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ID0912613500

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    Plenarprotokoll 9/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Inhalt: Bestimmung neuer Mitglieder und Stellvertreter im Gemeinsamen Ausschuß . . 7643A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoppe 7657 D Begrüßung einer Delegation der Knesset des Staates Israel 7657 D Aktuelle Stunde betr. Kohlevorrangpolitik 7654 D Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . . 7643 C Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 7644 D Beckmann FDP 7646 A Dr. Jens SPD 7647 B Lampersbach CDU/CSU 7648 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7649 B Reuschenbach SPD 7651 B Prangenberg CDU/CSU 7652 B Berschkeit SPD 7653 A Gattermann FDP 7654 A Dr. Lammert CDU/CSU 7655 A Fischer (Homburg) SPD 7656 A Müller (Wadern) CDU/CSU 7656 C Vizepräsident Frau Renger 7647 A Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7658 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Walther SPD 7669 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7676 C Paterna SPD 7677 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 7679 C Dr. Ehmke SPD 7680 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7680 D Gärtner FDP 7686 B Wieczorek (Duisburg) SPD 7690 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 7695A Dr. Zumpfort FDP 7699 B Gobrecht SPD 7702 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 7707 D Rentrop FDP 7711A Conradi SPD 7713C Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 7716 B Gattermann FDP 7719A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7720 D Kühbacher SPD 7725 C Broll CDU/CSU 7729 A Kleinert FDP 7731 B Frau Traupe SPD 7733 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7736 A Vizepräsident Dr. h. c. Leber 7680 C Nächste Sitzung 7739 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7741* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7741* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 7643 126. Sitzung Bonn, den 10. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) * 11. 11. Frau Fromm 10. 11. Dr. Geßner * 10. 11. Haar 12. 11. Hofmann (Kronach) 10. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Kittelmann ** 10. 11. Lemmrich ** 10. 11. Dr. Marx 10. 11. Möllemann 10. 11. Dr. Müller * 10. 11. Müller (Bayreuth) 10. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 10. 11. Frau Pack * 11. 11. Picard 12. 11. Reddemann * 10. 11. Schartz (Trier) 10. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Dr. Vohrer * 10. 11. Dr. Wendig 10. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung Gesetz zu dem Abkommen vom 24. November 1981 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen In seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates ist als Drucksache 9/2071 verteilt. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 4. November 1982 mitgeteilt, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland - Drucksache 9/746 - von der Bundesregierung zurückgezogen wird. Die in Drucksache 9/2063 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Gewährung finanzieller Anreize zugunsten bestimmter Investitionen im Bereich der rationellen Energienutzung wird als Drucksache 9/2087 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 28. Oktober 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 9/1686 Nr. 14) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Sozialisationsprobleme der arbeitenden Jugend in der Bundesrepublik Deutschland - Konsequenzen für Jugendhilfe und Jugendpolitik - (Vierter Jugendbericht) (Drucksachen 8/2110, 9/253 Nr. 19) Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe - Fünfter Jugendbericht - sowie die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht (Drucksachen 8/3684, 8/3685, 9/406)
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    Rede von Horst Gobrecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Vielen Dank, Herr Präsident. Damit komme ich bequem aus.
    Mit uns Sozialdemokraten ist sofort, was die Grunderwerbsteuer anlangt, ein einheitliches Bundesgesetz zu machen, das die wesentliche Vereinheitlichung bringt. Wir machen aber nicht einen Gesetzentwurf mit, der ebenso wie die anderen genannten Punkte von einer sozialen Schlagseite gekennzeichnet ist.
    Fazit aus dieser Reihe von Beispielen, die ich verlängern könnte: statt eines Neuanfangs tatsächlich eine Wende, und zwar eine Wende zur Umverteilung von unten nach oben, rückwärts in die Steuerungerechtigkeit. Mit einem anderen Bild gesprochen: Es geht wirklich mit vollen Segeln und sozialer Schlagseite voran. Was dies für das Schiff, das da gesteuert wird, bedeutet, kann man sich vorstellen. Ich kann Ihnen da keine gute Reise wünschen.

    (Zuruf von der SPD: Man müßte ein Unterseeboot daraus machen!)

    — Nur: Ein Unterseeboot hat keine Segel. Verehrter Herr Kollege, das muß ich Ihnen schon sagen, da ich von der Wasserkante komme.
    Meine Damen und Herren, es hat an der früheren schnellen Steuergesetzgebung viel Kritik gegeben, die von vielen in diesem Hause geteilt wurde. Sie wurde von mir immer wieder kritisiert, auch von diesem Pult aus, auch im Finanzausschuß. Wir sind da also an einiges gewöhnt. Das allerdings, was uns innerhalb der nächsten sechseinhalb Wochen geboten wird, ist wirklich perfekt. Einen solchen D-ZugStil in der Steuergesetzgebung und einen solchen rasanten Fahrplan haben wir noch nie gehabt.

    (Zuruf des Abg. Dr. Spöri [SPD])

    Das ist mehr als Hektik in der Steuergesetzgebung.
    Mir fällt im Moment leider kein Superlativ für das
    Wort „Hektik" ein. Da ich mich sprachlich sauber ausdrücken will, muß ich es dabei bewenden lassen.
    Es werden hier eine Fülle von steuerlichen Veränderungen vorgenommen. Ich habe schon die Mehrwertsteuer genannt, die Absetzbarkeit der Schuldzinsen. Neu eingeführt werden soll eine Insolvenzrücklage, über deren Anlaß man sehr wohl diskutieren kann, die auch eher die Frage des Ob als die des Wie aufwirft. Sie wird mit einer Menge von Bescheinigungen und Bürokratie verbunden, gegen die man außerordentliche Bedenken haben muß.
    Es wird durch die Kürzung der Hinzurechnungen in die Grundsubstanz der Gewerbesteuer eingegriffen. Das ist etwas, was sich gerade die Kommunalpolitiker — auch die der CDU/CSU — in den Gemeinden genau ansehen sollten; denn hier befindet sich der Zug in voller Fahrt, hin zur Abschaffung der Gewerbesteuer, was ich zumindest von seiten der CDU/CSU in den Gemeinden noch nie gehört habe.
    Die Ausbildungsfreibeträge werden halbiert, es werden zukünftig nicht mehr die ausländischen Verluste angerechnet. Das ist eine positive Sache. Sie stammt ja auch von uns. Das soll jetzt mit verabschiedet werden. Patentverletzungen sollen in Rückstellungen anders behandelt werden. Aufgegriffen wird — zu unserer Überraschung — die Kappung der Vorsorgepauschale für die Beamten. Ich erinnere mich noch sehr genau an das, was der Kollege Kreile vor wenigen Wochen dazu deutlich gesagt hat. Da ich ihn persönlich außerordentlich schätze, will ich das im Moment nicht zitieren. Und Sie führen die Zwangsanleihe ein, mit einem außerordentlich komplizierten Gegenrechnungsinstrument bei den Investitionen. Bei den Investitionen ist die Größenordnung wiederum so gering, daß dieses Instrument nicht das bewirken wird, was es soll.
    Etwas ironisch gesagt: In den Tagen vor dem Weihnachtsabend werden dann wohl dieses und eine ganze Reihe anderer Gesetze, die dazu gehören, verabschiedet werden. Vom Weihnachtsabend bis Silvester werden dann alle Bürger, die Wirtschaft und die steuerberatenden Berufe Zeit haben, sich auf dieses Konvolut neuer Steuergesetzgebung einzustellen. Eines jedenfalls dürfen Sie nicht mehr wiederholen: Es sei früher zu schnell gegangen; denn dies ist wirklich ein D-Zug sondergleichen.

    (Walther [SPD]: Deshalb ist Herr Kreile auch ganz schnell weggegangen!)

    — Das mag sein, Herr Kollege Walther. Er wird seine Rede natürlich noch gut im Kopf haben; denn er hat ein gutes Gedächtnis.
    Sie haben auch immer wieder gesagt — in einem komplizierten Industriestaat ist das in vielen Bereichen offensichtlich unvermeidlich —, die Gesetzgebung der letzten Jahre habe immer mehr Bürokratie hervorgebracht. Das kann man nicht ohne weiteres von der Hand weisen. Aber wenn man deutlich sagt, es müsse weniger Bürokratie geben, der Verwaltungsaufwand müsse geringer werden, es müsse



    Gobrecht
    vereinfacht werden, muß man sich an diesen Worten auch messen lassen, wenn man in der Regierungsverantwortung ist. Wenn die Devise lautet „Weniger Bürokratie", prüft man natürlich: Wie sieht es denn mit den ersten Gesetzen aus, die vorgelegt werden?
    Wenn man sich dann die Zwangsanleihe anguckt — ich habe das schon angetippt; nun noch einmal unter anderem Gesichtspunkt —, ist das Ergebnis: komplizierte Verrechnung mit Investitionen. Die Rückzahlung muß in einem komplizierten verwaltungstechnischen Verfahren überwacht werden. Sie muß ausgeführt werden. Weiß Gott kein Beitrag zu weniger Verwaltungsaufwand, kein Beitrag zu weniger Bürokratie.
    Wie sieht es mit dem neuen Instrument der sogenannten Insolvenzrücklage aus? Da wird ein neuer Steuersubventionstatbestand eingeführt. Es wird eine Lawine von Bescheinigungsverfahren losgetreten werden. Zwar soll das von den obersten Landesbehörden gemacht werden. Wie sollen die aber in einem kleinen oder mittleren Ort beurteilen, ob ein Unternehmen dafür wirklich die Voraussetzungen erfüllt? Das heißt also, diese Bescheinigungslawine geht hinunter bis zu den gemeindlichen Wirtschafts- und Ordnungsämtern. Auf jeden Fall — ganz höflich gesagt — mehr Bürokratie durch dieses Institut.
    Mit dem begrenzten Schuldzinsenabzug kommt im Bereich von Bauen und Wohnen eine neue Komponente in das sowieso schon komplizierte, aus vielen Komponenten bestehende Besteuerungsverfahren.
    Die Mehrwertsteuererhöhung, die Sie, als das in unserem Gesetzentwurf vorgesehen war, mit vielen guten Gründen angegriffen haben, soll auch nach Ihren Vorstellungen mitten im Jahr mit all den Folgerungen in Kraft treten, die sie bei den Unternehmen, bei der Verwaltung hat. Mehr Bürokratie.
    Die BAföG-Umstellung auf Darlehen, zu deren sozialer Wirkung noch viel Kritisches zu sagen sein wird, ist auch ein Beitrag zu außerordentlich mehr Bürokratie; denn das wird über Jahre, wenn nicht über Jahrzehnte überwacht und abgewickelt werden müssen. Das ist auf jeden Fall keinerlei Vereinfachung des Umgangs zwischen Bürger und Staat.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Dann müssen die Sparkassen ihre Leute auch nicht entlassen!)

    Das gilt im übrigen auch für den Ansatz der Einkommensgrenzen beim Kindergeld, über den wir ja auch lange nachgedacht haben. Uns haben immer wieder die Verwaltungsschwierigkeiten gebremst. Auch die Verwaltungskosten werden eine große Rolle spielen. Ich bin gespannt, wie Sie sich im Laufe der Gesetzesberatung zu diesem Problem äußern werden.
    Ich bitte Sie wirklich: Setzen Sie diese Steuerpolitik der heißen Nadel mit immer mehr bürokratischem Aufwand nicht fort. Nehmen Sie Ihre eigenen Schwüre ernst, die Sie geleistet haben, als Sie noch in der Opposition waren.
    Zum Schluß — —

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Das wird auch Zeit!)

    — Nein, es wird noch nicht Zeit, verehrter Herr Kollege; denn ich habe noch fünf Minuten gut. Gleichwohl werde ich zum Schluß kommen. Das werden Sie dann auch noch ertragen, es sei denn, Sie sind so zart besaitet, daß Sie das nicht können. Aber dann würde ich sagen: Wem es in der Küche zu heiß ist, der soll hinausgehen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Zum Schluß: Die CDU/CSU/FDP-Koalition hat vor der Regierungsübernahme anders gesprochen, als sie jetzt handelt. Das hat zwangsläufig einen Fehlstart in der Finanz- und Steuerpolitik zur Folge. Das, was Sie an vielen wohlklingenden Worten vorher überall abgesondert haben, ist entzaubert worden. Es rächt sich jetzt vieles opportunistisches Gerede in der Oppositionszeit, und Sie haben damit der Glaubwürdigkeit Ihrer Parteien und der neuen Bundesregierung weiß Gott keinen Dienst erwiesen. Sie erschweren auch die konstruktive Arbeit hier im Parlament, wenn man so schnell die Meinungen wechselt, wie das hier geschehen ist, ohne daß wirklich neue Gründe gekommen wären, die das berechtigten.
    Meine Fraktion, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, wird weiter engagiert für Steuergerechtigkeit, weiter engagiert für Verteilungsgerechtigkeit kämpfen. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, daß hier so viel Gerechtigkeit, wie es unter diesen Mehrheitsverhältnissen möglich ist, für die Arbeitnehmer, für die kleinen Selbständigen, für die große Mehrheit der Bürger geschaffen wird.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Wartenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Gobrecht, Sie hatten mir vor Ihrer Rede angekündigt, daß Sie sehr hart mit uns umgehen werden und versuchen würden, sehr polemisch zu sein. Ich kann nur feststellen: Als Hamburger sind Sie Gott sei Dank nicht in der Lage, so polemisch zu sein. Aber ansonsten haben Sie Ihre Rede nach dem Motto vorbereitet: Eine allzu genaue Kenntnis der Akten trübt das unbefangene Urteil.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen uns doch fragen: Worum geht es hier? Auch der steuerpolitische Teil der Begleitgesetze steht unter der Priorität, auf der einen Seite etwas zur Haushaltskonsolidierung beizutragen und auf der anderen Seite etwas dagegen zu tun, daß die Zahl der Arbeitslosen immer stärker steigt, daß die Zahl der Insolvenzen und damit wiederum die Zahl der Arbeitslosen steigt, und letzten Endes geht es darum, daß die privaten Investitionen gefördert werden. Unter diesen Prioritäten steht auch das, was steuerpolitisch hier vorgelegt wird.
    Wir werden diesen Herausforderungen nicht gerecht, wenn wir versuchen, fiskalpolitisch hier und



    Dr. von Wartenberg
    dort kleine Verschiebungen vorzunehmen. Auf der anderen Seite — das gestehe ich auch ganz offen — ist es uns steuerpolitisch natürlich nicht gelungen, hier einen ganz großen Wurf einer Konzeption vorzulegen. Wenn der Lotse auf dem Tanker, der in Fahrt ist, wechselt und diesen Tanker bremsen will, dann braucht er Kilometer, und der Wendekreis ist sehr groß, erst recht, wenn man im seichten Wasser ist. Obwohl diese Konzeption in dieser kurzen Zeit natürlich nicht zu erwarten ist, meine ich, gibt es einige Ansatzpunkte der steuerpolitischen Neuorientierung. Gerade im steuerpolitischen Bereich lassen sie sich nachweisen.
    Dennoch gibt es einige Maßnahmen finanzpolitischer, haushaltspolitischer, steuerpolitischer Art, die wir nicht gern durchführen, die uns wehtun, die mit einer langfristigen Konzeption so ohne weiteres nichts zu tun haben, die nicht den Steuerstaat wieder funktionsfähig machen. Zur langfristigen Konzeption würde es gehören — dazu benötigen wir Zeit —, die Gesamtabgabenbelastung zu reduzieren, insbesondere im Grenzsteuerbereich ein Abflachen der Kurve zu erreichen. Zu einer langfristigen Konzeption würde es gehören, die Eigenkapitalquote der Betriebe zu verbessern, etwas zur Verstärkung der Vermögensbildung in Arbeitnehnmerhand zu tun. Zu der mittelfristigen Konzeption dieser Regierung wird es auch gehören, einen fairen, solidarischen Familienlastenausgleich hervorzubringen, der die Bedenken und Anregungen des neuesten Urteils des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt. Zur langfristigen Konzeption gehört aber auch eine Gemeindefinanzreform, in der das kommunale Interesse an den Gewerbebetrieben und an Arbeitsplätzen erhalten ist, ohne den so hohen ertragsunabhängigen Anteil, wie er z. B. in der Gewerbesteuer mittelstandsfeindlich enthalten ist. Das sind Aufgaben, die wir mittelfristig anpacken müssen, um sie langfristig auch zu erreichen. Aber darum geht es heute nicht.
    Jetzt geht es zunächst darum, das Dringlichste zu tun, d. h. die Löcher zu stopfen, das Haus, das verwohnt ist, winterfest zu machen. Eines haben wir nicht gemacht, und das empfinde ich als einen unfairen demagogischen Vorwurf. Vielleicht ist es auch ein hilfloser Vorwurf der Opposition. Wir verteilen nicht um von unten nach oben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Gobrecht, wenn Sie ein genaues Aktenstudium betrieben hätten, hätten Sie feststellen müssen: Wir verteilen nicht um von unten nach oben.

    (Walther [SPD]: Sondern?)

    Nehmen Sie alles zusammen, und rechnen Sie es einmal durch. Nehmen Sie noch nicht einmal die Investitionsanleihe, noch nicht einmal die nicht erfolgte Anpassung des Einkommen- und Lohnsteuertarifs zum Abbau der heimlichen Steuererhöhungen, nehmen Sie nur das andere, was Sie angeführt haben: die einkommensabhängige Kürzung des Kindergeldes, die Begrenzung der Vorsorgepauschale für Beamte — ein Vorschlag, der mit von Ihnen kommt —,

    (Kühbacher [SPD]: Wen trifft das?)

    den Ersatz des Abzugs von Kinderbetreuungskosten durch einen allgemeinen Kinderfreibetrag und die Halbierung des Ausbildungsfreibetrages. Nehmen Sie nun einmal einen Angestellten, einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mit drei Kindern, von denen das älteste 18 Jahre ist und auswärts studiert, und rechnen Sie das durch. Dann werden Sie feststellen, daß bei einem monatlichen Einkommen von 5 480 DM die Belastung 60 DM monatlich beträgt, bei einem Einkommen von 7 450 DM aber 194 DM. Das heißt, die Belastung steigt prozentual von 1,4% auf 3,4%. Je stärker das Einkommen steigt, desto stärker steigt auch die Belastung.

    (Abg. Dr. Emmerlich [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Im Moment bitte keine Zwischenfragen.
    Lassen Sie mich einen anderen Hinweis geben. Es ist sehr beliebt, die Beamten zu schelten. Wenn man diese Annahmen zugrunde legt und eine konkrete Rechnung aufmacht, dann ergibt sich bei den gleichen Einkommenskategorien, also beispielsweise bei den 65 800 DM eines Oberregierungsrates jährlich, eine Reduzierung um 4,7 % im Vergleich zum Arbeitnehmer mit 1,4 %. Beim A-16-Beamten mit einem Jahreseinkommen von 93 000 DM ergibt sich eine Reduzierung um 4,2 %, also eine wesentlich stärkere Belastung als beim sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
    Noch ein ganz nüchterner Hinweis sei erlaubt, meine Damen und Herren: Die Zahlen zu den Vorschlägen, die gemacht werden, belegen, daß nicht von unten nach oben umverteilt wird, noch nicht einmal unter Einbeziehung der von Ihnen kritisierten Investitionsanleihe, noch nicht einmal unter Heranziehung des nicht erfolgten Abbaus der heimlichen Steuererhöhungen. Die Zahlen zeigen, daß die Belastung progressiv zunimmt, aber auch, daß insbesondere die Belastung bei den kleinen Beamten in den niedrigen A-Stufen, bei den Beziehern von Ruhegehalt erheblich ist. Das wird im wesentlichen verursacht durch den Abbau der Vorsorgepauschale. Das bekennen wir ganz offen. Das ist nicht ein Vorschlag, den wir alleine hier durchsetzen wollen, sondern einer, den wir von Ihnen aufgegriffen haben. Der tut weh, aber der bringt natürlich auch viel Geld in den Bundeshaushalt. Deshalb allein ist er zu begründen und wird durchdiskutiert.
    Wir sollten den Gewerkschaften empfehlen, über diese Beispiele der Beamten, der Empfänger von kleinen Ruhegehältern bei ihren Protestkundgebungen gegen den Denkanstoß von Norbert Blüm hinsichtlich einer Lohnpause einmal nachzudenken. Man sollte auch die Beispiele heranziehen, z. B. Klöckner-Becurit, wo die leitenden Angestellten freiwillig auf 5 % ihres Gehalts verzichtet haben.
    Meine Damen und Herren, insofern ist der Vorwurf der Umverteilung von unten nach oben ungerechtfertigt.
    Nun zum nächsten Punkt: Herr Gobrecht, Sie schnitten das Thema Mehrwertsteuer an und warfen uns hier einen Wortbruch vor. Sie haben sehr



    Dr. von Wartenberg
    viele Zitate gebracht, Zitate, die sich beliebig verlängern lassen. Ich habe dieselben Zitate hier. Ich mußte feststellen, daß Sie keines dieser Zitate zu Ende vorgelesen haben. Sie haben vielmehr nur das herausgepickt, was für Sie von Interesse ist. Jeder sucht sich das Richtige heraus.
    Häfele, 16. Juni 1977, — —

    (Zurufe von der SPD)

    — Ja, wir gehen die Jahre der Reihe nach durch. Damals schon haben Sie eine Mehrwertsteuererhöhung vorgeschlagen.
    Häfele, zur Konzeption:
    Die Mehrwertsteuer darf nicht für Reparaturen, für den Abbau von heimlichen Steuererhöhungen, für die Anpassung von Sozialleistungen an die inflationäre Entwicklung zur Verfügung stehen. Dafür ist die Mehrwertsteuer zu schade. Die Mehrwertsteuer muß als Bewegungsraum für eine Steuerreform zur Verfügung stehen. Dazu gehört der wirkliche Abbau der investitionshemmenden Gewerbesteuer.
    Nichts weiter tun wir heute.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das ist das Schlimme!)

    Häfele am 15. September 1982 zu der von Ihnen vorgeschlagenen Mehrwertsteuererhöhung ohne gleichzeitigen Steuerabbau — und das ist das Entscheidende —:
    Deshalb sagt die CDU/CSU nein. Über die Steuerumschichtungen lassen wir mit uns reden. Um das Steuerrecht auf Dauer leistungsfreundlicher, investitionsfreundlicher und wachstumsfreundlicher zu gestalten, dafür wäre eine Mehrwertsteuererhöhung gut.
    Ich habe noch ein anderes Zitat:
    Die Steuerstruktur ist geprägt durch heimliche Steuerentlastungen bei den Verbrauchsteuern, was zu einem Rückgang des Anteils dieser Steuern führt. Deshalb ist es erforderlich, den Verbrauchsteuern
    — das ist die Mehrwertsteuer —
    wieder ihre frühere Bedeutung zu geben, — den Anteil vom Steueraufkommen her —
    die Arbeitnehmer, die Gewerbetreibenden und die Freiberufler im mittelständischen Bereich gezielt steuerlich zu entlasten.
    Das hat Herr Gobrecht geschrieben. Er schrieb dies unter dem Titel „Kein Stillstand in der SPD-Steuerpolitik" im Jahre 1980 mit Blick auf die 9. Legislaturperiode. Das ist genau das, was wir tun. Herr Gobrecht, die 9. Legislaturperiode ist noch nicht zu Ende. Sie können deshalb unseren Vorschlägen zustimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir sind uns darüber im klaren, daß eine Mehrwertsteuererhöhung natürlich nicht unbedingt das Ideale ist. Ohne diese notwendige Mehrwertsteuererhöhung gäbe es aber eben keine zu finanzierenden Investitionsanreize. Mehr Investitionen bedeuten nun einmal mehr Arbeitsplätze. Insofern ist die höhere Mehrwertsteuer auch eine Art Solidarbeitrag aller Verbraucher. Wir benutzen — im Gegensatz zu Ihrem Vorschlag vom Frühjahr — die Mehrwertsteuer eben nicht zum bloßen Stopfen von Haushaltslöchern,

    (Wiederspruch bei der SPD)

    sondern wir werden den gleichen Einnahmenanteil verwenden, um Investitionshilfe zu leisten. Das macht den Unterschied aus. Herr Walther, Ihr Vorschlag auf Erhöhung der Mehrwertsteuer hätte eine Erhöhung der Steuerquote bedeutet. Der Vorschlag der Koalition von CDU/CSU und FDP, der gleichzeitige steuerliche Entlastungen im investiven Bereich vorsieht, auf die ich gleich zu sprechen komme, bedeutet eine konstante Steuerquote.

    (Zurufe von der SPD)

    Durch die Einnahmen aus dieser Mehrwertsteuererhöhung wird der Schuldzinsenabzug finanziert. Wir konzentrieren uns auf den Wohnungsbau, weil wir konzentriert mit den wenigen Mitteln, die vorhanden sind, mehr erreichen können, als wenn wir das Gießkannenprinzip, welches von Ihnen bevorzugt wird, praktizierten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit den Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung finanzieren wir die Gewerbesteuerentlastung der Betriebe, die direkt dazu beiträgt, daß die Eigenkapitalquote des gewerblichen Mittelstandes sich verbessert. Wir zahlen daraus auch eine höhere Gewerbesteuerumlage an die Gemeinden, damit sich in ihren Haushalten keine negativen Effekte ergeben. Mit den Einnahmen aus dieser Mehrwertsteuererhöhung finanzieren wir die steuerfreie Rücklage beim Erwerb existenzbedrohter Betriebe.
    Ich gestehe Ihnen, Herr Gobrecht, daß es einige Punkte gibt, die wir noch beraten müssen. Es ist also durchaus noch Spielraum für die Ausschußberatungen vorhanden. Ich denke, gerade beim Schuldzinsenabzug kann man die eine oder andere Anregung noch aufgreifen, um die Effektivität dessen zu erhöhen, was wir erreichen wollen: Es muß gebaut werden, es muß Neubau betrieben werden, weil das Arbeitsplätze bringt und einen hohen Multiplikator hat.
    Zum nächsten Punkt. Sie haben das Ehegattensplitting angeschnitten und uns vorgeworfen, auch dort eine Umverteilung von unten nach oben vorzunehmen. Auch hier wieder der Eingangssatz: Ein genaues Aktenstudium verhindert anscheinend eine sachgerechte Urteilsbildung. Sie sollten sich einmal die Begründung des Verfassungsgerichtsurteils durchlesen, welches jetzt ergangen ist. Gerade dort steht auch, daß das Ehegattensplitting eben nicht als Steuervergünstigung anzusehen ist, sondern zwangsläufiger Ausfluß der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung der Familie ist. Unabhängig von diesem Urteil waren wir aber von Anfang an gegen eine Kappung des Ehegattensplittings, die Sie aus ideologischen Motiven heraus betreiben oder um Mittel zu bekommen, um die Haus-



    Dr. von Wartenberg
    haltslöcher zu stopfen. Wir brauchen dieses Aufkommen des Ehegattensplittings, des Kindergeldes, der Kinderadditive im Steuerrecht, um in die Gesamtkonzeption eine Masse einbringen zu können, die es ermöglichen soll, in naher Zukunft ein Familiensplitting, einen gerechten Familienlastenausgleich zu konstruieren.
    Ich komme auf den vorletzten Punkt zu sprechen. Sie haben die Investitionsanleihe kritisiert und Ihren Vorschlag auf Erhebung einer Ergänzungsabgabe, der heute in den Zeitungen steht, dagegengestellt. Betrachten wir es einmal ganz nüchtern: Worum geht es denn eigentlich bei dieser Geschichte? Die Frage ist doch: Wie kann eine Anleihe oder eine Abgabe gestaltet werden, die erstens nicht zu einer dauerhaften direkten Quotenerhöhung bei der Abgabenbelastung führt?
    Das zweite ist: Wie kann ich eine Anleihe oder Abgabe konstruieren, die nicht denjenigen trifft, den ich zu Investitionen verführen will?
    Das dritte: Wie kann ich die wenigen Mittel, die 2 bis 3 Milliarden DM, die hereinkommen, so konzentriert einsetzen, daß sie auch einen hohen volkswirtschaftlichen Beschäftigungseffekt haben?
    Hierzu meinen wir unter Hinzuziehung des Sachverständigengutachtens der fünf Weisen, daß die Konstruktion der Anleihe so oder so — wir gehen ja fast von den gleichen Sätzen aus — im Vergleich zu Ihrem Vorschlag die bessere Alternative ist. Sie machen einen Fehler: Unabhängig davon, daß diese Ergänzungsabgabe eine dauerhafte Belastung ist und damit die Abgabenbelastung direkt dauerhaft erhöht, besteht bei der von Ihnen vorgeschlagenen Ergänzungsabgabe nur die Umgehungsmöglichkeit, in dem ich den 50fachen Betrag dessen, was an Abgabe gezahlt wird, investiere. Bei der Anleihekonstruktion der Koalition ist es nur der fünffache Betrag. Nun frage ich Sie: Wollen Sie nur die Investitionen begünstigen, die in der Großindustrie getätigt werden, oder wollen Sie nicht auch, wie wir das vorhaben, die Investitionen, die im gewerblichen Mittelstand getätigt werden müssen, anreizen?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich fasse zusammen, meine Damen und Herren. Ich glaube, daß die neue Koalition im Bereich der Steuerpolitik einen verhältnismäßig guten Start hatte. Natürlich haben wir jetzt im Ausschuß Schwierigkeiten — wie alle zur Zeit am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten —, weil der Zeitdruck enorm ist. Wenn es nach uns geht, soll sich das auch nicht wiederholen, aber wir wollen in diesem Jahr bestimmte Maßnahmen durchsetzen; wir müssen sie auch durchsetzen. Wenn ich daran denke, daß es praktisch die erste Amtshandlung der neuen Ausschußzusammensetzung war, das Bescheinigungsverfahren bei der Pauschalierung der Teilzeitbeschäftigung abzuschaffen, also eine erhebliche Verbürokratisierung zu beseitigen, dann ist das doch ein entschiedener Schritt voran zu einer Entbürokratisierung.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Sehr gut! Das war eine vernünftige Entscheidung!)

    Wenn wir am Freitag einen Entwurf betreffend die Grunderwerbsteuer so verabschieden, wie es von seiten des Bundesrates vorgeschlagen wurde, dann wird es auch hier eine erhebliche Vereinfachung der Organisation und damit weniger Bürokratie geben.
    Aber ich glaube auch, meine Damen und Herren, daß wir in den steuerpolitischen Vorschlägen der Bundesregierung einige langfristig angelegte neue Orientierungspunkte erkennen können.
    Erstens: Die Steuerquote wird nicht erhöht. Es wird nur die Struktur des Aufkommens verändert. Die Belastung mit direkten Steuern sinkt zugunsten der Anhebung der indirekten Steuern. Dies wird von Fachleuten seit langem gefordert.
    Zweitens: Der gewerbliche Mittelstand wird steuerlich entlastet. Der Abbau der Gewerbesteuer vermindert die Belastung durch ertragsunabhängige Steuern.
    Drittens: Dem gewerblichen Mittelstand wird durch die Insolvenzhilfe Hilfe zur Selbsthilfe gewährleistet, denn kranke Betriebe müssen nicht unbedingt ihre Arbeit einstellen oder vom Staat übernommen werden, sondern können — durch die neue Insolvenzrücklage erleichtert — von der privaten Wirtschaft quasi aufgefangen werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Viertens: Das selbstgenutzte Wohneigentum wird durch einen vorübergehenden Schuldzinsenabzug gestärkt. Dies ist eine im internationalen Vergleich längst notwendige Maßnahme. Mit diesem vorübergehenden begrenzten Schuldzinsenabzug bekennen wir auch bereits, daß wir natürlich in der nächsten Legislaturperiode das gesamte Gebiet der steuerlichen Förderung des Wohnungsbaues neu überdenken müssen.
    Fünftens: Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit wird — zwar nur im geringen Maße — belebt. Die Wiedereinführung wenn auch bescheidener Kinderfreibeträge bei Beibehaltung des Kindergeldes — dies in Abhängigkeit von der Höhe des Einkommens — lassen immerhin einen Kinderlastenausgleich erkennen, der kein Tor für ein zukünftiges Familiensplitting verschließt.
    Sechstens und letztens: Die Investitionshilfe der Leistungsfähigeren unter den Steuerzahlern zur Finanzierung des Wohnungsbausofortprogramms schafft neue Nachfrage und schafft Arbeitsplätze.
    Insoweit glaube ich schon, wenn man den steuerpolitischen Teil in Ruhe und nüchtern betrachtet, daß hier Perspektiven vorhanden sind. Der Steuerzahler findet zwar noch kein völlig neues Konzept. Woher soll das auch kommen? Sie sollten aber erkennen, daß die Neuorientierung eingeleitet wird, eingeleitet ist, d. h. keine Erhöhung der Steuerquote, Entlastung der privaten Investoren, Hilfe zur Selbsthilfe, Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Ich meine, die Bundesregierung soll auf diesem Gebiet in dieser Richtung weiterarbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)