Herr Kollege Cronenberg, es tut mir leid. Ich habe wirklich nur 12 Minuten
und möchte dieses Haus nicht überstrapazieren. Die Herren da vor mir sind sowieso schon so unruhig. —
Sie haben, Herr Arbeitsminister, über die Wahlmöglichkeiten gesprochen, die Sie mit der Arbeitszeitordnung künftig eröffnen wollen. Ich bin einmal sehr gespannt, wie das ausschaut, ob sich dahinter nicht verbirgt, daß Sie jenen sehr subtilen Ausbeutungsprozeß der kapazitätsorientierten Teilzeitarbeitsverhältnisse in den Kaufhäusern damit rechtlich fixieren wollen.
Ich vermute das; wir werden's noch erleben.
Sie haben, Herr Minister, die Frühverrentung, also die Möglichkeit, bei versicherungsmathematischem Abschlag früher in Rente gehen zu können, als eine geeignete arbeitszeitverkürzende Maßnahme genannt. In der Tat, es wäre schön, wenn wir Möglichkeiten eröffnen würden, die Rente früher in Anspruch zu nehmen. Aber mit versicherungsmathematischem Abschlag geht's nicht. Dann wird die Rente so niedrig, daß sich niemand das leisten kann. Und das wollen Sie hoffentlich nicht: daß wir den Arbeitnehmer mit einer um bis zu 400 DM gekürzten Rente über dieses Institut zwangsweise ins Rentenalter hinausdrücken. Das kann wohl nicht die Antwort sein. Die Antwort muß sein, daß sowohl der Staat als auch die Tarifvertragsparteien alle Möglichkeiten der Arbeitszeitverkürzung nutzen müssen. Sonst geht nämlich die inhumanste Form der Arbeitszeitverkürzung dramatisch weiter, die darin besteht, daß die Arbeitszeit für eine wachsende Zahl von Menschen auf Null reduziert wird, daß die Arbeitslosenzahlen ständig steigen.
Herr Arbeitsminister, an Ihrem Kampf gegen Arbeitslosigkeit — nicht an Ihrem schönen Wortgeklingel — werden Sie gemessen werden. An der Bewältigung und Nichtbewältigung dieser Frage wird sich nicht nur das Schicksal dieser Regierung, sondern das Schicksal der Republik entscheiden, wenn es uns nicht gelingt, hier gemeinsam den verhängnisvollen strukturellen Problemen zu steuern,
wie sie sich hier darbieten. Das bedarf einer sehr ernsten, einer sehr ehrlichen, einer alle Fraktionen dieses Hauses, alle Gruppen dieser Gesellschaft umfassenden Politik. Dazu einen Beitrag zu leisten, wäre die Aufgabe dieses Arbeitsministers. Aber wer sich 13 Jahre lang außerhalb der Verantwortungsrealitäten bewegt hat, im Wort, immer nur im Wort
und noch einmal im Wort, ist zur Verantwortung leider noch nicht fähig. — Ich danke Ihnen.