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ID0912309000

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    Plenarprotokoll 9/123 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Oktober 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 7417 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7417 B Glombig SPD 7425 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 7433 B Lutz SPD 7436 D Cronenberg FDP 7438 C Brandt SPD 7442 B, 7463 D Mischnick FDP 7451 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 7459 D Hölscher FDP 7464 A Dr. Vohrer FDP 7466 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 7470 A Erklärungen nach § 30 GO Jung (Kandel) FDP 7468 B Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . 7469 B Dr. Ehmke SPD 7469 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes — Drucksache 9/1909 — 7470 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde — Drucksache 9/1987 — 7470 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes — Drucksache 9/2034 — 7470 C Beratung der Sammelübersicht 44 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/1995 — 7470 C Beratung der Übersicht 10 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/2005 — 7470 D Nächste Sitzung 7470 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7471"A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7471"C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Oktober 1982 7417 123. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 15. 10. Dr. van Aerssen * 15. 10. Dr. Ahrens ** 15. 10. Austermann 15. 10. Dr. Bardens 15. 10. Beckmann 15. 10. Bredehorn 15. 10. Breuer 15. 10. Brunner 15. 10. Coppik 15. 10. Dallmeyer 15. 10. Dörflinger 15. 10. Dr. Geßner ** 15. 10. Dr. Götz 15. 10. Haar 15. 10. Haehser 15. 10. Hauck 15. 10. Heistermann 15. 10. Jansen 15. 10. Jung (Kandel) ** 15. 10. Jung (Lörrach) 15. 10. Kolb 15. 10. Dr. Kreile 15. 10. Kühbacher 15. 10. Lowack 15. 10. Magin 15. 10. Dr. Müller ** 15. 10. Müller (Bayreuth) 15. 10. Reddemann ** 15. 10. Regenspurger 15. 10. Repnik 15. 10. Reschke 15. 10. Rosenthal 15. 10. Sauter (Ichenhausen) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 15. 10. Schmidt (Wattenscheid) 15. 10. von Schoeler 15. 10. Schröder (Wilhelminenhof) 15. 10. Schröer (Mülheim) 15. 10. Schulte (Unna) 15. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Schwenk (Stade) 15. 10. Dr. Solms 15. 10. Volmer 15. 10. Wallow 15. 10. Weirich 15. 10. Dr. Wendig 15. 10. Dr. Wieczorek 15. 10. Frau Dr. Wisniewski 15. 10. Zywietz 15. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 12. Oktober 1982 mitgeteilt, daß die dem Ausschuß gemäß § 92 der Geschäftsordnung überwiesene Aufhebbare Dreiundachtzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - (Drucksache 9/1764) auf Grund der politischen Ereignisse im Ausschuß nicht fristgerecht habe beraten werden können. Ein Bericht werde daher nicht vorgelegt. Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Nichtaufhebbare Fünfundachtzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - (Drucksache 9/2007) Zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Entschließung des Europäischen Parlaments zur Förderung der kombinierten Erzeugung von Wärme und Kraft - (Drucksache 9/2010) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Ausschuß für Forschung und Technologie Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 35 11 Tit. 698 02 - Abgeltung von Schäden - (Drucksache 9/2020) zuständig: Haushaltsausschuß
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Verehrter Herr Bundeskanzler, Sie haben einen Satz gesagt, der meiner Meinung nach so nicht stehenbleiben kann. Sie haben gesagt — ich fürchte, das Protokoll wird es ausweisen —, Sie



    Brandt
    würden die Wahrheit zur Wahl stellen. Sie haben einige Sätze später gesagt, bei uns anderen sei kein Quentchen Wahrheit.
    Herr Bundeskanzler Kohl, dieser Staat, diese Bundesrepublik Deutschland basiert auf Pluralität. In diesem Hause ringen Christdemokraten, Freie Demokraten und Sozialdemokraten miteinander. Auch der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland verfügt nicht über die ganze Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD — Bundeskanzler Dr. Kohl: Einverstanden!)

    Deshalb täten Sie gut daran, diesen Anspruch auf Überheblichkeit zurückzunehmen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile dem Abgeordneten Hölscher das Wort.

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    Rede von Friedrich Hölscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, es mag für viele eine Zumutung sein,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    daß ich jetzt noch das Wort ergreife, nachdem die Debatte eigentlich schon ihren Abschluß gefunden hat, aber die Geschäftslage ließ es für mich nicht zu, in der sozialpolitischen Runde das Wort zu nehmen. — Herr Mischnick, wenn Sie mir vielleicht für zehn Sekunden Ihr Ohr leihen: Das, was ich zu sagen habe, sage ich in vollem Respekt vor meinem Fraktionsvorsitzenden und in der gebotenen Loyalität.
    Meine Damen und Herren, ich habe das Wort hier als ein Sozialpolitiker genommen, für den es — ich gebe es ehrlich zu — nicht leicht ist, von einer sozialliberalen Sozialpolitik der letzten Jahre — für mich waren es zehn —, die insgesamt — auch im Ausbau unseres Sozialsystems — große Erfolge zu verzeichnen hatte, Abschied zu nehmen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und bei der SPD)

    Was mich im Sozialbereich — auch an der heutigen Debatte — bedrückt hat, ist zweierlei: daß zum einen dieses Parlament offensichtlich in die Gefahr gerät, nicht mehr mit der gebotenen Differenziertheit zu argumentieren, sondern in der Form verbaler Rundumschläge das zu zerstören, was gerade unter Sozialpolitikern aller Fraktionen unbestritten sein sollte.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Lassen Sie mich deshalb hier sagen: Weder hört der Sozialstaat mit der Berufung des neuen Arbeitsministers Blüm auf, noch ist die sozialliberale Koalition für die Arbeitslosigkeit verantwortlich.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und bei der SPD)

    Zum anderen habe ich als Sozialpolitiker der FDP gerade in dieser Woche — nach der Vorlage der sozialpolitischen Sanierungsbeschlüsse der neuen Regierung — eine Erfahrung gemacht: Wir haben nicht nur dieselben Probleme zu lösen, sondern versuchen auch mit den gleichen unzulänglichen Mitteln, dies zu bewerkstelligen,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    angefangen bei den Zahlen, die nicht stimmen, die nachgebessert und auf jeden Fall nach unten zurechtgerückt werden müssen, bis zu den parlamentarischen Verfahren der Umsetzung. Dies ist für mich das Unbefriedigenste überhaupt: Hinsichtlich dessen, was von mir als Sozialpolitiker verlangt wird, hat sich unter der neuen Regierung nichts geändert. Das waren wir schon von der alten Regierung gewohnt: daß eben Sozialpolitiker zu Reparaturschlossern degradiert werden und daß sie an der Konstruktion des ganzen Gebäudes nicht beteiligt werden.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Aber, meine Damen und Herren, das Wort ergriffen habe ich eigentlich aus einem ganz anderen Grunde. Ich habe in den letzten zwei Tagen von Sprechern der CDU/CSU, aber auch von Sprechern meiner eigenen Fraktion zu oft gehört, die sozialliberale Koalition sei auch wegen unüberbrückbarer Gegensätze in der Sozialpolitik, auch wegen des Fehlens von Gemeinsamkeiten in der Sozialpolitik gescheitert. Dem möchte ich hier ausdrücklich widersprechen!

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und bei der SPD)

    Ich habe gelernt — und zwar nicht aus dem „Spiegel", sondern einfach aus den Eindrücken, die man hier in den letzten Monaten vermittelt bekam —, daß es wohl so war, daß sich am Ende dieser Koalition die Führung in einem vereisten Bunker befand.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Ich weiß nicht, wer zuerst die Heizung abgestellt hat und wer zuerst das Licht ausgeschaltet hat. Das interessiert mich auch nicht! Nur ist das, was dort offenbar geschehen ist, etwas ganz anderes als die loyale Zusammenarbeit, als die Bereitschaft zur Einigung, die auf der Ebene der Sozialpolitiker von SPD und FDP bis zur letzten Stunde vorhanden war.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und bei der SPD)

    Ich frage mich deshalb — und viele fragen sich —, ob nicht in der Zeit, in der wir uns mit dem Zusammenbruch der sozialliberalen Koalition und mit dem konstruktiven Mißtrauensvotum beschäftigt haben, d. h. in den letzten Wochen, Glombig, Lutz, Dreßler und Egert einerseits, Schmidt (Kemp-ten), Cronenberg und Hölscher andererseits den Nachtragshaushalt im Sozialbereich eben auch noch unter Dach und Fach bekommen hätten, wenn man uns nur gelassen hätte.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Aber das spielt ja jetzt wohl keine Rolle mehr, denn wir liegen ja mit der Verschuldung deutlich unter 40 Milliarden DM. Aber fragen wir uns alle als Parlamentarier — ich habe mich immer so ver-



    Hölscher
    standen, daß ich in erster Linie Parlamentarier bin und nur in zweiter Linie die Hilfe der Regierung, die meine Fraktion jeweils zu tragen hat —: Wie steht es eigentlich mit unserem Selbstbewußtsein als Parlamentarier, wenn es bei dem, was an sich das vornehmste Recht des Parlaments ist, dem Haushaltsrecht, bei der Lösung der Aufgabe, einen Haushalt in Ordnung zu bringen, der Neubildung einer Regierung bedarf? Dies kann ich mit meinem Selbstverständnis als Parlamentarier so ohne weiteres nicht akzeptieren. Ich frage mich auch im Nachhinein: Was wäre wohl zwischen uns, verehrte Kollegen von der SPD, gerade beim notwendigen Umbau des Sozialsystems noch möglich gewesen, wenn meine Parteiführung Ihnen das zugestanden hätte, was sie dem neuen Koalitionspartner zugestanden hat?

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und bei der SPD)

    Ich denke an die Erhöhung der Mehrwertsteuer ohne Rückgabe über eine Einkommensteuerreform, ich denke an die Zwangsanleihe — jemand hat das spöttisch als „christianisierte Ergänzungsabgabe" bezeichnet. Jedenfalls ist es eine Sozialkomponente, die ansetzt bei Besserverdienenden. Ich denke auch an die beschlossene wesentlich höhere Nettokreditaufnahme, zugegeben bei anderen Rahmenbedingungen, die sich, auch in den letzten Wochen, verschlechtert haben.
    Insofern möchte ich mich vor die Kollegen der SPD stellen, insbesondere den Kollegen Glombig, wenn gesagt wird: „Hier waren keine Gemeinsamkeiten; die SPD war nicht bereit, den notwendigen Umbau des Sozialsystems mitzuvollziehen." Ich zitiere Eugen Glombig aus den „Informationen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion" vom 16. August 1982:
    Die Krise der Wirtschaft und der Wirtschaftspolitik belastet nicht nur das soziale Netz, sondern sie stellt auch die Lernfähigkeit beider Partner auf die Probe. Sozialdemokraten müssen lernen, daß die Zeit des weiteren Ausbaus der sozialen Sicherung im Sinne expandierender Leistungen vorbei ist und daß von dem, was unter wirtschaftlich günstigeren Bedingungen sozialpolitisch wünschenswert war, Abstriche gemacht werden müssen.
    Soweit Eugen Glombig. Er hat damit dokumentiert, daß doch die Bereitschaft vorhanden war, unter geänderten Rahmenbedingungen auch seitens der SPD das Notwendige zu tun.
    Ich muß leider aber auch, weil es hier zu oft zu globalen Schuldzuweisungen kam, den Herrn Minister Barzel zitieren, der ausgerechnet in der Einbringungsrede zum konstruktiven Mißtrauensvotum, also auch für meine Fraktion, erklärte:
    Nicht die, welche den Karren aus dem Dreck ziehen müssen, sind schuld, sondern die, die ihn so weit in den Schlamm gefahren haben.
    Das vergleiche ich dann mit dem Verhalten der
    damaligen Opposition im Sozialausschuß, die —
    das stelle ich ohne Wertung fest - uns bis etwa vor
    zwei Jahren ständig mit Anträgen konfrontiert hat, die zu Mehrausgaben geführt hätten, den Karren also noch tiefer in den Dreck gezogen hätten.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Ich erinnere mich auch an die Verabschiedung der Änderungen im Bereich des Arbeitsförderungsgesetzes 1981/82, wo wir die Umschulung auf das notwendige Maß konzentriert haben, nämlich auf die, die arbeitslos werden oder arbeitslos geworden sind. Dieses Gesetz haben Sie von der CDU/CSU abgelehnt, weil es Ihnen zu weit ging, und es wurde eine der schlimmsten Reden gehalten, die ich je im Bundestag gehört habe, die Rede des jetzigen Ministers Geißler am 4. März 1982 hier von diesem Platz aus in Richtung der SPD-Fraktion:
    Das wissen wir. Sie setzen sich mit Ihren sozialpolitischen Zielen, mit Ihrem sozialpolitischen Gewissen in dieser Koalition nicht mehr durch.
    — Das war an die SPD gerichtet. —
    Ihr sozialpolitisches Gewissen opfern sie doch auf dem Altar der Bundesregierung. Das ist doch die Situation, in der wir uns befinden. Sie lassen sich den Willen der Freien Demokraten in dieser Frage aufzwingen, also von einer Partei, von der niemand so recht weiß, nach welchen Grundsätzen sie gerade handelt.
    Herr Minister Geißler ist nicht mehr da. Ich möchte ihn dennoch von diesem Platz aus fragen, auf welchem Altar er jetzt sein soziales Gewissen geopfert hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Ich hoffe, daß es solche Reden im Deutschen Bundestag nicht mehr geben wird, weil sie das Klima vergiften und die Tür zuschlagen vor der notwendigen Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen.
    Wie wird die Zukunft aussehen? Ich muß für meine Person hier erklären: Ich bin bereit, mich in meinem eigenen Selbstverständnis als Sozialpolitiker an der Bewältigung der weiß Gott nicht kleinen Probleme in der Beschäftigungspolitik und der Sozialpolitik zu beteiligen, dort mitzuarbeiten. Ich muß aber auch sagen, daß ich innere Vorbehalte habe. Frau Hamm-Brücher und Gerhart Baum haben dies am 1. Oktober deutlich gemacht, Frau Ingrid Matthäus-Maier gestern abend noch. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
    Ich hoffe nur, daß die neue Regierung ein parlamentarisches Beratungsverfahren findet, das nicht die Fehler der alten Regierung wiederholt oder gar noch verschlimmert. Damit meine ich einen ausgiebigen Beratungszeitraum für die Gesetze, ich meine aber auch den Inhalt der Gesetze. Hier muß noch manches überprüft werden.
    Die Sozialkomponente ist noch nicht ausreichend. Unter „Sozialkomponente" verstehe ich nicht allein Zwangsanleihe, sondern ich verstehe darunter — und da stimme ich Norbert Blüm zu — auch die soziale Symmetrie: daß andere Gruppen der Bevöl-



    Hölscher
    kerung, denen Einschnitte eher zuzumuten sind, verbindlich zu Opfern angehalten werden und sich nicht durch Absichtserklärungen alles letzten Endes doch nur wieder in Nebel auflöst.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und vereinzelt bei der CDU/CSU)

    Ich meine z. B. eine Verschiebung der Besoldungserhöhung de facto und de jure um ein halbes Jahr. Ich meine aber auch ein Offenhalten der Frage, ob die Zwangsanleihe der richtige Weg ist, ob man nicht vielleicht besser doch zu einer auch ordnungspolitisch sauberen Ergänzungsabgabe kommen könnte.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich denke auch daran — das wäre Aufgabe der Finanzpolitiker —, im Steuerrecht dafür zu sorgen, daß nicht ein Zahnarzt mit einem sehr hohen Einkommen durch Anwendung des Steuerrechts sein zu versteuerndes Einkommen auf Null herunterschraubt.

    (Beifall der Abg. Frau Matthäus-Maier [FDP] und bei der SPD)

    Auch das gehört zur sozialen Symmetrie.
    Meine Damen und Herren, auch wenn dies einigen meiner Freunde sicher wehtut — ich will niemanden verletzen, kein Öl in wessen Feuer auch immer schütten —, stelle ich fest: Die alte Regierung ist nicht so sehr an fehlenden Gemeinsamkeiten gescheitert, auch wenn es Opposition gegen den eigenen Kanzler aus den Reihen der SPD gab, sie ist vor allem nicht an fehlenden Gemeinsamkeiten in der Sozialpolitik gescheitert, sondern sie ist gescheitert an verlorenen Landtagswahlen und — als Folge davon — am unklaren Koalitionskurs.
    Die neue Regierung wird im Parlament scheitern, wenn sie die Fehler der alten Regierung wiederholt und versuchen sollte, im Parlament ihre Entscheidungen im Alleingang durchzusetzen, und bei der Tragweite der sozialen Einschnitte die Notwendigkeit der sozialen Ausgewogenheit mißachtet.
    Aber — und das ist mein letzter Satz — die neue Regierung wird vor allen Dingen vor dem deutschen Volk scheitern, wenn sie sich nicht das verschafft, was ihr fehlt und was das Wichtigste in einer Demokratie ist: die politische Legitimation durch den Wähler. — Vielen Dank.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)