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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/122 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Oktober 1982 Inhalt: Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7293A, 7336A, 7380 B Engholm SPD 7303B Dr. Waigel CDU/CSU 7307 D Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . 7313A Gattermann FDP 7319A, 7407 D Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 7322 D Brandt (Grolsheim) SPD 7336 C Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 7341 C Dr. Miltner CDU/CSU 7349 B Dr. Hirsch FDP 7352 C Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7357 A Dr. Emmerlich SPD 7359 B Kleinert FDP 7362 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . 7365 C Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7383 C Roth SPD 7373A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7376 C Dr. Haussmann FDP 7378 D Frau Matthäus-Maier FDP 7383 C Möllemann FDP 7387 A Frau Fuchs SPD 7387 B Frau von Braun-Stützer FDP 7390 C Kuhlwein SPD 7393 A Daweke CDU/CSU 7395 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7398 C Waltemathe SPD 7402 C Dr. Möller CDU/CSU 7405 B Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7408 D Erklärungen nach § 30 GO Stiegler SPD 7335C, 7413 C Dr. Ehmke SPD 7413 D Nächste Sitzung 7414C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7415 *A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Oktober 1982 7293 122. Sitzung Bonn, den 14. Oktober 1982 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 15. 10. Dr. Ahrens ** 15. 10. Coppik 15. 10. Dr. Geßner ** 15. 10. Haar 15. 10. Haehser 15. 10. Hauck 15. 10. Heistermann 15. 10. Jansen 15. 10. Jung (Kandel) ** 15. 10. Jung (Lörrach) 15. 10. Lenzer ** 14. 10. Lowack 15. 10. Müller (Bayreuth) 15. 10. Dr. Müller ** 15. 10. Poß 14. 10. Reddemann ** 15. 10. Rosenthal 14. 10. Schmidt (Wattenscheid) 15. 10. Schulte (Unna) 15. 10. Schröer (Mülheim) 15. 10. Volmer 15. 10. Weirich 15. 10. Dr. Wendig 15. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ernst Waltemathe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, wer Ihre gestrige Regierungserklärung aufmerksam verfolgt hat und den von Ihnen vorgetragenen Text mit dem vergleicht, was als Ergebnis der Koalitionsgespräche zwischen CDU/CSU und FDP zu Papier gebracht worden ist, dem fällt Ihre große Bescheidenheit oder aber Ihre Verschleierungsabsicht auf; denn der Bundeskanzler hat an konkreten Ankurbelungsmaßnahmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen schon an zweiter Stelle Impulse für den Wohnungsbau mit Programmen zur Bausparzwischenfinanzierung, zur Eigentumsbildung und zum Bau von Mietwohnungen genannt, aber kein einziges Wort über das Mietrecht, über das Bodenrecht, über die Bodensteuer und über das Wohngeld verloren.
    Dabei gibt es nun aber ganz präzise formulierte Absichten der konservativen Koalition. Uns haben diese Koalitionsvereinbarungen zur Demontage der Mieterrechte und zur Plünderung der Mieter-Portemonnaies so tief getroffen, daß wir nichts unversucht lassen werden, unseren Bürgern die Wirklichkeit vor Augen zu führen, die gegen deren Interessen entstehen wird.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Möller [CDU/ CSU]: Für wie dumm halten Sie eigentlich die Mieter?)

    Horst Ehmke hat als Hauptredner der SPD-Bundestagsfraktion schon deutlich gemacht, wie wir die Oppositionsrolle verstehen und annehmen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Wir sagen, was mit uns geht. Wir lehnen ab, was unvernünftig ist, und wir werden Alternativen aufzeigen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Darauf warten wir!)

    Im wohnungspolitischen Bereich fange ich einmal mit einigen positiven Feststellungen an:
    Erstens. Eine Bausparzwischenfinanzierung für Bauherren oder Ersterwerber einer Eigentumswohnung oder eines Siedlungshäuschens für die eigenen Wohnzwecke befürworten wir.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)




    Waltemathe
    Wir schlagen eine solche Bausparzwischenfinanzierung auch unsererseits ausdrücklich vor

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Das hätten Sie vorher machen können!)

    und stellen fest, Herr Dr. Möller, daß das ein Vorschlag ist, den wir im Mai 1981 zum erstenmal gemacht haben. Die FDP war dagegen. Nun scheint es ihr opportun zu sein, mitzumachen. Gleichwohl, wir werden auch mitmachen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Deswegen war die Wende auch erforderlich!)

    Zweitens. Eine Förderung selbstgenutzten Wohneigentums wird von Sozialdemokraten, wie Sie wissen, keinesfalls abgelehnt. Im Gegenteil: Wir haben sowohl mit den Bestimmungen und den Geldern für den sozialen Wohnungsbau als auch im Steuerrecht — ich erinnere an § 7 b — Impulse bewirkt. Allerdings bleiben wir dabei, daß wir einen zielgenaueren Einsatz öffentlicher Gelder und eine gerechtere Verteilung von Subventionen verlangen; denn nach wie vor sind wir der Auffassung, daß nicht demjenigen am meisten Förderung zustehen sollte, der darauf von seinem Einkommen her am wenigsten angewiesen wäre. Nunmehr schlägt die Regierung als zusätzliches Förderinstrument steuerliche Erleichterungen vor, die den Trend verstärken werden, daß die Gutbetuchten begünstigt und die Durchschnittsverdiener im Vergleich dazu benachteiligt werden.
    Drittens. Maßnahmen zur Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus in Verdichtungsräumen — das klingt nicht nur gut, das ist schon fast sozialdemokratisch. Ich finde es zwar eigenartig, daß unsere Vorschläge für ein Sonderprogramm für zweimal 30 000 Sozialwohnungen in Ballungsgebieten von der FDP ebenfalls abgelehnt worden ist, weil der soziale Wohnungsbau angeblich keine Aufgabe mehr sei. Nunmehr scheint das aber doch notwendig zu sein. Wir sind hinsichtlich Ihrer Ankündigung allerdings dennoch etwas skeptisch; denn Sie sagen nichts über den Weg, zu neuen bezahlbaren Mietwohnungen zu kommen. Auf Ihre konkreten Vorschläge sind wir deshalb gespannt. Wenn diese konkreten Vorschläge, Herr Minister Schneider, solider sind als ein Bauprogramm im zweiten Förderweg, kombiniert mit dem Bauherrenmodell — ein Modell, das die Ausplünderung des Staates bedeuten würde —, können Sie sicher sein, daß wir uns nicht verweigern werden.
    Abgesehen von den grundsätzlichen Bedenken gegen eine rückzahlbare sogenannte Zwangsanleihe: Sie werden doch wohl nicht im Ernst behaupten wollen, daß Sie soziale Mietwohnungen aus einem Teil der angeblich 2,5 Milliarden DM betragenen Finanzmittel aus dieser Anleihe finanzieren wollen. Das würde ja bedeuten, daß nach drei Jahren oder ab 1987, wenn Sie den Besserverdienenden die Anleihe wieder zurückzahlen, der dicke Hammer für die Mieter hinterherkäme mit ganz drastischen Mieterhöhungen, weil Sie ja Zinsen auf Mittel erheben müßten, die bisher zinsfrei waren.
    Meine Damen und Herren, damit hat es sich auch schon mit Ihren Vorschlägen, die teilweise und bei konkreter Beratung die Zustimmung der Sozialdemokraten finden könnten oder finden werden. Die weitaus gravierenderen Einschnitte sollen allerdings im Mietrecht, im Bodenrecht und beim Wohngeld erfolgen. Hier kündigen wir allerdings schärfsten Widerstand an.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Sowohl die CDU/CSU als auch die FDP haben in den letzten Jahren immer wieder gefordert, die Mieten freizugeben, den sozialen Wohnungsbau einzustellen bzw. Sozialwohnungen auf den Markt zu überführen und eine soziale Absicherung über ein stark verbessertes Wohngeld vorzunehmen. Abgesehen davon, daß wir diese grundsätzliche Haltung nicht teilen und sie auch kaum für mit dem grundgesetzlichen Gebot eines demokratischen und sozialen Rechtsstaats für vereinbar halten, verlassen Sie selbst Ihre eigenen Theorien; denn Sie wollen Mieterschutzrechte drastisch abbauen, eine Strategie der Mieterhöhungen fördern

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Wo steht das?) und gleichzeitig das Wohngeld kürzen.


    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Jetzt bleiben Sie doch bei der Wahrheit!)

    Unter dem Stichwort „Liberalisierung des Mietrechts" soll offensichtlich verschleiert werden, daß sich der Vermieter künftig befreien kann von den für ihn vielleicht lästigen, verfassungsmäßig und sozial aber dringend gebotenen Bindungen des Eigentums. Die neokonservative Regierung will und wird eine Politik betreiben, die die Wohnung als beliebige Ware betrachtet, und den Ertrag aus dieser Ware will sie zum einzigen Maßstab staatlicher Rahmenbedingungen machen.
    Wo bleibt die Schutzwürdigkeit des Lebensmittelpunkts vieler Millionen von Familien?

    (Beifall bei der SPD)

    Was ist mit dem Ausgleich der Interessen von Vermietern und Mietern? Wo und auf welche Weise werden die wirklichen Investitionshemmnisse des Baugeschehens beseitigt, z. B. durch eine Bekämpfung von Spekulation oder eine Bestrafung von Bodenhortung? Davon ist bei Ihnen nirgendwo die Rede. Es wird so getan, als seien die in den Wohnungen lebenden Menschen Investitionshemmnisse.

    (Cronenberg [FDP]: Quatsch!)

    Im Mittelpunkt soll aber doch der Mensch stehen.
    Im einzelnen schlägt die neue Koalition vor, die tragenden Säulen unseres — bis auf eine Stimme — einstimmig angenommenen Mietrechts anzusägen. Wenn man Säulen ansägt, dann stürzt logischerweise ein solides Gebäude ein.
    Sie wollen erstens den Wohnraumkündigungsschutz für die Mieter in Ein- und Zweifamilienhäusern gänzlich beseitigen. Das trifft etwa 1,5 Millionen Mietparteien.
    Sie wollen zweitens, daß der Kündigungsschutz leicht umgangen werden kann durch auf fünf Jahre



    Waltemathe
    abzuschließende Zeitmietverträge, die nicht an enge Voraussetzungen geknüpft sind.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Das hat Herr Schmude auch vorgeschlagen!)

    — Wir hatten dreijährige Zeitmietverträge vorgesehen und außerdem dann enge Voraussetzungen.
    Drittens. Sie wollen, daß die Mieten in Altbaubeständen stark steigen, nämlich durch die Zulassung von programmierten Mieterhöhungen bei der Neuvermietung von Altbauwohnungen, sogenannte Staffelmieten im Altbestand.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Möller [CDU/ CSU])

    Viertens. Sie wollen die Vergleichsmiete ebenfalls durch die Zeitmietverträge umgehen, weil Zeitmietverträge natürlich jeweils einen Neuabschluß darstellen.
    Fünftens. Sie wollen den Begriff der Vergleichsmiete auf die teuersten Mieten der letzten drei Jahre beschränken.
    Sechstens. Sie wollen Wohnungen aus dem eigenen Bestand als Vergleichswohnungen zulassen. Das bedeutet folgendes.

    (Abg. Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Dr. Jahn, ich habe leider keine Zeit, Zwischenfragen zu beantworten. — Großvermieter brauchen weiter nichts zu tun, als in ihren Wohnungen drei Mieter zu suchen, die zur höheren Mietzahlung bereit und in der Lage sind, und schon dürfen alle anderen Mieter ebenfalls zur Kasse gebeten werden.
    Siebentens. Der Schutz vor Verdrängung aus der bisherigen Wohnung und vor Umwandlungshaien wird weiter zurückgedreht, er wird jedenfalls nicht verstärkt. Der Schutz vor Herausmodernisierung bisheriger Mieter wird stark beschädigt.
    Alles in allem also: Alles, was von der sozialliberalen Koalition als Schutz vor den erbarmungslosen Auswirken des sogenannten Lücke-Plans der 60er Jahre geschaffen worden ist, soll mit kurzen Federstrichen bis zur Unkenntlichkeit zurückgedreht werden in einen Freiwild- und Mieterhöhungsmechanismus, der breiteste Schichten unserer Bevölkerung ganz empfindlich treffen wird.
    Etwa 10 bis 15 Milliarden DM Mieterhöhungen sollen die Umverteilung von unten nach oben bewerkstelligen. Es wird also in dieser Höhe Kaufkraft abgeschöpft. Und Wohngeldkürzungen um 10 % tun ein Übriges dazu. Damit wird aus einer reinen Ideologie des Ertrages heraus wirtschaftlich, sozial und rechtlich Unvernünftiges in die Wege geleitet.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Arbeitsplätze im Konsumgüterbereich werden gefährdet, ohne daß ersichtlich wäre, daß die Erträge aus den Mieterhöhungen wirklich wieder investiert werden.
    Meine Damen und Herren, unter dem Vorwand, mehr Investitionen in den Neubau von Eigenheimen und Geschoßwohnungen lenken zu wollen, verstärken Sie die Attraktivität der Spekulation mit Altbauten und bestehenden Sozialwohnungen.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Sehr wahr!)

    Das Bauherrenmodell wird von Ihnen keineswegs angegangen. Selbst eine bescheidene Rückschneidemöglichkeit, die Beseitigung der Mehrwertsteueroption, soll, wie man hört, wieder aufgehoben werden, obwohl erwiesenermaßen die Abschreibungs- und Verlustzuweisungsmöglichkeiten, die die Besserverdienenden in Anspruch nehmen, für den Staat weitaus teurer sind als die Förderung von Wohnungen und Eigenheimen im sozialen Wohnungsbau.
    Wohngeldkürzungen werden — das will ich der Vollständigkeit halber bemerken — übrigens keineswegs zur Eindämmung von Sozialleistungen führen. Denn Bund und Länder werden zwar die zig Millionen einsparen, aber Sie wissen auch, wie viele unter den Wohngeldempfängern gleichzeitig Sozialhilfe beziehen. Und für das, was an Wohngeld nicht mehr gewährt wird, müssen dann Kreise und Gemeinden durch die Erhöhung des Zuschusses der Sozialhilfe zu den Wohnkosten eintreten.
    Dieses ganze unsoziale Konzept, das weder Freiheit für Millionen von Bürgern noch Gerechtigkeit noch gar Solidarität in der Gesellschaft bewirkt, wird keineswegs die Bauwirtschaft in Gang bringen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Warten Sie ab!)

    Die Aushöhlung dringend notwendiger Schutzrechte wird im Gegenteil die Nachfrage einschränken, öffentliche Kassen beanspruchen und den sozialen Frieden beeinträchtigen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Der ist von Ihnen durch die fehlenden Wohnungen schon hundertmal beeinträchtigt, Herr Waltemathe!)

    Meine Damen und Herren, Sozialdemokraten behaupten nicht, daß sie nicht von sich aus bereit gewesen wären, einige Korrekturen an den sogenannten Rahmenbedingungen vorzunehmen. Wir verschweigen auch nicht, daß wir manche Schritte, die von uns Sozialdemokraten als falsch angesehen wurden, mitzugehen bereit waren, um auf anderen Feldern der Politik, beispielsweise der Beschäftigungspolitik, eine Gegenleistung der FDP zu bewirken. Wir stehen allerdings auch dazu, daß wir es für notwendig halten, manche Schutzrechte noch auszubauen, z. B. den Schutz vor dem Herauskaufen oder dem Herausmodernisieren von Mietern aus ihren Wohnungen, für die sie schließlich auch heute schon eine nicht geringe Miete zahlen müssen.
    Sozialdemokratische Wohnungspolitik geht auch künftig von folgendem aus: Wohnen müssen alle, und Eigentum wollen viele. Mieter müssen geschützt werden vor Verlust, unangemessener Verteuerung oder unzumutbarer Verwandlung ihrer Wohnung.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Die Menschen müssen erst mal Mieter werden!)




    Waltemathe
    Der soziale Wohnungsbau hat auch künftig die Aufgabe, Wohnraumversorgung zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten. Nachfrager nach selbstgenutztem Wohneigentum müssen durch Bekämpfung von Bodenspekulation und Bodenhortung in die Lage versetzt werden, überhaupt bezahlbaren Baugrund zu erwerben. Investitionen in den Wohnungsneubau sind steuerlich besser zu behandeln als Investitionen in den Bestand. Die steuerliche Förderung des selbstgenutzten Eigentums ist sozial gerechter, verwaltungsmäßig einfacher und familienfreundlicher zu gestalten.
    Mietwohnungen müssen dort gebaut werden, wo sie benötigt werden: in Ballungsgebieten und Städten. Die Fördermittel sind an die richtigen Orte, nicht an die besten Renditelagen zu lenken. Deshalb werden wir Millionen von Mitbürgern, die zur Miete wohnen, nicht im Stich lassen.

    (Dr.-IngKansy [CDU/CSU]: Die habt Ihr seit Jahren im Stich gelassen!)

    Wir werden Millionen von Menschen, die für sich Wohneigentum schaffen oder erwerben wollen, nicht alleine lassen. Die Wende in die Ausbeutungs-
    und Umverteilungsgesellschaft, in der sich einige auf Kosten der breiten Schichten bereichern können durch die Tatsache, daß jeder Mensch auf eine Wohnmöglichkeit angewiesen ist, darf nicht stattfinden. Die Pläne der neuen Regierung, soziale Ungerechtigkeit einzuführen, angemessene Wohnbedingungen zum Luxus zu machen, Bodenspekulanten zu schützen und Mieter zum Freiwild zu erklären, dabei Wohngeld abzubauen, aber Möglichkeiten zur steuerlichen Abschreibung für Vermögende auszubauen, dürfen nicht Wirklichkeit werden. Wir werden darum kämpfen, daß sie nicht Wirklichkeit werden. — Danke schön.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Möller [CDU/ CSU]: Im Ausschuß sind Sie viel sachlicher! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Den Hammer haben Sie schon gebraucht, jetzt fehlt nur noch die Säge!)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich mitteilen, daß die gemeldeten Redezeiten nicht von jedem Redner unbedingt ausgenützt werden müssen. Er ist frei, auch kürzer zu reden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Möller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Möller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Waltemathe, Sie haben wieder einmal ein Horrorgemälde vorgeführt.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Sie haben den Eindruck erweckt, als ob die Mieter Ihnen das abnehmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das waren die Bremer Stadtmusikanten!)

    Für so dumm können Sie j a eigentlich die Mieter gar nicht halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Politik der SPD-Wohnungsbauminister der letzten Jahre — und das ist das Ergebnis, das wir heute feststellen müssen — hat zu weniger fertiggestellten Wohnungen und zu mehr Arbeitslosen im Bauhandwerk geführt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Die Zahl der neuen Wohnungen ging rapide zurück, und die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter steigt beängstigend immer mehr an.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Die Politik der letzten Jahre war dadurch gekennzeichnet, daß sie die Marktkräfte systematisch geschwächt und statt dessen zu einer Anspruchshaltung geführt hat, die die Wohnungsinhaber eindeutig bevorzugt und die Wohnungssuchenden, insbesondere junge Familien und sozial Schwächere, vor die Tür verweist.

    (Conradi [SPD]: Wird die Wohnungsbaupolitik nicht auch von den Ländern gemacht?)

    Der frei finanzierte Wohnungsbau ist unwirtschaftlich und deswegen nahezu zum Erliegen gekommen.

    (Conradi [SPD]: Es ist nicht der Bund, das sind die Länder!)

    Der Sachzusammenhang zwischen der mangelnden Investitionsbereitschaft privater Bauherren und der Mietgesetzgebung ist offenkundig geworden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: So die Sachverständigen!)

    Meine Damen und Herren, der Sozialwohnungsbau kann die entstandenen Versorgungslücken natürlich nicht schließen. Mit Kostenmieten von mehr als 20 DM pro Quadratmeter ist er an der Grenze der finanziellen Möglichkeiten längst angelangt. Meine Damen und Herren, die Ertragslage in der Bauwirtschaft ist nach den Worten des Präsidenten der Bauwirtschaft, Herion, nach dem Zweiten Weltkrieg noch nie so katastrophal gewesen wie im Augenblick nach Ende dieser Regierung.

    (Conradi [SPD]: Deswegen müssen die Mieten steigen!)

    In den ersten sieben Monaten des Jahres 1980 gingen 555 Baufirmen in Konkurs.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Bis zum Juli dieses Jahres waren schon 1219 Baukonkurse zu verzeichnen.

    (Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/ CSU]: Hört! Hört!)

    Der wirtschaftliche Verlust geht in die Milliarden. Die Sorge auf dem Bau erfaßt sowohl die Unternehmer als auch die Bauarbeiter und insbesondere ihre Familien. Es war deshalb an der Zeit, die Wohnungsbaupolitik zu ändern, sie auf die bewährten Grundsätze von Adenauer und Lücke zurückzufüh-



    Dr. Möller
    ren, die sie sozial ausgewogen und wirtschaftlich schlüssig gestaltet und durchgeführt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, dieses Ziel ist in dem Koalitionsabkommen und in der Regierungserklärung richtig erkannt und behutsam und folgerichtig angepackt worden.

    (Waltemathe [SPD]: „Behutsam" sagen Sie?)

    — Hören Sie doch zu, Herr Kollege Waltemathe! Wir haben Ihnen auch zugehört.
    Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt deshalb den wohnungspolitischen Teil der Koalitionsvereinbarungen mit Nachdruck als einen ersten Schritt zu einer hoffnungmachenden, erfolgversprechenden und entscheidenden Wende in der Wohnungspolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Erstens. Das Bauspar- und Zwischenfinanzierungsprogramm, das Programm zur Förderung des Mietwohnungsbaus in Verdichtungsräumen und das Programm zur Förderung des selbstgenutzten Wohnungseigentums sind kurzfristige und schnell wirksame Maßnahmen, besonders geeignet, Bauarbeiter wieder zu Arbeit und Brot zu bringen.
    Diese ersten Schritte dazu sind getan. Die von Beziehern von Einkommen über 50 000 bzw. 100 000 DM geforderte obligatorische Anleihe erscheint mir als ein geeignetes, sozial ausgewogenes und ordnungspolitisch vertretbares Instrument für diesen Zweck, da die Mittel, ziel- und zweckentsprechend, ausschließlich für den sozialen Wohnungsbau verwendet werden.
    Zweitens. Der von der neuen Koalition vorgesehene Schuldzinsenabzug bei Neubauten von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen wird den Eigenheimbau wieder nachhaltig in Schwung bringen. Das haben Sie soeben bestätigt, Herr Kollege Waltemathe. Er ist j a durch die ideologische Verirrung der abgelösten Regierung Schmidt besonders empfindlich getroffen worden.

    (Waltemathe [SPD]: Ja so!)

    Nach wie vor — auch Sie haben das soeben angedeutet — ist die Nachfrage nach Wohnungseigenturn ungebrochen.

    (Waltemathe [SPD]: Kinderkomponente!)

    80 bis 90% der Bürger wünschen sich privates Eigentum. Aber nicht einmal 40 % haben Wohnungseigentum erlangen können.
    Es wäre deshalb, Herr Bundeswohnungsbauminister, sehr zu begrüßen, wenn die neue Regierung den Grundsatz in § 1 des 2. Wohnungsbaugesetzes bekräftigen und neu mit Leben erfüllen würde, der das Ziel hat — ich zitiere —, „für weite Kreise der Bevölkerung breitgestreutes Eigentum zu schaffen". Dieses Ziel ist mehr und mehr in Vergessenheit geraten oder bewußt aus den Augen verloren worden. Die neue Regierung setzt hier Gott sei Dank mit dem Schuldzinsenabzug neue Impulse und neue Akzente. Es ist nämlich auch zu erwarten,
    daß die höhere Auslastung der Bauwirtschaft die Steuerausfälle sicher ausgleichen wird.
    Drittens. Zum Mietrecht kann ich auf das verweisen, was der Kollege Dr. Jahn am 8. September 1982 zu der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses für unsere Fraktion hier bekräftigt hat. Staffelmieten und Zeitmietverträge sind kleine Schritte zu mehr Vertragsfreiheit. Die Freiwilligkeit ist wichtigster Kernpunkt dieser Regelung.

    (Conradi [SPD]: Die Freiwilligkeit der Vermieter! — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Hören Sie zu, Herr Conradi!)

    Denn niemand kann gezwungen werden, einen Staffelmietvertrag oder einen Zeitmietvertrag abzuschließen. Eine Kündigung, Herr Kollege Conradi, zum Abschluß eines solchen Mietvertrags ist ebenso ausgeschlossen wie die Kündigung zum Zweck der Mieterhöhung.
    Die Polemik, die gegen diese beabsichtigte Neuregelung entfacht worden ist, verunsichert und beunruhigt bewußt und in erbärmlicher Weise die Mieter.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Im trüben fischen!)

    Und was der Herr Sperling in diesen Tagen an aufhetzenden Parolen ausgegeben hat, kommt offensichtlich aus der Mottenkiste des Klassenkampfs.

    (Zurufe von der SPD)

    Wer keinen Staffelmietvertrag oder keinen Zeitmietvertrag abschließen will, braucht es nicht.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sehr wahr! — Conradi [SPD]: Er kann ja im Zelt wohnen!)

    Der Mieter hat also keine Nachteile, wenn er ein Staffelmietverlangen ablehnt. Es bleibt dann bei der Vergleichsmiete.

    (Lambinus [SPD]: Unverschämtheit!)

    Die Staffelmiete ist in größerem Rahmen wahrscheinlich nur für die Vermieter mit einem großen Mietwohnungsbestand von Bedeutung, etwa für Lebensversicherungsunternehmen. Der frühere Bundeskanzler hat diesen eine entsprechende Zusage gemacht. Jetzt sind diese Unternehmen aufgerufen, ihre Absichten oder vielleicht ihre Versprechungen wahrzumachen

    (Zuruf des Abg. Jahn [Marburg] [SPD])

    und mit einem kräftigen Schub neue Mietwohnungen zu bauen und damit zur Belebung des Wohnungsmarktes beizutragen.
    Die von der neuen Koalition vorgesehenen Verbesserungen des sozialen Mietrechts sind darauf ausgerichtet, einen gerechten und sozialen Ausgleich zwischen Mietern und Vermietern zu sichern.

    (Conradi [SPD]: Das ist unwahr!)

    Wir gehen davon aus, daß die Bundesregierung das Mietrechtsänderungsgesetz alsbald einbringt, damit es verabschiedet werden kann.



    Dr. Möller
    Ein Wort zum Wohngeld, Herr Kollege Waltemathe. Das Wohngeld geht auf Paul Lücke zurück. Es ist seitdem ständig weiterentwickelt worden. Die vielen Novellen haben das Wohngeldrecht sehr kompliziert und in vielen Fällen auch unverständlich gemacht. Ich betone: Das Wohngeld als ausschließlich auf die Person bezogene Leistung des Staates hat in einer neuen Wohnungsbaupolitik eine zentrale Bedeutung.

    (Conradi [SPD]: Deswegen wird es gekürzt!)

    — Ich sage deswegen, daß ich es begrüße,

    (Zuruf des Abg. Jahn [Marburg] [SPD])

    daß es keine linearen Kürzungen geben wird, sondern daß durch strukturelle Änderungen bürokratische Kostensteigerungen abgebaut und in Zukunft vermieden werden.

    (Conradi [SPD]: Also: Mieten rauf, Wohngeld runter!)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich wegen der Kürze der Zeit nur noch drei Bemerkungen zu grundsätzlichen und langfristigen Problemen der Wohnungsbaupolitik machen.
    Erstens. Wir erwarten von der neuen Regierung, daß sie im nächsten Raumordnungsbericht insbesondere zu den Fragen der Stadtflucht einerseits und der Landflucht andererseits Stellung nimmt. Die Probleme in den Ballungsrandzonen, in denen sich die gegenläufigen Ströme treffen, werden immer drängender. Die bisherige Regierung hat hierzu auch nicht den Ansatz einer Lösung aufgezeigt.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Zweitens. Das Bundesbaugesetz, die Landesbauordnungen und viele Erlasse und Regelungen haben sich in den letzten Jahren mehr und mehr als „Bauverhinderungsrecht" erwiesen.

    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    Die Grundüberholung und Straffung des Bundesbaugesetzes ist überfällig. Die Bestimmungen über die Aufstellung und Änderung von Bebauungsplänen müssen wesentlich vereinfacht, der § 34 muß zeitgerecht verändert, und auch der § 35 muß in seiner Anwendung klarer und lesbarer werden.

    (Waltemathe [SPD]: Mehr Baufreiheit!)

    In den letzten 20, 30 Jahren ist in Gebieten mit Bebauungsplan unvergleichlich größerer Ärger als in Gebieten ohne Bebauungsplan produziert worden.

    (Waltemathe [SPD]: Nur auf der Wiese darf gebaut werden!)

    Drittens. Die Neue Heimat hat das Prinzip der Gemeinnützigkeit sehr in Mißkredit gebracht.

    (Conradi [SPD]: Das Evangelische Siedlungswerk genauso!)

    Das kann und darf aber nicht Anlaß sein, die Gemeinnützigkeit über Bord zu werfen. Der gemeinnützige Wohnungsbau erfüllt zwischen Staat und
    Markt eine wichtige Funktion. Dies gilt es zu erhalten, aber zeitgerecht fortzuentwickeln. Ob ein Wohnungswirtschaftsgesetz dazu erforderlich oder überflüssig ist, werden wir sorgfältig zu prüfen haben. Der von der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, insbesondere von den Wohnungsbaugenossenschaften, praktizierte Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe sollte gefestigt und gekräftigt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die neue Bundesregierung ist in der Wohnungsbaupolitik mit großem Schwung an die Arbeit gegangen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Die für den Wohnungsbau gegebenen Impulse sind schnell wirkende Initialzündungen mit positiver Ausstrahlung auch in andere Wirtschaftsbereiche, und diese machen Mut.
    Meine Damen und Herren, der frühere israelische Ministerpräsident Ben Gurion hat einmal gesagt: Der Weg des geringsten Widerstandes ist nur zu Beginn gepflastert. — Die neue Regierung hat nicht diesen Weg beschritten, sondern mutig, fair und sozial ausgewogen einen schwierigen, aber notwendigen Schritt getan. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sie dabei deutlich und kräftig begleiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)