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ID0911500200

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    Plenarprotokoll 9/115 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 115. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. September 1982 Inhalt: Erklärung des Bundeskanzlers Schmidt, Bundeskanzler 7072 C Dr. Kohl CDU/CSU 7077 B Brandt SPD 7078 B Genscher FDP 7080 D Coppik fraktionslos 7082 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Dritten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz) — Drucksache 9/1065 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/1785 — 7063A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — § 303 StGB — Drucksache 9/1937 — Bohl CDU/CSU 7063 D Dr. Ueberschär SPD 7065A Engelhard FDP 7066 C Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . 7066 C Beratung des Berichts des Rechtsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich zu dem von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Verbesserung des Versorgungsausgleichs — Drucksachen 9/34, 9/562, 9/1954 — Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . 7067 D Dr. Emmerlich SPD 7068 B Engelhard FDP 7068 D Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich — Drucksache 9/1981 — Stiegler SPD 7069 D Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . 7070 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . 7071 A Engelhard FDP 7072 A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu den Unterrichtungen des Bundesrechnungshofes Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Bundeshaushaltsrechnung (einschließlich der Bundesvermögensrechnung) für die Haushaltsjahre 1978 und 1979 — Drucksachen 9/38, 9/978, 9/1759 — . . 7083 C II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. September 1982 Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. November 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen — Drucksache 9/1720 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/1962 — 7083 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. April 1972 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen — Drucksache 9/1951 — 7084A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 18. Mai 1977 über das Verbot der militärischen oder einer sonstigen feindseligen Nutzung umweltverändernder Techniken (Umweltkriegsübereinkommen) — Drucksache 9/1952 — 7084A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung — Drucksache 9/1905 — 7084 C Nächste Sitzung 7084 C Anlage Amtliche Mitteilungen 7085*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. September 1982 7063 115. Sitzung Bonn, den 17. September 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. September 1982 7085* Anlage Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Bericht der Bundesregierung über Stand und Ergebnisse von Maßnahmen zur rationellen Energieverwendung (Drucksache 9/1953) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 8 September 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur siebten Änderung der Richtlinie 76/769/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Drucksache 9/1088 Nr. 20) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung von Anhang II der Richtlinie 76/895/EWG über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in Obst und Gemüse (Drucksache 9/1272 Nr. 50) Bericht der Kommission über den Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse und die technologische Entwicklung der Verwendung von Schwefeldioxyd bei der Herstellung von Weinen und Anlage zum Stenographischen Bericht Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 337/79 in bezug auf den höchstzulässigen Gesamtschwefeldioxydgehalt der Weine mit Ausnahme der Schaumweine und der Likörweine (Drucksache 9/1272 Nr. 51) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 8. September 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlagen abgesehen hat, nachdem diese im Rat bereits verabschiedet wurden: Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Eingliederung der Behinderten in die Gesellschaft, Rahmen für eine Aktion auf Gemeinschaftsebene (Drucksache 9/1131 Nr. 16) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über Sondermaßnahmen in den Beziehungen zwischen den italienischen Trägern und den Trägern der übrigen Mitgliedstaaten bei der Erstattung der Sachleistungen der Kranken- und Mutterschaftsversicherung (Drucksache 9/1459 Nr. 8) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 337/75 über die Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung und Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1365/75 über die Gründung einer Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen und Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1416/76 betreffend Finanzvorschriften für das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung und Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1417/76 betreffend Finanzvorschriften für die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Drucksache 9/1349 Nr. 5)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Bohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt den vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes, mit dem das Antragserfordernis für die Verfolgung von Taten der Sachbeschädigung aufgelockert werden soll.
    Das geltende Recht setzt für das Einschreiten der Strafverfolgungsorgane wegen einfacher Sachbeschädigung zwingend einen Strafantrag des Geschädigten voraus. Nach dem Gesetzentwurf des Bundesrates, der dankenswerterweise auf Initiative des Landes Baden-Württemberg zustande kam, soll nun eine Strafverfolgung auch ohne Antrag ermöglicht werden, wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Dies ist zu begrüßen.
    Zum einen spricht für eine solche Regelung die Erwägung, daß die Vernichtung von Sachwerten, z. B. bei unfriedlichen Demonstrationen, eine Ver-



    Bohl
    schleuderung volkswirtschaftlicher Substanz ist, die die Belange der Allgemeinheit in höchstem Maße berührt.
    Es ist zwar richtig, daß Sachbeschädigungen ihrer Art nach die Interessen der Eigentümer zumeist stärker als die Belange der Allgemeinheit berühren. In den von mir angesprochenen Fällen muß aber eine Strafverfolgung ohne oder sogar gegen den Willen des Geschädigten im öffentlichen Interesse liegen. Bei den erwähnten unfriedlichen Demonstrationen kommt es nicht selten zum Zertrümmern von Fensterscheiben, Umwerfen von Autos und Umstoßen von Bäumen. Die Schäden belaufen sich zum Teil auf Beträge von mehr als 50 000 DM. Solche Sachbeschädigungen, die bei unfriedlichen Demonstrationen von kleinen Gruppen — zumindest zum Teil — ganz bewußt gesucht werden, müssen wegen der schweren Störung des Rechtsfriedens bestraft werden, und zwar unabhängig davon, ob der Strafantrag gestellt wird oder nicht, ob er zurückgenommen wird oder nicht.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Eine zweite Erwägung spricht für die vorgeschlagene Regelung: In der Praxis der Strafverfolgungsbehörden ergeben sich neuerdings immer wieder Fälle, in denen die Zerstörung und Beschädigung von Privateigentum deshalb nicht geahndet werden können, weil der Geschädigte aus Furcht vor Repressalien vor der Stellung eines Strafantrags zurückschreckt bzw. ihn später zurückzieht. Wenn es auch nicht immer reine Vergeltungsmaßnahmen sein mögen, die angedroht werden, so neigen Geschädigte angesichts von massiven Einschüchterungsversuchen oder — in Universitätsstädten — angesichts publizistischen oder kampagnemäßigen „An-den-Pranger-gestellt-Werdens" durch die Täter doch leicht zur späteren Zurücknahme ihres Antrags.
    Angesichts dieser Sachlage führt die gegenwärtige Gesetzeslage dazu, daß solche Gewalttäter ohne ein ernstliches Risiko solche Straftaten begehen können und Privateigentum beschädigen. Bleiben aber die angerichteten Zerstörungen ohne strafrechtliche Ahndung, so ist das politische Ziel der Täter erreicht, nämlich das Sicherheits- und Rechtsgefühl weiter Teile der Bevölkerung empfindlich zu stören.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz deutlich sagen, daß wir für die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Entwurf des Bundesrates wenig Verständnis haben. Es wird einmal mehr kein Anlaß gesehen, angesichts dieses Mißstandes einzugreifen. Nach bewährter Manier wird zunächst einmal überhaupt bestritten, daß Strafanträge wegen Sachbeschädigung in einer nennenswerten Zahl von Fällen aus den genannten Gründen nicht gestellt werden. Ich frage mich dann nur, Herr Bundesjustizminister, warum der Vorstand der Polizeigewerkschaft dazu bereits im Jahre 1981, und zwar im April, die Forderung erhoben hat, entsprechende Fälle der
    Sachbeschädigung als Offizialdelikt verfolgbar zu machen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Ich frage mich, warum in diesem Thesenpapier, das ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren möchte, ausgeführt wird — Zitat —:
    Das Demonstrationsrecht gibt kein Demolationsrecht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gewalttäter dürfen nicht ungestraft in den Tatbestand der einfachen Sachbeschädigung ausweichen.
    Das ist doch ein klares Votum derjenigen, die im Alltag an der Basis mit diesen Fällen zu tun haben.
    Noch deutlicher wird es in dem Bericht einer Landespolizeidirektion in Baden-Württemberg, den ich mit Genehmigung des Präsidenten gleichfalls zitieren möchte:
    Die Erfahrungen in Freiburg belegen, daß Geschädigte tatsächlich aus Angst vor weiteren Repressalien Strafanträge nicht gestellt haben bzw. bereits gestellte Strafanträge wieder zurückziehen. So wurde beispielsweise im Zusammenhang mit dem Komplex Schwarzwaldhof und den Folgeaktionen in fünf bekannten Fällen wegen Sachbeschädigung kein Strafantrag gestellt. In drei weiteren Fällen mußten die Geschädigten in Anbetracht des relativ hohen Sachschadens von der Notwendigkeit eines Strafantrags überzeugt werden.
    Was soll man dem noch hinzufügen? Daran kommen Sie doch einfach nicht vorbei! Hier muß gehandelt werden!
    Kopfschüttelnd habe ich auch von dem Argument der nordrhein-westfälischen Justizministerin im Protokoll der Bundesratssitzung vom 28. Mai 1982 Kenntnis genommen. Sie trägt dort vor, bei Annahme des Entwurfs des Bundesrates würden die Vorbehalte junger Menschen verstärkt, Politiker würden „sich nicht ihrer Verantwortung für die Probleme stellen, sondern als Alternative zu eigenem Handeln nach Polizei und Justiz rufen". Für eine solche Argumentation, die ich sehr eigenartig finde, vermag ich kaum Verständnis aufzubringen,

    (Zustimmung des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU])

    besonders deshalb nicht, meine Damen und Herren, weil ich vor einiger Zeit selbst erlebt habe, wie man als Strafantragsteller bei einem Hausfriedensbruch bearbeitet wird. Ich halte das für eine ganz schlimme Entwicklung, bei der der Gesetzgeber nicht tatenlos zuschauen darf.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, bei allem Verständnis für jugendliches Aufbegehren und Austoben: Auch junge Menschen, die sich wegen Sachbeschädigungen dieser Art strafbar gemacht haben, müssen die Konsequenzen ihres gewaltsamen Tuns klar zu spüren bekommen. Die Einhaltung der Rechtsordnung und der praktizierte Verzicht auf Gewalt sind letzt-



    Bohl
    lich die entscheidende Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis unter den Generationen und für den inneren Frieden in unserem Lande. — Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ueberschär.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Kurt Ueberschär


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Bohl hat zu dem uns vorliegenden Strafrechtsänderungsgesetz die uns bekannten Gründe wiederholt und hat sie hier in den wesentlichen Punkten vorgetragen.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Ja, zu Recht!)

    — Das ist Ihr Standpunkt! — Diese Gründe hatten die Bundesregierung seinerzeit veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß ein Regelungsbedürfnis zur Änderung des § 303 Abs. 3 StGB nicht schlüssig dargetan sei.
    In der Zwischenzeit bestand ausreichend Gelegenheit, das, was im Schnellbrief des Justizministers des Landes Baden-Württemberg vom Oktober 1981 an Begründungen ausgeführt war, zu ergänzen. Das ist nicht geschehen. Die Situation, vor der wir stehen, ist also unverändert geblieben. Gründe, die ein Regelungsbedürfnis hätten nachweisen können, sind bisher nicht vorgetragen worden.

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Das, was Sie vortragen, klingt nicht sehr überzeugend!)

    Die bisherige Rechtslage hat sich bewährt, Herr Kollege Klein, und es kann natürlich überhaupt nicht davon die Rede sein, daß die Bürger, die betroffen sind, bei denen Sachbeschädigungen im Verlauf von und im Zusammenhang mit gewalttätigen Demonstrationen auftreten, nicht ihre Rechte durchsetzen könnten.

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Könnten!)

    Ich verweise dabei darauf, daß die Situation eine zweigleisige ist, was bisher in der Diskussion nicht herausgestellt wurde. Der Geschädigte und Antragsberechtigte im Zivilverfahren wird natürlich daran interessiert sein, Schadenersatz zu erlangen. Das Problem liegt doch für den Antragsberechtigten und Schadenersatzberechtigten in erster Linie in der Notwendigkeit, daß er des Täters habhaft wird, daß dieser zunächst einmal festgestellt werden kann. Das ist bei gewaltsam verlaufenden Demonstrationen ein Phänomen, das vielen Geschädigten zu schaffen machen muß. Darin liegt das Problem, nicht so sehr in der Frage, ob wir nun hier eine Lokkerung des Antragserfordernisses im Bereich des § 303 Abs. 3 StGB durchsetzen wollen oder nicht.
    Meine Damen und Herren, es würde sich auch nach einer derartigen Regelung in der Praxis nichts ändern. Wir wissen, nicht nur als Juristen, sondern eben auch als Bürger, die im Leben mit anderen und sich selbst auskommen müssen, daß Unvollkommenheiten auch bei noch so guten Gesetzen nicht
    vollständig vermeidbar sind. Wir sollten das auch unter dem Gesichtspunkt sehen, daß die wohlerwogene und historisch gewachsene Unterscheidung von Offizialdelikten und Antragsdelikten weiterhin beibehalten werden sollte, wenn nicht ein wirklich zwingendes Regelungsbedürfnis vorliegt. Die Bürger draußen erwarten zu Recht von uns, daß wir bei allen Gesetzesinitiativen, bei allen Gesetzesvorhaben sehr gründlich prüfen, ob wir den Menschen weitere Gesetze zumuten können und zumuten müssen. Ich meine, daß das im Falle des § 303 Abs. 3 StGB in dem vorgeschlagenen Änderungssinne nicht der Fall ist.
    Die Begründung des Entwurfs stützt sich im wesentlichen darauf, daß die Bürger, soweit sie betroffen sind, eine Antragstellung deshalb nicht wagen, weil sie befürchten, daß ihnen Vergeltungsmaßnahmen drohen könnten. Eine derartige Begründung wirkt hypothetisch; sie kann auch nicht in einem nur nennenswerten Umfang belegt werden. Zahlen und Erkenntnisse hierüber liegen nicht vor, abgesehen von einigen Fällen, die uns aus Baden-Württemberg geschildert wurden, die wir aber fast an einer Hand abzählen können. Das kann nicht zum Maßstab einer Änderung werden, die bundesweit zu gelten hätte.
    Der zweite Gesichtspunkt, daß dann, wie es in der Begründung heißt, die Strafantragsteller im Hauptverfahren möglicherweise mit der Androhung von Repressalien rechnen müßten — die Hauptverhandlung könnte hierzu Gelegenheit bieten —, reicht für eine überzeugende Begründung im Sinne eines Regelungsbedürfnisses nicht aus. Im übrigen haben wir im Strafverfahren schlechthin, aber auch im Zivilverfahren schlechthin mit der Möglichkeit, wenn sie denn hier und da bestehen sollte, zu rechnen, daß Parteien oder Beschuldigte oder Prozeßbeteiligte von anderen unter Druck gesetzt werden.
    Das ist ein allgemeines Problem und kein gesondertes Problem im Bereich der Sachbeschädigung.
    Es entsteht hier auch keine Gesetzeslücke, denn wenn so etwas vorkommen sollte, handelt es sich um versuchte Nötigung, und der Betreffende kann sich auch hiergegen zur Wehr setzen.

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Theoreisch ist das alles richtig!)

    — Nein, es ist auch in der Praxis so, Herr Kollege. Das vielleicht gerade als Anmerkung in einer Woche, wo die Zeitungen voller Mafia-Berichte sind. Ich glaube, solche Schwierigkeiten bestehen in unserem Lande nicht.

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Wen meinen Sie mit „Mafia"?)

    Sie werden auch nicht entstehen.
    Herr Kollege Bohl, Sie haben sich auf die Leitsätze und Forderungen der Gewerkschaft der Polizei vom 22. April 1981 bezogen und diese Stellungnahme mit zu Ihrer Begründung herangezogen. Ich sehe mich veranlaßt, mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten aus diesen Leitsätzen einmal im Zusammenhange zu zitieren; dann wird manches deutlicher. Wer die Begründung des Gesetzentwur-



    Dr. Ueberschär
    fes aufmerksam durchliest, wird feststellen, daß die vorgesehene Alternative zwar darauf hinausläuft, die von der Gewerkschaft angeregte Lösungsmöglichkeit im Zusammenhange mit gewalttätigen Demonstrationen ins Auge zu fassen. Sie lehnen sie aber dann in den Gründen ausdrücklich ab. Auch im Schreiben des Justizministeriums von Baden-Württemberg vom Oktober 1981 ist diese Lösung abgelehnt worden. Sie können sich also wohl nicht sehr glaubwürdig darauf beziehen wollen.
    Aber auch das, was die Gewerkschaft der Polizei sagt, sollte hierzu einmal im Zusammenhang zur Kenntnis genommen werden. Es heißt da unter II „Konsequenzen und Forderungen", Nr. 3:
    Rechtsbrüche müssen nach Recht und Gesetz verfolgt werden. Dabei sind das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Übermaßverbot zu beachten.
    Gewalttäter sind keine Demonstranten. Wer Gewalt gegen Personen oder fremde Sachen verübt, kann sich nicht auf die grundgesetzlich festgelegte Demonstrationsfreiheit berufen, er ist Straftäter. Es muß dafür Sorge getragen werden, daß zukünftig durch unmittelbar vollziehbare Anordnungen (Auflagen) einer Unkenntlichmachung (Vermummung, Maskierung) entgegengetreten wird, um Straftaten im Schutze der Vermummung/Maskierung zu verhindern oder Straftaten besser verfolgen zu können. Gewalttäter dürfen nicht ungestraft in den Tatbestand der einfachen Sachbeschädigung ausweichen. Sachbeschädigung unter erschwerten Umständen muß deshalb als Offizialdelikt verfolgbar sein.
    Es nützt nichts, nur nach neuen Gesetzen zu rufen, wenn für die Bewältigung der polizeilichen Aufgaben nichts bewirkt wird. Vielmehr dient ein solcher Ruf dann nur als Alibifunktion.
    Die Gewerkschaft der Polizei ist der Überzeugung, daß die geltende Rechtsordnung grundsätzlich ein ausreichendes Instrumentarium bietet, um auch den Gewalttätern anläßlich von Demonstrationen und Hausbesetzungen auf rechtsstaatliche Weise zu begegnen. Die bestehenden Gesetze müssen angewandt und ausgeschöpft werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn man das also im Zusammenhang zur Kenntnis nimmt, Herr Kollege Bohl, dann klingt das natürlich anders als Ihre Begründung, wo Sie eigentlich von dieser Lösung gar nichts wissen wollen, und zwar unter dem Stichwort, daß man Abgrenzungsschwierigkeiten haben werde, wenn man das Antragserfordernis nicht so weit auflockere und über den Bereich von Demonstrationen hinausgehe.
    Da keine neuen Gesichtspunkte und Nachweise für die Regelungsbedürftigkeit vorliegen, sind wir der Auffassung, daß wir bei der alten Rechts- und Gesetzeslage bleiben sollten.

    (Beifall bei der SPD)