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ID0912614100

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    Plenarprotokoll 9/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Inhalt: Bestimmung neuer Mitglieder und Stellvertreter im Gemeinsamen Ausschuß . . 7643A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoppe 7657 D Begrüßung einer Delegation der Knesset des Staates Israel 7657 D Aktuelle Stunde betr. Kohlevorrangpolitik 7654 D Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . . 7643 C Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 7644 D Beckmann FDP 7646 A Dr. Jens SPD 7647 B Lampersbach CDU/CSU 7648 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7649 B Reuschenbach SPD 7651 B Prangenberg CDU/CSU 7652 B Berschkeit SPD 7653 A Gattermann FDP 7654 A Dr. Lammert CDU/CSU 7655 A Fischer (Homburg) SPD 7656 A Müller (Wadern) CDU/CSU 7656 C Vizepräsident Frau Renger 7647 A Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7658 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Walther SPD 7669 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7676 C Paterna SPD 7677 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 7679 C Dr. Ehmke SPD 7680 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7680 D Gärtner FDP 7686 B Wieczorek (Duisburg) SPD 7690 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 7695A Dr. Zumpfort FDP 7699 B Gobrecht SPD 7702 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 7707 D Rentrop FDP 7711A Conradi SPD 7713C Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 7716 B Gattermann FDP 7719A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7720 D Kühbacher SPD 7725 C Broll CDU/CSU 7729 A Kleinert FDP 7731 B Frau Traupe SPD 7733 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7736 A Vizepräsident Dr. h. c. Leber 7680 C Nächste Sitzung 7739 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7741* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7741* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 7643 126. Sitzung Bonn, den 10. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) * 11. 11. Frau Fromm 10. 11. Dr. Geßner * 10. 11. Haar 12. 11. Hofmann (Kronach) 10. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Kittelmann ** 10. 11. Lemmrich ** 10. 11. Dr. Marx 10. 11. Möllemann 10. 11. Dr. Müller * 10. 11. Müller (Bayreuth) 10. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 10. 11. Frau Pack * 11. 11. Picard 12. 11. Reddemann * 10. 11. Schartz (Trier) 10. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Dr. Vohrer * 10. 11. Dr. Wendig 10. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung Gesetz zu dem Abkommen vom 24. November 1981 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen In seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates ist als Drucksache 9/2071 verteilt. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 4. November 1982 mitgeteilt, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland - Drucksache 9/746 - von der Bundesregierung zurückgezogen wird. Die in Drucksache 9/2063 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Gewährung finanzieller Anreize zugunsten bestimmter Investitionen im Bereich der rationellen Energienutzung wird als Drucksache 9/2087 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 28. Oktober 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 9/1686 Nr. 14) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Sozialisationsprobleme der arbeitenden Jugend in der Bundesrepublik Deutschland - Konsequenzen für Jugendhilfe und Jugendpolitik - (Vierter Jugendbericht) (Drucksachen 8/2110, 9/253 Nr. 19) Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe - Fünfter Jugendbericht - sowie die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht (Drucksachen 8/3684, 8/3685, 9/406)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Conradi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will die wohnungs- und mietpolitische Runde, die wir in dieser Haushaltsdebatte führen, mit einem Zitat unseres neuen Bundesbauministers eröffnen, das vor einigen Wochen, vor der Regierungsbildung, in der „Zeitschrift für freie Wohnungswirtschaft" stand:
    Unsere Politik leidet an einem Mangel an begrifflicher Klarheit und methodischer Konsequenz, an Sprachverwilderungen und Begriffsverwirrung. Eine politische Neubesinnung muß daher mit der Wiedergewinnung klarer Begriffe und sprachlicher Schärfe beginnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dieser Aufforderung, Herr Dr. Schneider, komme ich gerne nach. Ich will mit dem Begriff „Vertragsfreiheit" beginnen, von der Sie sagen, sie sei die erste und wichtigste aller Forderungen in der Wohnungspolitik.
    Wem soll die Vertragsfreiheit, von der Sie reden, denn nutzen? Vertragsfreiheit kann es doch nur zwischen Gleichberechtigten am Markt geben, dann also, wenn der Mieter die Auswahl zwischen verschiedenen Wohnungen hat. Vertragsfreiheit aber bei der derzeitigen Wohnungslage in den Großstädten und im Umland, wo es für viele Mieter kein ausreichendes Wohnungsangebot gibt, wird in Wirklichkeit dazu führen, daß der Schwächere — der Mieter — dem Stärkeren — dem Vermieter — ohne den Schutz des Gesetzes ausgeliefert wird. Würden Sie von Vertragsfreiheit reden — ich nehme jetzt einmal ein weit hergeholtes Beispiel aus der Außenpolitik —, wenn die Sowjetunion mit Polen Verträge schließt? Da kann man doch im Ernst nicht von Vertragsfreiheit sprechen. Vertragsfreiheit setzt gleiche Rechte, gleiches Gewicht am Markt voraus.
    Mehr Freiheit, sagen Sie. Wer wäre nicht dafür? Aber mehr Freiheit für wen und zu wessen Lasten? Soll das bedeuten, daß wir mehr Investionsfreiheit bekommen, indem Sie den Umweltschutz herabsetzen? Oder wollen Sie sagen, Vertragsfreiheit auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, indem Sie den Kündigungsschutz oder den Jugendarbeitsschutz herabsetzen?
    Nein, die Freiheit, die Sie meinen, ist immer die Freiheit der Stärkeren und der Rücksichtloseren. Sie versuchen, diese Wende rückwärts mit wohlklingenden Begriffen wie Freiheit, Verantwortung, Leistung zu vernebeln, als würde die Ellenbogenwirtschaft, die Sie wollen, erträglicher, wenn man auf die Ellenbogen Herzchen näht.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Der 11. 11. ist morgen, Herr Kollege!)

    Mich erinnert dieser Versuch, Begriffe umzufälschen, an das Wahrheitsministerium in George Orwells „1984", in dem die Begriffe systematisch umgefälscht werden, wo es heißt: Krieg bedeutet Frieden; Freiheit Sklaverei; Unwissenheit ist Stärke.



    Conradi
    Diesen Begriffsnebel, den Sie j a auch in der Wohnungspolitik verbreiten, wollen wir lichten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie leiden an Alpträumen!)

    Sie wollen im Mietrecht einen Kahlschlag vornehmen. Vorne lassen Sie den Kündigungsschutz als Fassade stehen. Dahinter wird abgeräumt. Vom Vergleichsmietenprinzip wird nicht viel übrigbleiben. Uns war es gelungen, durch das Vergleichsmietenprinzip den Mietanstieg auch dort, wo Wohnungsmangel war, in den letzten Jahren unter dem allgemeinen Anstieg der Preise zu halten. Jetzt wollen Sie als Vergleichsmieten nur noch die teuren Neuabschlüsse der letzten drei Jahre zulassen. Natürlich werden daraufhin die Mieten steigen. Und Sie wollen dem Vermieter erlauben, drei Wohnungen aus dem eigenen Bestand als Vergleichswohnungen anzuführen. Wenn das keine Aufforderung zur Manipulation ist!

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist doch ein Selbstbedienungsmietrecht für Großvermieter, was Sie hier machen.

    (Beifall bei der SPD — Frau Dr. Timm [SPD]: Freiheit!)

    Kommen wir zu den Zeitmietverträgen. Der Mieter muß in Zukunft einen Zeitmietvertrag auf fünf Jahre akzeptieren und ohne Räumungsschutz ausziehen, auch ohne daß der Vermieter wie bisher konkret Eigenbedarf für sich und seine Familie geltend macht und nachweist; in Zukunft genügt bereits die bloße Absicht des Vermieters, in fünf Jahren die Wohnung selber zu nutzen oder von einer Person seines Hausstands, also vielleicht der Freundin seines Sohnes, nutzen zu lassen. Dann muß der Mieter einen Zeitmietvertrag hinnehmen und ohne Schutz nach fünf Jahren ausziehen.
    Dann führen Sie Staffelmieten im Bestand ein. Das ist ja eine alte Forderung von Lothar Späth. Nicht einmal die Hausbesitzer sind dafür. Herr Dr. Schneider, vor zwei Wochen haben wir gelesen, daß Sie selbst mögliche andere Regelungen — etwa durch eine sozial verträgliche Anpassungsklausel — für erwägenswert halten. Nur: Jetzt bringen Sie diesen Gesetzentwurf. Was wollen Sie denn? Soll es bei der Staffelmiete im Bestand bleiben, oder wollen Sie eine wie immer geartete Anpassungsklausel? Was Sie hier vorhaben, wird in jedem Fall inflationsfördernd wirken, weil unabhängig vom Wohnungsmarkt Mietsteigerungen auf Jahre hinaus programmiert werden. Ich kann mir schwer vorstellen, daß die Bundesbank einer wie immer gearteten indexgebundenen Anpassungsklausel zustimmen könnte. Eine solche Anpassungsklausel wäre der erste Schritt in die Indexwirtschaft. Dann möchte ich wissen, Herr Dr. Schneider: Wird auch das Wohngeld nach dem Index angepaßt, und kriegen wir dann auch Indexlöhne? Wollen Sie hier — bitte sagen Sie das klar — die scala mobile Ihrer christdemokratischen Freunde in Italien einführen, d. h. wollen Sie den Marsch in die Inflationswirtschaft, oder wollen Sie es nicht? Mit uns wird es jedenfalls nicht gehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Bei der Modernisierung sagen Sie: Wenn auf üblichen Standard modernisiert wird, soll der Mieter nicht mehr widersprechen dürfen, wenn er die Miete nicht mehr zahlen kann. Haben Sie eigentlich einmal etwas von „Herausmodernisieren" gehört? Gibt es das in Ihren Wahlkreisen nicht? Sie machen das Modernisieren noch leichter, d. h. das Verdrängen des bisherigen Mieters, wenn sein Hausbesitzer eine lukrativere Nutzung der Wohnung vorhat.
    In das Bild paßt natürlich, daß Sie den Mieterschutz bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht verstärken wollen und daß Sie dem Mieter kein Vorkaufsrecht mehr geben wollen.
    Insgesamt wird das ein Mietrecht für Spekulanten und Mietwucherer werden. Bezeichnenderweise wollen Sie auch die Wuchergrenze kräftig anheben. Ich habe mich, als ich das gelesen habe, gefragt, ob Ihnen das dieser rheinische Spekulant — dieser Kaussen — aufgeschrieben hat. Herr Gattermann — ich weiß nicht —, kennen Sie den? Sie sollten ihn vielleicht einmal besuchen mit einem Beitrittsformular Ihrer Partei. In die neue FDP paßt er als Mitglied prima.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Vorsicht mit „Spekulanten"! — Zuruf von der CDU/CSU: In welcher Partei ist denn Herr Vietor? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich weiß, wenn ich hier über die FDP Böses sage, wird mir der Herr Dr. Schneider mit dem Herrn Dr. Strauß vorhalten — ich habe es nachgeschlagen, sie sind ja in Latein sehr bewandert —: de moribundis nil nisi bene. Da wären wir wahrscheinlich sogar einer Meinung.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Aber der Vietor lebt noch!)

    Nach Ihrer bisherigen Argumentation sollte die Lockerung im Mietrecht durch eine verbesserte Wohngeldregelung sozial abgefedert werden. Da haben Sie die Leute getäuscht; denn während Sie die Mieten gezielt heraufsetzen, setzen Sie das Wohngeld gezielt herunter. Für wen? Für die alleinstehende Frau mit dem Kind, für die Behinderten, für die Rentner wird das Wohngeld heruntergesetzt. Für diese Leute sind auch 20 bis 30 DM, um die Sie das Wohngeld heruntersetzen, viel Geld.
    Nun sagt der neue Bundesbauminister, 25 % vom Einkommen seien für die Miete zumutbar. Vom Brutto- oder vom Nettoeinkommen, warme oder kalte Miete? Wir sollten die Durchschnittszahlen — etwa der letzten Stichprobe von 1978 — einmal anschauen. Damals haben die Haushalte, die weniger als 450 DM hatten, 34 % ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen bezahlt, die Haushalte zwischen 450 DM und 600 DM verfügbarem Einkommen haben 27 % bezahlt, die Haushalte zwischen 600 DM und 800 DM haben 22 % des verfügbaren Einkommens für Wohnen bezahlt. Wenn man dann in die



    Conradi
    höheren Gruppen kommt, sinkt der Anteil, Herr Dr. Schneider. Bei den Haushalten über 2 000 DM verfügbares Einkommen war der Wohnanteil 14 %, und bei Haushalten mit über 4 000 DM verfügbarem Einkommen dann noch 10 %. Tatsächlich verschleiert doch Ihre Durchschnittszahl, daß die niedrigen Einkommensgruppen schon heute prozentual erheblich mehr für Wohnen aufbringen müssen als die hohen. Den einen wollen Sie die Mieten durch Lockerung des Mietrechts hochsetzen, und den anderen geben Sie Steuergeschenke. Ihre Durchschnittswerte sind unsozial. Die ganze Diskussion über Durchschnittswerte läßt — hier zitiere ich noch einmal Ihren Artikel, Herr Dr. Schneider — einen „Mangel an begrifflicher Klarheit und methodischer Konsequenz" erkennen.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun ist j a das neue Mietrecht nach dem Grundsatz „Meine Herrschaften, bereichern Sie sich!" nicht nur verteilungspolitisch und wohnungspolitisch falsch, es ist auch wirtschaftspolitischer Unfug. Es ist doch heute bereits lukrativer, Geld im Altbau anzulegen. Bitte, fragen Sie einmal Ihren Investitionsberater oder Ihren Banker!

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ja, warum denn, Herr Conradi?)

    Er wird Ihnen sagen: Gehen Sie mit Ihrem Geld in den Altbau, modernisieren Sie, schauen Sie, daß Sie die Mieter herauskriegen, machen Sie aus dem Altbau Eigentumswohnungen; dann verdienen Sie in jedem Fall mehr als durch den Neubau.
    Nun wollen Sie mir doch nicht erklären, daß Sie den Neubau ankurbeln wollen, wenn Sie durch Lokkerung des Mietrechts im Altbau das Vertreiben von Mietern, das Herausmodernisieren, noch weiter erleichtern!

    (Dr. Wittmann [CDU/CSU]: Lesen Sie mal die Bestimmungen genau!)

    Nein, konjunkturpolitisch und wohnungspolitisch wäre es, statt die Altbauspekulation anzuheizen — das wird nämlich das Ergebnis Ihrer Politik sein —, vernünftiger, die steuerlichen Begünstigungen beim Altbau auszusetzen, das Mietrecht zu verstärken und damit Kapital in den Neubau zu lenken. Mit dieser Mietenpolitik jedenfalls werden Sie am Wohnungsmarkt, am Baumarkt, keine Belebung erzielen.
    Nun sagen Sie: Wir stecken mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau. Dabei werden Sie bei uns Sozialdemokraten immer Unterstützung finden. Wir sind dafür, und wir hoffen, daß auch die Länder mitziehen. Wir befürchten allerdings, Herr Dr. Schneider, daß Sie aus ideologischen Gründen das Geld vom sozialen Wohnungsbau nicht dorthin stecken werden, wo es notwendig wäre, nämlich in die Städte, sondern daß Sie die Eigentumsbildung auf dem flachen Lande fördern werden, wo keine Wohnungsnot herrscht. Aber darüber werden wir noch streiten.
    Wir halten es auch für richtig, bei der Eigentumsförderung die Zwischenfinanzierung für Bausparer, d. h. für kleine Bausparer, die dann früher bauen können, zu erleichtern. Das haben auch wir vorgeschlagen, und das werden wir mit Ihnen zusammen machen.
    Beim Schuldzinsenabzug haben wir Zweifel, nicht nur, weil er steuersystematisch problematisch ist, sondern vor allem, weil er verteilungspolitisch ungerecht ist, weil die Entlastung wieder einmal — wie immer bei Ihnen — den höheren Einkommen zugute kommt, weil er das Nachsparen, das Schuldenmachen begünstigt, eine Tendenz, die wir, Herr Dr. Schneider — ich erinnere mich an Gespräche vor einem Jahr —, beide gleichermaßen für falsch gehalten haben. Wir waren immer der Meinung, das Vorsparen sollte stärker gefördert werden, wir sollten nicht demjenigen, der sich hohe Schulden leisten kann, dies hinterher durch den Schuldzinsenabzug erleichtern. Ich habe den Eindruck, daß es hier wieder einmal nach Ihrem alten Motto geht, nicht nur: Hast du was, dann bist du was, sondern auch: Hast du was, dann kriegst du was.
    Nach diesem Motto wollen Sie auch die Grunderwerbsteuer neu ordnen. Dem Käufer einer Eigentumswohnung für 200 000 DM werden Sie zukünftig 4 000 DM mehr Steuern anlasten, und demjenigen, der eine Villa für 800 000 DM baut, schenken Sie 20 000 DM bei der Grunderwerbsteuer. Das heißt, was Sie dem kleinen Bauherren beim Bausparen und beim Schuldzinsenabzug geben, das nehmen Sie ihm bei den Bodenpreisen und bei der Grunderwerbsteuer wieder weg.
    Wir haben in der alten Koalition versucht, etwas gegen Bodenhortung und Bodenspekulation zu machen. Das war sicherlich ungenügend, daran hatte auch die FDP ihren Anteil. Aber daß Sie das jetzt alles vom Tisch wischen und keine einzige Maßnahme zu einer vernünftigen Besteuerung des Bodens, zum Abbau der Bodenhortung treffen, zeigt doch, daß Sie in Wirklichkeit nichts gegen die Bodenspekulation unternehmen wollen. Wie wollen Sie dann eigentlich, Herr Bundesbauminister, die Baukonjunktur wiederbeleben? Wie wollen Sie bei den Bodenpreisen neue Arbeitsplätze am Bau schaffen? Wenn die weiter so steigen, dann kann doch in den Ballungsgebieten niemand mehr bauen. Hier ist bei Ihnen absolute Fehlanzeige, und das werden wir Ihnen in den nächsten Monaten weiter vorhalten.
    Zur Lösung der Kernprobleme der Wohnungspolitik trägt Ihr Programm nichts bei. Es wird so bleiben, daß der Mietwohnungsbau durch exorbitante Steuersubventionen überfördert wird. Das Bauherrenmodell ist nichts anderes als eine Überförderung. Wir fördern hier eine Investorenschicht, die eigentlich gar nicht bauen will. Wir fördern hier Bauherren, deren einziges Interesse es ist, möglichst viel Gewinne aus anderen Einkunftsarten steuerlich wegzudrücken. Das ist der Sinn des Bauherrenmodells. Für den Staat heißt dies, daß in zehn bis fünfzehn Jahren 150 000 bis 200 000 DM Steuerverluste entstehen, ein Mehrfaches dessen, was wir dem kleinen Mann, der für sich bauen will, geben. Der kriegt vielleicht 25 000 bis 40 000 Mark, wenn man das auf zehn bis fünfzehn Jahre



    Conradi
    zusammenrechnet. Wer im Bauherrenmodell eine Wohnung baut, bekommt das Vielfache.

    (Zuruf des Abg. Dr:-Ing. Kansy [CDU/ CSU])

    Sie verfahren da nach dieser Pferde-Spatzen-Ökonomie, von der Galbraith sagt:

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Jetzt kommt der Krümel!)

    Wenn man den Pferden nur genug Hafer gibt, dann fällt an der Seite und hinten auch noch ein bißchen für die Spatzen heraus. Könnte man die Spatzen nicht viel billiger direkt füttern? Auf unser Modell übertragen, wäre es nicht vernünftiger, die Überförderung beim Bauherrenmodell schrittweise abzubauen und das dadurch gewonnene Geld zur Eigentumsförderung bei denen, die es wirklich nötig haben — nicht bei den Vielverdienern, sondern bei den mittleren Einkommensgruppen —, zu verwenden?

    (Beifall bei der SPD)

    Das wäre eine Politik, bei der wir mitmachen würden. Da könnte man anfangen, indem man die Verrechnung von Gewinnen aus anderen Einkunftsarten mit Verlusten aus Vermietung und Verpachtung nach oben beschränkt. Da könnten Sie einen vernünftigen Schritt tun, wenn Sie wollten.
    Ich fürchte, Sie wollen es nicht. Ich fürchte, daß bei Ihnen ebenso wie früher bei der FDP — darunter haben wir jahrelang gelitten — keine Unterstützung für eine Wohnungspolitik zu finden ist, die nicht vor allem oben hinlegt, sondern die wirklich zum Sickern führt, indem bei den mittleren Einkommen geholfen wird, damit Wohnungen aus den Beständen für die Leute frei werden, die auf diese Wohnungen angewiesen sind. Sie wollen die Wohnungsbestände der rücksichtslosen Ausbeutung durch die Vermieter freigeben. Wenn ich Ihre Wohnungspolitik kennzeichnen will, kann ich das auf einen kurzen Satz bringen. Dazu möchte ich, Herr Dr. Schneider, eine Anleihe bei Karl Marx machen

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Die machen Sie wohl öfter!)

    und sagen, es ist eine Wohnungspolitik nach dem Motto „Krieg den Hütten, Friede den Palästen!".

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kansy.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr.-Ing. Dietmar Kansy


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt sehr lange zurück, daß eine Bundesregierung so schnell und so konsequent wohnungsbaupolitisch gehandelt hat. Das gilt für den investiven Bereich, das gilt aber auch für neue Wege in der gesamten Wohnungsbaupolitik.
    Herr Kollege Conradi, Herr Wieczorek hat vorhin folgendes gesagt — ich zitiere ihn einmal; er hat nicht viel Vernünftiges gesagt, aber in diesem Fall etwas Richtiges —: Man sollte Politik mehr mit Geist als mit Galle machen. — Was Sie hier gerade gebracht haben, das war mit Bezug auf die Regierungserklärung ein wohnungsbaupolitischer Ehmke-Verschnitt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das war polemisch, das war keine Antwort auf den Versuch, in der Wohnungsbaupolitik einen neuen Anfang zu machen.

    (Zuruf von der SPD: Wo bleibt denn bei Ihnen der Geist?)

    — Entschuldigung, das sind nur Zitate. Schlagworte waren Ausbeutung der Mieter, Steuererleichterung für sehr gut Verdienende — stromlinienförmige, Herr Waltemathe —, Hast-du-was-kriegst-du-wasPolitik,

    (Bindig [SPD]: So ist es doch bei Ihrer Politik!)

    Umverteilung von unten nach oben, Kahlschlag usw., usw. Meine Damen und Herren von der SPD, welche Ellenbogen meinen Sie eigentlich? Die Ellenbogen werden doch heute leider auf Wohnungsämtern gebraucht, weil Ihre bisherige Politik zwar quadratmeterweise Berechtigungsscheine produziert hat, aber keine Wohnungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Was heißt eigentlich „stromlinienförmige Erleichterung für Besserverdienende"? Wer ist denn der wirkliche Vater des Bauherrenmodells? Das ist doch nicht die Union. Das ist schon gar nicht ein Wunschkind der Union, das ist ein ungeliebtes Kind von Ihnen, weil Sie verfehlte wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen im Wohnungsbau gesetzt haben, so daß nur noch so frei finanzierter Wohnungsbau möglich ist. Das ist doch die Realität.

    (Bindig [SPD]: Reden Sie doch einmal zur FDP, zu den Rechtsliberalen!)

    Was heißt „Ausplündern"? Wer plündert eigentlich wen aus, Herr Conradi? Es ist auch ein Ergebnis Ihrer Politik, wenn sich BAföG und Wohngeld beziehende Jugendliche in den Städten zusammentun, eine Vier- oder Fünf-Zimmer-Wohnung mieten und die kinderreiche Familie, die das über Steuern finanziert, vor der Tür steht.
    Was heißt hier „Umverteilung"? Wir machen Schluß damit — und sagen das auch, Herr Waltemathe —, daß in einem völlig verzerrten Mietgefüge Leute, die das schon längst nicht mehr nötig haben, in billigen Sozialwohnungen sitzen und wirklich Bedürftige auf teure, frei finanzierte Neubauwohnungen angewiesen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Kurzum: Sie bauen den Popanz einer finsteren Ausbeutergesellschaft auf, eines grundsätzlichen Unfriedens zwischen Mietern und Vermietern und haben im Grunde selbst eine neue Klassengesellschaft geschaffen, in der die einen eine preiswerte Wohnung haben und die anderen chancenlos sind, eine zu erhalten. Das ist die Realität. Nötig ist deswegen — ich wiederhole es — eine neue Weichenstellung unserer Wohnungsbaupolitik. Die Kiste ist — so würde der Volksmund sagen — völlig verfahren. Es hilft nicht mehr, daran herumzuzimmern,



    Dr.-Ing. Kansy
    um Mangel und Ungerechtigkeiten möglichst perfekt zu verwalten. Wir brauchen auch in der Wohnungsbaupolitik ein neues Denken.
    Die Wohnung, Herr Waltemathe, ist nicht nur der unverzichtbare Mittelpunkt unserer privaten Existenz, wie Sie das kürzlich in einer Zeitung geschrieben haben. Das ist völlig unbestritten. Nur, nehmen Sie doch bitte einfach einmal zur Kenntnis, daß sie genauso wie unser täglich Brot auch ein Wirtschaftsgut ist. Sie ist zwar viel mehr als ein Wirtschaftsgut, aber eben auch ein solches Wirtschaftsgut.
    Der Wohnungsbau in der Bundesrepublik Deutschland ist das letzte Relikt eines zwangswirtschaftlichen Nachkriegsdenkens, das wir in allen anderen Bereichen Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre gegen Ihren Widerstand erfolgreich überwunden haben. Der Wohnungsmarkt ist wegen der Reglementierung ein Vermietermarkt geblieben und kein Mietermarkt geworden. Alle Ansätze, die wir bisher in dieser Richtung gemacht haben — ich möchte nicht ins Detail gehen; dazu reicht die Zeit nicht —, sind — auch nach Lücke — aufgegeben worden, und zwar teils aus mangelnder Courage, aber auch deswegen, weil damals das staatliche Füllhorn so voll war, daß sofort wieder mit dem Gießkannenprinzip weitergearbeitet wurde.
    Wir müssen also den Mut aufbringen, dem Bürger auch in der Wohnungsbaupolitik die Wahrheit zu sagen. Das sieht beispielweise so aus: Eine neugebaute Sozialwohnung kostet 20 bis 25 DM Miete pro Quadratmeter und Monat. Der Mieter zahlt davon nur ein Drittel. Etwa 15 DM pro Quadratmeter zahlen andere. Aber viel schlimmer ist: Dieses Geld taucht im Bewußtsein des Mieters überhaupt nicht mehr auf. Das sind bei einer 80 Quadratmeter-Wohnung immerhin 1 200 DM im Monat, die dieser Mieter zusätzlich erhält und die andere finanzieren. Das Geld kommt ja nicht vom Himmel, auch von keiner Bundesregierung oder gar von ausgabenfreudigen Parteien. Es kommt von ihm selbst, zumindest sofern er arbeitet.
    So wie Ihr Exkanzler das in seiner Rede vor Ihrer Fraktion am 22. Juni 1982, und zwar hinter verschlossenen Türen, richtig aufgezeigt hat, so ist es im Grunde auch im Wohnungsbau. Ich möchte das zitieren, Herr Präsident:
    Wir haben also den Arbeitnehmer immer wieder zur Kasse gebeten und haben daraus finanziert alles Mögliche, vielerlei wünschenswerte Sozialreformen, die Geld kosteten. Aber geholt haben wir das Geld beim Arbeitnehmer.

    (Y0 des Neubauvolumens gebunden, und zwar nicht nur aus sinnvollen Gründen, sondern z. B. auch deshalb, weil Achtzehnjährige ihre elterliche Wohnung verlassen. Sie wollen sich selbst verwirklichen — dagegen kann keiner etwas sagen —, aber sie tun das auf Kosten anderer, die Steuern zahlen. Dagegen z. B. haben wir etwas. Das ist ein Ansatz. Der Bürger hat gerne entgegengenommen, daß die Wohnfläche pro Person — mit Vorbehalten gegenüber der Statistik — im Schnitt von 15 auf 30 Quadratmeter angestiegen ist. Aber hat er die Entscheidung, das mit seinen Steuern zu bezahlen, wirklich mit Bewußtsein getroffen, oder hat er die Staatsverschuldung, die damit aufgebaut wurde und die er j a auch bezahlt, bewußt dafür in Kauf genommen? Ich möchte Sie deswegen bitten, meine Damen und Herren von der SPD, bei diesen Ergebnissen der bisherigen Wohnungsbaupolitik nicht selbstgerecht und nicht mit Beschimpfung der Union, die in einer schwierigen Lage einen neuen Anfang setzen will, und schon gar nicht mit Wiederholen von alten Versprechen hier aufzutreten. Auch im Wohnungsbau kommen Sie mit Gesinnungsethik, mit gutem Wollen, schon gar nicht mit Ideologie auf die Dauer weiter. Wir und Sie werden nach den Folgen der Politik und nicht nach den guten Absichten beurteilt, die Sie haben mögen. Unsere Fraktion hat deswegen den mündigen Bürger in den Mittelpunkt der wohnungsbaupolitischen Offensive des letzten Jahres gestellt. Er soll entscheiden. Er soll und wird künftig den Markt bestimmen, und wir sind relativ nahe daran, aus dem Vermietermarkt einen Mietermarkt zu machen. Das sehen Sie sogar schon in den Großstädten, insbesondere aber in den kleineren Städten und erst recht auf dem flachen Lande. (Bindig (SPD]: Was machen Sie gegen die Bodenspekulation?)

    — Dazu wird der Bundesbauminister gleich etwas sagen. Wir müssen die Thematik bei unserer begrenzten Redezeit aufteilen.
    Die Doppelnatur des Gutes Wohnung erfordert es
    — das ist gar nicht umstritten, und das ist auch nicht eine Fassade, Herr Conradi, die wir aufrichten —: Der gesetzlich festgelegte Schutz gegenüber nicht gerechtfertigten Kündigungen ist nicht nur unverzichtbar, sondern er wird auch durch die jetzt vorgelegten Änderungen, durch die Gesetzesänderungen im Mietrecht nach wie vor sichergestellt. Der Verlust der Vertragsfreiheit im Mietrecht hat unter dem Strich nicht zu mehr Mieterschutz, sondern im Grunde zur Verknappung des Wohnungsangebots in ganz bestimmten Bereichen geführt und hat sich letztlich gegen den Mieter gerichtet. Das ist auch der Grund dafür, daß die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vorgelegt hat. Es trägt sowohl der sozialen Bedeutung des Gutes Wohnung als auch der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes Rechnung und wird somit, Herr Waltemathe, durchaus den Vorstellungen einer sozialen Verfassung und auch des Bundesgerichtsurteils gerecht.
    Zeitmietverträge, ohne jetzt im Detail darauf einzugehen, sind doch nur bei familiärem Eigenbedarf



    Dr.-Ing. Kansy
    oder bei Durchführung erheblicher Baumaßnahmen möglich, und zwar um den für Mieter und Vermieter gleichermaßen ärgerlichen Leerstand von Wohnraum zu beseitigen, und das höhlt keineswegs den Kündigungsschutz aus.

    (Zurufe von der SPD)

    Das entspricht im übrigen im wesentlichen genauso dem Entwurf Ihrer bisherigen Koalition wie die Regelung der Duldungspflicht, die Kautionsregelung und die Kappungsgrenze. Sie können sich doch jetzt nicht aus der Verantwortung wegmogeln. Vor kurzer Zeit hieß es noch „historische Koalition", „Jetzt beginnt erst die Demokratie", und Sie stellen die 13 Jahre plötzlich in die Nische und lassen die Freien Demokraten das ausbaden, was Sie noch vor wenigen Wochen als Gesetzentwürfe hier vorgelegt haben. Sie müssen jetzt zumindest in den Bereichen dazu stehen.
    Ein Wort zur Staffelmiete. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die dieses Gesetz eingebracht hat, bleiben bei der Staffelmiete.

    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    Sie wird nicht verbindlich vorgeschrieben. Herr Conradi, das wissen Sie genau; das ist doch eine Kann-Bestimmung.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Eine ZwangsKann-Bestimmung!)

    Wir haben die Anregungen, die vom Mieterbund, vom Zentralverband gekommen sind, sehr ernsthaft geprüft, ob das gleiche Ziel mit einer Anpassungsklausel erreichbar ist. Nur haben wir bei all unseren Beratungen, bei unserem Suchen nach Möglichkeiten festgestellt, daß es praktisch unmöglich ist, eine praktikable Regelung zu finden, ohne wegen einer irgendwie gearteten Indexierung tatsächlich in Konflikt mit der Bundesbank zu kommen oder andererseits die Regelung hinfällig zu machen, weil wir dann auch gleich beim Vergleichsmietenprinzip bleiben können.