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ID0912610700

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    Plenarprotokoll 9/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Inhalt: Bestimmung neuer Mitglieder und Stellvertreter im Gemeinsamen Ausschuß . . 7643A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoppe 7657 D Begrüßung einer Delegation der Knesset des Staates Israel 7657 D Aktuelle Stunde betr. Kohlevorrangpolitik 7654 D Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . . 7643 C Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 7644 D Beckmann FDP 7646 A Dr. Jens SPD 7647 B Lampersbach CDU/CSU 7648 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7649 B Reuschenbach SPD 7651 B Prangenberg CDU/CSU 7652 B Berschkeit SPD 7653 A Gattermann FDP 7654 A Dr. Lammert CDU/CSU 7655 A Fischer (Homburg) SPD 7656 A Müller (Wadern) CDU/CSU 7656 C Vizepräsident Frau Renger 7647 A Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7658 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Walther SPD 7669 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7676 C Paterna SPD 7677 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 7679 C Dr. Ehmke SPD 7680 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7680 D Gärtner FDP 7686 B Wieczorek (Duisburg) SPD 7690 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 7695A Dr. Zumpfort FDP 7699 B Gobrecht SPD 7702 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 7707 D Rentrop FDP 7711A Conradi SPD 7713C Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 7716 B Gattermann FDP 7719A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7720 D Kühbacher SPD 7725 C Broll CDU/CSU 7729 A Kleinert FDP 7731 B Frau Traupe SPD 7733 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7736 A Vizepräsident Dr. h. c. Leber 7680 C Nächste Sitzung 7739 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7741* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7741* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 7643 126. Sitzung Bonn, den 10. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) * 11. 11. Frau Fromm 10. 11. Dr. Geßner * 10. 11. Haar 12. 11. Hofmann (Kronach) 10. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Kittelmann ** 10. 11. Lemmrich ** 10. 11. Dr. Marx 10. 11. Möllemann 10. 11. Dr. Müller * 10. 11. Müller (Bayreuth) 10. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 10. 11. Frau Pack * 11. 11. Picard 12. 11. Reddemann * 10. 11. Schartz (Trier) 10. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Dr. Vohrer * 10. 11. Dr. Wendig 10. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung Gesetz zu dem Abkommen vom 24. November 1981 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen In seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates ist als Drucksache 9/2071 verteilt. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 4. November 1982 mitgeteilt, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland - Drucksache 9/746 - von der Bundesregierung zurückgezogen wird. Die in Drucksache 9/2063 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Gewährung finanzieller Anreize zugunsten bestimmter Investitionen im Bereich der rationellen Energienutzung wird als Drucksache 9/2087 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 28. Oktober 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 9/1686 Nr. 14) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Sozialisationsprobleme der arbeitenden Jugend in der Bundesrepublik Deutschland - Konsequenzen für Jugendhilfe und Jugendpolitik - (Vierter Jugendbericht) (Drucksachen 8/2110, 9/253 Nr. 19) Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe - Fünfter Jugendbericht - sowie die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht (Drucksachen 8/3684, 8/3685, 9/406)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Wieczorek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Graf Lambsdorff, Sie wissen genau, wie hoch die Steuerquote dieser Unternehmen überhaupt ist. Der Anteil an der Steuerquote, der durch die Gewerbesteuer herbeigeführt wird, ist, bezogen auf die Gesamtbesteuerung des Unternehmens, ein äußerst geringer. Ich würde Ihnen gerne einige Beispiele dafür anführen, wieweit das durchschlägt. Auf den Stahlpreis bezogen, ist es ein Satz, der weit unter der 0,1 %-Marke liegt.

    (Westphal [SPD]: Sehr wahr!)

    Ich glaube, daß das im Sinne der Allgemeinheit liegt und durchaus verkraftbar ist.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Kollege, ich würde mich hinsichtlich der Besteuerung von Arbeitsdirektoren jetzt mit Ihnen gern auseinandersetzen.

    (Lachen und erneute Zurufe von der CDU/ CSU)

    — Ganz genau; die Löhne auch, Herr Kollege. Denn auch die Mitarbeiter der Unternehmen bezahlen von ihren Löhnen ihre Steuern, und zwar sehr ehrlich und sehr sauber, ohne daß sie die Möglichkeit haben, irgendwo eine versteckte Abschreibung vorzunehmen. —

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Na, na, nicht so laut! — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: 180 000 für einen Arbeitsdirektor! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, nach diesem Intermezzo würde ich gern wieder zum Bundeshaushalt zurückkommen und mich mit dem Gesichtspunkt beschäftigen, der hier eigentlich im Mittelpunkt stehen müßte, nämlich die Frage, wie die finanzpolitischen Anpassungsstrukturen hier dargestellt werden sollen. Wie Sie mittel- und langfristig die öffentlichen Defizite abbauen wollen, ist mir nach den bisherigen Ausführungen des Finanzministers und auch in den Diskussionsbeiträgen nicht klargeworden. Wie Sie mittel- und langfristig auch Subventionen abbauen wollen, ist mir ebenfalls nicht klargeworden. Wie Sie mittel- und langfristig — bei möglicherweise schlecht bleibender oder noch schlechter werdender Wirtschaftskonjunktur — das Problem der Dynamik der Sozialtöpfe, nämlich Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Rentenversicherung usw., lösen wollen, ist mir ebenfalls nicht klar. Ich habe heute morgen die Anmerkung dazu gehört, daß man sich dann auch noch über die Renten unterhalten sollte. Ich will das hier nur noch einmal in aller Klarheit verdeutlichen, weil gleich hinterher die Bemerkung kam, die Regierung wolle dafür sorgen, daß die Renten so blieben und sich der Rentner darauf verlassen könne. Meine Damen und Herren, den Äußerungen des Bundesfinanzministers konnte ich entnehmen, daß er der Auffassung ist, daß bei den Rentnern noch einiges getan werden müßte; wir werden darauf sehr achten.
    Wir werden auch darauf achten, Herr Bundesfinanzminister, wie Sie es mit der mittelfristigen Finanzplanung halten. Das Instrument der mittelfristigen Finanzplanung wird von Ihnen nicht gefüllt.
    Ich halte es für unseriös, wenn Sie davon ausgehen, daß in Ihrem Hause zu wenig Arbeitskapazität vorhanden ist, um dieses Problem zu lösen. Diese Probleme sind nicht von zwei oder drei Mitarbeitern zu lösen. Vielmehr haben Sie ein großes Ministerium, ein funktionierendes Haus geerbt, das in einem vernünftigen Zustand ist.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Voll gesteckt mit Sozis!)

    Sie haben die Möglichkeiten, die in diesem Hause stecken, nicht genutzt. Im übrigen glaube ich, daß Sie sie gar nicht nutzen wollten, weil Sie sich auf der Grundlage dieses Haushalts nicht trauen, dem deutschen Volk hier eine mittelfristige Finanzplanung vorzulegen, damit man sich daran orientieren kann. Ich glaube, Sie wollen sich über den 6. März hinaustaktieren, um erst dann zu sagen, was Sie wirklich wollen. Denn für mich — und wohl auch für Sie — ist immer noch das Papier des Wirtschaftsministers Graf Lambsdorff der eigentliche Handlungsrahmen für Ihre parlamentarische Arbeit. Wenn man richtig lesen kann, dann kommt es auch bei Ihnen immer wieder durch. Ich glaube, Sie betreiben eine Verschleierungspolitik. Es könnte sein, daß Sie eine mittel- und langfristige Konzeption zwar schon haben, aber uns daran nicht beteiligen wollen.
    Es könnte natürlich auch sein — vieles spricht dafür; mein Kollege Walther ist darauf eingegangen —, daß Sie hier womöglich gar keine Konzeption vorlegen können, daß die Sonthofener Strategie Sie daran gehindert hat, in Ihren Kreisen überhaupt ein Konzept zu erarbeiten. Denn die Erarbeitung eines Konzepts, meine Damen und Herren, bringt die unterschiedlichsten Interessengruppen einer Partei und einer Fraktion natürlicherweise in gegenseitigen Meinungsaustausch und damit auch in eine Form des gegenseitigen Schlagabtausches. Ein solcher Schlagabtausch bleibt sicherlich nicht ungehört. Wahrscheinlich, so nehme ich an, wollten Sie verhindern, daß in der Öffentlichkeit überhaupt darüber geredet wurde, daß Sie eventuell an der einen oder anderen Stelle keine Einigkeit erzielt hätten. Sie haben ja lange genug in dem Zwiespalt zwischen der CDU und der CSU gelebt, so daß Sie, Herr Dr. Kohl, sicherlich eine Phase der absoluten Ruhe, der Friedhofsruhe, brauchten, um nach draußen ein geschlossenes, einheitliches Bild herbeizuführen. Aber jetzt, nachdem die Regierung von Ihnen gebildet worden ist und Ihre Mitstreiter alle über die Möglichkeit verfügen, ihr eigenes Image aufzupolieren, kann man auf einmal sehr deutlich erkennen, wie wenig geschlossen die CDU und die CSU in ihrer Meinungsbildung sind.
    Ich könnte Ihnen einige Beispiele nennen. Ich will mich auf zwei oder drei beschränken. Ganz besonders interessant war für mich natürlich der Beitrag der Berliner Schulsenatorin, Frau Dr. Hanna Laurien. Sie warnt nämlich vor einem Kahlschlag in der BAföG-Förderung. Sie schrieb an die Bundesbildungsministerin und an den Bundesfinanzminister — ich zitiere wörtlich —, es dürfe nicht dazu kommen, daß nur Kindern reicher Eltern der Weg zum Abitur bliebe und Kindern armer



    Wieczorek (Duisburg)

    Leute nur der Weg in die Berufsausbildung gewiesen werde. Wie wahr, wie wahr, gnädige Frau! Herr Dr. Geißler sagte in einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung" zu den Leistungskürzungen — ich zitiere —, insbesondere die vorgesehenen Kürzungen des Sozialhilferegelsatzes auf 2% habe er — Geißler — nolens volens nur geschluckt, weil er an der entsprechenden Koalitionsvereinbarung als nachträglich ernannter Minister nichts hätte ändern können.
    Nicht nur Kritik wird frisch und frei durch den Medienwald geblasen, auch die Konzeptionslosigkeit führt dazu, daß jeder der Regierungsmitglieder sein eigenes Programm und sein eigenes Konzept entwickelt. Herr Dr. Kohl möchte eine Hausfrauenrente, Herr Dr. Geißler möchte das Mutterschaftsgeld zu einem Erziehungsgeld umwandeln usw.

    (Zuruf von der SPD: Steuersenkung!)

    Bei der Gelegenheit fällt mir gerade ein, Herr Bundeskanzler, weil Sie mir so gegenübersitzen: Ihr vehementer Ausflug zur Ehrenrettung Ihres Kollegen Schwarz-Schilling veranlaßt mich zu fragen, ob Sie die Fragen zu Herrn Geißler nur vergessen haben oder ob Sie mit dem Verschweigen betonen wollten,

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das war so dümmlich, da war nichts zu sagen!)

    daß Sie es unterstützen. Aber das sollte nur ein kleiner Sidestep sein, weil es mir gerade so in den Kopf kam.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Darauf braucht man nichts zu sagen!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal ganz klar betonen, daß Sie den Bürger doch wohl im unklaren lassen wollen, mit welchen empfindlichen Einbußen der Arbeitnehmer und Rentner noch zu rechnen hat. Da wird wohl noch einiges in Form von Abzügen auf ihn zukommen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das ist die Folge Ihrer Schulden!)

    Der Bundeskanzler gibt dies bisweilen zu, wenn auch nur verdeckt. Ein Beispiel: Der Bundeskanzler gibt auf einem Abendessen mit führenden Repräsentanten der deutschen Wirtschaft im Bundeskanzleramt bekannt — wahrscheinlich zwischen Dessert und Mokka —: Nach dem 6. März gibt es weitere Schritte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Belebung der Wirtschaft.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Haben Sie denn etwas dagegen?)

    Warum eigentlich, Herr Bundeskanzler, warten Sie bis zum 6. März? Die Menschen in diesem Land haben doch Anspruch darauf, daß sofort gehandelt wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Tun wir doch! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Und warum habt ihr gar nichts getan? 13 Jahre lang!)

    Der BDI, Herr Bundeskanzler, wird wohl gerufen haben: Das ist so recht nach unserem Geschmack!

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Daß Sie sich nicht schämen! Das ist eine Schande!)

    Meine Damen und Herren, das bedeutet doch wohl unter den herrschenden weltwirtschaftlichen Bedingungen, die nach eigenem Bekunden des Finanzministers mittlerweile auch Eingang in seine Gedankenwelt gefunden haben, bei anhaltender Konjunkturflaute und somit konjunkturellen Steuermindereinnahmen und Mehrausgaben höhere Steuern und Abgaben für den Arbeitnehmer. Es zeigt weiterhin, daß die eigentlichen Wirtschafts- und Beschäftigungsprobleme immer noch nicht verstanden sind. Mit Beschäftigungsprogrammen haben wir in den letzten Jahren immerhin erreicht, daß Hunderttausende von Menschen Arbeit behielten und Arbeit bekamen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Beschäftigungsprogramme haben keine Arbeitsplätze vernichtet. Anders verhält es sich mit den Investitionsprogrammen. Alle Investitionsprogramme, die gestartet wurden, haben im Endeffekt den Unternehmer dazu gebracht, Rationalisierungsinvestitionen vorzuziehen, weil die Wirtschaft es nicht fertiggebracht hat, diese Programme gleichzeitig in Nachfrage umzusetzen. Bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik geht es darum, zwischen den konjunkturellen und den strukturellen Einbrüchen zu trennen. Für die konjunkturellen Einbrüche ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm im Sinne eines öffentlichen Investitionsprogramms dringend geboten, um im nachhinein die Voraussetzungen zu schaffen, daß ein Investitionsprogramm aus den Unternehmen selbst heraus finanziert werden kann. Ich glaube, daß wir bei Erweiterungsinvestitionen in dieser Zeit nicht damit rechnen können, daß eine erhöhte Beschäftigung herbeigeführt wird.

    (Abg. Gerster [Mainz] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Kollege, meine Zeit ist zu Ende; ich komme zum Schlußsatz.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ihre Zeit ist schon lange vorbei!)

    Darum erübrigt sich Ihre Zwischenfrage.
    Die Zeche für alle Maßnahmen, die die Regierung jetzt einleitet, zahlt der kleine Mann durch eine höhere Mehrwertsteuer, durch Ausgabenerhöhungen in jeder Form und durch einen Abbau des sozialen Netzes.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Was hat Ihnen denn Helmut Schmidt in der Fraktion erzählt?!)

    Das wollen Sie ihm so deutlich nicht sagen. Das
    wollen Sie wohl auch den deutschen Gewerkschaften nicht zwischen Eiscreme und Mokka erläutern.
    Meine Damen und Herren von der Regierungsbank, trotz des pessimistisch ausgefallenen Versuchs, eine Antwort auf Ihre Handlungsweise zu finden, möchte ich Sie zum Abschluß nochmals eindringlich bitten: Nachdem Sie den ersten Punkt Ih-



    Wieczorek (Duisburg)

    rer Regierungskoalition, nämlich einen neuen Haushalt vorzulegen, nicht verwirklichen konnten, sollten Sie in den nächsten Tagen zumindest ein mittel- und langfristiges Konzept Ihrer Finanzpolitik vorlegen. Sonst zerstören Sie die Verwirklichung des Anspruchs auf Wahrheit und Klarheit, den der Wähler in diesem unserem Lande Ihnen gegenüber hat. — Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das müssen gerade Sie sagen! Wiedersehen!)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Carstens (Emstek).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Manfred Carstens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat heute ihr haushaltspolitisches Dringlichkeitsprogramm auf den parlamentarischen Weg gebracht. Ich möchte damit beginnen, daß ich der Bundesregierung bescheinige, in wirklich kurzer Zeit gute Arbeit geleistet zu haben, wofür wir ihr dankbar sein sollten, ganz besonders dem Bundesfinanzminister Dr. Gerhard Stoltenberg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Pflichtschuldigst!)

    Dieser Haushalt ist haushaltsrechtlich zwar ein Ergänzungshaushalt; politisch und in Wirklichkeit aber ist er ein erster Schritt einer neuen Finanz- und Haushaltspolitik, die unser Land langsam, aber sicher aus der miserablen Lage herausführen soll und, wie ich betone, herausführen wird.
    Durch diesen ersten Schritt wird deutlich gemacht, daß der zukünftige finanzpolitische Kurs in Deutschland endlich wieder als seriös, als solide und als glaubwürdig bezeichnet werden kann. Diese Vorlagen legen ehrlich und nüchtern das ganze Ausmaß der katastrophalen Lage der Staatsfinanzen offen und geben ein realistisches Bild von der wirtschaftlichen Entwicklung.
    Aber nicht nur dies; sie sind auch eine angemessene und ausgewogene erste Reaktion auf die finanziellen und wirtschaftlichen Probleme unseres Landes. Ich sage mit gewissem Stolz, daß diese Vorlagen deutlich die Handschrift der neuen Bundesregierung der christlich-liberalen Koalition unter der Kanzlerschaft von Helmut Kohl zeigen.
    Der eingeschlagene Kurs, meine Damen und Herren, ist ein mittlerer Weg des Ausgleichs, auf dem die Finanzierung der öffentlichen Haushalte und der sozialen Sicherungssysteme gewährleistet wird und erste Schritte für eine wirtschaftliche Gesundung unseres Landes eingeleitet werden. Obwohl Zeitdruck, politische Umstände und vor allem die zusätzlichen Milliardenlöcher zu raschen Entscheidungen drängten, wurde in Ruhe und Besonnenheit entschieden. So manches Stück, das in der Öffentlichkeit voreilig zerrissen wurde, findet mittlerweile breite Zustimmung. Das trifft insbesondere auch für die Bereiche Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung und Krankenversicherung zu. Hier ist ein besonders schwieriges Stück Arbeit zu leisten gewesen. Hier ist eine besonders sachbezogene Arbeit geleistet worden, wofür ich ganz besonders unserem Sozial- und Arbeitsminister Norbert Blüm Dank sagen möchte.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kühbacher [SPD]: Ach du lieber Gott!)

    Unsere Maßnahmen finden in der Bevölkerung immer mehr Verständnis.

    (Westphal [SPD]: Dreimal darf gelacht werden!)

    Die Bevölkerung weiß, daß die Wirtschaft zunächst nachhaltig gesunden muß, um dadurch die schlimme Arbeitslosigkeit zu beseitigen.

    (Kühbacher [SPD]: Die Reichen müssen reicher werden!)

    Sie ist bereit, auf unserem Wege mitzugehen. Das ist nicht leicht, und es geht auch nicht von heute auf morgen. Wir sind uns darüber im klaren, daß wir hierfür die Hilfe der gesamten Bevölkerung nötig haben, auch die Hilfe jener, die uns nicht gewählt haben. Ich betone: die Hilfe jener, die uns noch nicht gewählt haben.

    (Zuruf von der SPD: Die Mehrheit?!)

    Wir müssen die gesamte Bevölkerung bitten, unseren Weg mitzugehen. Aber dann wird dieser Weg auch erfolgreich sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bevölkerung möchte ich bitten, mitzumachen. Die SPD aber fordere ich auf, diese Entwicklung nicht lamentierend und kritisierend zu behindern, sondern sie sollte dazu beitragen, das wieder in Ordnung zu bringen, was sie durch ihre eigene Politik in Unordnung gebracht hat.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Was wir heute und in den letzten Wochen von den sozialdemokratischen Kollegen gehört haben, ist schon unverständlich und fast als unerträglich zu bezeichnen. Sie versuchen, den Eindruck zu erwekken, als hätten Sie mit der gesamten Entwicklung, der Haushaltsmisere und der Verschuldung, überhaupt nichts zu tun. Darf ich Sie freundlich darauf aufmerksam machen, daß nicht wir, sondern daß Sie die Bundesrepublik Deutschland 13 Jahre lang regiert haben?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Westphal [SPD]: Aber ihr habt den Wirtschaftsminister behalten!)

    Ihre Reden sind Ausdruck eines bemerkenswerten Verdrängungsprozesses. Sie versuchen, die Spuren Ihrer persönlichen Verantwortlichkeit wie auch der Verantwortlichkeit der Partei zu verwischen
    Aber glauben Sie nicht, Sie könnten die deutsche Bevölkerung irreführen. Alle in Deutschland wissen, daß Sie damals eine blühende Wirtschaft und solide Staatsfinanzen übernehmen konnten. Die Wörter Kurzarbeit und Arbeitslose waren in unserem Lande geradezu ein Fremdwort. Nun, nach 13 Jahren, ist unser Land verschuldet. Wir haben 2 Millionen Arbeitslose — bald werden es mehr sein —, und unsere Sozialeinrichtungen können



    Carstens (Emstek)

    nicht mehr finanziert werden — auf Grund Ihrer Politik der letzten 13 Jahre.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bund zahlt allein im Jahre 1983 28 Milliarden DM an Zinsen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    Das ist fünfmal mehr als das, was wir in unseren Haushaltspaketen an Kürzungen vorsehen und worüber Sie sich beklagen. Wenn diese Zinslast nicht vorhanden wäre, brauchten wir über dieses Kürzungspaket überhaupt gar nicht zu reden, das Sie verursacht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bindig [SPD]: Sie haben doch immer Mehrausgaben gefordert!)

    Die Folgen Ihrer Politik, meine Damen und Herren von der Opposition, haben ihren Höhepunkt leider immer noch nicht erreicht. Ich mache unsere Bevölkerung schon jetzt darauf aufmerksam, daß wir Ende dieses Monats etwa 2 Millionen Arbeitslose haben werden,

    (Zuruf von der SPD: Mindestens!)

    daß es aber im Januar/Februar 1983 mit großer Wahrscheinlichkeit 2,5 Millionen sein werden. Hinzu kommen 1 Million Kurzarbeiter, so daß wir um diese Zeit in der Bundesrepublik Deutschland — es ist kaum vorstellbar — 3,5 Millionen Arbeitslose und Kurzarbeiter haben werden. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, und wir müssen nun mit der Hilfe des Volkes diese Versäumnisse und Fehler nachholen bzw. korrigieren. Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Wir stellen uns dieser Aufgabe, wobei wir wissen, daß niemand die blühende Wirtschaft von 1969 von heute auf morgen wieder herbeizaubern kann. Aber unser Programm ist vernünftig und sachbezogen, und, wie gesagt, es wird Erfolg haben. Sicherlich nicht sofort, aber ich mache darauf aufmerksam, daß es schon jetzt erste Erfolge aufweist.

    (Zurufe von der SPD: Aha!) Die Zinssenkung der Bundesbank


    (Lachen bei der SPD)

    wäre nie und nimmer möglich gewesen, wenn sie sich nicht auf die solide Finanzpolitik der neuen Bundesregierung hätte verlassen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Löffler [SPD]: Hören Sie bloß auf!)

    Viele Familien in Deutschland, die vor fünf, sechs, sieben Jahren ein Haus gebaut haben, nicht mehr in der Zinsbindung sind, zwischenzeitlich hohe Zinsen bezahlt haben, wissen das zu schätzen, was hier bewirkt wurde.

    (Zurufe von der SPD)

    Viele einzelne Privatpersonen, viele Familien beginnen mittlerweile mit der Planung für ihr neues
    Haus, welches sie im Jahre 1983 bauen wollen. Viele
    mittelständische Unternehmer spüren, daß der Würgegriff seitens des Staates dadurch gelockert wird, daß die Zinsen heruntergehen

    (Zuruf von der SPD: Kupferkabel!)

    und daß die Steuern zumindest ansatzweise gestrichen und eingeschränkt werden. Aber Sie von der SPD schimpfen, kritisieren und meckern. Die Bevölkerung ist längst an Ihnen vorbeigelaufen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    die Bevölkerung stellt sich längst auf diese neue Entwicklung ein.

    (Kühbacher [SPD]: Dann kriegen Sie ja 70 %!)

    Ich möchte auch einmal alle Bürger im Lande bitten, sich nicht von dem Gerede irremachen zu lassen, welches jetzt durch die Medien geht.

    (Bindig [SPD]: Ihrer Fensterrede!)

    Jeder einzelne Bürger, jede einzelne Familie mag im Januar/Februar 1983 genau überprüfen, welche Solidaritätsopfer wir diesen Familien zumuten. Dann kann jeder genau erkennen, wie er betroffen ist und wie wir glauben, daß er bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen mithelfen soll.

    (Bindig [SPD]: Und die Besserverdienenden?)

    Ich habe in den letzten Tagen und Wochen genau wie Sie viele Gespräche im Lande geführt. Ich weiß, daß es z. B. bei den Beamten nicht nur Regierungsdirektoren und Ministerialräte gibt. Es gibt auch den einfachen und den mittleren Dienst. Wenn Sie mit diesen Beamten sprechen und ihnen sagen: Dürfen wir Ihnen zumuten, einmal ein oder zwei Jahre mit nur 2 % Lohnerhöhung, Gehaltserhöhung auszukommen?,

    (Kühbacher [SPD]: 100 DM weniger werden die haben!)

    dann finden Sie viel Verständnis in der großen Breite der deutschen Beamtenschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kühbacher [ SPD]: So kann nur jemand reden, der 5 000 DM im Monat hat!)

    Wenn Sie mit Rentnern in Deutschland sprechen, denen nichts genommen wird, denen nichts gekürzt wird, sondern denen für einen gewissen Zeitraum die volle Erhöhung erst nach sechs Monaten gegeben werden soll,

    (Zuruf von der SPD)

    sehen Sie, daß es zwar Bedenken gibt, weil sie auf Grund der verwirrten Lage gar nicht genau erkennen, was alles auf sie zukommt, aber daß sie bereit sind, dieses Opfer mitzutragen. Wie gesagt, die deutsche Bevölkerung ist schon viel weiter als Sie. Das werden Sie auch am 6. März bei den Bundestagswahlen feststellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben gar keine Freude an diesen Kürzungen. Wir sind doch nicht die Partei des sozialen Rückschritts. Wenn Sie sich die Historie der deut-



    Carstens (Emstek)

    schen Bundesrepublik ansehen, dann stellen Sie fest, daß unter unserer Regierung, zeitweise mit der FDP, dieses Land aufgebaut wurde. Noch vor 10, 15 Jahren waren in der ganzen Welt die Worte Leistung, Erfolg, Stabilität mit dem Wort Bundesrepublik Deutschland gleichzusetzen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Made in Germany!)

    Wir haben dieses Land aufgebaut, hier hat es sozialen Fortschritt gegeben, und Sie sind die Partei, die das in diesen 13 Jahren wieder zunichte gemacht hat.

    (Wehner [SPD]: Pfui Teufel!)

    Jetzt geht es wieder an den Aufbau dieses Landes.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)