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ID0912106800

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
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    6. Zwischenfrage.: 1
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    Plenarprotokoll 9/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Oktober 1982 Inhalt: Bestimmung der Abg. Erhard (Bad (Schwalbach), Dr. Wittmann und Becker (Nienberge) als Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses 7229 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Kohl, Bundeskanzler 7213A Präsident Stücklen 7229 B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Ehmke SPD 7229 C Dr. Dregger CDU/CSU 7244 A Genscher, Bundesminister AA 7254 B Dr. Apel SPD 7264 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 7274 B Westphal SPD 7285 D Nächste Sitzung 7289 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7291*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7291*B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Oktober 1982 7213 121. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1982 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 15. 10. Dr. Bugl 15. 10. Coppik 15. 10. Frau Däubler-Gmelin 13. 10. Haar 15. 10. Haehser 15. 10. Hauck 15. 10. Heistermann 15. 10. Hoppe 15. 10. Jansen 15. 10. Jung (Lörrach) 15. 10. Kolb 13. 10. Kuhlwein 13. 10. Lowack 15. 10. Lampersbach 13. 10. Lenzer 14. 10. Müller (Bayreuth) 15. 10. Dr. Müller ** 15. 10. Dr. Olderog 13. 10. Offergeld 13. 10. Pfeifer 15. 10. Reuschenbach 13. 10. Rosenthal 14. 10. Schmidt (Wattenscheid) 15. 10. Schulte (Unna) 15. 10. Schröer (Mülheim) 15. 10. Volmer 15. 10. Weirich 15. 10. Dr. Wendig 15. 10. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8. Oktober 1982 beschlossen, gegen das Mietrechtsänderungsgesetz 1982 (MietRÄndG) Einspruch einzulegen. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates wird als Drucksache 9/2024 verteilt. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8. Oktober 1982 ferner beschlossen, den nachstehenden Gesetzen nicht zuzustimmen: Gesetz über die Erstellung von Übersichten über die üblichen Entgelte für nicht preisgebundenen Wohnraum (Mietspiegelgesetz - MSpG -) Gesetz zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke (Teilhauptfeststellungsgesetz 1983 - TeilhauptG 1983). Anlagen zum Stenographischen Bericht Die Schreiben des Präsidenten des Bundesrates werden als Drucksachen 9/2025 und 9/2026 verteilt. In der gleichen Sitzung hat der Bundesrat beschlossen, dem Sozialgesetzbuch (SGB) - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - zuzustimmen. Das Schreiben des Präsidenten des Bundesrates wird als Drucksache 9/2029 verteilt. In seiner Sitzung am 8. Oktober 1982 hat der Bundesrat beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Durchführung der Dritten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz) Gesetz zu dem Vertrag vom 9. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gemeinsame Information und Beratung der Schiffahrt in der Emsmündung durch Landradar- und Revierfunkanlagen Gesetz zu dem Abkommen vom 6. November 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Nachtragshaushaltsgesetz 1982) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung angenommen: Der Bundesrat sieht von der Anrufung des Vermittlungsausschusses ab, weil angesichts des fortgeschrittenen Ablaufs des Haushaltsjahres 1982 eine grundlegende Umgestaltung des Bundeshaushalts 1982 auch durch Einschränkungen bei Leistungsgesetzen noch mit Wirkung für 1982 nicht mehr möglich ist. Das Nachtragshaushaltsgesetz spiegelt trotz einer Erhöhung der Nettokreditaufnahme um rund 7 Mrd. DM auf fast 34 Mrd. DM die wahre Haushaltslage des Bundes nur unvollständig wider. Die im Oktober vorgesehene Bekanntgabe aktualisierter gesamtwirtschaftlicher Daten sowie die nachfolgende Steuerneuschätzung werden für 1982 Mehrbelastungen durch Mindereinnahmen bei den Steuereinnahmen des Bundes in Höhe von ca. 3 Mrd. DM, aber auch Mehrausgaben bei verschiedenen konjunkturabhängigen Haushaltsansätzen nach sich ziehen; der Finanzierungssaldo dürfte sich wesentlich erhöhen. Schon jetzt überschreitet die Nettokreditaufnahme die durch Art. 115 GG gesetzte Grenze. Der Bundesrat sieht sich in seiner Stellungnahme im ersten Durchgang (Drucksache 230/82 - Beschluß -) bestätigt. Der Bundesrat erwartet unverzüglich eine realistische Bestandsaufnahme der Haushaltslage des Bundes. Die Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 4. Oktober 1982 dem Präsidenten mitgeteilt, daß sie den Vorsitz des Finanzausschusses niedergelegt habe. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 5. Oktober 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag einer Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Änderung der Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 549/69 zur Bestimmung der Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften, auf welche die Artikel 12, 13 Absatz 2 und Artikel 14 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Gemeinschaften Anwendung finden (Drucksache 9/1416 Nr. 13) Vorschlag einer Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) Nr. 260/68 zur Festlegung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der Steuer zugunsten der Europäischen Gemeinschaften (Drucksache 9/1416 Nr. 14) 7292* Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Oktober 1982 Der Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat mit Schreiben vom 30. September 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Empfehlung für eine Verordnung des Rates über den Abschluß eines Finanzprotokolls zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der demokratischen Volksrepublik Algerien Empfehlung für eine Verordnung des Rates über den Abschluß eines Finanzprotokolls zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der tunesischen Republik (Drucksache 9/1950 Nr. 51) Die in Drucksache 9/1950 unter Nummer 56 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Änderung des Beschlusses 79/783/EWG des Rates vom 11. September 1979 zur Festlegung eines Mehrjahresprogramms (1979-1983) auf dem Gebiet der Datenverarbeitung wird als Drucksache 9/2015 verteilt.
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    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich habe leider keine Zeit. Sonst würde ich Herrn Cronenberg gerne eine Zwischenfrage gestatten. Die Zeit ist zu knapp.

    (Cronenberg [FDP]: Es geht schnell, Herr Kollege Westphal!)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter Westphal erlaubt keine Zwischenfrage.

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    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das müssen wir ein andermal machen, Herr Cronenberg. Wir hatten ja viel Zeit zu diskutieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch die Einhaltung des Grundgedankens der Solidarität kann man als Meßlatte für Belastungsvorhaben Ihrer neuen Koalition wählen. Was ist das erste, was wir von Ihnen, von Ihren Ministern dazu hören? Da sollen, so sagt Herr Blüm, aus Betroffenen Beteiligte gemacht werden. Mir fallen dabei immer die 5 DM ein, die pro Krankenhaustag gezahlt werden sollen. Die Betroffenen, die vom Arzt ins Krankenhaus geschickt werden, sollen dadurch Beteiligte werden, daß sie nunmehr 5 DM pro Tag — und zwar 14 Tage lang — zahlen. Ich habe damals deutlich gemacht — deswegen kann ich das hier in dieser Klarheit sagen —, daß ich für die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme nicht in Anspruch genommen werden will. Ich habe sie mit zu tragen gehabt. Ich kann mich nicht aus der Verantwortung drücken. Das tue ich auch nicht. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme ist aber nicht einmal für diejenigen einsehbar, die im Gesundheitswesen wirklich Kostenbewußtsein zustande bringen wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Jetzt kommt es: Aus Betroffenen Beteiligte machen — so lautet die Formulierung — bedeutet, daß „diese dann selbst entscheiden, für wieviel Geld sie wieviel Gegenleistung wollen". Das heißt doch: Nach der Beitragszahlung an die Krankenversicherung folgt die nochmalige Beteiligung an den Kosten der konkreten Gesundheitsleistung, und dabei bekommt dann derjenige mehr und bessere Gesundheitsleistungen, der dafür mehr zu zahlen in der Lage ist. Dies ist der Inhalt Ihrer Absichten, Herr Blüm. Das strebt die neue Regierung an. Mit Solidarität hat das nichts zu tun. Wenn das dann noch mit der Rücknahme der neuen Gebührenordnung für Ärzte einhergeht, weil man die Chefärzte doch ein bißchen besserstellen möchte, die technischen Leistungen also doch anders berücksichtigt werden sollen, damit sie ein bißchen mehr Geld in die Kasse des einzelnen bringen, dann hat das mit Solidarität nichts mehr zu tun.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: So etwas war Minister!)

    Das läßt sich bei „Solidarität" nicht einordnen. Wenn Sie das bei „Subsidiarität" einordnen sollten, kann ich Ihnen nur empfehlen, einmal beim Nell-Breuning nachzulesen, was er unter Subsidiarität
    7288 Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Oktober 1982
    Westphal
    versteht. Dem könnte nämlich jeder Sozialdemokrat gern und sofort zustimmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich bin hier der Zeit nach begrenzt. Im Hinblick auf das, was hier noch vorgetragen werden könnte, fiele mir noch eine Menge ein. Ich habe in den letzten Wochen bei den Gesprächen draußen keine Leute getroffen, die — wie Herr Genscher uns das hier vorgehalten hat — die Ablenkungsthese bejaht hätten, erst müsse der Haushalt vorgelegt werden, erst müsse, wie es so schön hieß, „das Haus in Ordnung gebracht" werden; dann könne gewählt werden. Ich habe keine Leute getroffen, die dieses Argument akzeptiert oder mir gar entgegengehalten hätten. Mir sind immer nur Leute begegnet, die ihr Bedauern darüber zum Ausdruck brachten, daß und in welcher Manier Helmut Schmidt sein Amt als Bundeskanzler entzogen bekommen hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Genscher, diesbezüglich hat der Wähler ein feineres Gespür für das, was zutreffend ist. Das haben die hessischen Wahlen j a wohl mit Deutlichkeit gezeigt. Der Wähler hat auch ein feineres Gespür für das Verhalten von Personen. Herr Genscher, die Glaubwürdigkeit, die Sie hier vorgeführt haben, war gleich Null. Das war doch mit Händen zu fassen. Man muß nicht den „Spiegel" gelesen haben, um zu wissen, welches Spiel Sie gespielt haben. Man braucht nur auf die Gesichter der Mitglieder der FDP-Fraktion zu gucken, die in dieser Phase politischer Auseinandersetzungen gleich uns gesagt haben: Jetzt ist der Zeitpunkt da, zu dem der Wähler das Wort haben muß. Daraus kann man erkennen, daß das, was Sie hier vortragen, nur noch die Meinung von 1,5%, aber nicht mal mehr von 3 % der Wähler ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn ich das zusammenzufassen versuche, was seitens der neuen Koalition im Hinblick auf die Frage „Wie wollen Sie mit der kritischen Lage fertig werden?" inhaltlich gesagt worden ist, dann ist es, Herr Stoltenberg, falsch beurteilt, wollte man es als nur relativ schlimmer als die von uns mitverantworteten Einschnitte bezeichnen. Nein, dies ist eine andere, eine negative Qualität von Politik.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    All Ihre Vorwürfe, die wir von CDU und CSU monatelang hören mußten, richten sich nun gegen Sie selbst: Sie wollen Steuern erhöhen, und das gleich doppelt; Sie wollen die Kreditaufnahme erheblich steigern; Sie wollen — selbstverständlich — den Bundesbankgewinn ganz einsetzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sind doch Ihre Schulden!)

    Sie schneiden in einer Weise in soziale Leistungsgesetze ein, daß sowohl die Rentenfinanzen — dies muß ich jetzt sagen — in Gefahr geraten als auch dabei die Last auf die Sozialhilfe übergehen kann.
    Ich habe sofort gemerkt, daß Sie nun noch einmal im Unterschied zu dem Koalitionspapier nachgegriffen haben. Es steht jetzt also neu in der Regierungserklärung von heute, daß die Rentner in den nächsten Jahren einen Krankenversicherungsbeitrag tragen sollen, der gleich 2% pro Jahr gesteigert wird. Mir scheint, dahinter steckt die Erkenntnis, daß Sie dabei waren, die Rentenfinanzen in Unordnung zu bringen. Alle Achtung, Sie haben es noch rechtzeitig gemerkt — hier ist jemand, der aufgepaßt hatte —, daß die Beschlüsse, die die Sozialdemokraten mit zu verantworten haben, so gestaltet waren, daß bei den Reserven der Rentenversicherung Wasser unter dem Kiel geblieben ist. Jetzt war das so nicht mehr der Fall. Was tun Sie? Sie greifen noch einmal bei den Rentnern zu.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Soll das eine Büttenrede sein oder was?)

    Sie verschieben die Lasten zwischen den sozialen Sicherungssystemen. Auch dies war ein Vorwurf, den wir von Ihnen vorgetragen bekommen haben, bis hin zu dem — das empfand ich immer als den schlimmsten Vorwurf —, der da hieß, wir würden einen Griff in die Rentenkasse machen. Was tun Sie? — Sie tun nicht nur dasselbe, Sie tun das doppelt so hoch. Sie tun es doppelt so stark.
    Entscheidend aber ist: Ihr Ansatz der Politik ist ökonomisch falsch. Wir sind nicht auseinander, wenn es um die Anregung von Investitionen — private und öffentliche — geht. Darum brauchen wir uns nicht zu streiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Tun Sie es doch!)

    Mit einiger Wehmut sehen wir, daß jetzt in dem Paket Dinge drin sind, die die Liberalen uns gegenüber nicht mitgemacht haben. Ich denke zum Beispiel an Zwischenfinanzierung von Bausparverträgen, ich denke an den sozialen Wohnungsbau in Ballungsgebieten. Dies waren ja Dinge, die zu unserem Konzept gehörten. Gucken wir auf die jetzige Lage: Was soll denn ein Unternehmer mit Förderungsmitteln des Staates machen, wenn er sieht, was mit seinen potentiellen Käufern nächstes Jahr geschieht? Der neue Arbeitsminister verkündet als erste seiner Ideen einen Lohnverzicht. Die Renten sollen erst im Juli ihre Anpassung bekommen, die Beamten nur 2% und — das habe ich schon gesagt — das erst ab Mitte nächsten Jahres. Wer ist denn dann Käufer für das, was ein Unternehmer produziert?

    (Bundesminister Dr. Geißler: Wo wollen Sie denn sparen?)

    Wer in dieser Konjunkturentwicklung bei den Masseneinkommen Kaufkraft entzieht, der handelt ökonomisch falsch, der vertieft die Krise, der produziert nun zusätzliche Arbeitslosigkeit, statt sie zu beseitigen.

    (Beifall bei der SPD — Erneuter Zuruf des Bundesministers Dr. Geißler)

    — Sie fragen mich: Was wollen Sie tun? Herr Geißler, Sie sitzen am falschen Platz.

    (Zurufe von der SPD und der CDU/CSU)

    Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Oktober 1982 7289
    Westphal
    Das, was Sozialdemokraten tun würden, läßt sich sehr einfach in einer knappen Form zusammenfassen: Erstens. Wir stehen zur Notwendigkeit von Einschränkungen und auch von Umschichtungen in den öffentlichen Haushalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Zu spät!)

    Das haben wir deutlich gemacht; davon weichen wir keinen Schritt ab. Nur, solchen Unsinn, wie ich ihn vorhin angesprochen habe, nehmen wir natürlich raus. Als Beispiel hierfür sei die Beteiligung der Patienten an den Krankenhauskosten genannt.
    Zweitens. Wir würden in dieser Lage konjunkturelle Einnahmeausfälle und Mehrausgaben durch Kredite decken. Dies ist die sinnvolle Verhaltensweise in dieser Situation.
    Drittens. Wir würden nicht erneut, so wie Sie es tun, tiefer in soziale Leistungen einschneiden. Aber wir würden zu unserem Wort stehen, die sozialen Sicherungssysteme an die veränderten Bedingungen von geringerem Wachstum und sich ungünstig entwickelndem Bevölkerungsaufbau langfristig anzupassen.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Was heißt das?)

    Viertens. Wir würden die von uns eingeleiteten Förderungsmaßnahmen für mehr Beschäftigung verstärken und dafür eine echte Ergänzungsabgabe zur Lohn- und Einkommensteuer erheben. Dies heißt also eben auch soziale Ausgewogenheit dadurch hinzufügen, daß diejenigen, die zu den Bes-
    serverdienenden gehören, auch tatsächlich etwas beizutragen haben.

    (Beifall bei der SPD — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Ihre Kollegen glauben das alles nicht! Die sind ganz desinteressiert!)

    Sie haben es bei uns mit Realisten, nicht mit Illusionisten zu tun. Wir reden hier so, daß wir morgen wieder Regierungsverantwortung übernehmen können.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Gott bewahre uns!)

    Dies ist unsere Position. Sie, meine Damen und Herren von der neuen Regierung, sind eine Übergangsregierung. Ob im Straußschen Sinne oder in dem Sinne, wie wir es Ihnen hier verdeutlicht haben, wird sich zeigen. Wir wollen die Wähler zu ihrem Recht bringen. Wir müssen darüber eine Entscheidung unseres Volkes, der Wähler bei Wahlen, schnell herbeiführen. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)