Herr Roth, ich muß Sie leider enttäuschen. Ich lasse mir von Gewerkschaften nicht nur Ratschläge geben, ich orientiere mich sogar an gewerkschaftlichen Vorbildern. Es gab nämlich schon einmal eine Lohnpause, 1967 unter Otto Brenner, einem sehr verdienstvollen, großen Gewerkschaftsführer.
Das, was amerikanische Gewerkschaften können — die sind doch auch nicht schlechter als die deutschen —, werden doch wohl auch die deutschen Gewerkschaften können.
— Ich lese Ihnen gerne einmal die Beispiele vor. Die amerikanische Automobilarbeitergewerkschaft hat mit Ford und General Motors einen Tarifvertrag abgeschlossen: Verzicht auf Lohnerhöhung — nicht um ein halbes Jahr Verschiebung — für 30 Monate. Ich wiederhole, Herr Roth: für 30 Monate.
Auf den Zusatzurlaub von neun Tagen, der schon vereinbart war, haben sie verzichtet. Sie haben sich einverstanden erklärt, den Einstellungslohn um 15% zu senken.
Natürlich nicht für ein „Vergelt's Gott", natürlich nicht für nichts, sondern sie haben etwas herausgeholt: Verzicht auf Betriebsstillegungen, Arbeitsplatzgarantien für die älteren Arbeitnehmer, Gewinnbeteiligung in dem Fall, daß das Unternehmen höhere Gewinne macht. Mit der American Motor Company haben die Gewerkschaften den Verzicht auf Anpassung des Lohnes an die Inflationsrate vereinbart und dafür erreicht — —
— Sie werden doch wohl nicht sagen, die amerikanischen Gewerkschaften seien dummer als Sie. Sie können ja sagen, Norbert Blüm sei ein Arbeiterverräter. Ich warne Sie davor, alle Gewerkschafter zu Arbeiterverrätern zu erklären, die anderer Meinung sind als Sie. Ich warne Sie davor.