu bekommen und wichtige Schwerpunkte zu setzen.
Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind ebenfalls besonders schlecht. Ich erinnere nur daran: 10 Milliarden DM weniger Steuern, als noch von der alten Bundesregierung geplant war, 8 Milliarden DM mehr an die Bundesanstalt für Arbeit. Dies alles hat es unmöglich gemacht, im Einzelplan 14 auf den Plafond, der von der alten Regierung vorgelegt wurde, noch etwas draufzulegen. Dennoch ist es gelungen, einen ganz wichtigen neuen Schwerpunkt zu setzen, nämlich den Menschen, den Soldaten in den Vordergrund zu stellen. Ich nenne hier nur zwei Beispiele, auf die auch der Kollege Hauser nachher noch eingehen wird: einmal einen ersten Schritt zum Abbau des Verwendungsstaus und zum anderen einen finanziellen Ausgleich für die Spitzendienstzeiten.
Es bleibt noch viel zu tun, auch die Frustration bei dem Soldaten abzubauen, sein soziales Umfeld zu verbessern, ihm das Selbstwertgefühl zu geben, das ihm in unserer Gesellschaft zusteht.
Diese Gewichtsverschiebung mußte zu Lasten der Beschaffung vorgenommen werden. Hier mußte Wichtiges zurücktreten. Wir haben uns aber klar und eindeutig für diese Priorität entschieden. Daß bei der Beschaffung maßvoll etwas weggenommen werden konnte, ist auch von der Opposition nicht bestritten worden, denn die Opposition selbst hat im Bereich der Beschaffungen Kürzungsvorschläge in Höhe einer halben Milliarde DM gemacht. Dies allerdings wäre viel zuviel gewesen. Dies hätte enorme Probleme aufgeworfen und wäre nicht vertretbar gewesen. Die Opposition wollte z. B. bei der Beschaffung rund 443 Millionen DM kürzen. Sie wollte bei der Forschung und Entwicklung 97 Millionen DM kürzen. Das ist ein Bereich, der viele Jahre lang notleidend war, Herr Kollege, und bei dem die alte Bundesregierung jetzt endlich das Notwendige getan hat, hier einen neuen Trend hineinzubringen. Die Mittel für den Bereich Forschung und Entwicklung wurden um 10% gesteigert, um ihn angemessen auszustatten. Dies alles sollte wieder zunichte gemacht werden. Das ist in sich nicht konsistent und auch nicht schlüssig.
Wir konnten dies verhindern. Wir haben mit einer Kürzung insgesamt bei Beschaffung und Materialerhaltung von 80 Millionen DM das finanziell Gebotene und Notwendige getan, aber andererseits auch der Verteidigung das dringend Notwendige an finanzieller Ausstattung gelassen.
Im Zeitraum von 1979 bis 1981 — und das ist das Thema Erblast — wurden Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von 6,5 Milliarden DM gestrichen, u. a. — sehr gravierend — das Waffensystem Roland für Luftwaffe und Marine. Dies macht unsere Fliegerhorste nicht angemessen verteidigungsfähig. Außerdem wurden Vorhaben in die Periode gestreckt, mit der jetzt Manfred Wörner fertigzuwerden hat. Auch dies schafft Probleme zusätzlich zum Generationenwechsel bei den großen Waffensystemen.
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8641
Dr. Stavenhagen
Ich will Ihnen hier nur noch einmal die Größenordnungen vortragen. Die gesamte neue Waffengeneration, die von allen Fraktionen des Hauses getragen wurde und, wie ich hoffe, noch wird, kostet rund 70 Milliarden DM. Bis 1982 sind davon rund 35,5 Milliarden DM gezahlt. Es bleiben im Jahr 1983 rund 8 und in den Folgejahren noch rund 26 Milliarden DM zu zahlen. Dies ist ein gewaltiger Brocken, der verkraftet werden muß. Nur: Zu sparen, indem man diese Vorhaben streckt, schafft zwar buchhalterisch Entlastung, macht die Dinge aber nur teurer. Denn die Inflation gerade führt dazu, daß die Dinge wesentlich teurer werden, als wenn man kontinuierlich und so, wie es geplant war, die Dinge durchzieht.
Dieser Schwerpunkt der neuen Generation bei den großen Waffensystemen führt dazu, daß in anderen Bereichen gespart werden mußte und auch in der Vergangenheit gespart wurde. Dies ist nicht ohne Probleme. Ich nenne z. B., daß die Bundeswehr unverhältnismäßig lang überaltetes Fahrzeugmaterial mit überhöhtem Aufwand fahren muß. Die neuen Fahrzeuge kommen langsamer dazu. Neue Waffensysteme können nicht optimal genutzt werden, weil Aufklärung und Fernmeldeverbindungen nicht Schritt halten.
Auch der Bereich der Munition ist ein notleidender Titel, insbesondere was die neuen Waffensysteme angeht. Hier ist das Notwendige ebenfalls nicht getan worden. Es kann selbstverständlich auch im Haushalt 1983 nicht mit einem Schritt getan werden.
Wir haben den Schwerpunkt ausdrücklich auf den Personalbereich gelegt, müssen aber einräumen, daß dadurch wichtige anstehende Vorhaben noch nicht begonnen werden können. Ich nenne nur drei Beispiele: das automatisierte Korpsstammnetz des Heeres, das automatisierte Fernmeldenetz der Luftwaffe und das Aufklärungssystem Drohne.
Erfreulich ist die neue Weichenstellung bei der Forschung und Technologie. Hier geht es darum, moderne technologische Entwicklungen und den technischen Fortschritt zu nutzen, ebenso den Innovationsschub, der uns intelligente Waffen und auch Kostensteigerung bringen soll. Wir müssen auch in der Zukunft Forschung und Entwicklung intensivieren, damit die einzelnen Phasen des Geräteentstehungsgangs zügiger und konzentrierter abgewikkelt werden können, damit wir hier nicht, wie so oft in der Vergangenheit, kostenträchtige Phasenüberlappungen haben.
Die Opposition hat wiederholt erklärt, sie wolle für den Verteidigungshaushalt kein größeres Wachstum als für den Gesamtetat. Erinnern wir uns: Die Bundesausgaben stiegen von 1970 bis 1982 um 180 %, die Verteidigungsausgaben nur um 127 %. Auch das Bruttosozialprodukt stieg schneller als die Verteidigungsausgaben. Wenn man das eine oder das andere Kriterium als Maßstab anlegt, ergibt sich hier ein Nachholbedarf. Unter dem Gesichtspunkt dieses Nachholbedarfs muß man die Zuwachsrate sehen, die sich einschließlich der Personalverstärkungsmittel auf 6,1 % beläuft. Dies bringt einen realen Zuwachs von etwa 1,5 bis 1,7% über der Inflationsrate. Diesen Zuwachs halten wir für das mindeste, was geboten ist, um auch dem Stellenwert der Verteidigung in der gesamten Politik, wie er auch von Bundeskanzler Helmut Kohl und Verteidigungsminister Wörner wiederholt dargestellt wurde, Rechnung zu tragen.
Wir stimmen dem Einzelplan 14 zu und hoffen, daß er eine breite Zustimmung in diesem Hause findet; denn auch die Kollegen von der SPD haben wiederholt gesagt, die Verteidigung solle das Notwendige bekommen. — Vielen Dank.