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ID0908103400

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    Plenarprotokoll 9/81 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 81. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1982 Inhalt: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965, 9/1181 bis 9/1208 — Haase (Kassel) CDU/CSU 4833 B Löffler SPD 4841 A Hoppe FDP 4846 D Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 4850B, 4861 B Dr. Häfele CDU/CSU 4857 D Namentliche Abstimmung 4862 B Nächste Sitzung 4864 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4865*A Anlage 2 Verlagerung oder Einstellung von Zugverbindungen in Bayern bei zu geringer Auslastung MdlAnfr 40 27.11.81 Drs 09/1089 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Mahne BMV auf ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . 4865*A Anlage 3 Differenzen zwischen Inlands- und Exportpreis bei Stickstoffdünger MdlAnfr 93 27.11.81 Drs 09/1089 Eigen CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Grüner BMWi auf ZusFr Eigen CDU/CSU 4865*C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1982 4833 81. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 80. Sitzung, Seite 4831: In der Liste der entschuldigten Abgeordneten ist statt „Eimer" zu lesen: „Eymer (Lübeck)". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ertl 22. 1. Helmrich 22. 1. Frau Huber 22. 1. Dr. Jobst 22. 1. Kiechle 22. 1. Dr. Kreile 22. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Möllemann 22. 1. Müller (Remscheid) 22. 1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1. Zierer 22. 1. Anlage 2 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 9/1089 Frage 40, 69. Sitzung, Seite 4012 B): Ich komme zurück auf Ihre Frage in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 2. Dezember 1981 und teile Ihnen nachstehend wunschgemäß die Verkehrsentwicklung auf den von Ihnen angesprochenen Strecken mit: Reisenden (Reisenden-km je Betriebslänge) 1976 1977 1978 1979 1980 Bayreuth-Warmensteinach 604 525 538 516 494 Neustadt-Floß 654 612 579 565 562 Wiesau-Waldsassen 686 544 537 516 476 Wiesau-Tirschenreuth 697 720 759 699 637 Anlagen zum Stenographischen Bericht Für die vorgenannten Strecken liegt aber noch kein Antrag des Vorstandes der DB für die Umstellung des Reisezugbetriebes auf Busbedienung vor. Auch der Verwaltungsrat hat sich noch nicht mit diesen Strecken befaßt. Anlage 3 Ergänzende Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/1089 Frage 93, 71. Sitzung, Seite 4171, Anlage 9): Ich komme auf Ihre in der Fragestunde am 4. Dezember 1981 behandelte Frage wegen unterschiedlicher Inlands- und Exportpreise bei Stickstoffdünger zurück. In Ergänzung zu der in dieser Fragestunde gegebenen Antwort teile ich Ihnen folgendes mit: Die in der Veröffentlichung des Kieler Instituts für Agrarpolitik und Marktlehre angegebenen Inlandspreise und Exportpreise sind für sich genommen richtig, jedoch nicht miteinander vergleichbar. Bei den der amtlichen Statistik entnommenen Exportpreisen handelt es sich um Werte frei deutscher Grenze, die keine Rabatte und nur eine relativ geringe Vorfracht enthalten. Nicht eingeschlossen sind in ihnen sämtliche Kosten ab deutscher Grenze, z. B. Anschlußfrachten zum ausländischen Seehafen, Umschlagskosten im ausländischen Seehafen, Versicherungen, Schiffsfrachten nach Übersee (Hauptexportmärkte sind für Harnstoff Indien und VR China, für schwefelsaures Ammoniak Brasilien), Grenzübergangskosten und Transportkosten im Übergangsland. Die vom Kieler Institut zum Vergleich herangezogenen Inlandspreise sind dagegen Bruttolistenpreise frei jeder Bahnstation im Bundesgebiet, in denen Rabatte und Frachtkosten enthalten sind. Hierbei beziehen sich die Inlandspreise grundsätzlich auf 25-t-Bahnwaggons, während der Kalkulation der Exportpreise vielfach ganze Schiffsladungen zugrunde liegen. Im übrigen weise ich darauf hin, daß für die Preisgestaltung der Unternehmen im Export die auf den jeweiligen Märkten bestehenden Angebots- und Nachfragebedingungen erfahrungsgemäß von wesentlicher Bedeutung sind.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Matthöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich hatte darauf hingewiesen, bevor ich zu diesem unglücklichen Exkurs gezwungen wurde, daß ein genaues, sorgfältiges und, wie ich glaube, vollständiges Zuhören mir gezeigt hat, daß unter der Oberfläche der Auseinandersetzungen, die j a legitim sind, ein bemerkenswertes Maß an Übereinstimmung in vielen wichtigen Elementen der wirtschaftlichen Analyse und der wirtschafts- und finanzpolitischen Therapie bei allen Fraktionen dieses Hauses bestanden hat. Niemand in diesem Hause bezweifelt, daß zwei Ölkrisen in den 70er Jahren uns eine ganz schwere Hypothek hinterlassen haben. Alle Industrieländer mit Ausnahme Japans leiden unter Wachstumsschwäche, hohen Inflationsraten und Finanzierungsproblemen im Zusammenhang mit ihren Leistungsbilanzdefiziten. Die Arbeitslosigkeit ist unerträglich hoch. Im gesamten OECD-Gebiet sind 25 Millionen Menschen ohne Arbeit. Die Bundesrepublik stand in den letzten Jahren vor den binnenwirtschaftlichen



    Bundesminister Matthöfer
    Auswirkungen einer Umwälzung der weltwirtschaftlichen Beziehungen und Strukturen. Unsere wichtigste wirtschaftspolitische Störgröße, das Leistungsbilanzdefizit, war das Ergebnis verschiedener Einflüsse: Ölpreisverteuerung, die Veränderung der internationalen Wettbewerbslage durch Veränderungen von Währungsparitäten und Kostenstrukturen, auch durch die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit anderer Industrieländer und einiger Schwellenländer.
    Durch das hohe Leistungsbilanzdefizit war es uns unmöglich, uns vom amerikanischen Zinsniveau so abzukoppeln, wie es eigentlich vernünftig gewesen wäre. Das Leistungsbilanzdefizit mußte uns vor allen Dingen angesichts der ungewöhnlichen Größenordnung zu einer Tendenzwende bewegen, die wir ja auch jetzt schon sich abzeichnen sehen. Es darf aber bei aller Entschiedenheit, sich auf die eigene Kraft zu verlassen und unser deutsches Volk auch weiterhin besser durch die weltwirtschaftlichen Stürme zu bringen, als das woanders der Fall ist, auch nicht übersehen werden, daß sich weltweit alle Leistungsbilanzen ausgleichen müssen und sich ein Wettlauf aller Industrieländer um Leistungsbilanzüberschüsse für die weltweite Wirtschaftstätigkeit per Saldo als ein schwerwiegendes Hindernis erweisen könnte.
    Auch gegenwärtig halte ich das Zinsniveau in der Bundesrepublik — nach dieser Debatte sehe ich mich von allen Rednern, die dazu gesprochen haben, bestätigt — trotz der Zinssenkungstendenzen in der jüngsten Zeit für viel zu hoch, für höher jedenfalls, als dies aus binnenwirtschaftlichen Gründen wünschenswert ist. Wir brauchen, wenn wir zusätzliche Arbeitsplätze schaffen wollen, sehr viel niedrigere Zinsen, als wir sie heute haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir brauchen niedrigere Zinsen, um den Umstrukturierungsprozeß der Wirtschaft voranzubringen. Wir brauchen sie aber auch, um die private Nachfrage, die private Investitionstätigkeit zu beleben und die Wirtschaftstätigkeit insgesamt wieder anzuregen.
    Die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Erholung und für die Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik — auch darüber bestand in diesem Hause breite Übereinstimmung bei allen Debattenbeiträgen — haben sich durch die Fortschritte, die wir bei der Einsparung importierter Energie, im Export, im Abbau des Leistungsbilanzdefizits, in den Anstrengungen zur Eindämmung der Dynamik der Haushaltsdefizite, in der Mäßigung der Erwartungen an die Einkommensentwicklung gemacht haben, deutlich verbessert. Es gilt nun, mit Stetigkeit und langem Atem auf diesem Wege Schritt für Schritt weiter voranzukommen.
    Nach dieser Debatte kann man sagen: Alle Parteien sind sich darüber einig, daß die gegenwärtig bedrückend hohe Arbeitslosigkeit nicht tatenlos hingenommen werden darf.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich stimme Herrn Kollegen Franke zu, der sagte:
    Leider sind in den nächsten Monaten 2 Millionen Arbeitslose zu erwarten, das sind 2 Millionen Steuerzahler weniger, das sind 2 Millionen Beitragszahler in der Krankenversicherung weniger, das sind 2 Millionen Beitragszahler für die Bundesanstalt für Arbeit weniger. — Herr Kollege Franke hat weiterhin auf die Folgen für die Beitragsentwicklung in der Sozialversicherung hingewiesen.

    (Franke [CDU/CSU]: Richtig!)

    — Alles richtig, alles zu beachten! Wir sind uns darüber einig, daß es ein schlimmes persönliches Schicksal ist, wenn einer arbeiten will und nicht arbeiten kann.
    Insbesondere gilt es zu verhindern, daß in den nächsten Jahren Hunderttausende von Jugendlichen beim Verlassen der Schule und beim ersten Schritt ins Arbeitsleben keine Ausbildungsstelle oder keine sonstige sinnvolle Beschäftigung finden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der dadurch entstehende wirtschaftliche, psychologische und politische Schaden wäre verheerend. Menschliche Arbeitszeit ist Lebenszeit. Sie kann nicht wie Wasser in der Leitung je nach Bedarf auf- oder zugedreht werden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    In der Bundesrepublik wird die Arbeitslosigkeit mittel- und langfristig, auch über 1982 hinaus, das schwerwiegendste Problem bleiben. Wir haben es mit Problemen der Anpassung unserer Wirtschaft an veränderte wirtschaftliche Strukturen zu tun, deren Auftreten zeitlich — und dadurch wird das Problem noch größer — mit einem wegen der geburtenstarken Jahrgänge erheblichen Anstieg des Erwerbspersonenpotentials zusammenfällt.
    Rein rechnerisch müßte, damit wir mittelfristig, also innerhalb weniger Jahre, wieder in die Nähe der Vollbeschäftigung kommen, ein reales Wirtschaftswachstum von über 5 % im Jahresdurchschnitt erreicht werden. Eine entsprechende Ausweitung der Produktionskapazitäten ist wohl ohne enorme zusätzliche Investitionsanstrengungen und eine gewisse Verkürzung der Lebensarbeitszeit nicht sehr wahrscheinlich.
    Angesichts dieser alarmierenden Situation sollten sich alle Parteien und alle gesellschaftlichen Gruppen fragen, welchen Beitrag sie aus ihrer Sicht und mit ihren Möglichkeiten zur Lösung der gemeinsamen wirtschaftlichen Probleme erbringen können. Wenn wir mehr als einen kurzfristigen Nachfrageschub erreichen wollen, wenn wir wirklich bessere Grundlagen für eine mittel- und langfristig dauerhafte Besserung der wirtschaftlichen Entwicklung und damit der Beschäftigungslage legen wollen, müssen wir durch einen — wie Willy Brandt und andere es kürzlich formulierten — breiten gesellschaftlichen Pakt neue Leistungskräfte wecken und durch wieder wachsendes Vertrauen in wirtschaftlich vernünftiges Verhalten und solidarisches Zusammenstehen aller Beteiligten im Ausland das Vertrauen in die Zukunft unserer Währung stärken und neue Kräfte in unserer Wirtschaft auslösen. Der Staat allein kann dies nicht tun. Er kann nur eine zu-



    Bundesminister Matthöfer
    sammenfassende, organisierende und anregende Rolle spielen.
    Sicherlich sind angesichts der Entwicklung der Einkommensverteilung im letzten Jahr vor allem die Tarifabschlüsse ein wichtiges Element, das Signale und ökonomische Daten für die Kostenentwicklung und für den Preis der Arbeitskraft setzt. Ich appelliere damit nicht nur an die Gewerkschaften —

    (Zustimmung des Abg. Grobecker [SPD])

    das wäre angesichts ihres verantwortungsbewußten Verhaltens in der ganzen Geschichte der Bundesrepublik eigentlich ganz überflüssig —,

    (Beifall bei der SPD)

    sondern ebenso an die Wirtschaft, die es — z. B. durch Ausbildungsangebote an die Jugendlichen, durch ihr Preisbildungsverhalten, durch ihr Verhalten im Falle günstiger Gewinnentwicklungen — ja auch in der Hand hat, die Früchte einer maßvollen Tarifpolitik sozial gerecht zu nutzen.
    Weitgehende Übereinstimmung bestand in der Debatte darin, daß die Wohlstandseinbußen, die eine Folge des erweiterten Zugriffs der ölexportierenden Länder auf unser Sozialprodukt waren, nicht ohne Schaden für die gesamte Entwicklung auf andere abgewälzt werden können. Das gilt national wie international. Von Verteilungskämpfen profitiert auf längere Sicht niemand.
    Es bestand in der Debatte auch Einigkeit, daß die Probleme durch ein Konjunkturprogramm alter Art nicht gelöst werden können, daß kurzfristige Strohfeuer, so der Herr Kollege Haase, oder — um eine technologische Analogie zu gebrauchen — Initialzündungen heute wenig nützlich sind, daß es in der jetzigen Lage vielmehr darauf ankommt, die Verwendungsseite des Sozialprodukts umzustrukturieren und den Anteil der Investitionen dauerhaft zu steigern.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist wahr!)

    Die „Operation '82" ist ein mittelfristig angelegter Beitrag hierzu. Weitere Schritte müssen und werden folgen.
    Wir waren uns in der Debatte also einig, sagte ich, daß eine durchgreifende Investitionsbelebung sinkende Zinsen erfordert. Herr Kollege Carstens (Emstek) stellte hierzu fest:
    Ohne den Abbau des Leistungsbilanzdefizits und ohne Rückführung der Nettokreditaufnahme gibt es nicht den Spielraum für Zinssenkungen. Ohne niedrige Zinsen wird kaum ein nachhaltiger Konjunkturaufschwung zu erreichen sein.
    Dem ist zuzustimmen.

    (Zustimmung bei der SPD und der CDU/ CSU)

    Die notwendige Anpassung des Kapitalstocks der deutschen Wirtschaft stelllt ein enormes Investitionspotential dar. Dieser erhebliche Bedarf wird sich bei sinkenden Zinsen zunehmend in positive Investitionsentscheidungen und in Investitionsnachfrage umsetzen können. Noch drücken die Finanzierungskosten die Rentabilität vieler Sachinvestitionen und ermöglichen gleichzeitig eine hohe Rendite bei der Anlage in verhältnismäßig risikofreien Wertpapieren.
    Gleichzeitig bleibt es erfreulich, festzustellen, daß — bei uns jedenfalls — die Investitionsentwicklung nach der zweiten Ölkrise erheblich stabiler verlaufen ist als nach der ersten Krise 1973/74. Inzwischen ist die Verbesserung der degressiven MA in Kraft getreten, durch die ein massiver zusätzlicher Anreiz geschaffen wird, die Investitionstätigkeit zu verstärken. Sie ist eine dauerhafte, verläßliche und kalkulierbare Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen, deren Wirkung durch die Verbesserung des Verlustrücktrages gerade auch für kleinere Unternehmen verstärkt wird. Diese Verbesserung sollte nicht zerredet werden. Ihre Wirkungen sollten sich entfalten können in einem verbesserten wirtschaftlichen Klima, unter dem Eindruck einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung aller Parteien und aller Gruppen.
    Es liegt in der Natur der Sache, daß man über den einzuschlagenden Weg, der zu einem von allen als richtig erkannten Ziel führen soll, noch am ehesten unterschiedlicher Meinung sein kann. Nichtsdestoweniger war mein Eindruck in diesen Tagen der Debatte, daß auch über einige Eckwerte der einzuschlagenden Richtung im Deutschen Bundestag bei allen Fraktionen durchaus Einigkeit besteht. So kann die Finanzpolitik in der derzeitigen Lage des Zwangs zu struktureller Anpassung nicht mit den Konzepten der Globalsteuerung, die zu ihrer Zeit ja sehr wirksam waren, neue, dauerhafte Arbeitsplätze schaffen. Kreditfinanzierte Ausgabenprogramme wären wegen ihrer Auswirkungen auf die Zinsentwicklung heute eher kontraproduktiv. Eine höhere Nettokreditaufnahme ist in dieser Phase der Entwicklung kein adäquates oder probates Mittel zur Bekämpfung der Probleme mehr.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Was wir brauchen, ist ein fortgesetzter, dauerhafter Abbau des Leistungsbilanzdefizits. Was wir brauchen, sind sinkende Zinsen, um die Investitionen der Unternehmen zu stimulieren, die der Modernisierung der Volkswirtschaft dienen.
    Die Entwicklung der Leistungsbilanz im Verlauf des Jahres 1981 sowie der Anstieg des Wechselkurses der D-Mark gegenüber dem US-Dollar sind ermutigende Zeichen. Es ist zu hoffen, daß wir im Verlauf des Jahres 1982 die Voraussetzungen schaffen können, die es der Geldpolitik ermöglichen, im konjunkturellen Interesse, im Interesse der Sicherung von Beschäftigung und der Schaffung neuer Arbeitsplätze die Zinsen möglichst weit herunterzufahren. Eine Fortdauer des Hochzinsniveaus wäre für die Wirtschaft eine immer schwerer zu tragende Belastung.
    Nur kann eine Zinssenkung nicht autonom in der Bundesrepublik erfolgen. Sie muß integraler Bestandteil eines Gesamtkonzepts sein, zu dem alle Gruppen ihren Beitrag leisten.



    Bundesminister Matthöfer
    Die Europäische Gemeinschaft schreibt in ihrem Jahresbericht 1981/82:
    Die erste Besonderheit der Aussichten für 1982 ist die akute Beziehung zwischen Haushaltsund Geldpolitik. Die Sensibilität der Zinssätze gegenüber haushaltspolitischen Größen ist heute mit ziemlicher Sicherheit sehr viel stärker als jemals in der Vergangenheit. Die expansiven Effekte einer Haushaltspolitik, die auf ein steigendes Defizit hinausläuft, werden heute mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit weitgehend durch steigende Zinssätze zunichte gemacht. In entsprechender Weise werden budgetpolitische Maßnahmen, die auf niedrigere Defizite abzielen, wahrscheinlich in ihrer kontraktiven Wirkung erheblich durch fallende Zinsen ausgeglichen.
    Herr Kollege Haase, hier haben Sie die Erklärung für das, was Sie in Ihrer Rede wohl als Widerspruch empfunden haben. Ich verstehe das nicht. Vielleicht haben wir mal die Gelegenheit, daß Sie mir das erklären. Sie sagen: Eigentlich müßte man doch höhere Kredite aufnehmen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Im Februar!)

    Früher war es zwar falsch, höhere Kredite aufzunehmen. Jetzt wäre es richtig, wenn man nur könnte. — Nein, nein; so ist das nicht. Wir könnten schon, wenn wir wollten. Aber wir wollen nicht, weil es jetzt falsch wäre. Das ist der Unterschied.

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP)

    Bei hohem Leistungsbilanzdefizit und hohen Zinsen konnte es nicht Aufgabe der deutschen Finanzpolitik sein, zusätzliche kreditfinanzierte Ausgaben auf den Weg zu bringen. Das hätte die sich anbahnende und für die Entwicklung der Investitionen notwendige Zinssenkung konterkariert. Einem großen Aufwand hätte unter den heutigen Bedingungen allenfalls eine kleine Wirkung gegenübergestanden.
    Das ist allerdings nur eine Seite des vorliegenden Bundeshaushalts 1982.
    Den anderen Aspekt habe ich in meiner Einbringungsrede im September schon ausführlich vorgetragen, als ich auf die bestehenden Unsicherheiten verwies, die sich angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung aus der Unterbeschäftigung und dem hohen Zinsniveau für die Ausgaben und Einnahmen des Bundeshaushalts ergeben können. Wir haben diesen Risiken in gesamtwirtschaftlich schwieriger Lage in angemessener Weise Rechnung getragen.
    Der Bundeshaushalt 1982 erfüllt damit eine doppelte Aufgabe. Er stützt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und leistet zugleich den erforderlichen Beitrag zur Erleichterung und Unterstützung und Förderung des gesamtwirtschaftlichen Strukturwandels.
    Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, daß der Bundeshaushalt 1982 im Grunde aus zwei Teilen besteht. Der eine ist ein Normalhaushalt, der die Ausgaben- und Defizitdynamik, besonders die Dynamik im Bereich der konsumtiven Ausgaben, kappt und der naturgemäß mittelfristig angelegt ist. Zum andern enthält der Haushalt 1982 einen Konjunkturteil, der die Risiken aufnimmt, die sich aus einer Abweichung von der gesamtwirtschaftlichen, sagen wir mal: Normallage ergeben.
    Wir werden damit rechnen können, daß sich die konjunkturbedingten Komponenten des Bundeshaushalts abbauen, wenn die gesamtwirtschaftliche Erholung eintritt und anhält, die von der OECD und vielen anderen für die zweite Jahreshälfte erwartet wird. Wir haben Anlaß, auf eine hohe Auslandsnachfrage zu bauen. Herr Kollege Haase, im Gegensatz zu dem, was Sie vorgetragen haben, zeigt sich die heutige Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft in der hervorragenden Fähigkeit zur Anpassung an die neue Situation.
    Allerdings kann Wachstum nicht durch Auslandsnachfrage dauerhaft gesichert werden. Grundsätzlich kann im internationalen Zusammenhang eine Rechnung nicht aufgehen, die einseitig nur auf Export setzt. Nicht nur wir streben Wachstum, höhere Marktanteile, Arbeitsplätze, positive Leistungsbilanz an. Andere Länder, in die wir exportieren, haben viel größere Sorgen als wir, haben höhere Arbeitslosenzahlen und ebenso Leistungsbilanzungleichgewichte. Die Bundesregierung hat immer wieder vor protektionistischen Neigungen, gerade in dieser schwierigen weltwirtschaftlichen Lage, gewarnt und die Vorzüge eines freien Welthandels betont.
    Wir müssen deshalb ein Interesse daran haben, daß auch andere Industrieländer, aber auch die sogenannten Schwellenländer und erst recht die Entwicklungsländer ihre Zahlungsbilanzungleichgewichte ohne dauerhaften Einbruch ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit bewältigen können. Wir dürfen nichts tun, was nun — etwa durch eigene protektionistische Maßnahmen — dazu beiträgt, die Schwierigkeiten unserer Handelspartner zu erhöhen.
    Wir waren uns in der Debatte auch einig, daß eine Schlüsselgröße der dauerhaften Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine Lösung des Energieproblems ist. Ich möchte hier Frau Kollegin Matthäus zitieren, die sagte:
    ... unser Hauptproblem in dieser volkswirtschaftlichen Situation und auch einer der entscheidenden Gründe für unsere Arbeitslosigkeit ist die Belastung unserer Volkswirtschaft mit der enorm hohen Ölrechnung ... Dagegen gibt es nur eine Strategie,
    — sagt Frau Matthäus —
    nämlich die Fortsetzung der Strategie „weg vom Öl" ... Deswegen scheint mir ... das Gebot der Stunde zu sein, Öl einzusparen und energiesparende Investitionen im öffentlichen und privaten Bereich zu unterstützen ... Dies hätte gleichzeitig den Vorteil, daß industrielle Kapazitäten in diesem Bereich in diesem Land ausgelastet würden. Außerdem würde unser Leistungsbilanzdefizit abgebaut, wenn wir zu einer noch deutlich geringeren Einfuhr von Öl kommen.



    Bundesminister Matthöfer
    Wir können alle Frau Matthäus nur zustimmen.
    Der Herr Kollege Glos sagte:
    Bilden wir uns doch nicht ein, daß die Verhältnisse auf dem Rohölmarkt immer so bleiben! Schon eine politische Veränderung im Nahen Osten kann alles sehr leicht wieder ins Gegenteil verkehren.
    In der Tat, Herr Glos, hier gilt es, vorausschauend für die Zukunft und für alle Fälle und Schwierigkeiten gerüstet zu sein.
    So ermutigend auch unsere Fortschritte bei der Einsparung von importierter Energie sind, so stehen wir doch gewissermaßen erst auf halbem Weg zum Erfolg. Die Frage, inwieweit die Verbesserung des Verhältnisses von Wohlstandszuwachs und Wachstum einerseits und Energieverbrauch andererseits bereits gelungen ist, wird sich erst dann zutreffend beantworten lassen, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung wieder beschleunigt, weil dann natürlich der Einfuhrbedarf steigt, weil der höhere Wert unserer Währung unter Umständen unsere Exportentwicklung wieder behindern kann.
    Die Erfahrungen nach der ersten Ölkrise lassen befürchten, daß auch noch so drastische Lehren nur zu bald vergessen sind und eingeübte Verbrauchsgewohnheiten sich nur zu schnell wieder durchsetzen, wenn der erste Schock überwunden ist.

    (Zuruf von der SPD: Wie bei den Autofahrern!)

    Diese Erfahrung darf sich nicht wiederholen. Kontinuierliche und anhaltende Anstrengungen zur Einsparung von eingeführter Energie sind für uns eine wirtschaftliche Lebensnotwendigkeit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Aber nicht nur Sparen allein!)

    Mit der Verringerung unseres Leistungsbilanzdefizits und mit den Beschlüssen zum Haushalt 1982 sind die Chancen für eine wirtschaftliche Erholung erheblich gestiegen.
    Die Devisen- und Kapitalmärkte haben seit dem Sommer fühlbar auf die Maßnahmen der öffentlichen Finanzpolitik reagiert. Die leider auch im eigenen Land geschürte Besorgnis, die öffentliche Hand könne ihre Defizite nicht mehr beherrschen und müsse die Kapitalmärkte stärker in Anspruch nehmen, als mit Rücksicht auf den für die Umstrukturierung erforderlichen Kapitalbedarf vertretbar, hat sich verselbständigt und war zu einem eigenständigen Marktfaktor geworden. Die Ende Juli beschlossenen Grundlinien einer Begrenzung der Ausgabendynamik hatten solche Besorgnisse bereits abgebaut. Nach der ersten Lesung des Haushaltsentwurfs 1982 und der Begleitgesetze kam eine deutliche Höherbewertung der D-Mark in Gang. Im Jahre 1981 hat die D-Mark gegenüber den 23 wichtigsten Handelspartnern 3,2 % an Wert gewonnen. Heute steht fest, daß die Beschlüsse zum Haushalt 1982 das Wirtschaftsklima in der Bundesrepublik positiv beeinflußt haben und eine wichtige Voraussetzung für die erwartete Wiedererholung der Volkswirtschaft darstellen. Jetzt dürfen wir aber nicht lockerlassen und müssen die nächsten Schritte vorbereiten, um auf dem eingeschlagenen Weg weiter voranzukommen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Ertragslage der Unternehmen hat sich 1981 besorgniserregend verschlechtert. Daher kann es nicht verwundern, daß die gesamtwirtschaftlichen Anlageinvestitionen im abgelaufenen Jahr real um 3 % zurückgegangen sind. Immerhin haben sich die Investitionen im Vergleich zu 1967 oder 1974, als sie real um 7% bzw. 10 % zurückgegangen sind, immer noch als verhältnismäßig robust erwiesen. Ein großer Teil der Unternehmen hat die Herausforderung der Ölpreisentwicklung angenommen, so daß die belastenden Wirkungen aus der Entwicklung des Absatzes, der Gewinne und der Zinsen nicht im früher beobachteten Maße auf die Entwicklung der Investitionen durchgeschlagen sind. Dies sollte sich eigentlich in diesem Jahr verstärkt fortsetzen können. Die Rahmenbedingungen werden dabei deutlich besser sein als 1981. Die Auslandsnachfrage wird rege bleiben, der Inlandsabsatz wird sich allmählich stabilisieren. Die dämpfenden Elemente von der Absatzseite her auf die Investitionsneigung werden also auslaufen.
    Wenn ich der Bundesrepublik größere Chancen als anderen Ländern einräume, mit den anstehenden Problemen fertig zu werden und zu mehr Wachstum, zu mehr Wohlstand und zu mehr Beschäftigung zurückzuführen, dann nicht nur deshalb, weil wir — bei aller Polemik, Herr Kollege Riedl — nicht nur allgemein Spitze sind, sondern auch trotz aller Polemik eine bessere Opposition haben, als dies in anderen Ländern festzustellen ist.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das ist auch etwas!)

    — Ich hatte Ihnen mehrfach angedroht, daß ich dies sagen müßte, wenn Sie die Spitzenstellung der Bundesrepublik bezweifeln.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist ja fast wie Weihnachten!)

    Das ist aber auch deshalb so, weil diese Bundesregierung aus der Bundesrepublik kein Experimentierfeld für ökonomische und pseudoökonomische Theorien gemacht hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Was wir anderswo beobachten, kann uns in seinen Ergebnissen nicht überzeugen. Den guten Willen unterstelle ich allen demokratisch gewählten Regierungen. Die Übereinstimmung nimmt hierzulande — übrigens auch in dieser Debatte, wenn man genau zugehört hat — zu, daß ein Weg der Mitte, den wir zu gehen versuchen, noch am ehesten Erfolg verspricht.
    Ein für mich wesentliches Element dieser Haushaltsdebatte war, daß von den Vertretern aller Fraktionen die Auffassung geteilt wird, daß angesichts des drängenden Problems des Strukturwandels und der Arbeitslosigkeit die öffentliche Hand einen zukunftsgerichteten substantiellen Beitrag erbringen muß, damit wir die Probleme gemeinsam bewältigen können. Ich habe sehr aufmerksam vermerkt, was



    Bundesminister Matthöfer
    zu diesem Thema von Herrn Kiep ausgeführt worden ist. Wir haben keinen Anlaß, heute mit weniger Zuversicht in die Zukunft zu sehen als zu Beginn des letzten Jahres, auch wenn wir heute unter dem drükkenden Eindruck einer steigenden Arbeitslosigkeit stehen. Unsere inneren Wirtschaftsprobleme sind groß, aber sie sind nicht unüberwindbar.
    Die bemerkenswerte Verbesserung der Leistungsbilanz zeigt, wie schnell die deutschen Unternehmen die Wettbewerbsvorteile durch die Abwertung der D-Mark nutzen und ihre Exporte und Weltmarktanteile steigern konnten. Auch wenn man Grunddaten wie die Preisentwicklung, die Kostenentwicklung, die Investitionsquote, die Produktivitätsentwicklung und die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen international vergleicht, ergibt sich, daß wir eine gute Ausgangsgrundlage dafür haben, daß wir den international verursachten Anpassungszwängen gerecht werden können, auch wenn es hierzu allerdings enorm großer Anstrengungen bedarf.
    Es ist mir aber auch wichtig, erneut darauf hinzuweisen, daß der Haushalt 1982, daß die „Operation '82" einen erheblichen Beitrag zur Erfüllung unserer Aufgabe geleistet haben und daß auch die Bundesbank Beiträge leistet. Man kann sie nur ermutigen, hierin fortzufahren. Es ist jedoch auch notwendig und wünschbar, deutlich zu machen, daß begrenzte Verteilungsspielräume respektiert werden. Wir können nicht so tun, als komme es in der gegenwärtigen Situation nicht auf die Preisentwicklung, Löhne, Gehälter und andere Kostenentwicklungen an.
    Heute steht der Haushalt 1982 zur Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag an. Wir sollten diesen Haushalt auf den Weg bringen und sicherstellen, daß die darin enthaltenen beschäftigungssichernden und beschäftigungsfördernden Maßnahmen ihre Wirkung entfalten können. Wir werden dann diskutieren, was noch weiter zu tun ist. Das ist eine Frage, die sich uns im Zusammenhang mit dem Jahreswirtschaftsbericht stellt. Dann werden wir sehen, was notwendig, möglich und durchsetzbar ist.
    Wir können natürlich nicht davon ausgehen, mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts 1982 und dem Jahreswirtschaftsbericht könne jeder möglichen Zukunftsentwicklung angemessen begegnet werden. Wir leben in einer Zeit großer weltwirtschaftlicher und binnenwirtschaftlicher Veränderungen und Unsicherheiten. Gewiß ist unsere Lage heute wesentlich besser als vor einem Jahr. Die nachfragedämpfenden Wirkungen der Ölpreissteigerungen von 1978/79 klingen aus. Wir haben manchen Fortschritt im Strukturwandel und bei der Anpassung an die neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten gemacht. Die künftige Entwicklung wird aber trotzdem, trotz unserer begründeten Erwartungen auf eine gesamtwirtschaftliche Erholung, von Ungewißheit überschattet.
    Eines ist sicher: Wir alle können und wir werden einer sich entwickelnden dauerhaften Massenarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik nicht tatenlos zusehen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Niemand kann davon ausgehen, daß der Bundeshaushalt 1982 eine unveränderliche Größe in einer Welt der Ungewißheit und Unsicherheit ist. Wir haben versucht, in diesem Haushalt absehbaren Risiken Rechnung zu tragen. Die Aufgabe des Bundesfinanzministers kann es aber nicht sein, alle möglichen oder, Herr Kollege Friedmann, auch nur vermuteten Risiken im Haushaltsplan vorwegnehmen zu wollen; denn damit würde er schweren Schaden anrichten.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das geht über Vermutungen hinaus, was in Nürnberg fehlt!)

    Es hat keinen Sinn, leugnen zu wollen, daß der Haushaltsvollzug im Jahre 1982 unter erheblichen Unsicherheiten steht. Wir haben versucht, den möglichen Entwicklungen und Notwendigkeiten Rechnung zu tragen, soweit uns das vernünftig erschien.
    Ich fasse zusammen: Wir stehen in einer schwierigen weltwirtschaftlichen Situation, die wie in anderen Ländern auch in unserem Lande schwere Spuren hinterlassen hat. Die Kraft und das Vermögen, mit den Problemen fertig zu werden, sind jedoch ungebrochen.
    In manchem haben wir Fortschritte gemacht. Der Weg zur Überwindung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte, unter denen wir leiden, ist mühsam und schwierig. Lassen wir uns nicht entmutigen, nehmen wir die Herausforderung an — jeder nach seinen Möglichkeiten. Ich bin zuversichtlich, daß wir gemeinsam Erfolg haben werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Lassen Sie mich zum Schluß allen danken, die an dieser Haushaltsberatung beteiligt waren, insbesondere den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, auch den Mitgliedern der Opposition im Haushaltsausschuß, die sich im Allgemeininteresse so große Mühe gegeben haben, daß alles termingerecht gemacht werden konnte. Ich danke auch den Obleuten der Fraktionen, nicht zuletzt auch den Mitarbeitern des Bundesfinanzministeriums und der anderen Ressorts, die in diesem Jahr besonders großen Belastungen ausgesetzt waren.
    Ich bitte Sie, dem Entwurf des Haushalts 1982 in dritter Lesung Ihre Zustimmung zu geben.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Häfele.

(Oh-Rufe bei der SPD — Beifall bei der CDU/CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hansjörg Häfele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Verabschiedung jedes Haushalts ist für ein Parlament Anlaß zur Genugtuung. Dies gilt auch heute. Denn gerade in diesem



    Dr. Häfele
    Jahr standen die Beratungen des Bundeshaushalts 1982 unter besonders schwierigen Begingungen. Es bestätigt sich das Gesetz des Zusammenhangs von Form und Inhalt.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Richtig!)

    Aber niemand, meine Damen und Herren, wenn wir ehrlich gegen uns selbst sind, kann eigentlich mit Erleichterung nach der Verabschiedung dieses Haushalts nach Hause fahren.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wir haben ein mulmiges Gefühl!)

    Denn die wirklichen Probleme sind nicht gelöst, ja darüber hinaus: Wir alle müssen, wenn wir aufrichtig gegen uns selbst sind, sagen, daß die Lösung der Probleme nicht einmal in Sicht ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da ist zunächst einmal die Zahl, daß die Neuverschuldung, die zusätzliche Verschuldung, des Bundes im Jahre 1982 auf 26,8 Milliarden DM begrenzt werden solle. Dies wäre als erster Schritt einer beginnenden Sanierung durchaus vertretbar — wenn man diese Zahl glauben könnte. Aber hier beginnen schon die Zweifel. Einmal ist diese Zahl nur zustande gekommen, weil eine Gewinnabführung von 10,5 Milliarden DM der Deutschen Bundesbank mit eingerechnet wurde. Inzwischen wissen alle Sachkundigen, daß das volkswirtschaftlich gesehen genau das gleiche ist wie eine zusätzliche Verschuldung des Bundes.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In Wirklichkeit sind wir jetzt also schon bei einer Neuverschuldung von 37,3 Milliarden DM und haben damit die gleiche Spitzenhöhe erreicht wie im abgeschlossenen Jahr 1981.

    (Kühbacher [SPD]: Nur daß wir dafür keine Zinsen zahlen müssen!)

    Aber darüber hinaus: Jeder weiß — und wir haben in diesem Haus in den letzten Tagen darüber geredet —, daß zusätzliche Risiken in Milliardenhöhe im Laufe des Jahres 1982 auftreten werden.
    Auch in der mittelfristigen Planung ist die Neuverschuldung im Grunde genauso hoch wie in diesen Jahren der Rekordverschuldung angesetzt. Denn da wir nicht damit rechnen können, daß die Bundesbank — und das wollen wir vor allem nicht wünschen; sonst wäre es nicht gut — in den kommenden Jahren immer solche hohen Gewinne abführen kann, müssen Sie von vornherein bei der Begrenzung der Neuverschuldung den Unterschied einer künftigen Gewinnabführung zu den 10,5 Milliarden DM durch entsprechende zusätzliche Verschuldung oder durch zusätzliche Sparmaßnahmen ausgleichen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist eine eigenartige Rechnung!)

    Ein weiterer Punkt, der die Sorgen wachsen läßt, ist, daß trotz dieses Versuchs der Konsumanteil im Bundeshaushalt in den kommenden Jahren wächst und der Investitionsanteil sinkt. Dabei unterhalten wir uns seit Wochen über zusätzliche öffentliche Investitionen! Aber bei der Verabschiedung des Haushalts wird genau das Gegenteil gemacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Schließlich machen die immer mehr anwachsenden Zinsausgaben Sorge. Im kommenden Jahr sind es 5 Milliarden DM mehr — von 18 Milliarden DM auf 23 Milliarden DM. Man muß sich das vorstellen:

    (Wehner [SPD]: Ja, stellen Sie sich das mal vor!)

    Der Haushalt 1982 wächst um 7,4 Milliarden DM in den Ausgaben. Davon sind allein 5 Milliarden DM für mehr Zinszahlungen für alte Schulden nötig. Also rund 70 % der Mehrausgaben des Bundes sind nur dafür da, um zusätzliche Zinszahlungen für vergangene Verschuldung zu finanzieren.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das wird jedes Jahr schlimmer!)

    Das Risiko dieses Haushalts 1982 und für die weiteren Jahre ist auch deswegen gewachsen, weil wir in den letzten Wochen eine Diskussion um ein sogenanntes Beschäftigungsprogramm erlebt haben. Es ist verständlich, daß man angesichts der besorgniserregend anwachsenden Zahl der Arbeitslosen versucht, mit möglichst schnell wirkenden Mitteln diese Zahl gleichsam in den Griff zu bekommen. Trotzdem warnen wir die Regierung und die Koalition davor, hier kurzatmige Schritte zu ergreifen, nur um den Eindruck zu erwecken, jetzt tue man etwas. In Wirklichkeit würde man damit die Schäden noch vergrößern, die Schäden im Hinblick auf eine langfristige Lösung der Beschäftigungsprobleme, die Schäden im Hinblick auf die Staatsverschuldung und die Inflation.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Grund für die Fehlentwicklung in unserem Lande ist seit Jahren gelegt und viel zu tiefgehend, als daß Hoffnung auf schnelle Erfolge bestehen, als daß das ohne schmerzhafte Eingriffe abgehen könnte. Es gibt für den Staat nicht mehr die Möglichkeit, das Problem rasch zu lösen, sondern es gibt nur noch die Möglichkeit, mit Solidität einen langen Weg zu gehen, auf dem dann durch entsprechende Maßnahmen neues Vertrauen geschaffen werden kann. Wir haben eine hartnäckige Erschlaffung der wirtschaftlichen Dynamik in unserem Land; wir haben ein Jahrzehnt des Substanzverzehrs hinter uns. Das zeigt sich daran, daß der Investitionsanteil in unserer Volkwirtschaft im letzten Jahrzehnt laufend gesunken,

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    der Konsumanteil dagegen laufend gewachsen ist.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Das ist wahr!)

    Die Eigenkapitaldecke der deutschen Betriebe ist immer kürzer geworden; sie ist im internationalen Vergleich so ziemlich die kürzeste. In den letzten Jahren hat sich das Verhältnis zwischen den Kosten und den Erlösen in den Betrieben immer mehr zum Nachteil der Erlöse verändert.



    Dr. Häfele
    Meine Damen und Herren, notwendig ist der Beginn einer Politik, die von der Staatsseite her die Bedingungen auf Dauer, für lange Jahre so setzt, daß sich die Leistungskräfte der Sozialen Marktwirtschaft wieder in einem mehrjährigen Prozeß entfalten können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir brauchen nicht Optik oder Strohfeuereffekte, sondern wir müssen es durch die Ingangsetzung eines solchen Prozesses wieder ermöglichen, daß Arbeit für alle, und zwar auf Dauer, entsteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Angesichts der Fehler und vor allem des Vertrauensverlustes, des selbstverschuldeten Vertrauensverlustes der Bundesregierung ist eine solche Politik nach unserer Überzeugung nur nach einem überfällig gewordenen grundlegenden Neuanfang aller miteinander und vor allem nur mit einer neuen Regierung möglich.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Löffler [SPD]: Herr Häfele, was hat denn das mit Finanzpolitik zu tun?)

    Es muß in Deutschland ein neuer Abschnitt mit Privatinvestitionen, Innovationen und Pioniergeist eingeleitet werden, damit die Schaffenskraft unseres Volkes wieder zur Entfaltung kommen kann; das ist das entscheidende Problem.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kühbacher [SPD]: Der Möchtegern-Finanzminister Häfele!)

    Es ist nicht der richtige Weg, das Problem mit mehr Bequemlichkeit oder mit mehr Gefälligkeiten lösen zu wollen. Vielmehr müssen wir wieder auf die Anstrengungen, auf die Stärken der Bürger setzen. Nur wenn wir diese zur Entfaltung bringen, werden wir mit den schweren Problemen fertig werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb warnt die CDU/CSU die Regierung davor, jetzt kurzatmig aus optischen Gründen neue, zusätzliche Fehler zu machen. Wir lehnen den Weg ab, mit neuer Verschuldung irgend etwas vorweisen oder wiederum die Flucht in weitere Abgabenerhöhungen wählen zu wollen; beide Wege sind in unserer Lage Gift.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine weitere Neuverschuldung würde die Zinsen erneut in die Höhe treiben, eine Abgabenmehrbelastung würde die Kosten und die Preise steigen lassen.
    In diesem Zusammenhang, Herr Hoppe, muß ich auf das eigentliche Politikum dieser Woche zu sprechen kommen. Das eigentliche Neue in dieser Woche war der „Dreisprung" der FDP. Wie hat sich dieser Dreisprung in dieser Woche vollzogen? Am Sonntag haben Sie, Graf Lambsdorff, in „Bild am Sonntag" ein Interview gegeben. Darin haben Sie kategorisch erklärt: Mit mir ist keinerlei Steuererhöhung zu machen; das wird entschieden abgelehnt. — Dies war am Sonntag. Am Montag haben Sie im Präsidium der FDP mit dessen Zustimmung ein Modell vorgelegt, wonach eine Mehrwertsteuererhöhung durchaus in Betracht komme — mit dem berühmten „Dreisprung" in der Sache. Am Dienstag hat der FDP-Vorsitzende, Bundesaußenminister Genscher, dies hier im Hohen Haus noch genauso mit vertreten. Aber am Mittwoch haben Sie dann die Frontbegradigung vorgenommen — Herr Hoppe, Sie etwas früher; das gebe ich zu — und hier im Hohen Haus erklärt: Das kommt überhaupt nicht in Betracht; die Nachteile sind größer als die Vorteile. — Meine Damen und Herren, genau dies, eine solche öffentliche Diskussion zu führen, ist Gift; sie führt nur zur Verwirrung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daß in unserem Land Pessimismus, Vertrauensverlust, Defätismus um sich greifen, hat seine Ursache nicht nur darin, daß die Probleme objektiv schwer genug sind, sondern auch in einem solchen Hin und Her. Was die SPD in dieser Hinsicht alles bietet, ist noch viel schlimmer. Durch dieses Hin und Her seit Wochen geht das letzte Vertrauen in der investierenden Wirtschaft verloren, die Möglichkeit, in die Zukunft schauen und sich auf etwas verlassen zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Siehe Sommerpause!)

    Deswegen hat der Vorschlag, Herr Hoppe, den Sie vorhin gemacht haben, überhaupt keine Chance. Bemühen Sie sich nicht. Sie haben diese Regierung mit der SPD gewählt. Sie müssen Ihre Führungsaufgabe erfüllen. Die Regierung hat eine Führungsaufgabe. Wenn Sie neue Sparvorschläge machen wollen, werden wir sie genauso konstruktiv prüfen, wie wir es in der Vergangenheit immer gemacht haben.

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    Aber Sie kriegen ja nicht einmal 100 Millionen DM BAföG-Kürzung oder die Umgestaltung zum Darlehen zustande.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Arbeitsteilung in einer parlamentarischen Demokratie ist völlig eindeutig. Sie haben die Führungsverantwortung und Führungslast, und wir werden konstruktiv prüfen, auch bei der nächsten Runde. Herr Hoppe, bitte führen Sie gemeinsam, bringen Sie Vorschläge; an uns wird es nicht fehlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, dies ist der dreizehnte Bundeshaushalt der SPD/FDP-Regierung,

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Keine Glückszahl! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ach so? — Zurufe von der SPD)

    die im Herbst 1969 die Regierungsverantwortung übernommen hat. Die Debatte über den Haushalt ist nicht nur eine Rechenschaftslegung, sondern auch eine Feststellung der Verantwortlichkeiten in einem Land. Wie waren denn die Zahlen der Verschuldung am Beginn dieser 13 Jahre, und wie ist das Ergebnis jetzt? Am 1. Januar 1970 hatte der Bund einen Schuldenstand von 45 Milliarden DM. Dabei muß man wissen, daß über 30 Milliarden DM Folgen der



    Dr. Häfele
    Währungsumstellung von 1948 umfassen. In 20 Jahren hat der Bund also nur 14 Milliarden DM Schulden gemacht. In diesen 20 Jahren ist dieses Land unter Führung der Union aus den Trümmern zu einem blühenden Land geführt worden, mit 14 Milliarden DM Neuverschuldung.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Das haben Sie wohl ganz alleine gemacht?)

    In den letzten acht Jahren macht der Bund in jedem Jahr allein doppelt soviel an neuen Schulden, wie damals in 20 Jahren.

    (Wehner [SPD]: Selbstgefälligkeit ist auch eine Tugend!)

    Wir sind heute bei einem Schuldenstand zum Ende des laufenden Jahres von 300 Milliarden DM beim Bund allein, bei der öffentlichen Hand von insgesamt rund 600 Milliarden DM angelangt.
    Nun sagen Sie, Herr Bundeskanzler — und für Ihre Einlassung habe ich ein gewisses Verständnis —, im Grunde sei es „provinziell", sich über Fragen der Staatsverschuldung auch nur zu unterhalten, denn es seien internationale Probleme, die auf uns gekommen sind; wir seien im Grunde dafür nicht verantwortlich. Wenn man Sie hört, Herr Bundeskanzler, ist es ausschließlich der Einfluß des Auslandes, der uns in diese Fehlentwicklung hineingeführt hat. Niemand bestreitet, daß vom Ausland schwere Probleme auf uns zugekommen sind. Aber einen Haushalt solide zu machen, das ist die erste Aufgabe einer nationalen Regierung. Wenn von außen Herausforderungen kommen, muß man erst recht handeln, um den eigenen Haushalt in Ordnung zu bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Anhaltende Unruhe)