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    Plenarprotokoll 9/112 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 112. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. September 1982 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 6837 A Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Einkommensteueränderungsgesetz 1983) — Drucksache 9/1956 — Poß SPD 6837 B Dr. Kreile CDU/CSU 6839 D Frau Matthäus-Maier FDP 6844 B Lahnstein, Bundesminister BMF . . . 6848 B Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung und von anderen Vorschriften (Sechstes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 9/1957 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1983 — Drucksache 9/1730 — Glombig SPD 6851 B Franke CDU/CSU 6855 D Heyenn SPD 6861 B Schmidt (Kempten) FDP 6863 B Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften (SVÄG 1982) — Drucksache 9/1958 — Hölscher FDP 6867 A Franke CDU/CSU 6870 C Urbaniak SPD 6873 B Westphal, Bundesminister BMA . . . 6875C Nächste Sitzung 6879 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6880*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 112. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. September 1982 6837 112. Sitzung Bonn, den 10. September 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    6880 * Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 112. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. September 1982 Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 10.9. Dr. Ahrens ** 10.9. Bamberg 10.9. Bohl 10.9. Dr. Bardens ** 10.9. Büchner (Speyer) ** 10.9. Dr. Dregger 10.9. Eickmeyer ** 10.9. Eigen 10.9. Dr. Faltlhauser 10.9. Feinendegen 10.9. Fellner 10.9. Frau Fromm 10.9. Funke 10.9. Frau Geier 10.9. Hauck 10.9. Herterich 10.9. Hoppe 10.9. Frau Luuk 10.9. Dr. Müller ** 10.9. Müller (Bayreuth) 10.9. Müller (Wadern) 10.9. Neumann (Bramsche) 10.9. Pensky ** 10.9. Rappe (Hildesheim) 10.9. Rösch 10.9. Dr. Schachtschabel 10.9. Schäfer (Mainz) 10.9. Schmidt (Wattenscheid) 10.9. Schulte (Unna) ** 10.9. Dr. Freiherr Spies v. Büllesheim ** 10.9. Stöckl 10.9. Dr. Unland ** 10.9. Dr. Vohrer ** 10.9. Dr. Warnke 10.9. Frau Dr. Wex 10.9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Reinhold Kreile


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ein wenig erstaunt.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Die Ballonmütze ist wieder modern!)

    Nachdem ich diese Rede gehört habe, habe ich fast
    den Eindruck, als wenn die SPD 13 Jahre nicht regiert hätte. Sie klagt nämlich ständig Steuergesetze



    Dr. Kreile
    an, die sie selbst gemacht hat. Es ist also schwer verständlich, was Sie hier vorgetragen haben. Es ist genauso schwer verständlich wie das Einkommensteueränderungsgesetz 1983, das eine sehr blasse Bezeichnung trägt. Aber natürlich ist dieses Einkommensteueränderungsgesetz wieder das, was alle Steueränderungsgesetze in den letzten Jahren nahezu kontinuierlich waren, nämlich ein Steuererhöhungsgesetz.
    Was haben wir denn von dieser Bundesregierung, von dieser Regierungskoalition in den eindreiviertel Jahren dieser 9. Legislaturperiode an Steuergesetzen bisher vorgelegt bekommen? Ausschließlich Steuererhöhungsgesetze! Durch das Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetz vom März 1981 wurden diese Steuern ganz kräftig erhöht. Das Subventionsabbaugesetz vom 26. Juni 1981 war im steuerlichen Teil wiederum ein reines Steuererhöhungsgesetz. Das Verbrauchsteueränderungsgesetz, das dann im Dezember 1981 kam, war wieder ein Steuererhöhungsgesetz. Auch das 2. Haushaltsstrukturgesetz vom 22. Dezember 1981 war in dem uns interessierenden Teil ausschließlich ein Steuererhöhungsgesetz.
    Die Steuer- und Abgabenerhöhungen der beiden ersten Jahre der Legislaturperiode betragen, auf das Jahr umgerechnet, 16 Milliarden DM. Nun sollen im Einkommensteuerbereich durch das vorliegende Steueränderungsgesetz insgesamt 2 Milliarden DM hinzukommen. Dann kommen noch im Sozialversicherungsbereich durch die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge weitere 3 Milliarden DM dazu.
    Angesichts dieser Steuer- und Abgabenerhöhungen, die gleichsam am laufenden Band produziert werden, muß doch immer drängender die Frage gestellt werden, ob dies eine richtige Politik ist, ob sie geeignet ist, die explodierende Staatsverschuldung, die quälend ansteigende Arbeitslosigkeit und die als Ursache und Wirkung von beiden anhaltende und sich immer mehr vertiefende Wachstumsschwäche der Wirtschaft zu bekämpfen. Um die Antwort ganz deutlich zu geben: Dies ist nicht der Fall.
    Seit zwölf Jahren erleben wir in rascher Abfolge Steuererhöhungen der verschiedensten Art, seit 1975 von gelegentlichen Steuerentlastungen begleitet, die von der SPD bekämpft und von der CDU/ CSU erzwungen wurden. Als heimliche Steuererhöhungen kommen bei der Einkommensteuer und Lohnsteuer jedes Jahr noch weitere 5 bis 6 Milliarden DM als Folge des Zusammenwirkens von Inflation und Steuerprogression hinzu.
    Bei der Unternehmensbesteuerung wirkt sich der im internationalen Vergleich einmalig hohe Anteil an ertragsunabhängigen Steuern wie der Gewerbesteuer und der Vermögensteuer in einer Rezessionsphase mit drastischem Gewinnverfall besonders bedrohlich aus. Dieser Konstruktionsfehler unseres Steuersystems kostet uns derzeit Investitionsmöglichkeiten und damit Arbeitsplätze.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn man all dies zusammenfügt, dann kann man feststellen, daß die direkten Steuern total ausgereizt sind.
    An die Adresse des Bundesfinanzministers sei gesagt, er sollte seine finanzpolitische Kompetenz nicht dadurch unter Beweis stellen wollen, daß er immer auf die Steuerquote von 24 % pocht. Diese 24 % sind eine theoretische Zahl aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, aber ohne praktischen Aussagewert für die Steuerbelastung des einzelnen. Was allein zählt, ist doch die Tatsache, daß z. B. dem Arbeitnehmer von jeder zusätzlich verdienten Mark rund 60 Pf für Steuern und Sozialabgaben abgenommen werden und nur 40 Pf in seiner Tasche bleiben. Das zählt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Spöri [SPD]: Das ist doch eine andere Betrachtung!)

    Ein solches Abgabensystem ist nicht in Ordnung. Man darf sich nicht wundern, wenn so viele in die Schattenwirtschaft ausweichen und manche andere es sich im sozialen Netz bequem machen.
    Aber auch bei den indirekten Steuern hat die Regierung geholt, was zu holen war. Sie hätte noch mehr geholt, wenn die CDU/CSU geplante Mehrwertsteuererhöhungen nicht mehrmals verhindert hätte. Erhöht wurde die Tabaksteuer; es wurde die Branntweinsteuer erhöht. Rigoros verschärft wurde die Mineralölsteuer, 1972 und 1973 um 9 Pfennig pro Liter Benzin und ab 1. April 1981 nochmals um 7 Pfennig, also in der Zeit dieser Regierungskoalition um 16 Pfennig je Liter. Die SPD/FDP-Koalition ist allerdings die Einlösung einer Zusage schuldig geblieben, die schon 1969 von ihr gegeben wurde, nämlich die Kilometerpauschale dann angesichts dieser Mineralölsteuerbelastung und der Erhöhung der Mineralölsteuer zu erhöhen. Dies ist nicht nur ein Wortbruch, es entspricht auch nicht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, wenn die Kosten für notwendige Benutzung eines Kraftfahrzeugs steuerlich nicht als Unkosten anerkannt werden.
    Mit einem Wort: Auch die Verbrauchsteuern hat diese Regierung bereits überstrapaziert. Es gilt deswegen das, was die Union in den letzten Monaten bereits immer wieder zu sagen gezwungen war: Steuererhöhungen sind derzeit Gift und werden von uns abgelehnt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Nur für die hohen Einkommen wird das abgelehnt!)

    Das gilt insbesondere auch für dieses Einkommensteueränderungsgesetz 1983, und zwar aus folgenden Gründen. Die gestrige Generaldebatte zur Lage der Nation, die auch eine Debatte über die desolate Lage des Haushalts geworden ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    hat gezeigt, daß sich die SPD in weitere Steuererhöhungen flüchten will.

    (Zuruf von der SPD: Steuergerechtigkeit!)




    Dr. Kreile
    Die Ergänzungsabgabe, im Klartext also die Erhöhung der Einkommensteuer, ist von ihr erneut gefordert worden.

    (Gobrecht [SPD]: Und von Herrn Albrecht unterstützt!)

    Die FDP zeigt hier begrüßenswerterweise Ablehnung und Reserve. Aber hat sie denn nicht gesehen, daß bereits die Kappung des Ehegattensplittings, die sie bei diesem Einkommensteueränderungsgesetz 1983 mit vorschlägt, genau der Einstieg in die Ergänzungsabgabe ist?

    (Huonker [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    Die von der Kappung betroffenen Ehepaare und Familien sollen als erste eine partielle Ergänzungsabgabe zahlen.

    (Zuruf von der SPD: Na und?)

    Die Politik dieser Bundesregierung hat in Verfolg eines Beschlusses eines früheren SPD-Parteitages bisher versucht, die Belastungsfähigkeit der Wirtschaft zu erproben,

    (Widerspruch des Abg. Gobrecht [SPD]) und zwar mit katastrophalem Ergebnis.


    (Zuruf von der SPD: Quatsch!)

    Jetzt soll nunmehr offenbar auch die Belastungsfähigkeit der Familie erprobt werden,

    (Lachen bei der SPD)

    und zwar mit dem Ziel der Nivellierung. Hat denn die FDP, als sie dem zustimmte, nicht die Worte ihres Parteivorsitzenden Genscher bedacht, die er gestern hier so deutlich ausgesprochen hat: daß leere Kassen nicht die Stunde der Nivellierung sind?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Der Bundeskanzler hat zur Rechtfertigung dieser Kappung des Ehegattensplittings in der letzten Zeit gerade von diesem Ort aus so manch Drohendes gesagt, das mehr von Ideologie als von steuerrechtlichen Fakten geprägt war.

    (Zuruf von der SPD: Sind Sie auch davon betroffen?)

    Die Freien Demokraten und die Sozialdemokraten werden bei der Diskussion im Finanzausschuß sicherlich bemerken, daß ihr Gesetzentwurf nicht nur familienfeindlich ist,

    (Zuruf von der SPD: Wieviel Arbeitnehmer verdienen denn über 100 000 DM?)

    nicht nur die Familien benachteiligt, bei denen die Mutter die Aufgabe darin sieht, sich unter Verzicht auf eigene Erwerbstätigkeit um die Kinder zu kümmern, ihren Beruf also in der Erziehung ihrer Kinder sieht.

    (Zurufe von der SPD)

    Die bisherigen Koalitionspartner werden vielmehr
    sehen, daß die von ihr vorgeschlagene Kappung des
    Splittings ausgesprochen arbeitnehmerfeindlich ist.

    (Zuruf von der SPD: Wie viele Arbeitnehmer verdienen denn über 100 000 DM? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Ich möchte hier im Plenum des Bundestages gern zwei Beispiele bringen, damit nicht alles in der Abgeschiedenheit des Finanzausschusses bleibt. Nehmen wir also zwei Beispiele.
    Bei der Familie A — ich könnte auch sagen: der Familie Meier —

    (Heiterkeit — Zurufe: Matthäus-Maier!)

    mit drei Kindern wird das Familieneinkommen von 120 000 DM jährlich vom Ehemann allein erzielt.

    (Huonker [SPD]: Das ist ein Facharbeiter! — Dr. Spöri [SPD]: Normalverbraucher! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Ich habe gedacht, wir reden hier über eine steuersystematische Frage, und deswegen bringe ich dieses Sie relativ quälende Beispiel — Sie kennen es offenbar — jetzt in Ausführlichkeit.

    (Zurufe von der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter Dr. Kreile, ich darf Sie unterbrechen. — Ich bitte, die Zwischenrufe nicht in der Häufigkeit erfolgen zu lassen. Diese Zwischenrufe müssen dann als Störung angesehen werden. Zwischenrufe sollen aber den Sinn haben, daß der Redner darauf auch eingehen kann. Deshalb bitte gezielte und nicht so häufige Zwischenrufe.

(Unruhe bei der SPD)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Reinhold Kreile


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Damit ich den Unmut, der sich auf seiten der SPD hier durch die Vielzahl der Zwischenrufe äußert, ein wenig kanalisieren kann, darf ich jetzt die zwei Beispiele bringen.
    Die Familie A mit, wie ich gesagt habe, drei Kindern hat ein Familieneinkommen von 120 000 DM, das der Ehemann allein erzielt. Statt wie bisher 40 030 DM Einkommensteuer zu zahlen, muß er auf Grund der Kappung des Splittings 42 300 DM zahlen. Die Kappung des Splitting-Effekts belastet die Familie also im Jahr mit 2 300 DM.
    Bei der Familie B, sagen wir: der Familie Schmidt, ohne Kinder, wird ebenfalls ein Familieneinkommen von 120 000 DM erzielt. Aber zu diesem Familieneinkommen trägt der Ehemann 115 000 DM und die Ehefrau 5 000 DM bei. In diesem Fall, in dem das Familieneinkommen wieder 120 000 DM beträgt, zahlt die Familie nach wie vor 40 030 DM Einkommensteuer.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Das ist Sozialismus!)

    Es kommt in diesem Falle nicht zu einer Steuererhöhung.
    Das heißt, bei einer nur um 5% bis 10 % verschobenen Zusammensetzung des Familieneinkommens, greift diese Kappungsmaßnahme nicht, und die Höherbelastung der Familie wird vermieden.



    Dr. Kreile
    Um es vorweg zu sagen — wir werden es im Finanzausschuß sehen—: Bei dem Gesetzentwurf, so wie er vorgelegt worden ist, ist das eine Konsequenz, die durch keinerlei gesetzgeberische Maßnahmen beseitigt werden kann. Sie, die Sie diesen Gesetzentwurf vorgelegt haben, werden darlegen müssen, wieso Sie es für gerecht halten, daß ein Familieneinkommen von 120 000 DM einmal um 2 300 DM höher besteuert wird als in einem anderen Fall.
    Die höchst bedenklichen Folgen dieses Gesetzentwurfs, wenn er Gesetzeskraft erlangen sollte — was allerdings nicht geschehen wird —, werden sein:
    Erstens. In allen Fällen dieser Art, die Sie greifen wollen, wird eine Tendenz hin zu der völlig legalen Umgehung dieser von Ihnen geplanten Maßnahme durch eine Verlagerung der Einkommen entstehen. Dies gilt auch für Arbeitnehmer — in dieser Größenordnung; Sie können dann bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen ohne weiteres eine Verlagerung durch Schenkung an die Ehefrau bzw. Schenkung an den Ehemann vornehmen. Das werden Sie durch keine gesetzgeberische Maßnahme unterlaufen können. Und das halten Sie dann für gerecht?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zweitens. Dann wird es einen stärkeren Trend zur Doppelverdienerehe geben; denn diese Kappung des Splitting wäre ein zusätzlicher Anreiz für den bisher nicht erwerbstätigen Ehegatten, eine Berufstätigkeit aufzunehmen. Damit würde arbeitsmarktpolitisch genau das Gegenteil von dem bewirkt, was derzeit erreicht werden soll.
    Drittens. Genau wegen dieser Reaktion wird das, was Sie sich davon erwarten, nicht stattfinden, nämlich Steuermehreinnahmen von 300 Millionen DM. Ein Gesetzentwurf, der entgegen seiner Zielsetzung nur einen ganz kleinen Teil von Personen trifft, kann keineswegs als gerecht, sondern nur als schlecht konzipiert bezeichnet werden.
    Dazu kommt eine ganz beträchtliche Komplizierung des Steuerrechts und des Steuerverfahrens, die weder der Finanzverwaltung noch dem Steuerzahler zugemutet werden kann.
    Hält man sich all dies vor Augen und hält man sich vor Augen, daß nach der Ausrechnung des Bundesfinanzministeriums — selbst wenn alle diese Möglichkeiten nicht ergriffen würden, selbst wenn also Ihr Gesetzentwurf wirklich greifen würde — dies dann für den Bundeshaushalt nur 100 Millionen DM erbrächte, dann muß man fragen: Warum nimmt man diese ganzen Nachteile des Gesetzentwurfes in Kauf? Die Antwort ist doch ganz eindeutig: Den Befürwortern der Maßnahme geht es nicht um den fiskalisch geringen Ertrag, sondern einzig darum, einen entscheidenden Einbruch in das bisherige System der Familienbesteuerung zu erzielen. Mit dem Fuß in der Tür hofft man, in weiteren schnell folgenden Schritten offenbar Milliardensummen für Umverteilungsträume locker zu machen. Die einen wollen umverteilen, die anderen wollen damit Haushaltslöcher stopfen.
    Die Union ist deswegen entschlossen, diesen systemwidrigen, familien- und leistungsfeindlichen und zudem verfassungsrechtlich äußerst bedenklichen Einbruch in die Familie unmöglich zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ob die FDP bei ihrer Zustimmung zu dem Koalitionskompromiß zum Haushalt 1983 diese ablehnende Haltung der Union bereits mit ins Kalkül einbezogen hat,

    (Zuruf von der SPD: Unerhört, Herr Kreile!)

    soll nur als Frage im Raum bleiben. Auf jeden Fall ist es aber ein überaus fauler Kompromiß gewesen, den Einstieg in die Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen mit einer Zustimmung zur Verschärfung der Einkommensteuer speziell für die Familien zu erkaufen.
    Man nennt dies — und das hat der Vertreter der SPD vorhin so beredt getan — wohl „Ausgewogenheit". Die „Süddeutsche Zeitung" hat dies zu Recht als „ausgewogenen Unfug" bezeichnet.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Dr. Barbier hat in der „Süddeutschen Zeitung" den Nagel auf den Kopf getroffen, als er dazu erklärte: „Kompensatorischer Unfug — nochmals: kompensatorischer Unfug! — wie die Kappung des Ehegattensplittings und die Einführung eines höheren Privatanteils bei Dienstautos mag einen dumpf empfundenen Bedarf an Ausgewogenheit decken. Mit intellektueller Wirtschaftspolitik im Sinne einer Investitionsperspektive hat dies aber nichts zu tun."

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies gilt auch für den geplanten Eingriff in die betriebliche Altersversorgung. Durch die Erhöhung der pauschalen Steuersätze für Arbeitgeberleistungen bei Direktversicherungen und Pensionskassen um 50 % — die Erhöhung von 10 % auf 15 % ist nämlich eine Erhöhung um die Hälfte — werden den Unternehmern Investitionsmittel entzogen, um diese dann über die öffentlichen Kassen und über die teure Staatsbürokratie reichlich geschmälert in den weiter expandierenden Staatsverbrauch fließen zu lassen; an Stelle von Einsparungen kommt es also zu einer erneuten Erhöhung der Unternehmensbesteuerung zu Lasten der privaten Investitionen und der Arbeitsplätze. Es ist stets das gleiche falsche Rezept, mit welchem die Krise hier immer weiter verschärft wird.
    Der pauschale Steuersatz von 10 % ist im Jahr 1975 als Anreiz geschaffen worden, damit auch die Arbeitnehmer von Klein- und Mittelbetrieben ähnlich von jenen in Großunternehmen und im öffentlichen Dienst eine angemessene betriebliche Altersversorgung erhalten können. Wer von denen, die seinerzeit hier gewesen sind, erinnerte sich nicht, wie insbesondere die seinerzeitige Vorsitzende des Finanzausschusses, Frau Funcke, diese 10% als ihre höchstpersönliche Leistung, als ihren höchstpersönlichen Beitrag zu einer Politik für den Mittelstand dargestellt hat? Sie hat recht gehabt. Aber es ist völlig unbegreiflich, daß nun diese Leistung auf einmal in dieser Weise verschlechtert werden soll. Denn wenn man erkannt hat, daß die kleinen und mittleren Unternehmen, um die es hier geht, das Rückgrat



    Dr. Kreile
    unserer Wirtschaft sind, wie dies der FDP-Vorsitzende Genscher stets zutreffend und auch gestern hier formuliert hat, dann ist eine solch massive Steuererhöhung um 50 % nichts anderes als ein Tritt in eben jenes Rückgrat.

    (Dr. Spöri [SPD]: Weiter unten!) — Das mag Ihre Bemerkung dazu sein.

    Wie die Wirtschaft auf diesen erneuten Schlag gegen die betriebliche Altersversorgung — der erste Schlag war die Verschlechterung der Bildung von Rückstellungen für die Pensionsverpflichtungen durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz — reagieren und ihn abfangen wird und muß, hat einer der wirklichen Sachkenner der betrieblichen Altersversorgung, der auch von der Bundesregierung stets gehört wird, kürzlich in der FAZ drastisch dargestellt: Die Direktversicherungen und die Zuwendungen an Pensionskassen werden in einer Weise zurückgehen, daß die erwarteten Steuermehreinnahmen nicht zustande kommen werden. Professor Dr. Heubeck spricht hier von einem „Eigentor für die Staatsfinanzen". Das Ergebnis wird einerseits eine Benachteiligung der Arbeitnehmer sein, weil nämlich keine Direktversicherungen mehr bezahlt werden können, und andererseits werden keine steuerlichen Mehreinnahmen erzielt. Das nenne dann einer „stocksolide" Steuerpolitik!
    Alles andere als solide ist auch die Kürzung der Vorsorgepauschale für nicht sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, vor allem für die Beamten. Hier wird doch nichts anderes getan, als eine Maßnahme wieder rückgängig zu machen, die zu den ganz wenigen erfolgreichen Schritten der Steuervereinfachung im letzten Jahrzehnt zählt. Es ist überhaupt kein Argument neu hinzugekommen. Es gab keine Entwicklung, die nicht bereits seinerzeit erwartet wurde, als wir 1975 dieses Gesetz so verabschiedeten. Jetzt wird nichts anderes getan als der Versuch, eine im wesentlichen zur Steuervereinfachung dienende Maßnahme rückgängig zu machen.
    Wenn die Änderung käme, was nicht der Fall sein wird, führte dies zu einer unvorstellbar großen Komplizierung und Bürokratisierung des gesamten Lohnsteuerverfahrens. Arbeitnehmer und Steuerverwaltung würden wiederum mit erheblichen Kosten belastet. Dabei stünden auch hier Verwaltungsmehraufwand und erzielbare Mehreinnahmen in einem ganz krassen Mißverhältnis.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner Vorlage Mehreinnahmen in Höhe von 600 Millionen DM genannt. Aber bereits in den nächsten Jahren sinken diese 600 Millionen DM auf Null. Warum? Das ist ganz klar: weil künftig die Vorsorgepauschale von den Beamten natürlich, soweit es irgend geht, ausgeglichen werden wird.
    Das heißt, die ganze Kappung der Vorsorgepauschaleregelung ist nichts anderes als ein Schlag ins Wasser. Es ist nichts anderes als der Versuch, zu behaupten, auf diese Weise könnte man 600 Millionen DM Mehreinnahmen in einem Rechnungsjahr erzielen. Aber das ist nach Ihrer eigenen Berechnung im dritten und vierten Rechnungsjahr schon nicht mehr der Fall.
    Die Bundesländer, die auch in dieser Beziehung die Steuerverwaltung durchzuführen haben und wissen, wie das geht, haben sehr frühzeitig davor gewarnt und haben nicht zu Unrecht gesagt: Hier droht ein Schildbürgerstreich, der nichts anderes bringt als Arbeit, aber kein Geld.
    Die Bundesregierung hat es als richtig angesehen, zwei weitere steuerliche Maßnahmen in dieses Gesetz hineinzupacken, die eine besonders schwierige Materie betreffen, nämlich den Ausschluß des Ausgleichs bestimmter ausländischer Verluste sowie die Frage der Rückstellung wegen Rechtsverletzungen. In beiden Fällen bedarf es einer sorgfältigen Prüfung. Im Falle der Rückstellung für Patentverletzungen ist auch die Frage zu prüfen, ob die Reduzierung der Rückstellungsmöglichkeit überhaupt mit der derzeit ebenfalls vorgelegten Transformierung des EG-Bilanzrechts durch das Bilanzrichtlinie-Gesetz in Übereinstimmung zu bringen ist. Hier sind große Zweifel angebracht. Diese Zweifel könnten nur durch eine gründliche Beratung ausgeräumt werden. Ich frage mich, ob dazu bei der Behandlung dieses Gesetzes Zeit sein wird.
    Außerdem ist es bei dieser Frage, die das Bilanzrecht betrifft, außerordentlich bedenklich, wenn der Gesetzgeber auf diese Weise eine seit einem Jahrzehnt bestehende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs korrigieren will.
    Es wird doch hier nichts anderes getan, als eine Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs — das erste Urteil in dieser Frage war 1971, das zweite, das bestätigende 1981 — durch den Gesetzgeber allein aus Haushaltsgründen zu desavouieren.
    Deswegen wäre die Bundesregierung gut beraten gewesen, diese beiden Maßnahmen in ein steuerliches Sammelgesetz aufzunehmen, auf welches die Steuerverwaltung und die Steuerpflichtigen schon längere Zeit, allerdings vergebens, warten. Aber die sachbezogene Gesetzesarbeit muß hier offenbar hinter der ideologieträchtigen und auf Steuermehreinnahmen und Steuererhöhungen bedachten Gesetzesarbeit zur Stopfung von Haushaltslöchern zurückbleiben.

    (Huonker [SPD]: Wieviel Steuermehreinnahmen sind im Haushaltsgesetz eingeplant?)

    — Herr Parlamentarischer Staatssekretär, die Frage nach den Steuermehreinnahmen durch die Versagung der Rückstellungen und durch den Ausschluß von Auslandsverlusten ist eine, die an Sie von Amts wegen zu stellen war und die Sie dahin gehend beantwortet haben, daß Sie sie nicht beantworten können.
    Ist das eine Vorlage eines Gesetzes, wenn man sagt: Hier müssen Löcher gestopft werden, hier müssen Umgehungsmöglichkeiten beseitigt werden, und die Bundesregierung dann auf die Frage, wie hoch der Steuerausfall durch diese Umgehungsmöglichkeiten ist, sagt: Ich weiß das nicht? Wissen Sie



    Dr. Kreile
    überhaupt, daß hier Steuerumgehungen vorgenommen werden?

    (Huonker [SPD]: Sie sprechen immer von Steuererhöhungen!)

    — Ich wäre gerne damit einverstanden gewesen, wegen einer solchen Maßnahme in eine gründliche Sachdebatte mit Ihnen einzutreten; denn ich bin wie Sie und wie wohl wir alle hier der Auffassung, daß es nicht angeht, daß steuerliche Schlupflöcher aufgetan, unsinnige Steuerumgehungsmöglichkeiten in Deutschland praktiziert werden. Bloß: Diese Gesetze haben doch nicht wir gemacht. Diese Gesetze hat doch die SPD/FDP-Bundesregierung gemacht. Sie kennen das Problem doch seit langen Jahren. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Huonker, als der Vorvorvorgänger von Ihnen das Thema im Jahre 1970 hier an dieser Stelle zum erstenmal aufgegriffen hat, habe auch ich im Namen meiner Fraktion erklärt: Wir sind gern bereit, hier mitzuwirken. Sie waren jedoch unfähig, überhaupt einen Gesetzentwurf vorzulegen. Erst im vorvergangenen Jahr ist diese Änderung des § 15a Einkommensteuergesetz, die wir begleitet haben, gekommen. Hier müssen Sie sich selbst überlegen, was Sie getan haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD — Huonker [SPD]: Lieber jetzt als nie — Beifall bei der FDP)

    Wir werden diesen Entwurf des Einkommensteueränderungsgesetzes 1983, diesen Steuererhöhungsentwurf, im Finanzausschuß eingehend prüfen. Wir werden eine Anhörung der Verbände durchführen. Wir sind überzeugt, daß die Öffentlichkeit, die Steuerzahler und auch die Finanzverwaltung selbst unsere ablehnende Haltung zu diesem Gesetz teilen werden. Es ist zu hoffen, daß dieses Steuerpaket das Ende einer langen Kette fehlerhafter, verhängnisvoller steuerpolitischer Entscheidungen ist. Was not tut ist nicht eine Verlängerung dieser Kette, sondern eine Wende.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Dies gilt auch und vornehmlich für die Steuerpolitik. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)