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    Plenarprotokoll 9/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Inhalt: Bestimmung neuer Mitglieder und Stellvertreter im Gemeinsamen Ausschuß . . 7643A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoppe 7657 D Begrüßung einer Delegation der Knesset des Staates Israel 7657 D Aktuelle Stunde betr. Kohlevorrangpolitik 7654 D Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . . 7643 C Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 7644 D Beckmann FDP 7646 A Dr. Jens SPD 7647 B Lampersbach CDU/CSU 7648 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7649 B Reuschenbach SPD 7651 B Prangenberg CDU/CSU 7652 B Berschkeit SPD 7653 A Gattermann FDP 7654 A Dr. Lammert CDU/CSU 7655 A Fischer (Homburg) SPD 7656 A Müller (Wadern) CDU/CSU 7656 C Vizepräsident Frau Renger 7647 A Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7658 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Walther SPD 7669 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7676 C Paterna SPD 7677 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 7679 C Dr. Ehmke SPD 7680 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7680 D Gärtner FDP 7686 B Wieczorek (Duisburg) SPD 7690 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 7695A Dr. Zumpfort FDP 7699 B Gobrecht SPD 7702 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 7707 D Rentrop FDP 7711A Conradi SPD 7713C Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 7716 B Gattermann FDP 7719A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7720 D Kühbacher SPD 7725 C Broll CDU/CSU 7729 A Kleinert FDP 7731 B Frau Traupe SPD 7733 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7736 A Vizepräsident Dr. h. c. Leber 7680 C Nächste Sitzung 7739 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7741* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7741* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. November 1982 7643 126. Sitzung Bonn, den 10. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) * 11. 11. Frau Fromm 10. 11. Dr. Geßner * 10. 11. Haar 12. 11. Hofmann (Kronach) 10. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Kittelmann ** 10. 11. Lemmrich ** 10. 11. Dr. Marx 10. 11. Möllemann 10. 11. Dr. Müller * 10. 11. Müller (Bayreuth) 10. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 10. 11. Frau Pack * 11. 11. Picard 12. 11. Reddemann * 10. 11. Schartz (Trier) 10. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Dr. Vohrer * 10. 11. Dr. Wendig 10. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung Gesetz zu dem Abkommen vom 24. November 1981 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen In seiner Sitzung am 29. Oktober 1982 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates ist als Drucksache 9/2071 verteilt. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 4. November 1982 mitgeteilt, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland - Drucksache 9/746 - von der Bundesregierung zurückgezogen wird. Die in Drucksache 9/2063 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Gewährung finanzieller Anreize zugunsten bestimmter Investitionen im Bereich der rationellen Energienutzung wird als Drucksache 9/2087 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 28. Oktober 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 9/1686 Nr. 14) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Sozialisationsprobleme der arbeitenden Jugend in der Bundesrepublik Deutschland - Konsequenzen für Jugendhilfe und Jugendpolitik - (Vierter Jugendbericht) (Drucksachen 8/2110, 9/253 Nr. 19) Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe - Fünfter Jugendbericht - sowie die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht (Drucksachen 8/3684, 8/3685, 9/406)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Annemarie Renger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Damit ist die Aktuelle Stunde beendet. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten können jetzt nicht mehr zugelassen werden.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Der Herr Minister Haak hatte sich noch zur Aussprache gemeldet; da aber die Aktuelle Stunde zu Ende ist, erlaubt es die Geschäftsordnung nicht, daß ich jetzt eine neue Debatte einleite. Deswegen bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Aktuelle Stunde zu Ende ist.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Welche Fügung des Himmels!)

    Ich unterbreche die Sitzung bis 11 Uhr. Wir fahren dann fort mit der Einbringung des Haushalts.

    (Unterbrechung von 10.13 bis 11.00 Uhr)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich dem Herrn Abgeordneten Hoppe zu seinem 60. Geburtstag meine herzlichsten Glückwünsche und die Glückwünsche des Hauses aussprechen.

(Beifall)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne haben der Präsident der Knes-



Präsident Stücklen
set des Staates Israel, Herr Menachem Savidor, und Mitglieder der Knesset Platz genommen.

(Beifall)

Ich habe die Ehre, Sie im Deutschen Bundestag im Namen des ganzen Hauses sehr herzlich zu begrüßen. Ihr Besuch gibt uns Gelegenheit, die bestehenden engen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Staat Israel und der Bundesrepublik Deutschland, zwischen der Knesset und dem Deutschen Bundestag weiter zu festigen und zu vertiefen. Ich wünsche Ihnen einen guten Verlauf dieser Gespräche im Deutschen Bundestag und mit der Bundesregierung und damit einen erfolgreichen und angenehmen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall)

Wir treten in die Tagesordnung ein.
Ich rufe die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung auf:
Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920)

— Drucksache 9/2050 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982)

— Drucksache 9/2049 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß
Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein sozialdemokratischer Vorgänger, Bundesminister Lahnstein, hat am 15. September 1982, also vor weniger als zwei Monaten, einen Etatentwurf für den Bundeshaushalt 1983 hier begründet. Er ging für das kommende Jahr von einem realen Wirtschaftswachstum von 3 % und einer durchschnittlichen Arbeitslosenzahl von 1,85 Millionen aus.
    Zu jenem Zeitpunkt war schon bekannt, daß diese Daten völlig überholt waren. Auftragseingänge, Investitionen und Industrieproduktion gingen seit Monaten deutlich zurück. Die Arbeitslosenzahl war damals, saisonbereinigt, bereits auf mehr als 2 Millionen angestiegen. Die erkennbaren Steuereinnahmen betrugen gegenüber den Einnahmeschätzungen im Bundeshaushalt 1982 in der Zuwachsrate nur noch die Hälfte der der Etatansätze.
    So war es nach dem 1. Oktober die erste und dringendste Aufgabe der neuen Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen, die erforderlichen haushalts- und finanzpolitischen Entscheidungen herbeizuführen. In knapp drei Wochen haben wir Beschlüsse gefaßt, die durch einen zweiten Nachtragshaushalt die ordnungsgemäße Abwicklung des Bundeshaushalts 1982 gewährleisten sollen, die den Haushaltsentwurf 1983 auf eine neue, realistische — das heißt leider: drastisch verschlechterte — Grundlage stellen und die durch weitergehende Einsparungen wie auch durch steuerpolitische Vorschläge den verlorengegangenen Handlungsspielraum in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wiedergewinnen sollen. Jetzt hat der Deutsche Bundestag zu entscheiden.
    Nach meiner Überzeugung müssen wir aber eines klar erkennen: Die Erwartungen und Hoffnungen der meisten Bürger richten sich vor allem darauf, daß endlich erste, bald wirksam werdende Schritte zur Beseitigung der Wirtschaftskrise, zum Abbremsen der schrecklichen Welle der Konkurse und Betriebsschließungen und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erfolgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diesem Maßstab müssen wir uns alle in diesem Hause über die Grenzen der Parteien hinweg stellen; das gilt aber auch für die lautstarke Kritik aus manchen Verbänden und Gewerkschaften an Einzelelementen unseres Gesamtkonzepts.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich möchte deshalb zunächst auf die schweren ökonomischen Probleme eingehen. Die jüngsten Daten bestätigen die Einschätzung des Bundeskanzlers in seiner Regierungserklärung vom 13. Oktober, daß die wirtschaftliche Talfahrt ihren Tiefpunkt noch nicht erreicht hat. Seit dem Sommer geht das reale Bruttosozialprodukt zurück. Wir müssen nach den Zahlen von Ende Oktober davon ausgehen, daß noch in diesem Monat — ohne Saisonbereinigung — die Grenze von 2 Millionen Arbeitslosen überschritten wird. Eine Quelle für den Anstieg der Arbeitslosigkeit ist mittlerweile die beispiellose Konkurswelle, die fast täglich neue Hiobsmeldungen bringt.
    Die erneute Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nach einer bereits zweijährigen Phase der Rezession und Stagnation findet ihren Ausdruck in den rückläufigen Auftragseingängen der letzten Monate. Vor allem aber werden jetzt schwerwiegende strukturelle Belastungen der deutschen Wirtschaft sichtbar, die sich über längere Zeiträume ergeben haben.
    Nationale Fehlentwicklungen und weltweite Krisenerscheinungen kommen zusammen. Natürlich haben uns die internationale Wachstumsschwäche im Gefolge von zwei Ölpreisexplosionen und die Veränderung der weltweiten Arbeitsteilung, also die zunehmende Konkurrenz aus Entwicklungs-
    und Schwellenländern, einen erheblichen Anpassungsbedarf gebracht. Wer wollte übersehen, daß die Ölrechnung der Bundesrepublik Deutschland heute achtmal so hoch ist wie 1972, obwohl wir weniger Erdöl verbrauchen als damals? Wer darf sich darüber wundern, daß die Entwicklungsländer und



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Schwellenländer mit den Maschinen, die wir ihnen geliefert haben, nunmehr Waren herstellen, die unseren heimischen Produkten Konkurrenz machen und sie wegen der niedrigen Lohnkosten und Lohnnebenkosten zum Teil auch verdrängen?
    Dabei möchte ich ausdrücklich betonen: Wir bejahen den internationalen Wettbewerb und nehmen die Anpassung an veränderte Rohstoff- und Energiepreise als Herausforderung an, denn nur so können die weltweiten Knappheitsprobleme — auch die Armut in der Dritten Welt, die Energie-, Rohstoff- und Umweltprobleme bei uns — überwunden werden. Tatsächlich liegen hier j a auch Chancen für wirtschaftliches Wachstum und für Arbeitsplätze, die vor allem demjenigen zufallen, der im internationalen Wettbewerb die Nase vorn hat.
    Eine Ursache für den erneuten konjunkturellen Rückschlag seit dem zweiten Quartal 1982 ist sicher der Rückgang der Auftragseingänge aus dem Ausland. Das kann aber schon deshalb keine befriedigende Antwort nach den Ursachen der gegenwärtigen Wachstumsschwäche sein, weil die deutsche Exportwirtschaft vom Frühsommer 1981 bis zum März dieses Jahres bei den Auftragseingängen Zuwachsraten verbuchte, wie sie in der Vergangenheit nur in Zeiten einer ausgeprägten Hochkonjunktur üblich waren. Die Frage ist aber, warum der Funke, wie es früheren Erfahrungen entsprach, nicht auf die Binnenkonjunktur übersprang. Die Antwort auf diese Frage führt zu den hausgemachten Problemen der gegenwärtigen Wirtschaftskrise und damit auch zur Verantwortung der früheren Bundesregierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wirtschaftliches Wachstum vollzieht sich vor allem in einem Prozeß des Sparens und Investierens. Dieser Prozeß ist bei uns seit langem in seinen natürlichen Grundlagen erschüttert.
    Meine Damen und Herren, während die Anlageinvestitionen in der Bundesrepublik Deutschland von 1970 bis 1982 real nur noch um rund 6 % gestiegen sind, wuchs der private Verbrauch im gleichen Zeitraum um gut 32 %, der öffentliche Verbrauch sogar um rund 45 %. Der Anteil der zukunftssichernden Investitionen am realen Bruttosozialprodukt ist entsprechend von über 24 % auf unter 20 % gesunken. Das sind gewaltige Einbußen an Arbeitsplätzen, an Leistungskraft und Wettbewerbsfähigkeit, die niemand dem Ausland anlasten kann, deren Ursachen wir im eigenen Land zu suchen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Deutsche Bundesbank hat errechnet, daß die Eigenkapitalquote der deutschen Unternehmen von über 30 % im Jahre 1967 auf rund 21 % Ende 1981 gesunken ist. Die Folge dieser Entwicklung läßt sich vor allem an den dramatischen Unternehmenszusammenbrüchen ablesen. Der Substanzverlust hat viele Betriebe anfällig gemacht. Was während der guten Konjunktur noch verdeckt werden konnte, erweist sich in einer Zeit der Krise als tödliche Gefahr für zahlreiche Unternehmen und Arbeitsplätze. Gestiegene Investitionsrisiken und zu hohe Fremdfinanzierungskosten haben auch bei vielen Selbständigen und Managern zu einem betonten Sicherheitsdenken geführt. In letzter Zeit wurden manchmal auch Investitionen unterlassen, die eine vorausschauende Unternehmenspolitik erfordern würde.
    Beanspruchte der Staat in den 60er Jahren im Durchschnitt noch weniger als 13 % des gesamtwirtschaftlichen Vermögensbildungsgeldes, so liegt diese Quote heute bei knapp 40 %. Der Anteil der Investitionsausgaben an den öffentlichen Ausgaben ging von 24 1/2 % im Jahre 1970 auf 161/2 % in diesem Jahr zurück. Das heißt, der Staat hat in den letzten Jahren immer mehr Sparkapital im Wege der Verschuldung konsumtiven Verwendungszwekken zugeführt und die vielbeschworenen öffentlichen Investitionen in wichtigen Bereichen vernachlässigt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die zahlreichen neuen Aufgabengesetze und die starke Ausdehnung staatlicher Tätigkeiten wurden zunächst von vielen Bürgern verständlicherweise als Wohltat empfunden. Aber heute erkennen die meisten Menschen, daß wir alle einen zu hohen Preis dafür bezahlt haben: Vernachlässigung der Zukunftsvorsorge, Erschütterung der finanziellen Grundlagen des Staates und der Sozialversicherung, viel zu hohe Verschuldung in wirtschaftlich guten Jahren. Das bedeutet zunächst und vor allem: Leben auf Kosten der kommenden Generation — eine sittlich nicht verantwortbare Praxis.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Anteil der Steuern und Sozialabgaben am Bruttosozialprodukt ist von 361/2 % im Jahre 1970 auf 42 1/2 % im Jahre 1982 angestiegen. Von jeder zusätzlich verdienten Mark müssen die Arbeitnehmer heute über 60 Pfennig an Staat und Sozialversicherung abliefern. Das bedeutet nicht nur, daß die Arbeitnehmer die vom Staat empfangenen Leistungen in großem Umfang selbst finanzieren müssen, es ist mittlerweile auch unbestritten, daß zwischen der Abgabenbelastung und der Steuermoral sowie den vielfältigen Erscheinungen der Schattenwirtschaft ein erkennbarer Zusammenhang besteht. Die Betriebe müssen heute zusätzlich zu 100 Mark Bruttolohn etwa 76 Mark Lohnnebenkosten tragen. Der Arbeitnehmer erhält aber von den 100 Mark Bruttolohn im Durchschnitt nur 70 Mark ausgezahlt. Das sind knapp 40 % der tatsächlichen Lohnkosten der Betriebe. Dies ist, wenn wir die bedrängte Lage großer Wirtschaftszweige, der Stahlindustrie, der Schiffbauindustrie und der anderen Bereiche, die uns größte Sorge bereiten, sehen, eine so starke Schwächung in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, daß wir eine Kursänderung einleiten müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Fehlentwicklungen sind übrigens in den letzten zwei Jahren seit 1980 gelegentlich auch sehr offen von einigen namhaften sozialdemokratischen Politikern angesprochen worden. Ich hebe das hervor, weil wir mit dem Näherkommen des Termins der Bundestagswahl zunehmend schrille Töne der



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Konfrontation und leider auch des Klassenkampfes hören. So hat der langjährige Bundesminister der Finanzen, Hans Matthöfer, in seiner Abschiedsrede im April dieses Jahres die Frage aufgeworfen, ob die Gesamtheit der öffentlichen Ausgaben und die Struktur der öffentlichen Einnahmen „unter den gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen produktiv genug ist, um die Höhe der Kreditaufnahme und ihre Folgelasten für die Zukunft zu rechtfertigen". Seine eigene Antwort auf diese Frage ist im Kern ein klares Nein, und ich möchte hier seinen Kernsatz bzw. seine Kernsätze gerne zitieren. Herr Kollege Matthöfer sagte:
    Wenn man es überzeichnet formulieren wollte, so könnte man sagen, daß in einer Zeit, in der alles vom Vorrang der Zukunftsvorsorge und der Schaffung neuer Arbeitsplätze spricht, die direkten Steuern und die Sozialabgaben den aktiv Beschäftigten und der Wirtschaft immer mehr Geld entziehen, um es in einer immer höheren Weise in unproduktive Verwendungen zu lenken.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Ich kann diese Beurteilung nur voll im Zusammenhang meiner eigenen Gedanken unterstreichen.
    Es lohnt sich übrigens, aus dieser bemerkenswerten Rede hier noch einen weiteren Satz zu verlesen:
    Eine weithin noch zuwenig beachtete, aber gerade in unserer gegenwärtigen Lage vielleicht fatale Folge von Sozialsystemen, die immer mehr Menschen erfassen, ist, daß sie vielleicht diese Menschen davon abhalten, ihre eigenen Kräfte so zur Entfaltung zu bringen, wie es ihnen eigentlich möglich wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt hat diese Probleme und diesen Zielkonflikt übrigens am 30. Juni 1982 in einer Auseinandersetzung vor der SPD-Bundestagsfraktion noch härter angesprochen. Er sagte nach der veröffentlichten Niederschrift zu seinen Genossen wörtlich:
    Einige haben bemängelt, daß in diesem Paket nicht genug getan werde zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Ich sage denen: dies ist leider wahr. Wer mehr tun will, muß in die Geld- und Sozialleistungen tiefer hineinschneiden, als es in dem Kompromißpaket von mir vorgeschlagen worden ist.
    Von den beiden theoretischen Möglichkeiten — so erklärte Schmidt —
    scheitert die eine, es nämlich durch höhere Kreditaufnahme zu finanzieren, an mir. Ich könnte das nicht verantworten. Die zweite Möglichkeit scheitert an Euch: Denn wer mehr für die beschäftigungswirksamen Ausgaben des Staates tun will, muß noch viel tiefer als hier vorgeschlagen in die Sozialleistungen reinschneiden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Schließlich, meine Damen und Herren: Ralf Dahrendorf, 1969 ja einer der geistigen und politischen Wegbereiter der alten Koalition, hat im vergangenen Jahr bemerkt:
    Wir haben die absurde Situation, daß, was immer passiert, ob Naturkatastrophen oder persönliche Tragödien, die Menschen glauben, daß die Regierung etwas tun müsse. Diese Form der Überlastung führt mit Notwendigkeit zur Enttäuschung bei denen, die vom Staate erwarten, daß er seine Probleme löst, und diese Enttäuschung schlägt sich nieder in einem Widerstand gegen den maximalen Staat... Diese Entwicklung stellt
    — so sagte Dahrendorf —
    die Regierbarkeit zunehmend in Frage.
    Meine Damen und Herren, ich erwarte schon, daß unsere lautstarken Kritiker aus der Opposition in Zukunft nicht an diesen Urteilen über Folgen ihrer eigenen Politik und damit ihrer Hinterlassenschaft vorbeigehen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Einige wichtige Folgerungen aus dieser Analyse sind: Die Gesundung der Wirtschaft, die Sanierung der öffentlichen Finanzen und der sozialen Sicherungssysteme, die Lösung der Arbeitsmarktprobleme können nur in einer großen, über Jahre wirksamen Gemeinschaftsleistung erreicht werden. Patentrezepte gibt es nicht, und manche Einzelschritte werden in einer offenen demokratischen Gesellschaft immer kontrovers bleiben.
    Aber unbestreitbar ist, daß eine Umverteilung zugunsten der Arbeitsplätze schaffenden und sichernden Investitionen zu den vordringlichsten Aufgaben gehört. „Umverteilung" war ja ein Schlüsselwort in vielen ideologischen politischen und sozialen Auseinandersetzungen der letzten 13 Jahre!

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Wir wollen mit einer neuen Politik jene Umverteilung beenden, die aus immer mehr berufstätigen Mitbürgern Arbeitslose gemacht hat,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    die uns zur größten Pleitewelle der Nachkriegszeit führte und die Hoffnungen ebenso wie Illusionen der vergangenen Jahre bei vielen in Pessimismus und Zukunftsangst umschlagen ließ. Dies und nicht die in törichten Reden unterstellte sogenannte Umverteilung von unten nach oben

    (Zuruf von der SPD: Doch, doch!) ist unser Ziel.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir sagen unseren Mitbürgern offen, daß dieses Ziel harte Arbeit und zunächst auch manche Einschränkungen erfordert.

    (Zuruf von der SPD: Also doch Umverteilung!)

    Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit setzt voraus,
    daß mehr Produktivkräfte für investive Zwecke



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    freigesetzt werden. Seit zwei Jahren schon gehen ja die Realeinkommen der meisten Menschen ebenso zurück wie bis jetzt auch die privaten Investitionen. Durch bessere Rahmenbedingungen für die Betriebe und für das Ergebnis der beruflichen Leistung der Arbeitnehmer müssen wir zunächst die Trendwende bei den Investitionen erreichen. Dann werden bald wieder eine Stabilisierung der Realeinkommen und, was noch wichtiger ist, die Schaffung neuer Arbeitsplätze für heute Erwerbslose und für die geburtenstarken jungen Jahrgänge möglich sein. Wer jetzt jede Entscheidung zur Gesundung der Wirtschaft und zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation nur an einer kurzfristigen Verteilungsgerechtigkeit auf Mark und Pfennig hin messen will, wird das gemeinsame entscheidende Ziel völlig verfehlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es genügt auch nicht, in Festreden die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als sozialpolitische Aufgabe Nummer eins zu bezeichnen. Man muß auch bereit sein, in eigenen Ansprüchen zurückzustekken und diese große Aufgabe vorbehaltlos anzuerkennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zu dem Thema Investitionen gibt es ja auch manche kritische Betrachtung. Jeder weiß, daß bestimmte Rationalisierungsinvestitionen kurzfristig auch Arbeitsplätze kosten; das ist wahr. Aber durch den erwähnten massiven Kostenanstieg der letzten zwölf Jahre hat sich der Rationalisierungsdruck weiter verschärft. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und einen Verlust von noch mehr Arbeitsplätzen zu vermeiden, müssen Betriebe rationalisieren. Nur mit einem modernen, kostengünstigen Stand der Produktionstechnik können wir die Voraussetzungen für mehr Erweiterungsinvestitionen und mehr Betriebsgründungen als Schlüssel für die schrittweise Lösung der Arbeitsmarktprobleme schaffen. Es ist für uns alle, meine Damen und Herren, notwendig, diese Wechselwirkungen bewußter zu machen, statt die Folgen des technischen Fortschritts, wie es manche tun, mit Anwandlungen eines neuen Kulturpessimismus nur noch zu dämonisieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Schließlich muß der Strukturwandel als Wachstumschance erkannt und genutzt werden. Unentbehrlich hierfür sind Schaffensfreude, Phantasie und Tüchtigkeit der berufstätigen Menschen. Aber den erhofften Erfolg für den einzelnen und die Gemeinschaft werden sie nur bringen, wenn Leistungsvermögen, Anpassungsfähigkeit und schöpferische Kraft wieder allgemein als bewegende Elemente Sozialer Marktwirtschaft anerkannt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die heute als sogenannte Alternativen angebotenen Lösungen sind kein wirklicher Ausweg, sondern oft nur Fluchtbewegungen, weil sie lediglich Alternativen für subventionierte Minderheiten bilden. Für unsere Industriegesellschaft gibt es weder ein Zurück zu vergangenen Lebens- und Arbeitsformen, noch hat es nach den Erfahrungen der 70er Jahre Sinn, Wirtschaft und Gesellschaft noch stärker als bisher verplanen und lenken zu wollen.
    Diese Überlegungen, meine Damen und Herren, sind bestimmende Gesichtspunkte auch für die Neugestaltung des Bundeshaushalts 1983 und die Begleitgesetze. Die Bestandsaufnahme hat hier zweierlei ergeben:
    Erstens. Im Bundeshaushalt ist in den letzten Jahren ein gewaltiges und auf Dauer untragbares strukturelles Defizit entstanden. Zwischen dem nur unzureichend gebremsten Wachstum der konsumtiven Ausgaben und den Einnahmen hat sich schon in besseren Jahren eine besorgniserregende Schere aufgetan, die nur noch über rasch ansteigende Nettokreditaufnahme mit all ihren schädlichen Folgen für die Zinsentwicklung und die Investitionsfähigkeit der Wirtschaft überbrückt werden konnte.
    Zweitens. Die frühere Bundesregierung hat die gesamtwirtschaftliche Entwicklung seit Jahren immer wieder zu optimistisch eingeschätzt.

    (Zuruf von der SPD: Graf Lambsdorff!)

    Zu den Folgen gehört ein erschreckendes Auseinanderkiaffen von Ansprüchen an den Staat und staatlichem Leistungsvermögen. Zweifellos wurden nach 1980 — nach der Bundestagswahl — mit dem Subventionsabbaugesetz, dem Zweiten Haushaltsstrukturgesetz und einigen Beschlüssen zum Haushaltsentwurf 1983 erste Konsolidierungsbeiträge geleistet. Aber die Ergebnisse blieben, wie die aktuellen Zahlen deutlich machen, unzureichend.
    Wie drückend die immer stärker gewordene Zinslast für den Bundeshaushalt in den letzten zwölf Jahren geworden ist, zeigt sich an folgendem Vergleich. 1970 hatte der Bund an Zinsen für seine Kredite so viel zu zahlen wie die Ausgaben für Entwicklungshilfe: 2,3 Milliarden DM. 1980 hatte der Bund an Zinsen so viel zu leisten wie die Ausgaben für Entwicklungshilfe, Wohnungsbau, Bildung und Wissenschaft zusammen: 14 Milliarden DM.

    (Zurufe von der SPD)

    1983 muß der Bund an Zinsen so viel zahlen wie die Ausgaben für Entwicklungshilfe, Wohnungsbau, Bildung, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sowie Wirtschaft zusammen: 28 Milliarden DM.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Jeder wird doch heute zugeben, daß dies so nicht weitergehen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Zunächst mußten wir allerdings für 1982 einen zweiten Nachtragshaushalt vorlegen, damit die gesetzlichen und vertraglichen Leistungen des Bundes überhaupt noch in diesem Jahr wenigstens durch Kredit bezahlt werden können. Nach der neuesten Steuerschätzung fehlen uns 1982 4,4 Milliarden DM bei den Steuern. — Mir scheint das, was ich hier als Erblast vortrage, gerade aus der Sicht



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    eines besonders verantwortlichen sozialdemokratischen Abgeordneten kein Anlaß zur Erheiterung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dazu kommt der Wegfall der sogenannten Kindergeldmilliarde, die eine Ausgleichszahlung an den Bund darstellte für die mittlerweile rückgängig gemachte Erhöhung der Kindergeldsätze aus dem Jahre 1981.
    Mehrausgaben ergeben sich bei der Arbeitslosenhilfe und vor allem der Finanzierung der beiden Kernreaktoren in Kalkar und Schmehausen. Hier hatte sich unter der vorigen Bundesregierung — genauer gesagt: unter den verantwortlichen Bundesforschungsministern — die Praxis herausgebildet, durch Banken Bewilligungsbescheide für die kommenden Jahre vorfinanzieren zu lassen und so die Begleichung fälliger Rechnungen trotz fehlender Baransätze im Haushalt zu ermöglichen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Dieses unmögliche Verfahren kann selbstverständlich nicht fortgesetzt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb haben wir zur ordnungsgemäßen Abwicklung fälliger Verpflichtungen des Bundes in den Entwurf des zweiten Nachtragshaushalts 600 Millionen DM für die Reaktorfinanzierung einsetzen müssen.
    Es wird notwendig sein — ich sage das im Einvernehmen mit Herrn Kollegen Riesenhuber —, bis zum Frühjahr mit der Industrie über einen erhöhten Beitrag zu verhandeln und dann eine Grundsatzentscheidung zu treffen. Aus heutiger Sicht ergibt sich allein für diese beiden Vorhaben eine in der Finanzplanung nicht gedeckte Lücke in den nächsten Jahren von rund zwei Milliarden DM. Das ist eine der vielen schweren Hypotheken für die Zukunft, die wir von unseren Vorgängern übernommen haben.

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    — Man soll es sich mit Zwischenrufen nicht so leichtmachen, vor allem nicht bei Entscheidungen, die von Ihren eigenen verantwortlichen Kollegen nicht getroffen wurden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich erwähne nur ergänzend: Auch im Bereich der Entwicklungspolitik zeichnet sich auf Grund fehlerhafter Planungen im Bereich der finanziellen Zusammenarbeit jetzt über den Finanzplan der alten Regierung hinaus ein Mehrbedarf in Höhe von 2,3 Milliarden DM für die kommenden zehn Jahre ab.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Bundesminister Lahnstein hat seinen Haushaltsentwurf und Finanzplan vor acht Wochen als stocksolide bezeichnet.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Diese beiden Beispiele — ich könnte die Liste verlängern — begründen, weshalb ich dieses Urteil nach der Prüfung der Hinterlassenschaft nicht übernehmen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Die Ausgaben des Bundes erhöhen sich so für 1982 insgesamt um 640 Millionen DM auf 246,6 Milliarden DM. Die Nettokreditaufnahme 1982 steigt damit um 6 Milliarden DM auf fast 40 Milliarden DM. Jeder weiß, daß sich diese Mehrbelastungen 60 Tage vor Ende des Jahres nicht mehr durch weitere Sparbemühungen ausgleichen ließen. Die Mitarbeiter des Finanzministeriums hatten und haben ohnehin die schwierige Aufgabe, die globale Minderausgabe für dieses Jahr von 600 Millionen DM noch zu erwirtschaften.
    Für 1983 legt die Bundesregierung der Form nach eine Ergänzungsvorlage zum Haushaltsentwurf der früheren Bundesregierung vor. Lieber wäre mir eine völlige Neufassung des Etats gewesen. Aber das ließ sich aus Zeitgründen nicht verwirklichen. Dennoch hat die ungewöhnliche und pragmatische Form durchaus auch ihre Vorzüge: Sie dokumentiert die politische Mitverantwortung der Opposition für die Haushaltsteile, die wir bewußt übernommen haben oder unter dem Zwang des Kalenders und der Probleme übernehmen mußten, und wir haben einiges übernommen, was nicht unseren eigenen Vorstellungen entspricht. Weshalb soll man das hier nicht offen einräumen?

    (Zuruf des Abg. Dr. Linde [SPD])

    — Überrascht Sie das wirklich, Herr Linde? Angesichts der hier vorgetragenen Zahlen und Termine, die wir hatten, kann es Sie nicht überraschen. —

    (Dr. Linde [SPD]: Mich überrascht nur die Begründung, Herr Stoltenberg!)

    Wichtiger als die Form aber ist der Inhalt der vorgelegten Beratungsunterlagen.
    Der neue Bundeshaushalt für 1983 muß — und da liegt schon eine Begründung — gegenüber dem erwähnten Entwurf der Regierung Schmidt von 10,4 Milliarden DM weniger Steuereinnahmen und nach geltendem Recht zunächst von fast 8 Milliarden DM erhöhten Ausgaben für Arbeitslose ausgehen. Wir unterstellen damit für 1983 im Jahresdurchschnitt — nicht im Jahresverlauf — „Nullwachstum" und eine durchschnittliche Arbeitslosenzahl von 2,35 Millionen.
    Wie dramatisch übrigens die Lage ist, zeigt ein weiterer kurzer Zahlenvergleich: Der auf viel zu optimistischen Annahmen aufgebaute Entwurf unserer Vorgänger

    (Zurufe von der SPD: Lambsdorff!)

    sah für 1983 ein Wachstum der gesamten Bundesausgaben von 4,5 Milliarden DM und in diesem Rahmen eine Zunahme allein der Zinslasten von 4,8 Milliarden DM vor. Es fehlte also, wie diese beiden Eckdaten deutlich machen, jeder Spielraum für eine konkrete, gestaltende Politik zur Belebung der Wirtschaft und zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit.



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    So waren uns, meine Damen und Herren, nach dem Neubeginn am 1. Oktober finanzpolitisch drei vorrangige Aufgaben gestellt:
    Erstens. Einnahmen und Ausgaben müssen den neuen, verschlechterten Bedingungen angepaßt werden. Dabei ist eine erhebliche Erhöhung der Nettoverschuldung für 1983 über die im Sommer geplanten 28,5 Milliarden DM hinaus unvermeidbar geworden.
    Zweitens. Durch weitere Einsparungen von mehr als 5,6 Milliarden DM gilt es, sowohl Raum für zusätzliche investive Maßnahmen zu schaffen als auch die überhöhte Neuverschuldung in vorübergehend noch gerade vertretbaren Grenzen zu halten.
    Drittens. Durch die erwähnten Kürzungen und zusätzliche Einnahmen sollen Sofortprogramme für die Förderung des Wohnungsbaus und die Entlastung der gewerblichen Wirtschaft ermöglicht werden.
    Die neuen Annahmen für den Bundeshaushalt 1983 kann man sicher nicht als betont optimistisch bezeichnen. Der Sachverständigenrat erwartet im Jahresdurchschnitt etwas niedrigere Erwerbslosenzahlen und ein leichtes Wachstum. Es bleibt natürlich eine gewisse Bandbreite der Unsicherheit, der Ungewißheit in beiden Richtungen. So würden 100 000 Arbeitslose weniger die Haushaltssituation des Bundes um 1,4 Milliarden DM verbessern — das wünschen wir uns alle, natürlich nicht nur aus fiskalischen Gründen — und eine niedrigere Kreditaufnahme ermöglichen, 100 000 mehr aber zu entsprechenden Mehrbelastungen führen.
    Wir haben bei den neuen Eckdaten des Haushalts bereits die Entlastung durch noch vom Kabinett Schmidt im Bundestag eingebrachte Begleitgesetze einbezogen. Es ging bei diesen Vorlagen, wie Sie wissen, um Ausgabenkürzungen und Steuer- und Abgabenerhöhungen von mehr als 8 Milliarden DM.
    Nicht übernommen haben wir die geplante Verschlechterung der steuerlichen Regelungen für Betriebspensionen — auch im Interesse der Arbeitnehmer, die hier Rechtssicherheit brauchen —,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und nicht übernommen haben wir die sogenannte „Kappung beim Ehegatten-Splitting". Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt in einer stark beachteten Entscheidung unsere Haltung zu dem letzten Punkt grundsätzlich bestätigt. Ich komme auf dieses Urteil noch zurück.

    (Zurufe von der SPD)

    Aber selbst nach Übernahme der meisten Punkte der früheren Bundesregierung, der Veranschlagung des voraussichtlichen Bundesbankgewinns von 11 Milliarden DM auf der Einnahmenseite und den erwähnten Kürzungen von 5,62 Milliarden DM bleibt eine Nettokreditaufnahme von 41,5 Milliarden DM leider unabweisbar. Ohne eine Verabschiedung des neugefaßten Begleitgesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts würde die Neuverschuldung auf 55 Milliarden DM im nächsten Jahr ansteigen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Schwarz [CDU/CSU]: Das ist die Bilanz!)

    Das neue Gesetz verbindet die Beschlüsse der Bundesregierung mit den genannten wesentlichen Punkten der Begleitgesetze der vorigen Koalition.
    An diesen Zahlen wird ganz deutlich, daß wir uns mit den jetzt erreichten Einsparungen nicht zufriedengeben können. In der neuen Wahlperiode müssen weitere Sparbeschlüsse folgen, um das immer noch weit überhöhte strukturelle Defizit stärker zurückzuführen.
    Jetzt geht es um folgende Maßnahmen. Zunächst wird der Bundeshaushalt vor allem in folgenden Bereichen entlastet. Die Direktsubventionen werden um 500 Millionen DM gekürzt. Im öffentlichen Dienst sind Einsparungen in Höhe von 750 Millionen durch eine Begrenzung des Besoldungsanstiegs 1983 und durch Einschränkungen bei der Beihilfe vorgesehen.
    Die Kindergeldsätze werden für Höherverdienende mit zwei oder mehr Kindern vermindert. Die Kürzungen greifen aber erst mit einem jährlichen Nettoeinkommen von über 42 000 DM, was in etwa einem Bruttoeinkommen von 62 000 DM jährlich entspricht. Wir unterscheiden uns in dieser sozialen Komponente, meine Damen und Herren der SPD, von Ihrer Praxis. Sie haben das Kindergeld bei der Witwe mit 800 DM Einkommen genauso gekürzt wie bei dem vielzitierten „Besserverdienenden".

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wir führen hier — natürlich auch mit gewissen Problemen für die Verwaltung — bewußt ein soziales Element ein, das Sie haben vermissen lassen. Ich sage das auch einigen der großen Redner auf den Marktplätzen,

    (Zurufe von der CDU/CSU und Zurufe von der SPD)

    die diese Entscheidung immer noch nicht richtig verstanden haben. Das Erstkindergeld bleibt in seiner jetzigen Höhe für alle erhalten. Diese Maßnahme bringt für den Bundeshaushalt eine Entlastung von 980 Millionen DM.
    Weitere wesentliche Einsparungen von zusammen 260 Millionen DM ergeben sich aus den beabsichtigten Änderungen beim BAföG und beim Wohngeld. Diese Maßnahmen werden erst 1984 voll wirksam und bewirken dann Minderausgaben von insgesamt 750 Milionen DM.
    Im Haushaltsverfahren werden über 1,1 Milliarden DM an Einsparungen erzielt. Davon entfallen 450 Millionen DM auf eine Globalkürzung konsumtiver Ausgaben auf Grund einer haushaltsgesetzlich zu verankernden Vorschrift.
    Die Zuschüsse an die Nürnberger Bundesanstalt sind um 1,9 Milliarden DM gekürzt worden. Dabei wird der Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit vor allem in den folgenden Punkten entlastet. Die Leistungen der Arbeitslosenversicherung an die Versi-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    cherten werden mehr als bisher nach der Dauer der Beitragsleistung gestaffelt. Die Fördersätze für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation werden im nächsten Jahr von bisher 90 bzw. 75 % auf 80 bzw. 70 °A) herabgesetzt. Die Beiträge der Bundesanstalt für Arbeit für ihre Leistungsempfänger an die Rentenversicherung werden vom 1. Januar nächsten Jahres an nur noch nach der Höhe der Lohnersatzleistung entrichtet. Der Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen wird eingegrenzt. Die Fördersätze für Deutschunterricht für Aussiedler, für Asylberechtigte und Kontingentflüchtlinge werden neu bemessen.
    Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wird zum 1. Januar 1983 um 0,1 % stärker angehoben, als von der früheren Bundesregierung vorgesehen war. Dieser nicht leichte Schritt war im Zusammenhang mit der drastischen Verschlechterung der Finanzlage sowohl der Bundesanstalt als auch der Rentenversicherung erforderlich. Demgegenüber — hier gibt es einen Zusammenhang — wird der Bundeszuschuß an die Rentenversicherung nur um 0,9 Milliarden DM statt um 1,3 Milliarden DM, die von der letzten Bundesregierung beschlossen waren, gekürzt.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Die Verschiebung der Rentenanpassung um ein halbes Jahr wirkt sich auch in anderen Sozialleistungsbereichen aus, so bei der Altershilfe für Landwirte, der gesetzlichen Unfallversicherung, der Kriegsopferversorgung und beim Lastenausgleich.
    Ebenso tritt die von der früheren Bundesregierung vorgesehene Beteiligung der Rentner an den Kosten ihrer Krankenversicherung ein halbes Jahr später in Kraft. Die 1981 bereits gesetzlich beschlossene Beitragsanhebung zur Rentenversicherung auf 18,5 % zum 1. Januar 1984 soll auf den 1. September 1983 vorgezogen werden.
    Schließlich zahlt die Rentenversicherung im nächsten Jahr 1,2 Milliarden DM weniger an die Krankenversicherung im Vorgriff auf eine beabsichtigte Neuregelung ab 1984. Damit ist ein Belastungsausgleich unter den Krankenkassen nicht mehr erforderlich — eine sehr bedeutsame ordnungs- und grundsatzpolitische Weichenstellung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, insgesamt wird die Finanzlage der Rentenversicherungsträger durch die vorgesehenen Maßnahmen um 2,6 Milliarden DM im Jahre 1983 gegenüber der alten Beschlußlage verbessert, so daß ihre Liquidität trotz der verschlechterten Wirtschaftslage gesichert bleibt. Hierauf sollen sich auch in Zukunft die Rentner verlassen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zur Entlastung der Krankenversicherung hatte bereits die frühere Bundesregierung ein Bündel von Maßnahmen vorgesehen, das in einigen Punkten modifiziert, ergänzt und erweitert wird.
    Meine Damen und Herren, die Vielzahl dieser komplizierten Einzelschritte war notwendig, um die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherung auch in schwierigen Zeiten zu gewährleisten, um stärkere Elemente der zumutbaren Eigenbeteiligung und der Selbstverantwortung einzuführen sowie systematische Strukturverbesserungen wie die stärkere Berücksichtigung von Lohnersatzzeiten in ersten Schritten zu verwirklichen. Die Sozialausgaben bleiben nach wie vor der größte Ausgabenblock im Bundeshaushalt.
    Wir bejahen die Verantwortung des Bundesgesetzgebers für den Gesamtstaat. So sind unsere Vorschläge darauf angelegt, auch die Haushalte der anderen Gebietskörperschaften zu entlasten. Insgesamt gesehen führt der Entwurf allein auf der Ausgabenseite 1983 zu Verbesserungen der Haushalte von Ländern und Gemeinden von über 3 Milliarden DM.
    Hinzu kommen die bereits erwähnte Entscheidung des Bundes, auf die Kindergeldmilliarde ab 1982 zu verzichten, und das Angebot, ab 1983 den Ländern fast 1 Milliarde DM im Bereich der Mehrwertsteuerverteilung zu übertragen. Wir erwarten, daß dieser wichtige Beitrag des Bundes die Talfahrt der öffentlichen Investitionen bei Ländern und Gemeinden abbremsen hilft und ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Investitionsquote wieder zu erhöhen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein besonderer Schwerpunkt unseres Sofortprogramms zur Wiederbelebung der Wirtschaft und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist der Wohnungsbau. 1983 und 1984 wollen wir das Aufkommen der Investitionshilfeabgabe in Höhe von 2,5 Milliarden DM für zusätzliche Förderungsvorhaben in diesem wichtigen Schlüsselbereich einsetzen. 2 Milliarden DM sollen dem sozialen Wohnungsbau zufließen, 500 Millionen DM einem Programm zur Bauzwischenfinanzierung. Diese Vorhaben werden insbesondere der Schaffung neuen selbstgenutzten Wohnraums und dem Mietwohnungsbau in Ballungsgebieten dienen. Darüber hinaus wird die steuerliche Förderung des Wohnungsbaus durch einen für die Dauer von drei Jahren geltenden, um 10 000 DM erweiterten Schuldzinsenabzug für selbstgenutzte Häuser und Eigentumswohnungen verbessert. Wir erwarten von diesen Programmen im Baubereich nachhaltige Wirkungen auch für andere Wirtschaftszweige und ihre Arbeitsplätze.
    Den Kritikern möchte ich sagen, daß wir in einer Zeit der raschen ökonomischen Talfahrt schnell wirksame Gegenmaßnahmen in einem Schlüsselbereich der Wirtschaft benötigen. Natürlich kann der jetzige Umfang der Förderung nur befristet gelten. Aber wir erhoffen uns von ihm einen kräftigen und breiten Impuls.
    Das ist auch die Begründung für die von manchen — aus recht verschiedenen, teilweise gegensätzlichen Positionen — in Frage gestellte Investitionshilfeabgabe gewesen. Wir haben uns auf einen Solidarbeitrag verständigt, den es unter der alten sozialdemokratisch geführten Bundesregierung in dieser Form überhaupt nicht gab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Das sollten alle bedenken, die jetzt, von welcher Position aus auch immer, immer noch mehr fordern.
    Dauerhafte Entlastungen sind bei der Gewerbesteuer vorgesehen; für 1983 im Umfang von 1,5 Milliarden DM, für 1984 von 1,7 bis 1,8 Milliarden DM. Der Ausgleich für die Gemeinden erfolgt über eine Neugestaltung der Gewerbesteuerumlage. 1983 fließt den Kommunen sogar fast eine halbe Milliarde DM mehr auf Grund dieser Regelung zu, als ihnen an Gewerbesteuer ausfällt. Später saldiert sich dieser Betrag.
    Weitere wirtschaftliche Förderungsmaßnahmen von besonderer Bedeutung sind: Für die Übernahme gefährdeter Unternehmen wird ein steuerlicher Anreiz für die mittelständische Wirtschaft geschaffen, um Produktionsstätten und Arbeitsplätze zu erhalten. Für die Eigenkapitalhilfen zur Förderung der Gründung selbständiger Existenzen werden die Mittel aufgestockt und die Bedingungen der Inanspruchnahme erweitert; ferner werden die Beratungshilfen für Mitbürger verbessert, die Existenzen schaffen wollen.
    Diese verschiedenen Sofortmaßnahmen im Interesse von Wirtschaft und Beschäftigung sind die einzige Begründung für die Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt zum 1. Juli 1983. Im Gegensatz zu verschiedenen Initiativen der Regierung Schmidt zur Erhöhung dieser Steuer wollen wir das Mehraufkommen zeitgleich und dauerhaft den Bürgern und Betrieben zurückgeben.
    Wir verstärken auch im Verantwortungsbereich des Bundes die öffentlichen Investitionen. So werden 1983 500 Millionen DM zusätzlich für die großen Gemeinschaftsaufgaben eingesetzt: im Hochschulbau, wo die vorige Bundesregierung den Ländern in den nächsten Jahren fast eine Milliarde DM für vereinbarte Vorhaben schuldig geblieben wäre; bei der regionalen Wirtschaftsförderung; für Agrarstruktur, Küstenschutz, Stadterneuerung und Krankenhausneubau. Besonders hervorzuheben ist schließlich die Entscheidung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, die Mittel für die Breitbandverkabelung bereits 1983 von 400 Millionen DM auf 1 Milliarde DM aufzustocken. Privaten Investoren wird Zusammenarbeit für einen weitergehenden Netzausbau angeboten. Damit soll ein zentraler Bereich künftigen Wachstums, starker Innovation endlich von politischen und administrativen Blockaden befreit werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Und der Filz unterstützt werden!)

    Der Haushalt 1983 sieht mit 253,8 Milliarden DM einen Ausgabenzuwachs von jetzt 2,9 % vor. Nach dem Entwurf der alten Bundesregierung wären die Ausgaben um 1,8 % gestiegen. Dies und die Höhe des Finanzierungsdefizits lassen den Vorwurf des „Kaputtsparens" völlig ins Leere gehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Er sollte vor allem von jenen nicht mehr gebraucht
    werden, die in der Opposition noch ein Stück auf
    ihre eigene öffentliche finanzpolitische Reputation
    achten; denn die Gesamtheit der von der neuen Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen zielt darauf ab, einen überzeugenden ersten Beitrag zum Abbau des strukturellen Defizits zu leisten, die gesamtwirtschaftliche Nachfrageentwicklung zu stützen und die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Wende zu verbessern.
    Meine Damen und Herren, ich habe als einen zentralen Punkt unserer mittelfristigen Politik bereits die Rückführung der Finanzierungsdefizite hervorgehoben. Sie kann auf Dauer nur erreicht werden, wenn es gelingt, die Struktur der Ausgaben und Einnahmen so zu verändern, daß sich wieder eine natürliche Wachstumsdynamik der Gesamtwirtschaft entfalten kann. So kann das Dringlichkeitsprogramm zum Bundeshaushalt 1983 nur ein Zwischenschritt und eine erste Weichenstellung für die Neuordnung der Staatsfinanzen sein. Die Bundesregierung wird ihre Vorstellungen in Verbindung mit dem Haushaltsentwurf 1984 und dem neuen Finanzplan, der dann bis 1987 gilt, im einzelnen darstellen. In der Kürze der Zeit war es, wie jeder begreifen wird, nicht möglich, jetzt einen neuen Finanzplan vorzulegen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    — Es war nicht möglich, Herr Ehmke. In 17 Tagen haben wir dies alles erarbeitet, was ich Ihnen hier vortrage. Ich will zu der Arbeitsleistung auch der beteiligten Beamten hier kein weiteres Wort als das eines wirklichen Dankes für das sagen, was hier getan wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Für die weiteren Entscheidungen gelten die folgenden Grundsätze:
    Erstens. Der Ausgaberahmen muß mittelfristig für den Bundeshaushalt deutlich unter dem Anstieg des nominalen Bruttosozialprodukts liegen.
    Zweitens. Vorrangig sind zukunftsweisende, zukunftswirksame Ausgaben mit beschäftigungs- und investionsfördernden Effekten. Einschränken müssen wir dagegen die konsumtive, ausschließlich die Gegenwart begünstigende Mittelverwendung, auch durch weitere gesetzliche Eingriffe.
    Drittens. Hierzu gehört auch eine investitions- und leistungsfördernde Ausgestaltung der Steuerpolitik. Die vorrangigen Ansatzpunkte hierfür sind: die Verbesserung der Möglichkeiten zur Eigenkapitalbildung in den Betrieben und der Abbau der leistungshemmenden Wirkung des Zusammentreffens von Geldentwertung und Progression bei der Lohn- und Einkommensteuer.
    Viertens. Die stärkere Einbeziehung der Situation der Länder, der Gemeinden und der Sozialversicherungsträger in die finanzpolitischen Entscheidungen des Bundes. Ich habe die ersten Schritte in diesem Zusammenhang für 1983 bereits erläutern können.
    Besonders hervorzuheben ist: Die Lösung der genannten Steuerstrukturprobleme kann nur in einem zeitlichen Stufenplan erfolgen. Für die erste Stufe haben wir vor allem mit den zum 1. Januar 1983 wirksam werdenden Steuererleichterungen



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    für die gewerbliche Wirtschaft, der vorgezogenen Entlastung beim Wohnungsbau und der Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Juli 1983 konkrete Vorschläge gemacht. In der zweiten Stufe wollen wir mit Wirkung vom 1. Januar 1984 weitere Entlastungen für die gewerbliche Wirtschaft ermöglichen und die Rahmenbedingungen für die Vermögensbildung der Arbeitnehmer deutlich verbessern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die notwendige Neugestaltung des Lohn- und Einkommensteuertarifs kann in einer dritten Stufe dann beschlossen werden, wenn wesentliche Fortschritte bei der Gesundung der öffentlichen Finanzen erzielt sind.
    Lassen Sie mich noch in dieser mittelfristigen Perspektive einige kurze Bemerkungen zu großen Ausgabenblöcken machen. Ein vorrangiges Ziel unserer Politik muß es sein, die finanzielle Stabilität und die Leistungsfähigkeit unserer sozialen Sicherung auch dauerhaft, über das nächste Jahr hinaus zu gewährleisten. Unbestritten ist die Notwendigkeit, dieses System an die veränderten Wachstumserwartungen anzupassen. Dazu gehören allerdings auch eine Stärkung des Kostenbewußtseins und der zumutbaren Eigenverantwortung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Insbesondere, meine Damen und Herren, müssen wir alle in Zukunft aber mehr Phantasie, mehr schöpferische Kraft entwickeln, freiwillige soziale Initiativen von Bürgern zu wecken, zu fördern und zu sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dies entspricht auch unserem Grundverständnis, daß der Mensch aufgefordert ist, in verantworteter Freiheit sein Leben zu gestalten.
    Mit der Entscheidung, den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner 1984 auf 3 % und 1985 auf 5 % anzuheben, ist bereits jetzt ein wichtiger Beitrag zur mittelfristigen Festigung der Rentenversicherung geleistet. Weitere Schritte für die Rentenversicherung können sich als notwendig erweisen.
    Nach der jetzt vorgesehenen Umwandlung des Kinderbetreuungsbetrages in einen allgemeinen Kinderfreibetrag von 432 DM wollen wir in der nächsten Wahlperiode des Ehegatten-Splitting in ein Familien-Splitting umwandeln. Das schon erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt fest, daß die seit Jahren geltende Besteuerung berufstätiger alleinstehender Personen mit Kindern nicht verfassungsgemäß ist. Die wirtschaftliche Belastung durch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern wird bei diesem Personenkreis danach steuerlich nicht angemessen berücksichtigt. Seine weiterführenden Bemerkungen beziehen natürlich auch die Familien insgesamt in diese Frage mit ein. Wir werden die steuerpolitischen Folgerungen aus diesem Urteil sofort und sehr sorgfältig prüfen. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis Ende 1984 eine Regelung zu treffen, die den Grundsätzen des Urteils entspricht.
    Ich möchte die Kollegen der SPD-Fraktion noch einmal ausdrücklich auf diese Entscheidung des höchsten Gerichtes hinweisen. Ihre mir zunächst aus der Presse bekanntgewordenen Überlegungen, für ein Investitionsprogramm den Kinderbetreuungsbetrag ersatzlos abzuschaffen und an der Kappung des Ehegatten-Splittings festzuhalten, könnten Sie sehr leicht auf einen Kollisionskurs mit diesem neuesten Urteil des höchsten deutschen Gerichtes bringen.

    (Zuruf des Abg. Westphal [SPD])

    — Ich bitte, das noch einmal sehr genau zu prüfen, Herr Kollege Westphal, bevor Sie sich endgültig dazu äußern.

    (Weiterer Zuruf des Abg. Westphal [SPD])

    — Nein, das ist nach dem Urteil der Ihnen doch gut vertrauten, hervorragenden Beamten der Bundesregierung nicht zu befürchten.
    Zu den mittelfristigen Entscheidungen im Bereich der Investitionen möchte ich folgendes betonen.
    Der Strukturwandel muß in erster Linie von den privaten Investitionen getragen werden. Aber ein hoher, in wichtigen Einzelbereichen verstärkter Beitrag der öffentlichen Investitionen behält auch in Zukunft seine Bedeutung. Manche großen Aufgaben, wie z. B. der Schulbau in den Ländern und Gemeinden, sind praktisch abgeschlossen; in anderen Bereichen, wie bei den Umweltschutzinvestitionen und in der Kommunikationstechnik, müssen wir in den nächsten Jahren im öffentlichen Gesamthaushalt noch erheblich mehr Mittel mobilisieren.
    Die Bundesregierung wird die Subventionen auch in den kommenden Jahren weiter mit dem Ziel des Abbaus überprüfen. Sie sieht darin mehr eine ordnungspolitische als eine haushaltspolitische Aufgabe. Der Grundsatz der Degressivität und zeitlichen Befristung von Subventionen sollte wieder stärker Beachtung finden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Andererseits muß man offen sagen — auch ich habe das gelernt —, daß Subventionsabbau in der Zeit der Wirtschaftskrise und dramatisch zunehmender Firmenzusammenbrüche ein besonders schweres Geschäft ist.

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    Für 1983 haben wir zunächst weitere 500 Millionen DM in diesem Bereich gekürzt, und wir werden auf diesem Wege weiter vorangehen.
    Auf der anderen Seite haben wir aber auch einige Subventionen bewußt verstärkt. Das gilt besonders für die genannten Gemeinschaftsaufgaben, für das erwähnte Existenzgründungsprogramm, für den sozialen Wohnungsbau, also Bereiche, die wir jetzt stärken müssen, wenn wir mehr Beschäftigung wollen.
    Meine Damen und Herren, unverändert stellt sich auch die Aufgabe, den Anteil der Personalkosten im öffentlichen Gesamthaushalt schrittweise wieder zu verringern. Dabei sehen wir den Zusammenhang zwischen Aufgabenüberprüfung und Ver-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg waltungsvereinfachung einerseits und Einsparungen bei Planstellen andererseits sehr wohl.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Neue Staatssekretäre!)

    Unsere Mitarbeiter im öffentlichen Dienst erwarten zu Recht die Anerkennung ihrer Arbeit für den Staat und die Gemeinschaft, auch in grundlegenden Besoldungsregelungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise und steigender Erwerbslosigkeit erwarten aber viele Mitbürger auch von ihnen und ihren Verbänden, daß sie bei sicheren Arbeitsplätzen ihre aktuellen Einkommensansprüche mit betonter Zurückhaltung formulieren. Wir werden ja im Frühjahr auf dieses Thema zurückkommen.
    Ich möchte schließlich den engen Zusammenhang zwischen der Finanzpolitik und der Geld- und Kreditpolitik für die Lösung der uns gestellten großen Aufgaben besonders hervorheben. Mit der jüngsten Senkung des Diskont- und Lombardsatzes um 1 % hat die Bundesbank ihren Kurs bekräftigt, den vorhandenen Spielraum für geldpolitische Entscheidungen auszuschöpfen. Dies ist nicht nur für die Betriebe, sondern auch für die verfügbaren Einkommen von Millionen Bürgern von großer Bedeutung. Die Entwicklung des Diskont- und Lombardsatzes ist keine abstrakte Entwicklung, die an den Menschen vorbeigeht. So haben Sachverständige des Finanzministeriums errechnet, daß ein typischer Bauherr, der in den letzten Jahren ein Familienheim für 350 000 DM erstellen ließ, durch den Rückgang der Hypothekenzinsen eine Verbesserung seines monatlich verfügbaren Familieneinkommens um rund 200 DM erfährt.
    Wir erkennen den stetigen und beharrlichen Kurs der Bundesbank an. Sie hat damit nach innen und außen deutlich gemacht, daß die Deutsche Mark auch in Zukunft nicht zu den labilen, den weichen Währungen gehören soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein weiterer Rückgang unseres Zinsniveaus ist sehr wünschenswert. Zinssenkungen müssen jedoch auch im nationalen Bereich verdient werden, z. B. durch eine strengere Ausgabendisziplin des Staates und eine Kostenentwicklung, die zur Wettbewerbsfestigung der Betriebe beiträgt. Genau dies ist, wie ich im einzelnen begründen konnte, Ziel unserer Finanzpolitik und übrigens auch ein wesentliches Element unserer einkommens- und vermögenspolitischen Empfehlungen und Absichten.
    In diesem Jahr haben Finanzkrisen wichtiger Länder der Dritten Welt sowie des Ostblocks die schweren Risiken offengelegt, die sich in Jahren überschneller Verschuldung und aufgeschobener wirtschaftlicher Strukturanpassung auch außerhalb unserer Grenzen angesammelt haben. Die unerwartet lange weltwirtschaftliche Stagnation und sehr hohe internationale Zinsen haben auch dort die Folgen binnenwirtschaftlicher Fehler verschärft. Die internationalen Finanzmärkte sind auf eine harte Probe gestellt worden. Es hat sich wieder gezeigt, daß auch Volkswirtschaften nicht dauernd auf Pump leben können und daß letztlich kein Weg daran vorbeiführt, das Gleichgewicht der Zahlungsbilanz zu wahren oder — wenn es verlorengegangen ist — wiederherzustellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die jüngsten Erfahrungen zeigen allerdings auch, daß Finanzkrisen bewältigt werden können. Das internationale Finanzsystem hat sich unter schweren Anspannungen als robust und flexibel erwiesen. Ein dichtes Netz internationaler Zusammenarbeit von Regierungen, Zentralbanken und Finanzierungsinstitutionen hat dazu beigetragen, die finanziellen Schadensfälle zu begrenzen und das System funktionsfähig zu halten. Aber es gibt noch schwerwiegende ungelöste Probleme. Die Bundesregierung unterstützt weiterhin eine aktive Rolle insbesondere des Internationalen Währungsfonds und tritt für eine Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten ein.
    Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, es ging mir nicht nur darum, die wichtigsten Entscheidungen für den neu gefaßten Bundeshaushalt 1983 und das neue Begleitgesetz zu begründen; in vielen unserer Einzelbeschlüsse sind auch die weiterreichenden Ziele der Finanz-, Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik erkennbar. Natürlich bedarf manches der Ergänzung, der Präzisierung und Ausformung. Wenige Wochen nach der Begründung der neuen Koalition und der Bildung der neuen Bundesregierung sind nach meiner Überzeugung aber bereits erste wichtige Beiträge auch für die Bewältigung dieser mittelfristigen Aufgaben über das kommende Jahr hinaus geleistet worden.
    Die Hypotheken der Vergangenheit sind groß. Der Wendekreis einer neuen Finanzpolitik ist unter der aktuellen Last der Wirtschaftskrise sicher nicht in Monaten, sondern in Jahren zu bemessen. Aber wir gehen mit Zuversicht an die Arbeit. In einer freien und offenen Gesellschaft sind wir auf den solidarischen Beitrag aller sozialen Gruppen und aller Bürger angewiesen. Solidarität darf nicht an der Grenze der Mitgliedschaft der einzelnen Verbände und Organisationen enden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie muß vor allem jenen gelten, deren Sorgen am größten sind: den Arbeitslosen, den in Existenznot befindlichen Selbständigen, den jungen Menschen, die Ausbildungs- und Arbeitsplätze unter härteren Bedingungen suchen, den älteren Mitbürgern, deren Renten sicher bleiben sollen.
    Mit dem Appell zur Solidarität wollen wir keine unvermeidbaren Auseinandersetzungen in Frage stellen oder gar unterdrücken. Aber es wird sich jeder daran messen lassen müssen, ob er bereit ist, die vorrangigen Gemeinschaftsaufgaben bei seinen eigenen Forderungen zu beachten. Das gilt auch für den sensiblen Bereich der Einkommenspolitik. Mein Kollege Norbert Blüm hat an die großen sozialen Gruppen, nicht nur an die Gewerkschaften, appelliert, eine begrenzte Pause für Einkommenserhöhungen ins Auge zu fassen. Seine erbitterten Kritiker möchte ich an eine Solidarleistung erin-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    nern, die vor 15 Jahren bei einer vergleichsweise schwächeren Rezession und niedrigeren Arbeitslosenzahlen freiwillig erbracht wurde: Ende 1967 wurden durch eine Vereinbarung zwischen der Industriegewerkschaft Metall und den Arbeitgebern die Tarifverträge für die Metallindustrie mit kostenneutralen Tarif- und Lohnrahmenänderungen um neun Monate verlängert.
    Im Sommer 1967 wurde in einer Vereinbarung zwischen der Gewerkschaft ÖTV und den öffentlichen Arbeitgebern abgesprochen, einen neuen Tarifvertrag erst sechs Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist mit Wirkung vom 1. Januar 1968 abzuschließen. Ähnliche Vereinbarungen gab es im Baugewerbe und in der Textilindustrie mit einer Lohnerhöhungspause von drei bzw. sieben Monaten.
    Was damals von bedeutenden Gewerkschaftsführern wie Otto Brenner und anderen im Interesse der Wirtschaftsbelebung und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit für richtig gehalten wurde, kann heute von ihren Nachfolgern nicht glaubwürdig als angeblicher Anschlag gegen die Lebensinteressen der Arbeitnehmer verdammt werden.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dabei ist völlig klar: Die Tarifhoheit bleibt unbestritten. Über die Angemessenheit identischer Lösungen unter den Bedingungen unserer Zeit, Herr Kollege Ehmke, mag man ja sachlich diskutieren.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Eben!)

    — In den Reden, die wir auf den Marktplätzen hören oder die das deutsche Fernsehen ständig überträgt, ist doch von sachlicher Diskussion nicht die Rede, meine Damen und Herren!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer hat es denn bis jetzt für richtig gehalten, auf einer dieser Kundgebungen einmal an die Entscheidung Otto Brenners, Heinz Klunckers und der anderen zu erinnern, die ich hier einmal in die öffentliche Diskussion einführe als einen Maßstab?

    (Dr. Ehmke [SPD]: Das müssen Sie Herrn Blüm sagen!)

    — Aber Herr Ehmke!
    Ich glaube, diese Erinnerung an eine Zeit, in der wir ja auch enger zusammengearbeitet haben, spricht für sich selbst. Sie wird hoffentlich dazu beitragen, die Diskussionen auch außerhalb dieses Hauses ein Stück zu versachlichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Denn niemand kann sich der Mitverantwortung für die Überwindung der Krise entziehen, weder Arbeitgeber noch Gewerkschaften noch freie Berufe noch andere und am wenigsten natürlich wir, die wir als Politiker ein direktes Mandat der Wähler haben.
    Die Finanzpolitik des Bundes soll — das wollte ich heute deutlich machen — unter schwierigen Bedingungen ihren Beitrag leisten.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)