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ID0912200000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/122 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Oktober 1982 Inhalt: Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7293A, 7336A, 7380 B Engholm SPD 7303B Dr. Waigel CDU/CSU 7307 D Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . 7313A Gattermann FDP 7319A, 7407 D Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 7322 D Brandt (Grolsheim) SPD 7336 C Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 7341 C Dr. Miltner CDU/CSU 7349 B Dr. Hirsch FDP 7352 C Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7357 A Dr. Emmerlich SPD 7359 B Kleinert FDP 7362 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . 7365 C Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7383 C Roth SPD 7373A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 7376 C Dr. Haussmann FDP 7378 D Frau Matthäus-Maier FDP 7383 C Möllemann FDP 7387 A Frau Fuchs SPD 7387 B Frau von Braun-Stützer FDP 7390 C Kuhlwein SPD 7393 A Daweke CDU/CSU 7395 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7398 C Waltemathe SPD 7402 C Dr. Möller CDU/CSU 7405 B Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7408 D Erklärungen nach § 30 GO Stiegler SPD 7335C, 7413 C Dr. Ehmke SPD 7413 D Nächste Sitzung 7414C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7415 *A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Oktober 1982 7293 122. Sitzung Bonn, den 14. Oktober 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 15. 10. Dr. Ahrens ** 15. 10. Coppik 15. 10. Dr. Geßner ** 15. 10. Haar 15. 10. Haehser 15. 10. Hauck 15. 10. Heistermann 15. 10. Jansen 15. 10. Jung (Kandel) ** 15. 10. Jung (Lörrach) 15. 10. Lenzer ** 14. 10. Lowack 15. 10. Müller (Bayreuth) 15. 10. Dr. Müller ** 15. 10. Poß 14. 10. Reddemann ** 15. 10. Rosenthal 14. 10. Schmidt (Wattenscheid) 15. 10. Schulte (Unna) 15. 10. Schröer (Mülheim) 15. 10. Volmer 15. 10. Weirich 15. 10. Dr. Wendig 15. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die Sitzung ist eröffnet. Wir fahren in der
Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung
fort. Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich kann ohne jede Einschränkung an die Worte anknüpfen, die ich am 16. September mit Zustimmung aus allen Fraktionen an dieser Stelle gesagt habe:
    Wir haben keine größere, wir haben keine bedeutendere Aufgabe, als die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
    Wir wissen alle, daß es in sämtlichen Industrieländern, aber eben auch bei uns keine schwierigere Aufgabe gibt. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, warum das so ist, warum wir und — das ist j a weit wichtiger — die von Arbeitslosigkeit Betroffenen Geduld und langen Atem haben müssen.
    Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Sondergutachten auf beeindruckende Weise erklärt, welche Probleme noch vor uns liegen. Die Prognose, die der Rat für das Jahr 1983 gestellt hat, kann niemanden von uns beruhigen. Ohne alle Umschweife füge ich hinzu, daß seine Voraussage, nämlich ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von real 1 %, sich noch durchaus am oberen Rand der realistischen Erwartung bewegt. Voraussichtlich werden die Schätzungen der Bundesregierung dahin gehen, daß für 1983 kein reales Wachstum erwartet wird. Denn die jüngsten Wirtschaftsdaten, Produktionszahlen, Auftragseingänge und Arbeitsmarktdaten machen auf eine erschreckende Weise deutlich, daß die Hindernisse auf dem Weg zu besserer Beschäftigung noch größer geworden sind. Wir werden — niemand sollte sich da täuschen — keine verharmlosenden Auskünfte über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des kommenden Jahres geben. Die neue Regierung muß den Mut zu einer realistischen Betrachtung der Lage und der
    Zukunftsaussichten aufbringen. Und sie wird ihn aufbringen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Meinungsstreit darüber, wie die Hindernisse auf dem Weg zu einer dauerhaften wirtschaftlichen Belebung in unserem Land zu beseitigen und zu überwinden sind, hat zum Bruch einer Koalition geführt, die ich vor 13 Jahren und schon davor erst gewollt und dann unterstützt habe, für die ich zehn Jahre als Abgeordneter und Minister gearbeitet habe.
    Erlauben Sie mir dazu einige persönliche Sätze. Ich werde nichts von dem zurücknehmen, was Freie Demokraten und Sozialdemokraten gemeinsam getan haben. Ich gehöre nicht zu denen, die — um es etwas übertrieben auszudrücken — das verbrennen, was sie gestern angebetet haben.
    Herr Kollege Ehmke, Sie haben recht — ich will Ihnen auch das bestätigen - mit dem, was Sie gestern gesagt haben: Helmut Schmidt wird für seine Führerschaft in der ganzen Welt bewundert. Das ist so gewesen. Aber es ist — leider, sage ich — immer weniger geworden,

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: So ist es!)

    weil die ganze Welt gemerkt hat, wer ihm seine Unterstützung entzogen hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Die Eigenschaften, die man zur Führerschaft braucht, Herr Kollege Ehmke, hat Herr Lafontaine als Sekundärtugenden bezeichnet, die auch zur Führung eines KZ ausreichen. Das ist in Ihrer Partei geschehen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Ich habe, als Sie hier — das ist Ihr gutes Recht, und ich fand das auch respektvoll; so war es ja auch gemeint — dem ausgeschiedenen Bundeskanzler eine standing ovation gebracht haben, als einen der ersten den von mir durchaus geschätzten Kollegen Freimut Duve aufstehen sehen.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/ CSU)




    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Und da ist mir alles eingefallen, was Sie an Unterstützung diesem Bundeskanzler entzogen haben: in Hamburg, in Kernenergie, in Sicherheitspolitik, in vielen Fragen, die hier zur Diskussion standen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Aber ich füge auch hinzu: In der nun zerbrochenen Koalition habe ich vor allem menschliche Bindungen und Verbindungen gewonnen, die ich durch persönliche Angriffe nicht zerstören lassen will.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wenn es nottut, werde ich mich — das wird keiner anders erwarten — mit früheren Kollegen in der Sache hart auseinandersetzen, aber ich werde mich an menschlichen Herabsetzungen nicht beteiligen.

    (Zustimmung bei der FDP — Zurufe von der CDU/CSU: Sehr gut! Zuhören, Ehmke! — Schwarz [CDU/CSU] Das überlassen wir dem Herrn Ehmke!)

    Deshalb würde ich keinen Moment daran zweifeln, daß die Sorge um die Arbeitslosigkeit und das Bemühen um Belebung der eigenen und der Weltwirtschaft die Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses ebenso bewegt wie die Kollegen der Union und der Freien Demokratischen Partei.

    (Zuruf von der SPD: Mehr!)

    In diesem wirtschaftspolitischen Ziel waren wir alle uns einig und sind wir uns wohl auch weiterhin einig, aber über den richtigen Weg dorthin haben sich seit langem Meinungsverschiedenheiten, Differenzen und schließlich Streit aufgetürmt, die eine SPD-FDP-Koalition immer mehr behindert und schließlich unmöglich gemacht haben. Ich werde darüber später noch einige Worte sagen.
    Wichtiger ist es jetzt, voranzublicken und den richtigen Weg zu gehen, der uns — gewiß nicht von heute auf morgen — zu besseren gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen, zu einer Wiederbelebung der Wirtschaft führt. Diese Wegstrecke wird mühsam und steinig sein. Wir werden sie nur dann erfolgreich bewältigen, wenn wir uns dabei an die Prinzipien einer Wirtschaftsordnung halten, die als Soziale Marktwirtschaft Weltgeltung errungen und ihre Bewährungsprobe beim Wiederaufbau unseres Landes so glänzend bestanden hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie, meine Damen und Herren, jedenfalls die Mehrheit der SPD-Fraktion, möchten schon diesen Begriff der Sozialen Marktwirtschaft, insbesondere dann, wenn man „sozial" auch noch groß zu schreiben wagt, am liebsten auf den Index setzen und ins Wörterbuch der ewig Gestrigen verbannen. Wir haben da in den vergangenen Jahren unsere Erfahrungen gemacht.

    (Zuruf von der SPD: Unsinn! — Windelen [CDU/CSU]: Kein Unsinn!)

    Aber ich sage Ihnen: Nur mit der Rückbesinnung auf die Freisetzung eigener, individueller Anstrengungen und Initiativen, nur mit der Beschneidung überzogener staatlicher Einflußnahme auf wirtschaftliche Entscheidungen des einzelnen, nur mit einer allmählichen Rücknahme des öffentlichen Zugriffs auf die Ergebnisse privater Leistungen werden wir unsere gesamtwirtschaftlichen Ziele erreichen können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Diese Politik haben wir uns vorgenommen, und wir werden sie durchsetzen.
    Meine Damen und Herren, wir sind keine Dogmatiker.

    (Zurufe von der SPD: Nein! — Wackier!)

    Die Bundesregierung weiß so gut wie die Opposition, daß nicht alle Rezepte aus den Wiederaufbaujahren heute, 30 Jahre danach, noch tauglich und anwendbar sind. Viele Voraussetzungen, auch im Bewußtsein der Menschen, sind anders als damals. Die aktuellen Notwendigkeiten sind nicht ohne weiteres vergleichbar.
    Der materielle Lebensstandard, den unser Land errungen hat, hat dessen Bewohner geprägt. Er hat Ansprüche hervorgerufen, die auch dann verständlich sind, wenn sie nicht mehr zu erfüllen sind. Aber er hat auch, zumindest unter jüngeren Menschen, das Nachdenken darüber gefördert, ob denn alles immer so weitergehen könne, wie wir es jahrzehntelang gewohnt waren.
    Einig sind sich wohl alle in der Erkenntnis, daß spätestens die 70er Jahre — und wahrhaftig nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland — eine Zäsur bewirkt haben, die den unbefangenen Glauben an immerwährendes Wachstum, an immer leichteres und anspruchsvolleres Leben nachhaltig erschüttert hat. Nur werden die Konsequenzen daraus unterschiedlich empfunden, und das spiegelt sich in einer Variationsbreite wider, die von resignativer Hinnahme des Unvermeidbaren oder verstockter Trotzhaltung über bewußte alternative Anpassung bis hin zu klarer Annahme der neuen Herausforderung reicht.
    Wir, die Bundesregierung und die Koalitionsparteien, wollen eine positive Antwort auf diese Herausforderung geben. Die Opposition bleibt trotzig zurück.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Es ist nicht zu glauben!)

    Die quälenden Auseinandersetzungen des letzten Jahres in der alten Regierung haben das auf deprimierende Weise bewiesen. Wir versprechen keine goldenen Berge, keine herrlichen Zeiten, die mit der neuen politischen Zusammenarbeit angesprochen oder in Aussicht gestellt wären. Aber wir sind überzeugt, daß wir aus dem wirtschaftlichen Tal nur in einer großen, gemeinsamen Anstrengung herausfinden werden, die alle produktiven Kräfte in unserem Volke freisetzen wird.
    Diesem Ziel dienen die Beschlüsse der neuen Regierung. Die Haushaltsentscheidungen, meine Damen und Herren, sind ein erster, gewiß noch nicht



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    vollkommener Schritt auf dem Weg, die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Bürger, der Arbeitnehmer wie der Unternehmer, zu stärken und neu zu beleben. Nur so werden wir den Grund dafür legen können, um die Arbeitslosigkeit nach und nach zurückzudrängen. Es gibt dafür keinen besseren, keinen praktikableren Weg als Erleichterungen für Investitionen — keineswegs für private Investitionen allein. Nur wenn wir hier, bei der Investitionstätigkeit, einen Wandel zum Besseren schaffen, werden wir eine nachhaltige Wirtschaftsbelebung herbeiführen können. Durch das Sondergutachten des Sachverständigenrates sehen wir uns in der Richtigkeit dieser Auffassung erneut bestärkt.
    Wir setzen diese Schwerpunkte in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik nicht, um die Reichen reicher und die Armen ärmer zu machen, wie es die neue Propagandakampagne der SPD den Bürgern einreden möchte.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Ehmke!)