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ID0912613700

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    Plenarprotokoll 9/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Inhalt: Bestimmung neuer Mitglieder und Stellvertreter im Gemeinsamen Ausschuß . . 7643A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoppe 7657 D Begrüßung einer Delegation der Knesset des Staates Israel 7657 D Aktuelle Stunde betr. Kohlevorrangpolitik 7654 D Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . . 7643 C Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 7644 D Beckmann FDP 7646 A Dr. Jens SPD 7647 B Lampersbach CDU/CSU 7648 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7649 B Reuschenbach SPD 7651 B Prangenberg CDU/CSU 7652 B Berschkeit SPD 7653 A Gattermann FDP 7654 A Dr. Lammert CDU/CSU 7655 A Fischer (Homburg) SPD 7656 A Müller (Wadern) CDU/CSU 7656 C Vizepräsident Frau Renger 7647 A Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7658 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Walther SPD 7669 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7676 C Paterna SPD 7677 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 7679 C Dr. Ehmke SPD 7680 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7680 D Gärtner FDP 7686 B Wieczorek (Duisburg) SPD 7690 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 7695A Dr. Zumpfort FDP 7699 B Gobrecht SPD 7702 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 7707 D Rentrop FDP 7711A Conradi SPD 7713C Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 7716 B Gattermann FDP 7719A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7720 D Kühbacher SPD 7725 C Broll CDU/CSU 7729 A Kleinert FDP 7731 B Frau Traupe SPD 7733 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7736 A Vizepräsident Dr. h. c. Leber 7680 C Nächste Sitzung 7739 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7741* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7741* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 7643 126. Sitzung Bonn, den 10. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) * 11. 11. Frau Fromm 10. 11. Dr. Geßner * 10. 11. Haar 12. 11. Hofmann (Kronach) 10. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Kittelmann ** 10. 11. Lemmrich ** 10. 11. Dr. Marx 10. 11. Möllemann 10. 11. Dr. Müller * 10. 11. Müller (Bayreuth) 10. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 10. 11. Frau Pack * 11. 11. Picard 12. 11. Reddemann * 10. 11. Schartz (Trier) 10. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Dr. Vohrer * 10. 11. Dr. Wendig 10. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung Gesetz zu dem Abkommen vom 24. November 1981 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen In seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates ist als Drucksache 9/2071 verteilt. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 4. November 1982 mitgeteilt, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland - Drucksache 9/746 - von der Bundesregierung zurückgezogen wird. Die in Drucksache 9/2063 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Gewährung finanzieller Anreize zugunsten bestimmter Investitionen im Bereich der rationellen Energienutzung wird als Drucksache 9/2087 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 28. Oktober 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 9/1686 Nr. 14) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Sozialisationsprobleme der arbeitenden Jugend in der Bundesrepublik Deutschland - Konsequenzen für Jugendhilfe und Jugendpolitik - (Vierter Jugendbericht) (Drucksachen 8/2110, 9/253 Nr. 19) Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe - Fünfter Jugendbericht - sowie die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht (Drucksachen 8/3684, 8/3685, 9/406)
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Gobrecht, Sie hatten mir vor Ihrer Rede angekündigt, daß Sie sehr hart mit uns umgehen werden und versuchen würden, sehr polemisch zu sein. Ich kann nur feststellen: Als Hamburger sind Sie Gott sei Dank nicht in der Lage, so polemisch zu sein. Aber ansonsten haben Sie Ihre Rede nach dem Motto vorbereitet: Eine allzu genaue Kenntnis der Akten trübt das unbefangene Urteil.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen uns doch fragen: Worum geht es hier? Auch der steuerpolitische Teil der Begleitgesetze steht unter der Priorität, auf der einen Seite etwas zur Haushaltskonsolidierung beizutragen und auf der anderen Seite etwas dagegen zu tun, daß die Zahl der Arbeitslosen immer stärker steigt, daß die Zahl der Insolvenzen und damit wiederum die Zahl der Arbeitslosen steigt, und letzten Endes geht es darum, daß die privaten Investitionen gefördert werden. Unter diesen Prioritäten steht auch das, was steuerpolitisch hier vorgelegt wird.
    Wir werden diesen Herausforderungen nicht gerecht, wenn wir versuchen, fiskalpolitisch hier und



    Dr. von Wartenberg
    dort kleine Verschiebungen vorzunehmen. Auf der anderen Seite — das gestehe ich auch ganz offen — ist es uns steuerpolitisch natürlich nicht gelungen, hier einen ganz großen Wurf einer Konzeption vorzulegen. Wenn der Lotse auf dem Tanker, der in Fahrt ist, wechselt und diesen Tanker bremsen will, dann braucht er Kilometer, und der Wendekreis ist sehr groß, erst recht, wenn man im seichten Wasser ist. Obwohl diese Konzeption in dieser kurzen Zeit natürlich nicht zu erwarten ist, meine ich, gibt es einige Ansatzpunkte der steuerpolitischen Neuorientierung. Gerade im steuerpolitischen Bereich lassen sie sich nachweisen.
    Dennoch gibt es einige Maßnahmen finanzpolitischer, haushaltspolitischer, steuerpolitischer Art, die wir nicht gern durchführen, die uns wehtun, die mit einer langfristigen Konzeption so ohne weiteres nichts zu tun haben, die nicht den Steuerstaat wieder funktionsfähig machen. Zur langfristigen Konzeption würde es gehören — dazu benötigen wir Zeit —, die Gesamtabgabenbelastung zu reduzieren, insbesondere im Grenzsteuerbereich ein Abflachen der Kurve zu erreichen. Zu einer langfristigen Konzeption würde es gehören, die Eigenkapitalquote der Betriebe zu verbessern, etwas zur Verstärkung der Vermögensbildung in Arbeitnehnmerhand zu tun. Zu der mittelfristigen Konzeption dieser Regierung wird es auch gehören, einen fairen, solidarischen Familienlastenausgleich hervorzubringen, der die Bedenken und Anregungen des neuesten Urteils des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt. Zur langfristigen Konzeption gehört aber auch eine Gemeindefinanzreform, in der das kommunale Interesse an den Gewerbebetrieben und an Arbeitsplätzen erhalten ist, ohne den so hohen ertragsunabhängigen Anteil, wie er z. B. in der Gewerbesteuer mittelstandsfeindlich enthalten ist. Das sind Aufgaben, die wir mittelfristig anpacken müssen, um sie langfristig auch zu erreichen. Aber darum geht es heute nicht.
    Jetzt geht es zunächst darum, das Dringlichste zu tun, d. h. die Löcher zu stopfen, das Haus, das verwohnt ist, winterfest zu machen. Eines haben wir nicht gemacht, und das empfinde ich als einen unfairen demagogischen Vorwurf. Vielleicht ist es auch ein hilfloser Vorwurf der Opposition. Wir verteilen nicht um von unten nach oben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Gobrecht, wenn Sie ein genaues Aktenstudium betrieben hätten, hätten Sie feststellen müssen: Wir verteilen nicht um von unten nach oben.

    (Walther [SPD]: Sondern?)

    Nehmen Sie alles zusammen, und rechnen Sie es einmal durch. Nehmen Sie noch nicht einmal die Investitionsanleihe, noch nicht einmal die nicht erfolgte Anpassung des Einkommen- und Lohnsteuertarifs zum Abbau der heimlichen Steuererhöhungen, nehmen Sie nur das andere, was Sie angeführt haben: die einkommensabhängige Kürzung des Kindergeldes, die Begrenzung der Vorsorgepauschale für Beamte — ein Vorschlag, der mit von Ihnen kommt —,

    (Kühbacher [SPD]: Wen trifft das?)

    den Ersatz des Abzugs von Kinderbetreuungskosten durch einen allgemeinen Kinderfreibetrag und die Halbierung des Ausbildungsfreibetrages. Nehmen Sie nun einmal einen Angestellten, einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mit drei Kindern, von denen das älteste 18 Jahre ist und auswärts studiert, und rechnen Sie das durch. Dann werden Sie feststellen, daß bei einem monatlichen Einkommen von 5 480 DM die Belastung 60 DM monatlich beträgt, bei einem Einkommen von 7 450 DM aber 194 DM. Das heißt, die Belastung steigt prozentual von 1,4% auf 3,4%. Je stärker das Einkommen steigt, desto stärker steigt auch die Belastung.

    (Abg. Dr. Emmerlich [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Im Moment bitte keine Zwischenfragen.
    Lassen Sie mich einen anderen Hinweis geben. Es ist sehr beliebt, die Beamten zu schelten. Wenn man diese Annahmen zugrunde legt und eine konkrete Rechnung aufmacht, dann ergibt sich bei den gleichen Einkommenskategorien, also beispielsweise bei den 65 800 DM eines Oberregierungsrates jährlich, eine Reduzierung um 4,7 % im Vergleich zum Arbeitnehmer mit 1,4 %. Beim A-16-Beamten mit einem Jahreseinkommen von 93 000 DM ergibt sich eine Reduzierung um 4,2 %, also eine wesentlich stärkere Belastung als beim sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
    Noch ein ganz nüchterner Hinweis sei erlaubt, meine Damen und Herren: Die Zahlen zu den Vorschlägen, die gemacht werden, belegen, daß nicht von unten nach oben umverteilt wird, noch nicht einmal unter Einbeziehung der von Ihnen kritisierten Investitionsanleihe, noch nicht einmal unter Heranziehung des nicht erfolgten Abbaus der heimlichen Steuererhöhungen. Die Zahlen zeigen, daß die Belastung progressiv zunimmt, aber auch, daß insbesondere die Belastung bei den kleinen Beamten in den niedrigen A-Stufen, bei den Beziehern von Ruhegehalt erheblich ist. Das wird im wesentlichen verursacht durch den Abbau der Vorsorgepauschale. Das bekennen wir ganz offen. Das ist nicht ein Vorschlag, den wir alleine hier durchsetzen wollen, sondern einer, den wir von Ihnen aufgegriffen haben. Der tut weh, aber der bringt natürlich auch viel Geld in den Bundeshaushalt. Deshalb allein ist er zu begründen und wird durchdiskutiert.
    Wir sollten den Gewerkschaften empfehlen, über diese Beispiele der Beamten, der Empfänger von kleinen Ruhegehältern bei ihren Protestkundgebungen gegen den Denkanstoß von Norbert Blüm hinsichtlich einer Lohnpause einmal nachzudenken. Man sollte auch die Beispiele heranziehen, z. B. Klöckner-Becurit, wo die leitenden Angestellten freiwillig auf 5 % ihres Gehalts verzichtet haben.
    Meine Damen und Herren, insofern ist der Vorwurf der Umverteilung von unten nach oben ungerechtfertigt.
    Nun zum nächsten Punkt: Herr Gobrecht, Sie schnitten das Thema Mehrwertsteuer an und warfen uns hier einen Wortbruch vor. Sie haben sehr



    Dr. von Wartenberg
    viele Zitate gebracht, Zitate, die sich beliebig verlängern lassen. Ich habe dieselben Zitate hier. Ich mußte feststellen, daß Sie keines dieser Zitate zu Ende vorgelesen haben. Sie haben vielmehr nur das herausgepickt, was für Sie von Interesse ist. Jeder sucht sich das Richtige heraus.
    Häfele, 16. Juni 1977, — —

    (Zurufe von der SPD)

    — Ja, wir gehen die Jahre der Reihe nach durch. Damals schon haben Sie eine Mehrwertsteuererhöhung vorgeschlagen.
    Häfele, zur Konzeption:
    Die Mehrwertsteuer darf nicht für Reparaturen, für den Abbau von heimlichen Steuererhöhungen, für die Anpassung von Sozialleistungen an die inflationäre Entwicklung zur Verfügung stehen. Dafür ist die Mehrwertsteuer zu schade. Die Mehrwertsteuer muß als Bewegungsraum für eine Steuerreform zur Verfügung stehen. Dazu gehört der wirkliche Abbau der investitionshemmenden Gewerbesteuer.
    Nichts weiter tun wir heute.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das ist das Schlimme!)

    Häfele am 15. September 1982 zu der von Ihnen vorgeschlagenen Mehrwertsteuererhöhung ohne gleichzeitigen Steuerabbau — und das ist das Entscheidende —:
    Deshalb sagt die CDU/CSU nein. Über die Steuerumschichtungen lassen wir mit uns reden. Um das Steuerrecht auf Dauer leistungsfreundlicher, investitionsfreundlicher und wachstumsfreundlicher zu gestalten, dafür wäre eine Mehrwertsteuererhöhung gut.
    Ich habe noch ein anderes Zitat:
    Die Steuerstruktur ist geprägt durch heimliche Steuerentlastungen bei den Verbrauchsteuern, was zu einem Rückgang des Anteils dieser Steuern führt. Deshalb ist es erforderlich, den Verbrauchsteuern
    — das ist die Mehrwertsteuer —
    wieder ihre frühere Bedeutung zu geben, — den Anteil vom Steueraufkommen her —
    die Arbeitnehmer, die Gewerbetreibenden und die Freiberufler im mittelständischen Bereich gezielt steuerlich zu entlasten.
    Das hat Herr Gobrecht geschrieben. Er schrieb dies unter dem Titel „Kein Stillstand in der SPD-Steuerpolitik" im Jahre 1980 mit Blick auf die 9. Legislaturperiode. Das ist genau das, was wir tun. Herr Gobrecht, die 9. Legislaturperiode ist noch nicht zu Ende. Sie können deshalb unseren Vorschlägen zustimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir sind uns darüber im klaren, daß eine Mehrwertsteuererhöhung natürlich nicht unbedingt das Ideale ist. Ohne diese notwendige Mehrwertsteuererhöhung gäbe es aber eben keine zu finanzierenden Investitionsanreize. Mehr Investitionen bedeuten nun einmal mehr Arbeitsplätze. Insofern ist die höhere Mehrwertsteuer auch eine Art Solidarbeitrag aller Verbraucher. Wir benutzen — im Gegensatz zu Ihrem Vorschlag vom Frühjahr — die Mehrwertsteuer eben nicht zum bloßen Stopfen von Haushaltslöchern,

    (Wiederspruch bei der SPD)

    sondern wir werden den gleichen Einnahmenanteil verwenden, um Investitionshilfe zu leisten. Das macht den Unterschied aus. Herr Walther, Ihr Vorschlag auf Erhöhung der Mehrwertsteuer hätte eine Erhöhung der Steuerquote bedeutet. Der Vorschlag der Koalition von CDU/CSU und FDP, der gleichzeitige steuerliche Entlastungen im investiven Bereich vorsieht, auf die ich gleich zu sprechen komme, bedeutet eine konstante Steuerquote.

    (Zurufe von der SPD)

    Durch die Einnahmen aus dieser Mehrwertsteuererhöhung wird der Schuldzinsenabzug finanziert. Wir konzentrieren uns auf den Wohnungsbau, weil wir konzentriert mit den wenigen Mitteln, die vorhanden sind, mehr erreichen können, als wenn wir das Gießkannenprinzip, welches von Ihnen bevorzugt wird, praktizierten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit den Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung finanzieren wir die Gewerbesteuerentlastung der Betriebe, die direkt dazu beiträgt, daß die Eigenkapitalquote des gewerblichen Mittelstandes sich verbessert. Wir zahlen daraus auch eine höhere Gewerbesteuerumlage an die Gemeinden, damit sich in ihren Haushalten keine negativen Effekte ergeben. Mit den Einnahmen aus dieser Mehrwertsteuererhöhung finanzieren wir die steuerfreie Rücklage beim Erwerb existenzbedrohter Betriebe.
    Ich gestehe Ihnen, Herr Gobrecht, daß es einige Punkte gibt, die wir noch beraten müssen. Es ist also durchaus noch Spielraum für die Ausschußberatungen vorhanden. Ich denke, gerade beim Schuldzinsenabzug kann man die eine oder andere Anregung noch aufgreifen, um die Effektivität dessen zu erhöhen, was wir erreichen wollen: Es muß gebaut werden, es muß Neubau betrieben werden, weil das Arbeitsplätze bringt und einen hohen Multiplikator hat.
    Zum nächsten Punkt. Sie haben das Ehegattensplitting angeschnitten und uns vorgeworfen, auch dort eine Umverteilung von unten nach oben vorzunehmen. Auch hier wieder der Eingangssatz: Ein genaues Aktenstudium verhindert anscheinend eine sachgerechte Urteilsbildung. Sie sollten sich einmal die Begründung des Verfassungsgerichtsurteils durchlesen, welches jetzt ergangen ist. Gerade dort steht auch, daß das Ehegattensplitting eben nicht als Steuervergünstigung anzusehen ist, sondern zwangsläufiger Ausfluß der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung der Familie ist. Unabhängig von diesem Urteil waren wir aber von Anfang an gegen eine Kappung des Ehegattensplittings, die Sie aus ideologischen Motiven heraus betreiben oder um Mittel zu bekommen, um die Haus-



    Dr. von Wartenberg
    haltslöcher zu stopfen. Wir brauchen dieses Aufkommen des Ehegattensplittings, des Kindergeldes, der Kinderadditive im Steuerrecht, um in die Gesamtkonzeption eine Masse einbringen zu können, die es ermöglichen soll, in naher Zukunft ein Familiensplitting, einen gerechten Familienlastenausgleich zu konstruieren.
    Ich komme auf den vorletzten Punkt zu sprechen. Sie haben die Investitionsanleihe kritisiert und Ihren Vorschlag auf Erhebung einer Ergänzungsabgabe, der heute in den Zeitungen steht, dagegengestellt. Betrachten wir es einmal ganz nüchtern: Worum geht es denn eigentlich bei dieser Geschichte? Die Frage ist doch: Wie kann eine Anleihe oder eine Abgabe gestaltet werden, die erstens nicht zu einer dauerhaften direkten Quotenerhöhung bei der Abgabenbelastung führt?
    Das zweite ist: Wie kann ich eine Anleihe oder Abgabe konstruieren, die nicht denjenigen trifft, den ich zu Investitionen verführen will?
    Das dritte: Wie kann ich die wenigen Mittel, die 2 bis 3 Milliarden DM, die hereinkommen, so konzentriert einsetzen, daß sie auch einen hohen volkswirtschaftlichen Beschäftigungseffekt haben?
    Hierzu meinen wir unter Hinzuziehung des Sachverständigengutachtens der fünf Weisen, daß die Konstruktion der Anleihe so oder so — wir gehen ja fast von den gleichen Sätzen aus — im Vergleich zu Ihrem Vorschlag die bessere Alternative ist. Sie machen einen Fehler: Unabhängig davon, daß diese Ergänzungsabgabe eine dauerhafte Belastung ist und damit die Abgabenbelastung direkt dauerhaft erhöht, besteht bei der von Ihnen vorgeschlagenen Ergänzungsabgabe nur die Umgehungsmöglichkeit, in dem ich den 50fachen Betrag dessen, was an Abgabe gezahlt wird, investiere. Bei der Anleihekonstruktion der Koalition ist es nur der fünffache Betrag. Nun frage ich Sie: Wollen Sie nur die Investitionen begünstigen, die in der Großindustrie getätigt werden, oder wollen Sie nicht auch, wie wir das vorhaben, die Investitionen, die im gewerblichen Mittelstand getätigt werden müssen, anreizen?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich fasse zusammen, meine Damen und Herren. Ich glaube, daß die neue Koalition im Bereich der Steuerpolitik einen verhältnismäßig guten Start hatte. Natürlich haben wir jetzt im Ausschuß Schwierigkeiten — wie alle zur Zeit am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten —, weil der Zeitdruck enorm ist. Wenn es nach uns geht, soll sich das auch nicht wiederholen, aber wir wollen in diesem Jahr bestimmte Maßnahmen durchsetzen; wir müssen sie auch durchsetzen. Wenn ich daran denke, daß es praktisch die erste Amtshandlung der neuen Ausschußzusammensetzung war, das Bescheinigungsverfahren bei der Pauschalierung der Teilzeitbeschäftigung abzuschaffen, also eine erhebliche Verbürokratisierung zu beseitigen, dann ist das doch ein entschiedener Schritt voran zu einer Entbürokratisierung.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Sehr gut! Das war eine vernünftige Entscheidung!)

    Wenn wir am Freitag einen Entwurf betreffend die Grunderwerbsteuer so verabschieden, wie es von seiten des Bundesrates vorgeschlagen wurde, dann wird es auch hier eine erhebliche Vereinfachung der Organisation und damit weniger Bürokratie geben.
    Aber ich glaube auch, meine Damen und Herren, daß wir in den steuerpolitischen Vorschlägen der Bundesregierung einige langfristig angelegte neue Orientierungspunkte erkennen können.
    Erstens: Die Steuerquote wird nicht erhöht. Es wird nur die Struktur des Aufkommens verändert. Die Belastung mit direkten Steuern sinkt zugunsten der Anhebung der indirekten Steuern. Dies wird von Fachleuten seit langem gefordert.
    Zweitens: Der gewerbliche Mittelstand wird steuerlich entlastet. Der Abbau der Gewerbesteuer vermindert die Belastung durch ertragsunabhängige Steuern.
    Drittens: Dem gewerblichen Mittelstand wird durch die Insolvenzhilfe Hilfe zur Selbsthilfe gewährleistet, denn kranke Betriebe müssen nicht unbedingt ihre Arbeit einstellen oder vom Staat übernommen werden, sondern können — durch die neue Insolvenzrücklage erleichtert — von der privaten Wirtschaft quasi aufgefangen werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Viertens: Das selbstgenutzte Wohneigentum wird durch einen vorübergehenden Schuldzinsenabzug gestärkt. Dies ist eine im internationalen Vergleich längst notwendige Maßnahme. Mit diesem vorübergehenden begrenzten Schuldzinsenabzug bekennen wir auch bereits, daß wir natürlich in der nächsten Legislaturperiode das gesamte Gebiet der steuerlichen Förderung des Wohnungsbaues neu überdenken müssen.
    Fünftens: Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit wird — zwar nur im geringen Maße — belebt. Die Wiedereinführung wenn auch bescheidener Kinderfreibeträge bei Beibehaltung des Kindergeldes — dies in Abhängigkeit von der Höhe des Einkommens — lassen immerhin einen Kinderlastenausgleich erkennen, der kein Tor für ein zukünftiges Familiensplitting verschließt.
    Sechstens und letztens: Die Investitionshilfe der Leistungsfähigeren unter den Steuerzahlern zur Finanzierung des Wohnungsbausofortprogramms schafft neue Nachfrage und schafft Arbeitsplätze.
    Insoweit glaube ich schon, wenn man den steuerpolitischen Teil in Ruhe und nüchtern betrachtet, daß hier Perspektiven vorhanden sind. Der Steuerzahler findet zwar noch kein völlig neues Konzept. Woher soll das auch kommen? Sie sollten aber erkennen, daß die Neuorientierung eingeleitet wird, eingeleitet ist, d. h. keine Erhöhung der Steuerquote, Entlastung der privaten Investoren, Hilfe zur Selbsthilfe, Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Ich meine, die Bundesregierung soll auf diesem Gebiet in dieser Richtung weiterarbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)






Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rentrop.

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    Rede von Friedhelm Rentrop


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich zu Beginn der vergangenen Woche in einer Podiumsdiskussion eines großen Wirtschaftsverbandes zwei Kollegen, die in der heutigen Debatte bereits zu Wort kamen, aufrief, mit den Schuldzuweisungen der Vergangenheit aufzuhören, erntete ich dort großen Beifall.

    (Bindig [SPD]: Das könnte Ihnen so passen, die Vergangenheit vergessen!)

    Ich habe vergeblich gehofft, dies hätte auch die entsprechende Einsicht der Kollegen geweckt. Hiermit meine ich nicht die wohltuenden Worte des Kollegen von Wartenberg, der zuletzt gesprochen -hat, sondern einige der vorhergehenden Beiträge.
    Der steuerliche Teil des Begleitgesetzes zum Haushalt 1983 erhebt nicht den Anspruch, der große steuerpolitische Wurf für die nächsten Jahre zu sein. Dies kann und will er nicht sein. Die Rechtsänderungen wollen nicht mehr und nicht weniger sein als ein Sofortprogramm mit dem Ziel, die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit auch durch steuerliche Maßnahmen zu unterstützen. Dies ist um so dringlicher, als wir uns bei den Arbeitslosen nunmehr der Zahl von 2 Millionen nähern. Diese Marke wird nach Lage der Dinge bald überschritten sein. Es bedarf auch nicht der Prognose in dieser Debatte. Die wirtschaftswissenschaftlichen Institute nehmen schon für das nächste Jahr 2,3 Millionen an.
    Die steuerlichen Sofortmaßnahmen des Gesetzentwurfs sollen die Investitionen der Wirtschaft im allgemeinen und im Wohnungsbau im besonderen anregen und dadurch den Arbeitsmarkt entlasten. Dabei nehmen wir in Kauf, daß einzelne Maßnahmen nicht alle Anforderungen erfüllen, die strenge Steuersystematiker stellen. Ich komme noch darauf zurück. Wir räumen jedoch der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, der größten sozialen Ungerechtigkeit dieser Zeit, absolute Priorität ein. Der Arbeitsmarkt ist durch eine seit 1980 steigende Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Da in den 80er Jahren die stark besetzten Geburtenjahrgänge in das Erwerbsalter hineinwachsen, ist trotz der verlängerten Ausbildung und trotz der Möglichkeiten des vorgezogenen Ruhestandes damit zu rechnen, daß bis 1990 insgesamt eine Million Menschen mehr in das Arbeitsleben eintreten, als aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Verstärkt werden die Arbeitsmarktprobleme durch einen beschleunigten technischen Fortschritt. Gegen 1990 werden sich die Arbeitsmarktprobleme voraussichtlich entspannen, da sich dann der seit Ende der 60er Jahre zu verzeichnende Geburtenrückgang auszuwirken beginnt. Diese schon jetzt absehbare Entwicklung bedeutet nichts anderes, als daß wir bis zum Ende dieses Jahrzehnts mit einer auf 3 Millionen steigenden Arbeitslosenzahl rechnen müssen, wenn wir dieser Tendenz jetzt nicht wirksam gegensteuern. Dieser Situation und den aus ihr resultierenden Fragen müssen wir uns stellen. Unsere Antwort heißt: Setzen auf die expansiven Kräfte der Marktwirtschaft, setzen auf eine Investitionsförderung auf breiter Front, setzen auf die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen, setzen auf weitere nach den Bundestagswahlen zu beschließende Steuerrechtsänderungen, die unser Steuersystem dauerhaft in eine investitionsfreundliche Form bringen.
    Es wird so oft behauptet, die in der Koalition zwischen CDU/CSU und FDP gefaßten Beschlüsse seien auch mit der SPD zu erreichen gewesen. Dies ist eine der vielen Legenden dieser Tage. Das tage-, nächte- und wochenlange Gezerre um Steuer- und Haushaltspakete, um Maßnahmen von zum Teil untergeordneter Bedeutung, hat es bei den zurückliegenden Koalitionsverhandlungen nicht gegeben.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. h. c. Leber)

    Wir haben uns innerhalb weniger Tage auf ein respektables Bündel von Maßnahmen geeinigt, das mit den Sozialdemokraten — dies haben sie mehrfach selbst bestätigt — nicht zu verwirklichen gewesen wäre.
    - Lassen Sie mich auch aus meiner persönlichen Sicht hinzufügen: Ich habe es leider in den vergangenen zweieinhalb Jahren nicht erlebt, und ich habe es als wohltuend empfunden, daß Bundesfinanzminister und Bundesarbeitsminister vor den Kabinettsgesprächen — der Finanzminister auch noch nach den Kabinettsgesprächen — in unserer Fraktion erschienen, um diese Themen dort, wo noch Probleme vorhanden waren, aufzuarbeiten.
    Wir haben schnell Einigung darüber erzielen können, auf welche Teile des noch von der alten Koalition vorgelegten Einkommensteuergesetzes 1983 wir verzichten, wobei ich nicht verschweigen möchte, daß dies genau die Maßnahmen waren, denen wir seinerzeit nur um des Gesamtkompromisses willen zugestimmt hatten, und um welche neuen Maßnahmen wir die alten Beschlüsse ergänzen.
    Wir haben dabei feststellen können, daß die früheren Reibungsverluste, die daraus resultierten, daß vordergründige Gerechtigkeitsüberlegungen über das wirtschaftlich Gebotene gestellt wurden, nicht auftraten. Ich sage „vordergründig", weil unser früherer Koalitionspartner nicht sehen wollte, daß allein das wirtschaftlich Gebotene in der Lage ist, die soziale Ausgewogenheit zu erreichen und dauerhaft zu erhalten. Es gibt — ich zitiere wörtlich aus Ziffer 53 des Sondergutachtens des Sachverständigenrates —
    in der Wirtschaftsgeschichte keine Beispiele für Perioden allgemeiner wirtschaftlicher Prosperität, in denen die Gewinne der Unternehmen nicht gut waren.
    Und die Gewinne sind heute nicht gut!
    Ich füge hinzu: So ehrenwert eine ausschließlich auf die soziale Ausgewogenheit abgestellte Steuerpolitik auch sein mag, sie bewirkt, wenn sie die wirtschaftlichen Erfordernisse außer acht läßt, genau das Gegenteil dessen, was wir brauchen: eine breit angelegte Investitionsoffensive in allen Bereichen. Eine solche nur moralisch begründete Steuerpolitik kommt z. B. in den jetzt vom Land Nordrhein-Westfalen geforderten weiteren Einschränkungen beim Bauherrenmodell zum Ausdruck. So



    Rentrop
    etwas kann man machen, wenn die Wirtschaft floriert, nicht aber in einer rezessiven Phase.
    Schnell spürbar werdende Impulse für den Arbeitsmarkt versprechen wir uns von den wohnungsbaupolitischen Maßnahmen. Der Wohnungsbau ist noch immer eine Schlüsselindustrie. Die Mittel aus dem Investitionshilfegesetz in Höhe von 2,5 Milliarden DM, die unmittelbar für den sozialen Wohnungsbau und ein Bausparzwischenfinanzierungsprogramm eingesetzt werden, und der auf drei Jahre begrenzte erweiterte Schuldzinsenabzug bis zur Höhe von 10 000 DM werden die Beschäftigung nicht nur in der Bauwirtschaft, sondern auch in der Zulieferindustrie und in anderen Wirtschaftszweigen stimulieren.
    Wir haben die Einführung einer Ergänzungsabgabe nicht zugelassen. Steuer- und Abgabenerhöhungen können unser Wirtschaftsproblem nicht lösen.

    (Bindig [SPD]: Sie können ja noch nicht einmal richtig ablesen, so langweilig ist das, was Sie vortragen!)

    Sie gefährden das Investitionsklima und bremsen die Leistungsbereitschaft der Bürger. Das Ifo-Institut rechnet uns vor, daß die Löhne und Gehälter im Durchschnitt mit über 30 % belastet sind und daß die Abgabenbelastung der zusätzlich verdienten Löhne und Gehälter schon jetzt 60 % beträgt. Die Abgaben dürfen nicht weiter erhöht werden! Im Gegenteil, um die Leistung stärker zu honorieren, müssen die die Leistung treffenden Steuern gesenkt werden, wobei der Ausgleich bei den verbrauchsbelastenden Steuern zu suchen ist.
    Das Konzept der Investitionshilfeanleihe nimmt auf die gegen eine Ergänzungsabgabe geltend gemachten Bedenken Rücksicht. Anders als die Ergänzungsabgabe belastet die Investitionshilfe die Abgabepflichtigen nicht endgültig, sondern nur vorübergehend. Da die Investitionsanleihe rückzahlbar ist, gibt sie, wie der Sachverständigenrat festgestellt hat, den Konsumenten weniger Anlaß, ihren Privatverbrauch einzuschränken.

    (Zurufe von der SPD)

    Schließlich birgt die rückzahlbare Abgabe auch nicht die Gefahr in sich, daß sie später, wie bereits gehabt, in den Einkommen- und Körperschaftsteuertarif eingebaut wird. Das war ja nach Auslaufen der alten Ergänzungsabgabe der Fall. Die Ergänzungsabgabe wurde bekanntlich 1975 beim Lohn- und Einkommensteuertarif und 1977 beim Körperschaftsteuertarif berücksichtigt.
    Schließlich ist die Investitionshilfeanleihe so ausgestaltet, daß sie die Investitionen, auf die wir so dringend angewiesen sind, nicht trifft; Herr von Wartenberg hat hierauf schon hingewiesen.
    Diese unterschiedlichen Faktoren zeigen überdeutlich, welchen unterschiedlichen Stellenwert die Koalition der Mitte und die SPD den Investitionen beimessen. Es drängt sich der Eindruck auf, daß die Opposition die Unternehmen von der Abgabe überhaupt nicht freistellen will. Der Vorwurf, die Investitionshilfe sei eine getarnte Ergänzungsabgabe, ist nicht haltbar.
    Mit der zum 1. Juli nächsten Jahres geplanten Mehrwertsteuererhöhung, die wir durchgehend tragen und deren Mehreinnahmen die geplanten Entlastungen bei den direkten Steuern finanzieren sollen, wird die langjährige und konsequente steuerpolitische Linie der FDP fortgesetzt. Wir halten die Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung der direkten, Leistung und Investitionen hemmenden Steuern für unbedingt geboten.
    Wir haben bereits im vergangenen Frühjahr Investitionszulagengesetz und seine Finanzierung durch die Mehrwertsteuer als geboten angesehen. Dadurch wird die notwendige Umstrukturierung unseres Steuersystems weg von den direkten und hin zu den indirekten Steuern gefördert. Das Gewicht der die Leistung unmittelbar treffenden direkten Steuern nimmt seit langem tendenziell zu, und zwar bei einem entsprechenden Rückgang der den Verbrauch belastenden Steuern. Dieser Trend muß gestoppt werden. Die Mehrwertsteuererhöhung in Verbindung mit den vorgesehenen Steuerentlastungen im Bereich der direkten Steuern ist ein wichtiger Schritt dazu.
    Es ist richtig: Die Verbesserung der Steuerstruktur sollte über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer erreicht werden. Als allgemeine Verbrauchsteuer belastet die Umsatzsteuer in der Regel nicht die Unternehmen. Die Verstärkung der Investitionstätigkeit wird durch die Erhöhung der Umsatzsteuer somit nicht erhöht.
    Wegen der Umsatzsteuerfreiheit der Exporte wird die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht berührt. Hierauf sind wir ganz besonders angewiesen.
    Die Mehrwertsteuersätze sind in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn noch immer niedrig. Auch nach der Mehrwertsteuererhöhung bleibt die Bundesrepublik mit den Normalsteuersätzen in der europäischen Rangfolge an vorletzter Stelle.
    Die Ankündigung des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung, die steuerliche Entlastung zur Stärkung der Investitions- und Innovationskraft der Wirtschaft bis 1984, wenn die Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer voll fließen, weiter auszubauen, zeigt, daß wir hier in längerfristigen Perspektiven denken.
    Die Kritik des Sachverständigenrats an der Mehrwertsteueranhebung, die allerdings nur auf den Zeitpunkt dieser Steuererhöhung, nicht aber auf die Maßnahme als solche abstellt, kann nicht recht überzeugen. Wenn wir eine Umsrukturierung des Sozialprodukts zu mehr investiven Verwendungen wollen, wenn wir eine Umstrukturierung unseres Steuersystems zu mehr verbrauchsbelastenden Steuern wollen, müssen wir auch die Konsequenzen aus dieser Forderung ziehen; ich möchte noch hinzufügen: auch wenn es verwaltungstechnisch nicht einfach zu realisieren ist, was ich einsehe.



    Rentrop
    Daß von der Mehrwertsteuererhöhung eine dämpfende Wirkung auf den privaten Verbrauch ausgehen kann, möchte ich nicht in Abrede stellen. Auch möchte ich nicht behaupten, daß das gegenwärtige Konjunkturtief der beste Zeitpunkt für diese Maßnahme ist. Wir stehen jedoch vor dem Dilemma eines nicht ganz auszuschließenden Nachfragerückgangs und einer weiteren Erhöhung der Neuverschuldung. Bei dieser Wahl zwischen zwei Übeln haben wir uns für die Mehrwertsteuererhöhung entschieden.
    Die vorgeschlagene Gewerbesteuerentlastung bei der Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen dient ebenfalls einer Entlastung der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere dazu, die Auswirkungen des hohen Zinsniveaus abzumildern. Die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft werden hier ganz entscheidend verbessert.
    Für die FDP sage ich ganz klar: In der Reduzierung der Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen sehen wir einen wichtigen Schritt zu einer vollständigen Abschaffung der Gewerbesteuer, selbstverständlich nur bei Schaffung entsprechender Ersatzfinanzierungsmodelle für die Gemeinden. Wir fordern seit langem die Abschaffung dieser überholten Steuer, vor allem deswegen, weil die Gewerbesteuer zur Wettbewerbsverzerrung bei den Unternehmen untereinander und zu schwerwiegenden internationalen Wettbewerbsnachteilen unserer Wirtschaft führt.
    Wir sind dem Ziel einer Beseitigung der Gewerbesteuer durch die Abschaffung der Lohnsummensteuer und die mehrfachen Freibetragserhöhungen bei der Gewerbeertragsteuer und der Gewerbekapitalsteuer in den vergangenen Jahren schon ein gutes Stück nähergekommen. Nunmehr ist es aber an der Zeit, die endgültige Abschaffung der Gewerbesteuer in Angriff zu nehmen, zumal uns jetzt drei beachtliche Gutachten mit kommunal orientierten Lösungsvorschlägen zu dieser Frage vorliegen.
    Weil wir die Gewerbesteuer ganz abschaffen wollen, stellen wir gewisse steuersystematische Bedenken, die gegen die Milderung der Hinzurechnungsvorschrift vorgebracht werden, zurück.
    Ich sehe: Meine Zeit ist abgelaufen. Ich komme daher schnell noch zum Schluß.
    All dies zeigt: Auch auf dem Gebiet der Steuerpolitik war das Ende der Zusammenarbeit der früheren Koalitionspartner vorprogrammiert. In der Steuerpolitik spiegelt sich das Auseinanderdriften der früheren Koalitionsparteien besonders deutlich wider. Wir konnten nicht mehr zu tragfähigen, zukunftsweisenden steuerpolitischen Lösungen kommen. In der neuen Koalition werden wir alles dafür tun, daß steuerpolitisch richtige Entscheidungen einen Beitrag zur Lösung unserer Wirtschafts- und Arbeitsmarktprobleme leisten. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Löffler [SPD]: Schönen Gruß von Herrn Waffenschmidt; gehen Sie mal bei ihm vorbei!)