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    Plenarprotokoll 9/81 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 81. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1982 Inhalt: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965, 9/1181 bis 9/1208 — Haase (Kassel) CDU/CSU 4833 B Löffler SPD 4841 A Hoppe FDP 4846 D Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 4850B, 4861 B Dr. Häfele CDU/CSU 4857 D Namentliche Abstimmung 4862 B Nächste Sitzung 4864 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4865*A Anlage 2 Verlagerung oder Einstellung von Zugverbindungen in Bayern bei zu geringer Auslastung MdlAnfr 40 27.11.81 Drs 09/1089 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Mahne BMV auf ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . 4865*A Anlage 3 Differenzen zwischen Inlands- und Exportpreis bei Stickstoffdünger MdlAnfr 93 27.11.81 Drs 09/1089 Eigen CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Grüner BMWi auf ZusFr Eigen CDU/CSU 4865*C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1982 4833 81. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 80. Sitzung, Seite 4831: In der Liste der entschuldigten Abgeordneten ist statt „Eimer" zu lesen: „Eymer (Lübeck)". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ertl 22. 1. Helmrich 22. 1. Frau Huber 22. 1. Dr. Jobst 22. 1. Kiechle 22. 1. Dr. Kreile 22. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Möllemann 22. 1. Müller (Remscheid) 22. 1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1. Zierer 22. 1. Anlage 2 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 9/1089 Frage 40, 69. Sitzung, Seite 4012 B): Ich komme zurück auf Ihre Frage in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 2. Dezember 1981 und teile Ihnen nachstehend wunschgemäß die Verkehrsentwicklung auf den von Ihnen angesprochenen Strecken mit: Reisenden (Reisenden-km je Betriebslänge) 1976 1977 1978 1979 1980 Bayreuth-Warmensteinach 604 525 538 516 494 Neustadt-Floß 654 612 579 565 562 Wiesau-Waldsassen 686 544 537 516 476 Wiesau-Tirschenreuth 697 720 759 699 637 Anlagen zum Stenographischen Bericht Für die vorgenannten Strecken liegt aber noch kein Antrag des Vorstandes der DB für die Umstellung des Reisezugbetriebes auf Busbedienung vor. Auch der Verwaltungsrat hat sich noch nicht mit diesen Strecken befaßt. Anlage 3 Ergänzende Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/1089 Frage 93, 71. Sitzung, Seite 4171, Anlage 9): Ich komme auf Ihre in der Fragestunde am 4. Dezember 1981 behandelte Frage wegen unterschiedlicher Inlands- und Exportpreise bei Stickstoffdünger zurück. In Ergänzung zu der in dieser Fragestunde gegebenen Antwort teile ich Ihnen folgendes mit: Die in der Veröffentlichung des Kieler Instituts für Agrarpolitik und Marktlehre angegebenen Inlandspreise und Exportpreise sind für sich genommen richtig, jedoch nicht miteinander vergleichbar. Bei den der amtlichen Statistik entnommenen Exportpreisen handelt es sich um Werte frei deutscher Grenze, die keine Rabatte und nur eine relativ geringe Vorfracht enthalten. Nicht eingeschlossen sind in ihnen sämtliche Kosten ab deutscher Grenze, z. B. Anschlußfrachten zum ausländischen Seehafen, Umschlagskosten im ausländischen Seehafen, Versicherungen, Schiffsfrachten nach Übersee (Hauptexportmärkte sind für Harnstoff Indien und VR China, für schwefelsaures Ammoniak Brasilien), Grenzübergangskosten und Transportkosten im Übergangsland. Die vom Kieler Institut zum Vergleich herangezogenen Inlandspreise sind dagegen Bruttolistenpreise frei jeder Bahnstation im Bundesgebiet, in denen Rabatte und Frachtkosten enthalten sind. Hierbei beziehen sich die Inlandspreise grundsätzlich auf 25-t-Bahnwaggons, während der Kalkulation der Exportpreise vielfach ganze Schiffsladungen zugrunde liegen. Im übrigen weise ich darauf hin, daß für die Preisgestaltung der Unternehmen im Export die auf den jeweiligen Märkten bestehenden Angebots- und Nachfragebedingungen erfahrungsgemäß von wesentlicher Bedeutung sind.
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    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein altes russisches Sprichwort sagt: Berge kommen nie zusammen, Menschen immer. Nach Ihrer Rede, Herr Haase, zweifle ich an diesem Sprichwort. Das war kein Debattenbeitrag, sondern das war ein Beitrag in einem festgestanzten Ritual mit wortwörtlicher jährlicher Wiederholung von Vorwürfen, die absolut unbegründet sind.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Rose [CDU/ CSU]: Es hat sich ja nichts geändert! — Glos [CDU/CSU]: Sie waren schon besser, Herr Oberlehrer!)

    So muß sich natürlich der Eindruck verstärken, daß hier Politik sehr häufig mit Polemik verwechselt wird. Obwohl ich zugebe, Herr Kollege Haase, daß ein Schuß Polemik wie das Salz in der Suppe wirkt, muß aber dennoch die Politik natürlich die Hauptsache bleiben. Die Zuschauer und Zuhörer erwarten von uns doch, daß wir hier geistig um die besten Lösungen ringen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Dann strengen Sie sich mal an! — Glos [CDU/ CSU]: Wären Sie nach dieser Vorrede jetzt bereit, zur Politik zu kommen?)

    Was hier geboten wurde, waren zwar zum Teil Ansätze dazu, aber in der Mehrheit doch vorprogrammierte Beiträge, und dies in der Hauptsache bei der Opposition. Und bei der Opposition wurden die Beiträge in Sonthofen programmiert.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Dazu kommt es!)

    — Gerade Sie erinnern mich jetzt an Goethes Faust,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    wo der Mephisto sagt:
    Mit Worten läßt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten, an Worte läßt sich trefflich glauben, von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Besonders kraß ist diese Politik der vielen und leeren Worte, derer Sie so mächtig sind, sehr geehrter Herr Kittelmann, an den Problemkreisen Beschäftigungsprogramm und Polen deutlich geworden.

    (Seiters [CDU/CSU]: Der Worte sind genug gewechselt!)

    Der liebe Herr Kollege Haase hat vorhin gesagt, daß wir Haushaltspolitiker uns immer nur mit Zahlen beschäftigten, und wir müßten uns auch einmal mit anderen Politikbereichen beschäftigen. Ich will heute einmal einen Versuch dazu unternehmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Der mißlingt sicher!)

    Das Wort „Beschäftigungsprogramm" gefällt mir überhaupt nicht. Wenn wir hier von einem Beschäftigungsprogramm reden, dann kann der Eindruck entstehen, als handle es sich um die Planung einer sinnvollen Freizeitgestaltung. Tatsächlich geht es aber um eine realistische und notwendige Politik zur Durchsetzung eines der zentralsten und wichtigsten Anliegen unserer Menschen, nämlich Arbeit zu haben.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Dagegen hat niemand gesprochen!)

    Darüber müssen wir reden und streiten, und zwar zur rechten Zeit im Parlament und nicht nach Laune und Publizitätsaussichten über alle möglichen Presseagenturen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Meinen Sie Herrn Lambsdorff? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie sollten dabei vorsichtiger sein, lieber Herr Kollege, der Jäger kann leicht zum Gejagten werden. Alles dreht sich dann im Kreis, und dann haben wir viel Bewegung, aber keinen Fortschritt.
    Wenn die Opposition den Vorwurf erhebt, der in den letzten Tagen sehr häufig erhoben worden ist, daß die Koalition nichts tue, dann ist das nichts anderes als das Ablenken von der eigenen Hilflosigkeit gegenüber dieser Krankheit in unserer Gesellschaft. Was macht denn die CDU/CSU? Mal ist Herr Strauß gegen ein Programm, mal zusammen mit dem DGB dafür. Mal sagt Herr Albrecht, er begrüße es zurückhaltend, dann schildert er es wieder als völlig nutzlos.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Dann sind Sie für die Mehrwertsteuererhöhung!)

    Herr Stoltenberg sieht darin überhaupt keinen gangbaren Weg, und der Vorsitzende, Herr Kohl, schaut zu. Das ist schon keine Vielfalt der Meinungen mehr, sondern das ist ein Höchstgrad von Verwirrung, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU-Opposition.
    Bei der Bewältigung dieses für uns so ernsten und drückenden Problems der Arbeitslosigkeit geht es



    Löffler
    einzig und allein darum, Arbeit für diejenigen zu schaffen, die ein unverschuldetes Schicksal erleiden müssen. Da müssen wir sachlich und nüchtern überlegen, wie wir am wirksamsten helfen können. Die Koalition hat sich auf drei Stationen festgelegt: Verabschiedung des Haushalts 1982, Jahreswirtschaftsbericht und dann eine Arbeitsplatzoffensive, möglichst im breiten Konsens mit den wichtigen gesellschaftlichen Gruppen. So werden wir verfahren, und die Opposition ist ausdrücklich eingeladen, ihre Verantwortung für die Überwindung der Arbeitslosigkeit durch Mitwirkung unter Beweis zu stellen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Patentrezepte gibt es nicht; das hat die Debatte der letzten Tage erwiesen. Aber es gibt auf seiten der sozialdemokratischen Fraktion die feste Entschlossenheit, sich mit dem Zustand der Arbeitslosigkeit nicht abzufinden,

    (Beifall bei der SPD)

    weil er letztlich der Würde eines freien, selbstverantwortlichen Menschen widerspricht.

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Besser wäre es, Sie würden erst einmal Arbeitsplätze schaffen!)

    — Es wäre zu wünschen, sehr geehrter Herr Kollege Hackel, daß wir uns alle bemühen, die dafür notwendigen Maßnahmen zu entwickeln, ohne dabei auf Wirkung, Publizität und Platzvorteil zu achten. Das ist nämlich ein gesamtgesellschaftliches Problem, zu dessen Bewältigung wir alle gefordert sind.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Aber noch regieren Sie!)

    — Ja, natürlich, und wir regieren auch noch sehr lange. Sie können beruhigt sein, Herr Kittelmann, das geht noch eine Weile gut.

    (Glos [CDU/CSU]: Gott bewahre uns davor! — Dr. Hackel [CDU/CSU]: Das ist einer der größten Irrtümer! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ähnlich ist es mit den Vorgängen in und um Polen. Jetzt bewege ich mich auf einem Gebiet, wo ich von dem Kollegen Ehmke und von dem Kollegen Barzel nicht als Fachmann angesehen werde; aber man wird sicher auch einmal als Laiendarsteller etwas sagen dürfen. — Herzlichen Dank für die freundliche Genehmigung, Herr Kollege Ehmke.

    (Glos [CDU/CSU]: Ein schwacher Laiendarsteller!)

    Mit einer ständigen Flut von eilfertigen Erklärungen und Gegenerklärungen zu der Situation in Polen haben wir erreicht, daß eine schwere, seit Jahren die schwerste Krise im kommunistischen Machtbereich im Erscheinungsbild der westlichen Medien zu einer unerwünschten Belastung des westlichen Bündnisses wurde. Das war allein unser aller Werk.
    Wenn bei uns über Sanktionen und deren Wirkung gesprochen wird,

    (Glos [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal ernsthaft!)

    dann hat das mit Neutralismus oder Amerikafeindlichkeit überhaupt nichts zu tun. Ich will mich hier nicht gegen Sanktionen aussprechen, aber man wird doch wohl noch nachdenken dürfen. Man wird sich doch wohl noch den Kopf über die Zweckmäßigkeit solcher Maßnahmen zerbrechen dürfen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, es wäre doch schlimm um unsere westliche Allianz bestellt, die zur Bewahrung der Freiheit ins Leben gerufen wurde, wenn man begründete Meinungen nicht vor- und austragen darf. Wir sind doch Partner und stehen in diesem Bündnis nicht in einem Unterordnungs- oder Überordnungsverhältnis zueinander.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Entwicklung in Polen und das Leid der Menschen dort kann man nicht in holzschnittartigen Bildern erfassen und entsprechend interpretieren, wie es hier häufig von den Sprechern der Opposition getan wurde. Da stimme ich dem polnischen Primas Erzbischof Glemp zu, der ebenfalls vor Vereinfachungen warnte und an die so vielschichtigen Probleme in seinem Land erinnerte. Diese Probleme werden u. a. in einigen Meldungen sichtbar, die uns allein während der Haushaltsdebatte erreichten.
    Ich will aus den Meldungen nur vier herausgreifen und Überschriften nennen: „In Polen soll Unabhängigkeit der betrieblichen Entscheidungen eingeführt werden", „Walesa: Nur Polen allein hat schuld an der Entwicklung. Wir wollen die Partei nicht zerstören, aber wir wollen sie zähmen", „Glemp verärgert über Walesa und Jaruzelski", „Kirche in Polen gegen Sanktionen des Auslands". Das sind nur vier Meldungen.
    Nun frage ich uns alle: Haben wir mit unseren Beiträgen diese diffizilen Vorgänge, die sich in Polen abspielen und von denen wir zugegebenermaßen viel zuwenig wissen, wirklich richtig erfaßt, um sie in eine vernünftige Politik umzusetzen, die den Menschen in Polen hilft? Ich würde sagen: Nein, wir haben sie nicht richtig erfaßt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ein Gedenktag für Polen ist natürlich gut. Gedenktage sind immer gut. Aber mit Gedenken, mit Glockenläuten und ähnlichen Demonstrationen werden wir die Militärdiktatur in ihrer Haltung nicht beeinflussen, schaffen wir den polnischen Menschen keine Entlastung von materieller Not und politischem Druck.
    Wenn man andererseits liest, daß die verminderte Einfuhr von Futtermitteln in Polen zu einer drastischen Reduzierung der Fleischerzeugung führt, dann frage ich mich: Wer ist davon betroffen? Herr Jaruzelski, seine Generäle und das Politbüro der polnischen Arbeiterpartei oder die weiten Schichten des polnischen Volkes?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Polen und sein Volk, das mitten im Wohlstand Europas Not leidet, kann keine Hilfe mit pathetischen Worten und mit Gezänk bekommen. Der politische Weg, der zu größeren Freiheitsräumen führt, kann nur mit Geduld und Augenmaß begangen werden.



    Löffler
    Starke Worte und eine starre Haltung eröffnen keine neuen Möglichkeiten zum politischen Wandel dort; sie führen eher in eine Sackgasse. Europäische Solidarität mit dem polnischen Volk muß bewirken, wieder die Zustände schaffen zu helfen, die wenigstens einen Hauch von Freiheit in diesem Land möglich machen.
    Worte sollen bekanntlich Mittel der Verständigung und nicht der Propaganda und der Kraftmeierei sein. Ich kann mich leider des Eindrucks nicht erwehren, daß Teile der Opposition mit ihren Verdächtigungen die Stellung der Bundesrepublik im Bündnis beeinträchtigt haben. Wer uns draußen etwas am Zeuge flicken will, braucht nur die Äußerungen der Opposition zu lesen und hat eine Rechtfertigung für sein Tun.

    (Wehner [SPD]: Leider wahr! — Kittelmann [CDU/CSU]: Wollen Sie uns den Mund verbieten?)

    — Aber, lieber Herr Kittelmann, ich Ihnen den Mund verbieten? Um Gottes willen! Wenn Sie den Mund aufmachen, sprechen Sie so für sich, daß man eigentlich gar nichts zu sagen braucht.

    (Beifall bei der SPD)

    Reden Sie nur, Herr Kittelmann! Sie können tüchtig reden!

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Sie haben selber von Ihrer laienhaften Darstellung gesprochen!)

    Aber den Nachdenklichen in der CDU/CSU-Fraktion sage ich: Meine Damen und Herren von der Opposition, überlegen Sie einmal, wie Sie das mit den anstehenden wichtigen Fragen von nationaler Bedeutung vereinbaren können. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf. Ich bitte Sie nur, Herr Kiep, darüber — das Wochenende steht bevor — einmal ein bißchen nachzudenken,

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die Opposition kann und darf und soll mehr sagen! — Kittelmann [CDU/CSU]: Über was haben Sie denn nachzudenken?!)

    wobei ich fast die Vermutung habe, daß Sie es gar nicht mehr nötig haben.
    Lassen Sie mich zum Haushalt ein paar Worte sagen, um den es ja in dieser Debatte eigentlich geht. Nach Meinung der Opposition steht dieser Haushalt auf tönernen Füßen. Das ist eine unbewiesene Meinung, mehr nicht. Wir haben am Anfang dieses Jahres diejenigen Zahlen und Entwicklungen als Eckdaten genommen, die nach allgemein übereinstimmender Abschätzung der Fachleute den Verlauf dieses Jahres voraussichtlich wiedergeben. Inwieweit sich diese Daten als realistisch herausstellen, können erst die nächsten Monate erweisen. Natürlich ist von uns niemand in der Lage, irgendwelche außergewöhnlichen Entwicklungen vorherzusehen oder vorauszusagen, so daß man sich heute schon darauf einstellen könnte. Oder ist jemand bei der Opposition mit solch hellseherischen Fähigkeiten ausgestattet, den Datenkranz von Wechselkursen, Zinsen, Außenhandelsbilanzen, Rohstoffpreisen, Produktivitätszuwachs, Konjunkturlage, Beschäftigungszahl, Lohnabschlüssen, Investitionen und vielem anderen mehr so zu schätzen und so zu harmonisieren, daß am Ende der jetzt verabschiedete Haushalt plus minus Null aufgehen kann? Nein, denn wenn Sie das könnten,

    (Glos [CDU/CSU]: Probiert es doch mal!)

    wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, sehr geehrter Herr Haase, säßen Sie nicht mehr dort, wo Sie schon seit über zwölf Jahren sitzen und wo Sie sitzenbleiben werden,

    (Glos [CDU/CSU]: Das haben Sie nicht zu entscheiden, das wird der deutsche Wähler entscheiden!)

    solange Sie die Apokalypse prophezeien und teilweise sogar mit der Apokalypse spekulieren. So lange sitzen Sie dort.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Der Matthöfer spekuliert mit der Apokalypse!)

    — Lieber Herr Kollege Glos, wer schreit, hat unrecht. Sie haben unrecht, wenn Sie schreien. Machen Sie doch den Leuten draußen nichts vor. Ein Familienvater weiß auch nicht im Januar 1982 auf den Pfennig genau, wieviel Geld er im Dezember 1982 noch in der Geldtasche haben wird, was er auf dem Sparbuch haben wird oder wie sein Schuldenkonto aussieht.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Bei der Regierung natürlich nicht!)

    Krankheit, Arbeitslosigkeit, Unfälle, unvorhersehbare Reparaturen sind im privaten Haushalt Risiken, die die Haushaltsrechnung durcheinanderbringen können. Das weiß jeder in unserem Volk. Das ist im Staatshaushalt nicht viel anders. Bei einem jährlichen Bruttosozialprodukt von gegenwärtig rund 1,6 Billionen DM wirkt sich schon der Ausfall von nur einer einzigen Milliarde recht spürbar aus. Das führt nämlich zu 240 Millionen DM weniger Steuereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden, das bedeutet rund 10 000 weitere Arbeitslose, die wiederum die öffentlichen Kassen mit 130 Millionen DM belasten. Bei diesem Zahlenkranz ist es leicht, Herr Haase, mit Häme nach neuen Finanzlöchern zu suchen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe mir hier noch eine Sentenz aufgeschrieben, die ich aber lieber unterdrücke. Ich will mir keine Rüge des sonst mir gegenüber so gnädigen Herrn Präsidenten einhandeln.
    Die Bundesrepublik ist keine Insel der Seligen. Herr Haase hat zwar wieder so den Eindruck erweckt, als könnten wir uns von allen auswärtigen Beziehungen abnabeln. Nein, die Bundesrepublik ist eingebunden in die wirtschaftlichen, währungspolitischen und bündnispolitischen Verflechtungen dieser Welt und unserer Zeit, im Guten wie im Schlechten. Wir können uns nicht gleichsam mit einer Ruckbewegung von diesen Verflechtungen befreien, und wir wollen es als treue und verläßliche Partner auch nicht. Deshalb ist es richtig, ja, sogar erforderlich, internationale Vergleiche heranzuziehen, um die Posi-



    Löffler
    tion unseres Landes realistisch einschätzen zu können.

    (Zuruf des Abg. Dr:-Ing. Kansy [CDU/ CSU])

    — Das paßt der Opposition nicht, lieber Herr Kollege, das weiß ich ja; aber es ist notwendig, damit die Menschen unseres Landes wissen, wo wir in der Welt stehen. Wenn man den Worten von Herrn Haase trauen sollte, dann müssen alle Menschen glauben, wir seien eines der ärmsten Völker der Erde und würden demnächst von der Internationalen Entwicklungsbank Entwicklungshilfe bekommen. Aber so sieht es eben nicht aus.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Wer weiß, wo ihr uns noch hinbringt!)

    — Sehen Sie, Herr Haase, jetzt haben Sie im Grunde genommen, ich hätte beinahe gesagt, Ihr wahres Gesicht gezeigt. Es wäre doch so schön, aber wir tun Ihnen den Gefallen nicht. Sie brauchen keine Sorge zu haben, wir tun Ihnen den Gefallen nicht, von dem Sie träumen, aber wirklich nur träumen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich will die Zahlen nicht im einzelnen aufzählen, weil sie bekannt sind. Aber unsere Bevölkerung draußen an den Fernseh- und Rundfunkgeräten soll wissen, daß wir nicht in einem Land voll Düsternis und Elend leben, wie es uns die Opposition seit vier Tagen nach dem Motto „das dunkelste Schwarz meines Lebens" darstellt, sondern in einem Land, das sich, was Wohlstand und soziale Sicherheit angeht, mit in der Spitzengruppe der Staaten dieser Erde befindet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Von Jahr zu Jahr weniger!)

    Wo ist denn dieses Land, von dem Sie ständig sprechen? Ich kann es nicht finden, Herr Haase, denn die Bundesrepublik steht im internationalen Vergleich mit der geringsten Preissteigerungsrate an der Spitze. Bei den Arbeitslosenzahlen liegen wir gleich hinter Österreich, Japan und der Schweiz.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber nicht mehr lange!)

    Bei der Staatsverschuldung liegen wir an der dritten Stelle von unten.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Nach zwei Inflationen!)

    Bei den Zinsausgaben befinden wir uns im Mittelfeld, bei der Abgabenquote nach der Schweiz, Japan und den USA an vierter Stelle von unten und beim Wachstum mit an der Spitze. Frau Kollegin Berger, ist das nicht eine schöne Republik?

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU — Glos [CDU/CSU]: 2 Millionen Arbeitslose! — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die Arbeitslosen hören so etwas gern! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Reden Sie weiter so!)

    — Nicht doch! Ich weiß wohl, daß die Wahrheit wehtut; aber den Schmerz müssen Sie ertragen.

    (Glos [CDU/CSU]: Sie hängen den Arbeitslosen noch die Schelle um!)

    — Ja, Sie hängen sich auch eine Schelle um, d. h. Sie haben sich schon immer eine „umgebammelt", die müssen Sie mal ein bißchen festhalten, damit es nicht so laut bimmelt.


Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl?

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    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Aber ja, natürlich. Bitte, Herr Kollege Riedl.