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ID0912611500

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    Plenarprotokoll 9/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Inhalt: Bestimmung neuer Mitglieder und Stellvertreter im Gemeinsamen Ausschuß . . 7643A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoppe 7657 D Begrüßung einer Delegation der Knesset des Staates Israel 7657 D Aktuelle Stunde betr. Kohlevorrangpolitik 7654 D Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . . 7643 C Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 7644 D Beckmann FDP 7646 A Dr. Jens SPD 7647 B Lampersbach CDU/CSU 7648 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7649 B Reuschenbach SPD 7651 B Prangenberg CDU/CSU 7652 B Berschkeit SPD 7653 A Gattermann FDP 7654 A Dr. Lammert CDU/CSU 7655 A Fischer (Homburg) SPD 7656 A Müller (Wadern) CDU/CSU 7656 C Vizepräsident Frau Renger 7647 A Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7658 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Walther SPD 7669 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7676 C Paterna SPD 7677 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 7679 C Dr. Ehmke SPD 7680 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7680 D Gärtner FDP 7686 B Wieczorek (Duisburg) SPD 7690 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 7695A Dr. Zumpfort FDP 7699 B Gobrecht SPD 7702 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 7707 D Rentrop FDP 7711A Conradi SPD 7713C Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 7716 B Gattermann FDP 7719A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7720 D Kühbacher SPD 7725 C Broll CDU/CSU 7729 A Kleinert FDP 7731 B Frau Traupe SPD 7733 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7736 A Vizepräsident Dr. h. c. Leber 7680 C Nächste Sitzung 7739 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7741* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7741* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 7643 126. Sitzung Bonn, den 10. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) * 11. 11. Frau Fromm 10. 11. Dr. Geßner * 10. 11. Haar 12. 11. Hofmann (Kronach) 10. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Kittelmann ** 10. 11. Lemmrich ** 10. 11. Dr. Marx 10. 11. Möllemann 10. 11. Dr. Müller * 10. 11. Müller (Bayreuth) 10. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 10. 11. Frau Pack * 11. 11. Picard 12. 11. Reddemann * 10. 11. Schartz (Trier) 10. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Dr. Vohrer * 10. 11. Dr. Wendig 10. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung Gesetz zu dem Abkommen vom 24. November 1981 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen In seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates ist als Drucksache 9/2071 verteilt. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 4. November 1982 mitgeteilt, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland - Drucksache 9/746 - von der Bundesregierung zurückgezogen wird. Die in Drucksache 9/2063 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Gewährung finanzieller Anreize zugunsten bestimmter Investitionen im Bereich der rationellen Energienutzung wird als Drucksache 9/2087 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 28. Oktober 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 9/1686 Nr. 14) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Sozialisationsprobleme der arbeitenden Jugend in der Bundesrepublik Deutschland - Konsequenzen für Jugendhilfe und Jugendpolitik - (Vierter Jugendbericht) (Drucksachen 8/2110, 9/253 Nr. 19) Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe - Fünfter Jugendbericht - sowie die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht (Drucksachen 8/3684, 8/3685, 9/406)
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    Rede von Manfred Carstens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, ich möchte jetzt vortragen. Lieber Kollege Löffler, es tut mir leid. Ich habe nur noch zehn Minuten Zeit.

    (Hoffmann [Saarbrücken] [SPD]: Vortragender Legationsrat Erster Klasse!)

    Wenn uns nun der Vorwurf gemacht wird, daß es durch den Haushalt 1983 zu einem Nachfrageausfall käme, und von „Kaputt-Sparen" gesprochen wird, möchte ich Ihnen hierauf mit einem Beispiel antworten, welches den Haushalt 1982 betrifft; das scheint mit ein gutes Gegenargument zu sein. Der Haushalt 1982 wird mit einem Zuwachs gegenüber 1981 in Höhe von 5,9% abgeschlossen werden. Dieser Haushalt wird mit etwa 40 Milliarden DM Schulden finanziert werden. Von Nachfrageausfall und Kaputt-Sparen kann da überhaupt nicht die Rede sein.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Aber genau in diesem Jahr, mit diesem Haushalt steigt die Jahresdurchschnittsarbeitslosenzahl um über 500 000 an. Da müssen doch Sie in der SPD merken, daß Sie den falschen Weg eingeschlagen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich weiß gar nicht, woher Sie die Kraft nehmen, diese Töne hier in den Bundestag zu bringen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist Unverfrorenheit!)

    Oder Sie haben von „Umverteilung von unten nach oben" gesprochen: Meine Damen und Herren, in Deutschland ist nie mehr umverteilt worden als in den letzten vier, fünf, sechs Jahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Siehe Zinsen!)




    Carstens (Emstek)

    Durch die hohen Zinsen, die der kleine Mann für sein Häuschen aufbringen mußte und die der, der Geld hatte, kassiert hat, ist es zu Umverteilung von unten nach oben gekommen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Stranguliert haben die die kleinen Leute! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Die Kupon-Schneider haben sie bedient!)

    Oder Sie sagten: Steuergeschenke an die Unternehmer. Mit der Reduzierung der Gewerbesteuer lockern wir den Würgegriff für viele mittelständische Betriebe. Wenn jährlich 15 000 Unternehmungen Bankrott machen und dabei über 300 000 Arbeitsplätze auf Dauer verlorengehen, können Sie doch nicht von „Steuergeschenken an Unternehmungen" sprechen. Es muß in unserem Lande endlich die Zeit wieder einkehren, in der nicht Klassenkampfparolen verkauft werden, sondern von Partnerschaft gesprochen wird. Wir müssen endlich wieder deutlich machen, daß es den Unternehmungen gutgehen muß, wenn es den Arbeitnehmern gutgehen soll,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    daß die Unternehmen Geld verdienen müssen, daß sei eine starke Nachfrage nach Arbeitskräften entwickeln müssen, wenn der Arbeitnehmer stark sein, einen gerechten Lohn bekommen und keine Angst davor haben soll, arbeitslos zu werden.
    Meine Damen und Herren, ich will auf Ihre Vorwürfe nicht weiter eingehen, sondern lieber für unser Programm der Vernunft in der Bevölkerung werben, damit man erkennt, daß dies der richtige Weg ist, und bereit ist, diesen Weg mitzugehen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen Neubeginn ist, daß Bürger, Wirtschaft, Investoren, Finanzmärkte und das Ausland wieder Vertrauen in eine stetige und berechenbare Finanzpolitik des Staates fassen, ein Vertrauen, das die alte Regierung verspielt hatte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber gründlich!)

    Vertrauen des einen setzt Glaubwürdigkeit des anderen voraus. Und Glaubwürdigkeit haben die Etatentwürfe dieser Regierung verdient. Sie beschönigen nichts, und die Bevölkerung weiß, wenn vom 6. März die Rede ist, daß mit dieser Politik nach dem 6. März weitergemacht wird. Das ist keine Eintagsfliege,

    (Lachen bei der SPD)

    sondern das ist der finanzpolitische Kurs, über den wir der Bevölkerung zwar das eine oder andere zumuten müssen, von dem wir aber glauben, daß er letztlich dazu führt, daß wir schon in einigen Jahren so weit sind, daß wir echte Fortschritte erleben, daß der Nachweis erbracht ist, daß die Arbeitslosigkeit damit abzubauen ist, daß wir Erfolg haben.
    Warten Sie die Entscheidung am 6. März ab! Sie werden sich wundern! Sie haben abgewirtschaftet. Ihnen traut man nichts zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sind die Hoffnung unseres Volkes,

    (Lachen bei der SPD)

    und wir werden diese Hoffnung nicht enttäuschen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bindig [SPD]: Warum haben Sie dann Angst vor Wahlen?)

    Die überwältigende Mehrheit unserer Bürger sieht die Notwendigkeit dieses Kurses ein. Deswegen sollten wir es nicht zulassen, daß nun die Rattenfänger im Lande unterwegs sind, um mit diesen Floskeln, die ich eben widerlegt habe, für sich zu werben und von dem Weg abzulenken, den wir für richtig halten.
    Meine Damen und Herren, es wird nun gesagt, wir würden mehr Verschuldung bewirken, als die alte Regierung vorgesehen hatte. Dazu kann ich nur dies sagen: Wenn wir von den Eckwerten ausgegangen wären, die die bisherige — schlechte — Regierung angesetzt hatte, wären wir heute bei der Neuverschuldung unterhalb von 23 Milliarden DM angelangt. Auf der anderen Seite ist aber zu sagen: Wenn jetzt schon Neuwahlen angesetzt worden wären, wir also den Haushalt und die Begleitgesetze nicht hätten verabschieden können, wäre es zu einer Neuverschuldung von über 55 Milliarden DM gekommen. Damit wäre wieder ein ganzes Jahr verloren gewesen. Ich halte es schon für richtig, daß wir den Bürgern vor der Wahl sagen, was wir ihnen zumuten wollen, daß wir ihnen aber auch die Hoffnung geben, daß es dadurch besser wird, daß wir in eine bessere Zukunft hineingehen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: So ist es richtig!)

    Um so mehr widerlegt natürlich eine Neuverschuldung von etwa 40 Milliarden DM, wie wir sie jetzt vornehmen müssen, den törichten Vorwurf vom Kaputt-Sparen, auf den ich eben schon eingegangen bin.
    Bezüglich Art. 115 des Grundgesetzes machen Sie sich bitte keine Sorgen. Wir werden dafür sorgen, daß die Vorschriften von Art. 115 des Grundgesetzes so schnell wie irgend möglich wieder eingehalten werden. Wir haben in diesem Jahr einen Schnitt von 5,6 Milliarden DM gemacht. Wenn wir bei der nächsten Haushaltsentscheidung ähnliche Maßstäbe anlegen wie dieses Mal, wird es uns gelingen, schon beim nächsten Mal die in Art. 115 festgelegte Grenze zu unterschreiten. Darauf können wir jetzt noch nicht stolz sein. Das tragen wir auch nicht mit einem Schild vor uns her. Wenn Sie uns aber darauf ansprechen, bin ich gerne bereit, Ihnen diesbezüglich Auskunft zu geben. Wir werden auch die Verfassungsklage durchziehen. Wir wußten ja, daß wir gegebenenfalls in der Zwischenzeit vor der Entscheidung in Karlsruhe die Regierung würden übernehmen können; wir konnten es zumindest nicht ausschließen. Wir haben keine Angst vor den Vorschriften der Verfassung. Wir beugen uns gerne der Verfassung. Wir werden dafür sorgen, daß die Vorschriften des Art. 115 des Grundgesetzes möglichst schnell wieder eingehalten werden. Das ist unsere Finanzpolitik, die sich nicht zu verstecken braucht.



    Carstens (Emstek)

    Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend noch auf die eigentlichen Grundsätze und die Bedeutung der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu sprechen kommen. Ich möchte zum Ausdruck bringen, daß fehlende Nachfrage und fehlender Verbrauch in der Vergangenheit nicht zu verzeichnen waren. Weitaus stärker als das Sozialprodukt stieg in all den Jahren der private und der staatliche Verbrauch. Man muß aber wissen: Wer die Gegenwart verbraucht, verliert die Zukunft.

    (Zuruf von der SPD: Das ist ein guter Satz!)

    Der gemeinsame Kampf aller gesellschaftlichen Gruppen muß der Arbeitslosigkeit und der Rückführung des Staatskredites gelten, mit dessen Hilfe ein Kostenniveau subventioniert wird, zu dem die erzeugten Güter nicht mehr abgesetzt werden können. Hier in den verzerrten Strukturen liegt die Ursache der Arbeitslosigkeit.
    Meine Damen und Herren, in der Regierungserklärung wurden die Weichen gestellt: weg von mehr Staat, hin zu mehr Markt, weg von kollektiven Lasten, hin zu persönlichen Leistungen, weg von verkrusteten Strukturen, hin zu mehr Beweglichkeit, mehr Eigeninitiative und verstärkter Wettbewerbsfähigkeit. Diese Leitsätze haben über den 6. März hinaus ihre Gültigkeit.
    Meine Damen und Herren, ich möchte damit schließen, daß ich noch einmal sage: Unser besonderer Dank gebührt an dieser Stelle dem Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Was er in den letzten Wochen geleistet hat, hat über die Parteigrenzen hinweg bereits Anerkennung gefunden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Seine persönliche Umsicht und Klugheit, seine Besonnenheit und sein Augenmaß stehen für den eingeschlagenen mittleren Weg in der Finanz- und Haushaltspolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ihm gilt unsere volle Unterstützung in den nächsten Wochen. Wir — d. h. diejenigen, die im Haushaltsausschuß arbeiten und dort in den nächsten Wochen von frühmorgens bis spätabends Dienst tun — werden dafür sorgen, daß diese Haushaltspakete noch rechtzeitig vor Weihnachten verabschiedet werden können. — Schönen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Zumpfort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolf-Dieter Zumpfort


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht erst seit kurzem, aber besonders seit dem Regierungswechsel schaut die Öffentlichkeit auf das deutsche Parlament auf die Regierung, um zu erfahren, wie beide das Problem der Haushaltssanierung lösen, und vor allen Dingen, um zu sehen, wie glaubwürdig diese Aufgabe auch angepackt wird.

    (Bindig [SPD]: Sie sollten das Wort „glaubwürdig" nicht in den Mund nehmen!)

    Ich glaube, diese Glaubwürdigkeit hat in der Vergangenheit gelitten. Der Stil der Auseinandersetzung im Parlament bei den Haushaltsdebatten — heute, aber auch in der Vergangenheit —, die Art und Weise, wie Defizite — z. B. bei Tornado — verspätet errechnet wurden, dauernde Nachbesserungen an Regierungsentwürfen, verabschiedeten Haushalten mit der Konsequenz höherer Verschuldung — das ließ den Bürger zweifeln, ob die beschlossenen Maßnahmen wirklich nachhaltige Besserung brächten.
    Meine persönliche Glaubwürdigkeit besteht darin, daß ich nun unter einer neuen Regierung nichts anderes sage, fordere oder entscheide als vorher,

    (Bindig [SPD]: Sie haben doch Ihre Meinung öfter als Ihr Hemd gewechselt!)

    schon aus Respekt vor der guten Zusammenarbeit mit den Kollegen der SPD, aber auch aus Gründen der Berechenbarkeit für die Kollegen der CDU, damit eine faire und gute Zusammenarbeit entstehen kann, und schließlich auch ganz besonders deswegen, um den eigenen Parteifreunden beweisen zu können, daß die FDP der Sache und dem Programm treu geblieben ist.

    (Hoffmann [Saarbrücken] [SPD]: Das ist das Rufen im Walde!)

    Zur Glaubwürdigkeit meiner Partei auch noch ein paar Worte. Wir bekennen uns dazu, vor der Aufgabe, den Haushalt 1983 noch einzubringen, nicht gekniffen zu haben, und wir bekennen uns auch dazu, daß wir uns nach der Lösung dieser Aufgabe dem Wähler stellen. Wir erfüllen damit einen verfassungsmäßigen Auftrag, nämlich den Auftrag, Schaden vom deutschen Volke fernzuhalten, der entstanden wäre, wenn es sofort zu Neuwahlen gekommen wäre. Ich frage Sie: Ist es nicht so, daß im Falle sofortiger Neuwahlen der Haushalt 1983 — berücksichtigt man den zeitlichen Abstand zwischen Wahlkampf, Regierungsbildung und Erstellung eines Regierungsentwurfs — erst Mitte des Jahres 1983 hätte verabschiedet werden können? Hätten bis dahin notwendige Entscheidungen nicht aufgeschoben werden müssen? — Wir wollten uns nicht aus der Verantwortung stehlen, einer neuen Regierung nach dem 6. März einen geordneten Haushalt vorzulegen. Wenn es einen Verfassungsauftrag gibt, dann den, daß das demokratische Prinzip der Machtausübung auf Zeit nicht dadurch gefährdet werden soll, daß das alte Parlament seinem Nachfolger unabdingbare Schulden hinterläßt, die den Spielraum des neuen Parlaments einschränken.
    Wir Liberalen bekennen uns aber auch dazu, für die Entwicklungen der Vergangenheit mitverantwortlich zu sein. Glaubwürdigkeit in diesem Punkt heißt dann — der Wähler erkennt das —, Fehler einzugestehen

    (Zustimmung bei der FDP)




    Dr. Zumpfort
    und — in einem zweiten Schritt — aus eigener Kraft den Kurs zu verändern und die Korrektur auch wirklich durchzuführen. Dies tun wir, indem wir in der neuen Regierung mitarbeiten und indem wir mit der neuen Regierung heute den Zweiten Nachtragshaushalt 1982 und den Ergänzungshaushalt zum Haushalt 1983 vorlegen.
    Nun ein Wort zur Glaubwürdigkeit dieser Regierung. Die Glaubwürdigkeit der neuen Bundesregierung besteht darin, sich die Grundsätze der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit ohne Ausnahme zur Grundlage ihres Handelns zu machen. Dazu gehören Mut und Entscheidungskraft. Wie diese Grundsätze gelitten haben,

    (Zuruf von der SPD: Das sieht man an der FDP)

    weil Mut und Entscheidungskraft fehlten, zeigt der Haushalt 1983. Gegenüber dem alten Entwurf verändern sich die Ausgabenansätze nur um 3 Milliarden DM von 250 auf 253 Milliarden DM. Dieser Teil hat also im wesentlichen Bestand. Auf der Einnahmeseite hat sich jedoch bei der Überarbeitung durch die neue Koalition ein Finanzierungsdefizit von über 18 Milliarden DM aufgetan. Wir wissen, worauf dieses Defizit im wesentlichen zurückzuführen ist, nämlich zum einen auf die Veränderung der Annahmen über das Wachstum der deutschen Wirtschaft von 3 % realem Wachstum auf 0 % mit dem Ergebnis von Steuermindereinnahmen von 10 Milliarden DM, und auf die Veränderung der Annahmen über die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosen im Jahre 1983 von 1,8 Millionen auf 2,35 Millionen mit entsprechendem Mehrbedarf an Finanzmitteln für die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg von über 8 Milliarden DM.
    Wir wissen, um diesen Vorwurf direkt vorwegzunehmen, daß die jeweils zugrunde gelegten Daten aus dem Wirtschaftsministerium kommen. Wir wissen aber auch, meine Damen und Herren, daß es in der Verantwortung der Gesamtregierung liegt, optimistische Obergrenzen für die Eckdaten zu wählen, wie es die alte Regierung getan hat und wie ich es stets kritisiert habe, oder pessimistische Untergrenzen, wie die neue Regierung das praktiziert und wie ich es begrüße. Wir wissen auch, warum die optimistischen Obergrenzen gewählt worden waren. Hätte man die Daten niedriger, sprich: pessimistischer angesetzt, wären der Konsolidierungsbedarf und der Sparzwang größer geworden, und es fehlte zuletzt die Kraft, dem zu entsprechen.
    Die neue Regierung aus den Liberalen und den Unionsparteien hat den Mut, durch unpopuläre Maßnahmen von dem eben aufgezeigten neuen Defizit von 18 Milliarden DM durch weitere Einsparungen 5,6 Milliarden DM zu decken und den Rest über Kreditaufnahme zu finanzieren. Die Kredithöhe von 41,5 Milliarden DM schmeckt mir auch nicht, wie ich deutlich sagen muß, jedoch zeigt sie folgendes: daß die neue Regierung die politische Herausforderung angenommen hat, dem Bürger direkt das hohe Ausmaß der leider notwendigen weiteren Verschuldung vor Augen zu führen, anstatt, wie 1981 und 1982 geschehen, über die nachträgliche Korrektur von Ansätzen des Regierungsentwurfs bis zu dessen Verabschiedung im Parlament oder durch Nachtragshaushalte das Ausmaß der Verschuldung im verabschiedeten Haushalt langsam hervortreten zu lassen.
    Meine Damen und Herren, ein letzter Beitrag zur Glaubwürdigkeit, diesmal betrifft er die alte Regierung. Bei der letzten gemeinsamen Klausurtagung der Arbeitsgruppen Haushalt der Koalitionsfraktionen SPD und FDP in Wallerfangen im September habe ich den damaligen Forschungsminister von Bülow ausdrücklich gefragt, ob denn die Haushaltsansätze für das laufende Jahr bei der Finanzierung der fortgeschrittenen Reaktorlinien Schneller Brüter und Hochtemperaturreaktor korrekt etatisiert seien, im Klartext, ob die Ansätze, wie wir unter uns Haushältern sagen, ehrlich seien. Herr von Bülow hat mir damals geantwortet, daß lediglich für die kommenden Jahre ein Mehrbedarf bestehe, für das laufende Jahr die Finanzierung gesichert sei. Nun haben wir nach der Regierungsneubildung erfahren müssen, daß diese Aussage nicht richtig war. Die im Haushalt 1982 bereitgestellten Mittel waren längst aufgebraucht, weil aber neues Geld dringend benötigt wurde, um Löhne und Gehälter auf den Baustellen zu zahlen, hat man sich mit einem Finanzierungstrick über die Runden geschummelt. Man hat den Baufirmen und Lieferanten Bewilligungsbescheide zugesagt, die ein Zahlungsversprechen erst für zukünftige Jahre enthielten, und ihnen angedeutet, daß man sich mit diesen Bescheiden bis zum Zeitpunkt des Geldeingangs Geld leihen könne. Einmal abgesehen von dem haushaltsrechtlich mehr als fragwürdigen Verfahren, mit Bewilligungsbescheiden Finanzprobleme in die nächsten Jahre zu strecken, ist der durch die Beleihung verursachte Zinsendienst mitzurechnen, der das Bauvorhaben weiter verteuert. Wir sind deshalb im zweiten Nachtragshaushalt daran gegangen, diesen Vorgang zu bereinigen, und zwar dadurch, daß wir die zusätzlich erforderlichen Geldmittel in einer Größenordnung von 600 Millionen DM - so, wie es sich für einen ordentlichen Haushalt gehört — etatisiert haben. Ich kann bei der Beurteilung dieses Vorgangs, von dem der damalige Finanzminister gewußt haben muß, nur nüchtern feststellen, daß die alte Koalition in der Endphase nicht einmal die Kraft hatte, Selbstverständlichkeiten gemeinsam zu verantworten. Die neue Regierung ist jedenfalls entschlossen, die notwendigen Beschlüsse zu treffen. Deshalb war es für uns nur selbstverständlich, daß man diesen Vorgang — wie man so schön sagt — ehrlich macht.
    Lassen Sie mich zum Thema Glaubwürdigkeit auch im Hinblick auf das Argument Verschuldung zusammenfassen. Hören Sie auf, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD, mit Schadenfreude zu behaupten, daß die neue Regierung mehr Schulden mache als die alte und insbesondere als wir früher bereit waren, der SPD zuzugestehen. Seien Sie doch einmal ehrlich und fair und geben Sie zu, daß der neue Haushalt nur das enthält, was wir alle gemeinsam verantworten müssen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Zuruf von der SPD: Die Aspekte ehrlich und Dr. Zumpfort fair würde ich nicht so oft in den Mund nehmen!)




    Nun ein Wort zur Verteilungsproblematik. Die eigentliche politische Herausforderung der Sanierungsaufgabe mit dem Ziel des Abbaus der Defizite liegt in dem unvermeidlichen Eingriff in die Einkommensverteilung. Zur Bewältigung dieser Aufgabe ist mit diesem Haushalt 1983 ein erster Schritt gemacht worden. Jedoch ist mir persönlich in diesem Haushalt die Verschuldungszunahme zu hoch und die Verteilungswirkung zu gering. Wenn die Regierung den Investoren ein verständliches Signal setzen und bei der Bevölkerung Hoffnung auf bessere Zeiten wecken will, muß mehr gemacht werden; denn hohe Verschuldung bedeutet ja auch Umverteilung — nämlich Belastung der zukünftigen Generationen, die den Zinsdienst und die Tilgung der Schulden einmal leisten müssen.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Ich bin dafür, daß die jetzige Generation mehr zu belasten ist, weil sie es war, welche die staatlichen Transferleistungen empfangen hat.
    In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, was ich zu sozialen Fragen einen Tag vor Ende der alten Koalition gesagt habe. Sozial vertretbarer Abbau von Transferleistungen heißt nicht nur Korrektur der strukturellen Defizite in den Sozialgesetzen, sondern bedeutet auch einen ernsthaften und fühlbaren Abbau der Steuersubventionen, wie z. B. bei den Sonderabschreibungen für bestimmte Berufsgruppen. Hier verfügen wir bei 30 Milliarden DM Steuervergünstigungen im eigentlichen Sinne — nach dem Subventionsbericht 1982 — über ein weites Betätigungsfeld, und zwar bei Bevölkerungsgruppen, die in der Regel nicht zu den untersten Einkommensschichten gehören.
    Und dann, Kollege Walther, ein Wort zu der Ergänzungsabgabe. Die Ergänzungsabgabe steht ja nicht im Regierungsprogramm, sondern dort steht die Zwangsanleihe. Wenn Sie sagen, die Bevölkerungsgruppen, die davon betroffen würden, würden von überhaupt nichts betroffen, stimmt das nicht. Wenn ich einen Betrag jetzt gebe und ihn nach fünf Jahren ohne Zinsen zurückgezahlt bekomme und ich mit einem durchschnittlichen Zinssatz — wie er zur Zeit ist — von 10 % rechne, bekomme ich in fünf Jahren nur die Hälfte von dem zurück, was ich gegeben habe. Das ist auch ein Verzicht. Das sollte man bei dieser Situation nicht verschweigen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Mir kommt es darauf an, daß die Maßnahme so getroffen wird — das steht auch in dem Vorhaben —, daß derjenige, der investiert, die Zwangsanleihe nicht zu entrichten braucht. Das ist j a wohl das Eigentliche. Wir wollen ja nicht Abgaben um der Abgaben willen erheben, sondern bewirken, daß investiert wird. Das ist der eigentliche Kern dieser Maßnahme.

    (Beifall bei der CDU/CSU)