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ID0907701800

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    Plenarprotokoll 9/77 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 77. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Januar 1982 Inhalt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes — Drucksache 9/667 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/1222 — Volmer CDU/CSU 4457 B Frau Dr. Hartenstein SPD 4458 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 4460A von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI 4461A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit — Drucksache 9/1126 — Buschbom CDU/CSU 4462 A Dr. Schwenk (Stade) SPD 4464 B Kleinert FDP 4466A Dr. de With, Parl. Staatssekretär BMJ . 4467 C Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Stercken, Klein (München), Dr. Mertes (Gerolstein), Graf Huyn, Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Marx, Köster, Frau Hoffmann (Soltau), Dr. Abelein, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Dr. Czaja, Dr. Todenhöfer, Höffkes, Lamers, Frau Fischer, Schmöle, Dr. Kunz (Weiden) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Lage im Libanon — Drucksache 9/1121 Dr. Stercken CDU/CSU 4469 A Dr. Soell SPD 4471 B Schäfer (Mainz) FDP 4472 D Nächste Sitzung 4474 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 4475*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4475* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Januar 1982 4457 77. Sitzung Bonn, den 15. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 15. 1. Dr. Ahrens * 15. 1. Dr. Bardens * 15. 1. Coppik 15. 1. Cronenberg 15. 1. Daubertshäuser 15. 1. Dr. Dollinger 15. 1. Echternach 15. 1. Egert 15. 1. Dr. Ehrenberg 15. 1. Erhard (Bad Schwalbach) 15. 1. Feinendegen 15. 1. Gansel 15. 1. Frau Geier 15. 1. Dr. Geßner * 15. 1. Dr. Haack 15. 1. Haar 15. 1. Dr. Hackel 15. 1. Handlos 15. 1. Hartmann 15. 1. Dr. Hüsch 15. 1. Jung (Kandel) * 15. 1. Jungmann 15. 1. Kiep 15. 1. Dr. Kreile 15. 1. Liedtke 15. 1. Lorenz 15. 1. Michels 15. 1. Möllemann 15. 1. Müller (Bayreuth) 15. 1. Neuhaus 15. 1. PoB 15. 1. Reddemann * 15. 1. Dr. Riesenhuber 15. 1. Rohde 15. 1. Frau Roitzsch 15. 1. Schmidt (Wattenscheid) 15. 1. Schmöle 15. 1. Dr. Schulte (Schwäbisch-Gmünd) 15.1. Schulte (Unna) * 15. 1. Dr. Solms 15. 1. Stöckl 15. 1. Dr. Vohrer * 15. 1. Dr. Waffenschmidt 15. 1. Dr. Wendig 15. 1. Wissmann 15. 1. Baron von Wrangel 15. 1. für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die 27. Jahreskonferenz der Nordatlantischen Versammlung vom 12. bis 16. Oktober 1981 in München (Drucksache 9/1127) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Bericht über die tatsächlich entstandenen Kosten des Fünften Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (Drucksache 9/1209) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Haushaltsausschuß Bericht über den Mutterschaftsurlaub (Drucksache 9/1210) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr.: Bewertung der Strahlenexposition in der Umgebung von Steinkohlekraftwerken und Vergleich mit der Strahlenexposition durch Kernkraftwerke (Drucksache 9/1247) zuständig: Innenausschuß (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für Forschung und Technologie Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle des Europäischen Parlaments in seinen Beziehungen zum Europäischen Rat (Drucksache 9/1248) zuständig: Auswärtiger Ausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr.: Haushaltsführung 1981; hier: Einwilligung in überplanmäßige Haushaltsausgabe bei a) Kap. 1112 Tit. 61631 - Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit (BA) b) Kap. 1112 Tit. 68101 - Arbeitslosenhilfe c) Kap. 1112 Tit. 68141 - Leistungen für die Teilnahme von Aussiedlern, Asylberechtigten und Kontingentflüchtlingen an Deutschlehrgängen (Drucksache 9/1160) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr.: Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 08 09 Tit. 682 01 - Zuschuß an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein - (Drucksache 9/1174) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr.: Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1981 bei Kap. 14 12 Tit. 643 01 Ersatzleistungen für Wege- und Straßenschäden - (Drucksache 9/1177) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr.: Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 27 02 Tit. 642 21 (Förderung des Besuchsreiseverkehrs) (Drucksache 9/1213) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr.: Haushaltsführung 1981 hier: Einwilligung zu einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 11 11 Tit. 643 01 Kosten der Kriegsopferfürsorge (ausgenommen Darlehen) aufgrund des Bundesversorgungsgesetzes sowie entsprechender Leistungen aufgrund des Häftlingshil- 4476* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Januar 1982 fegesetzes, des Gesetzes über die Unterhaltsbeihilfe, für Angehörige von Kriegsgefangenen und des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Drucksache 9/1233) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr.: Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 32 05 Tit. 575 02 — Zinsen für Bundesschatzbriefe — (Drucksache 9/1234) zuständig: Haushaltsausschuß Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Aufhebbare Einundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksache 9/1238) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 25. März 1982 vorzulegen Aufhebbare Neunundvierzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — (Drucksache 9/1239) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 25. März 1982 vorzulegen Aufhebbare Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 2/82 — Zollkontingent 1982 für Bananen) (Drucksache 9/1240) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 25. März 1982 vorzulegen Aufhebbare Achtzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksache 9/1245) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 25. März 1982 vorzulegen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Stercken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Entschließungsantrag, der heute in die parlamentarische Beratung eingeführt wird, will dem in unseligen Kriegswirren leidgeprüften libanesischen Volk eine Hilfe bei der Wiederherstellung des Friedens und der Selbstbestimmung sein. Die darin niedergelegten grundsätzlichen Gedanken zur Sicherung des Friedens sind in Übereinstimmung mit allen Bevölkerungsteilen des Libanon und ihren politischen Repräsentanten zusammengetragen worden. Die Verabschiedung dieser Entschließung wird daher von dem um seine Einheit und Unabhängigkeit ringenden libanesischen Volk als eine Hilfe bei der Sicherung seiner nationalen Integrität und damit als ein Dienst am Frieden empfunden.
    Der Deutsche Bundestag kann sich damit als der eigentlich kompetente Träger öffentlicher Verantwortung in Sachen des Friedens einsetzen. Die zu geringe Bewertung, die über eine lange Zeit hin der Außenpolitik in der Öffentlichkeit, aber auch in diesem Hause zuteil wurde, hat sicher an dem Eindruck mitgewirkt, es bedürfe anderer Institutionen, um den Frieden hinreichend zu sichern. Nein, meine Damen und Herren, dieser Deutsche Bundestag ist als frei gewähltes Parlament in seiner Gesamtheit der berufene Wächter des deutschen Volkes über die Fragen von Sicherheit und Frieden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Alle Entwicklungen, die den Weltfrieden bedrohen, müssen daher in diesem Hause mit dem Ziel erörtert werden, sämtliche Möglichkeiten politischer Mitwirkung einzusetzen, um den Frieden in dieser Welt, der unteilbar geworden ist, wiederherzustellen und zu sichern.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Dazu besteht in diesen Tagen uni so mehr Veranlassung, als durch die weitgehende Abstinenz der Friedensbewegung vom 10. Oktober 1981 in Sachen Kriegsrecht in Polen der moralische Anspruch verwirkt worden ist, über den zwischen uns und in unserem Volk seitdem gestritten worden ist. Wer die Nachrüstung verteufelt, das Kriegsrecht in Polen und den zweijährigen Befreiungskampf in Afghanistan derart systematisch verschweigt, der macht die Wertvorstellungen unglaubwürdig, die er geradezu mit einem Alleinvertretungsanspruch in die Politik einführen wollte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Kümmern wir uns daher mehr darum, was dieses Haus in die Friedensdebatte einzuführen vermag, und mühen wir uns darum, daß unsere Beiträge von den Bürgern, die wir vertreten, weder als opportunistisch noch als ideologisch verblendet oder einseitig im Erkennen von Gefahren beurteilt werden können. So sollte auch der Versuch gewertet werden, konstruktive und stabilisierende Positionen zur Lage im Libanon einzunehmen.
    Doch Stellung beziehen heißt eine klare Haltung einnehmen, heißt das aussprechen, was wir für Recht erkennen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Der Frieden ist die Folge des Rechts. Wer nicht das Unrecht beseitigt, schafft keinen Frieden.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Hervorragend!)

    Der Entschließungsantrag beschreibt diese Kategorien des Rechtes als Voraussetzung für den Frieden, nach dem sich alle Teile der Bevölkerung des Libanon ohne Ausnahme sehnen, dieses aus vielen religiösen und ethnischen Gruppen zur Nation gewachsenen Volkes, in dem das Bedürfnis nach Einheit und Unabhängigkeit nie stärker war als nach den leidvollen Erfahrungen eines in das Land hineingetragenen Bürgerkriegs.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Genauso ist es!)

    Aus der Entwicklung der letzten Wochen ergibt sich allerdings das Erfordernis, den Überlegungen des Entwurfs noch eine weitere hinzuzufügen. Die Bemühungen des amerikanischen Unterstaatssekretärs Philip Habib, über die volles Einverständnis mit der libanesischen Regierung besteht, sollten durch die beabsichtigte Entschließung des Deutschen Bundestages ebenfalls unterstützt werden:
    Erstens. Den Truppen der Vereinten Nationen (UNIFIL) sollte im Zusammenwirken mit libanesischen Streitkräften der gesamte Süden des Landes von der Grenze zu Israel bis zum Litani-Fluß zur Kontrolle zugewiesen werden.
    Zweitens. Alle schweren Waffen der Palästinenser in Grenznähe sollen mindestens 30 km von der libanesisch-israelischen Grenze abgezogen werden.
    Drittens. Die an archäologischen und historischen Denkmälern reiche Stadt Tyros soll neutralisiert werden.
    Viertens. Kontrollpunkte der UNIFIL sollen in Chekif und an der Khardali-Brücke eingerichtet werden.
    Fünftens. Internationale Truppen sollen künftig in einem Bereich 9 km von Marjejoun die weitere Infiltration von Palästinensern verhindern.
    Meine Damen und Herren, ich gebe zu, das ist sehr konkret.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das ist ja gut! Endlich!)

    Aber wenn wir uns nur in generalisierenden Vorstellungen zum Frieden im Libanon äußern, dann nehmen wir eben nicht in den Positionen eine klare Haltung ein, um die im Augenblick zwischen den Beteiligten gestritten wird.
    Mit diesen neuen Vorschlägen, denen — auch im Einvernehmen mit der libanesischen Regierung — der Deutsche Bundestag seine politische Unterstützung geben sollte, würden folgende Ziele erreicht:
    Erstens. Die Grenze des Libanon mit Israel wird durch UNIFIL im Zusammenwirken mit den libanesischen Streitkräften insgesamt gesichert. Von die-



    Dr. Stercken
    sem Augenblick an gibt es keinen Vorwand mehr für die Anwesenheit syrischer Streitkräfte im Libanon.
    Zweitens. Die Souveränität des libanesischen Staates und seiner Streitkräfte wird eine erhebliche Stärkung erfahren.
    Drittens. Die Kontrolle des gesamten Südens durch UNIFIL und den Libanon wird in diesem Gebiet weitere Kampfhandlungen ausschließen und damit wesentliche Voraussetzungen dafür schaffen, daß sich alle Menschen in der Region an den Frieden gewöhnen und auf den Einsatz von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele verzichten.
    Das gelegentlich auch bei uns erkennbare Verständnis für den Einsatz von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele durch Befreiungsbewegungen — und so auch für die im Libanon operierenden Streitkräfte der PLO — ist für mich nicht nachvollziehbar. Wir Deutschen verzichten auf den Einsatz von Gewalt, um unsere nationale Einheit zu erreichen und damit einen Teil Deutschlands von kommunistischer Fremdherrschaft zu befreien. Ich erkenne nicht den rechtlichen oder moralischen Unterschied, den diejenigen in Anspruch nehmen könnten, die heute über das Leben anderer zum Zwecke der politischen Demonstration verfügen, weil sie in einem eigenen autonomen Land leben möchten.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    In Europa gäbe es auch keinen Frieden, wenn nicht von den demokratischen Rechtsstaaten Gewaltverzicht geübt würde. Der Dienst, den wir ganz allgemein zur Sicherung der Menschenrechte leisten wollen, muß mit der Forderung nach Gewaltverzicht verbunden bleiben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Die Deutschen haben angesichts der Teilung ihres Landes und ihres Verzichts auf den Einsatz von Gewalt zur Lösung dieses Problems ein besonderes Recht, von anderen den Verzicht auf die Anwendung von Terror und Gewalt zu fordern.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Besondere Erfahrungen!)

    Ist unser Verhalten das Opfer und die Voraussetzung für den Frieden in Europa, so müssen sich alle am Konflikt im Nahen Osten Beteiligten der Gewalt enthalten. Ohne Gewaltlosigkeit wird es keinen Frieden geben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Also muß man alle Mittel einsetzen, die dazu zwingen, auf den Einsatz von Gewalt zu verzichten. Wenn wir diesen Grundsatz nicht allen am Konflikt Beteiligten abverlangen, können wir für uns nicht in Anspruch nehmen, etwas für die Sicherung des Friedens getan zu haben.
    Zur Gewährleistung von Sicherheit und Frieden ist die Stationierung syrischer Raketeneinheiten auf libanesischem Gebiet in der Bekaa-Ebene ebenso untauglich wie die Schaffung vollendeter Tatsachen
    durch die israelische Regierung auf den Golan-Höhen im Windschatten des Kriegsrechtes in Polen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zwar geben die Syrer dem Staat Israel seit Jahrzehnten nicht ein einziges Zeichen der Hoffnung und des Friedens. Dennoch erwarten wir von Israel, dessen Frieden in Freiheit unsere ganzen Sympathien gelten, daß es den Verhandlungsweg offenhält und damit bekundet, was seine Demokratie von der Willkür und Ungerechtigkeit nichtdemokratischer Staaten unterscheidet.
    Der vorliegende Antrag ist das Ergebnis einer Informationsreise, an der die Kollegen Dr. Alois Mertes, Hans Klein und ich teilgenommen haben. Dieses Unternehmen ist wohl von allen Libanesen so betont freundlich aufgenommen worden, weil es nicht nur einer bestimmten Bevölkerungsgruppe galt, sondern deutlich machte, daß die deutschen Besucher die Einheit dieses Landes in seiner Mannigfaltigkeit erkennen, verstehen und achten wollen.
    Zu den Besuchen im Lande, die zunächst unsere Verwunderung und dann unsere Bewunderung hervorgerufen haben, gehörte ein Flug zu den eben bereits erwähnten Truppen der Vereinten Nationen (UNIFIL), über deren Aufgabenstellung, Leistungen und Opfer die Öffentlichkeit in einer völlig unzureichenden Weise unterrichtet ist.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das muß um so mehr beklagt werden, als neben einem entsagungsvollen Dienst in einer Umgebung, die vielerlei Entbehrungen abverlangt, auch der Blutzoll dieser Truppe denjenigen, für die sie ihre Arbeit tut, ein höheres Maß an Dankbarkeit und Interesse abverlangen müßte. 69 Soldaten der Vereinten Nationen, der UNIFIL-Streitkräfte, haben bis zum Herbst letzten Jahres ihr Leben hingegeben, davon 39 in Kampfhandlungen. 110 Soldaten wurden verwundet. Den Truppen der Fidschi, den Senegalesen und den Iren sind die größten Verluste zugefügt worden. Sechs Soldaten sind meuchlings ermordet worden.
    Meine Damen und Herren, diese Truppen stehen für uns alle im Süden des Libanon, um den Frieden zu erhalten. Ein Mordanschlag auf sie gilt uns allen. Wir können darüber nicht leichtfertig hinweggehen. Den Palästinensern, die für diese Massaker die Verantwortung tragen, kann nur geraten werden, auf diese barbarischen Anschläge unverzüglich zu verzichten. Es kann einem angst und bange werden, wenn auf der Grundlage eines solchen Terrorismus nun auch noch ein Staat gebaut werden sollte.
    Gibt es für die ganze Welt schon hinreichende Veranlassung, selbst das Leben für die Sache des Friedens im Libanon herzugeben, so gibt es für die Deutschen noch einen weiteren Grund, sich dem Schicksal des libanesischen Volkes verbunden zu wissen. Wir verfügen über die Erfahrung, was die Teilung eines Landes bewirkt, wenn sie durch imperialistische Interessen oder durch die Anwesenheit fremder Truppen im Lande verursacht wird. Die Spannungsursachen, die für die Zersplitterung des Landes in Einflußzonen verantwortlich gemacht werden, lie-



    Dr. Stercken
    gen nicht in gelegentlichen Rivalitäten der Bevölkerungsgruppen, sondern vielmehr darin begründet, daß unter vielerlei Vorwänden eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes stattgefunden hat, für die das libanesische Volk die leidvolle Zeche zu zahlen hat. Es gehört zu den großen Unverfrorenheiten unserer Tage, daß Okkupanten allenthalben als Friedensstifter auftreten und trotz ihrer Zugehörigkeit zu den Vereinten Nationen, dem Bekenntnis zu ihrer Charta und ihren Menschenrechtspakten hemmungslos formale Begründungen ausweisen, um andere Völker zu unterjochen.
    In diesem Zusammenhang ein offenes Wort an die Adresse der Palästinenser. Ihr Umgang mit den Libanesen und ihrem Land ist nicht gerade ein ermutigendes Beispiel für die Achtung vor den Rechten anderer Staaten und Völker. Es würde die Durchsetzung ihrer eigenen Rechte erleichtern, wenn sie die politischen Rechte respektieren würden, um die sie selbst so erbarmungslos kämpfen.
    Ich komme zum Schluß. Meine Damen und Herren, als Deutsche empfinden wir ein besonderes Maß an Solidarität mit dem Libanon, weil uns diese Auswirkungen hegemonialer Politik und diese Mißachtung von Menschenrechten hinlänglich bekannt sind. Wenn wir anderen helfen, solches Unrecht zu beseitigen, dann vertrauen wir auch auf deren Beistand, wenn es um die Sache der Deutschen geht, die auch ihre endgültige Friedenssicherung erst erfahren, wenn das Problem ihrer nationalen Einheit in einer europäischen Friedensordnung gelöst werden kann.
    Das Europäische, belgische und britische Parlament sowie der amerikanische Senat haben bereits nach der Beschlußfassung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Entschließungen verabschiedet, die zur Zeit ihrer Veröffentlichung als ein Beitrag zur Stärkung der libanesischen Position angesehen werden konnten. Der Deutsche Bundestag besitzt jetzt die Möglichkeit, seinen Teil mit vielen neuen Einzelheiten beizusteuern, damit einem vormals blühenden Land ein neuer friedlicher Anfang erschlossen werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Dr. Soell.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hartmut Soell


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der CDU/CSU-Antrag auf Drucksache 9/1121 zur Lage im Libanon ist, wie der Kollege Stercken ausgeführt hat, Ergebnis einer Delegationsreise von Kollegen der CDU/CSU-Fraktion in den Libanon. Reisen bildet offenbar; zumindest schafft es Erkenntnisse, die bei Ihnen vor einigen Jahren — wenn ich nur an den Antrag von 1978 denke — noch nicht vorhanden waren.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Da war die Situation ein bißchen anders, Herr Kollege! — Zuruf von der FDP: Das hatte Herr Todenhöfer damals falsch verstanden!)

    — Ich sage das ja auch ohne hämischen Unterton.
    Wir alle sind darauf angewiesen, in dieser Frage
    tatsächlich auch zusätzliche Erfahrungen zu machen.
    Erlauben Sie mir, bevor ich selbst einige Bemerkungen mache, noch zwei Anmerkungen zu dem, was Sie — insbesondere im Zusammenhang mit dem „offenen Wort an die Palästinenser" — gesagt haben. Es wäre sicherlich nützlich gewesen, wenn Sie auf Ihrer Reise dort auch gerade mit Konfliktparteien wie den Palästinensern und den Syrern geredet hätten.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Wir haben mit den Libanesen geredet!)

    Es ist eine andere Sache, dort mit ihnen zu reden — und sie sind dort —, als hier von diesem Pult aus mit ihnen zu reden.
    Die zweite Bemerkung: Wenn Sie hierauf das Beispiel der Deutschen — gerade auch der Erfahrungen der letzten 37 Jahre — anwenden, werden Sie, glaube ich, was das Verständnis der dortigen Konfliktlage, der Gemengelage der Konflikte, angeht, doch nicht mit zureichenden Beispielen aufwarten können. Da müssen Sie schon weit in die Geschichte zurückgreifen. Im Libanon haben wir eine Situation, in der äußere Kräfte — Sie sprachen von Okkupanten — das Land zum Tummelplatz ihrer Konflikte gemacht haben, in der aber auch innere Kräfte mit diesen äußeren Kräften kooperiert haben. Dies müßten Sie, gewissermaßen auf deutschen Boden bezogen, einmal geschichtlich erläutern. Da kommen Sie weit in die deutsche Geschichte zurück; dies ist nicht mit unserer Situation in den letzten 37 Jahren vergleichbar.
    Jedenfalls begrüßen wir diesen Antrag schon deshalb, weil vielfältige Anstrengungen notwendig sind, um die blutigen Konflikte, die im Libanon auf Kosten der Bürger ausgetragen werden, zurückzudrängen und schließlich auch zu beenden.
    Lassen Sie mich aber gerade hinsichtlich der Ursachen des Konflikts — und jede Konfliktlösung bedarf zunächst einmal der Analyse der Ursachen und danach einer Beseitigung der Ursachen — fragen, wie es mit der Beteiligung äußerer Kräfte steht. Es gehört ja zu den Gemeinplätzen, daß der Konflikt der arabischen Staaten mit Israel am Ausbruch des Bürgerkrieges im Libanon ganz entscheidend beteiligt gewesen ist. Aber auch dieser Gemeinplatz bedarf einer näheren Betrachtung.
    Es bleibt richtig, daß die Beteiligung äußerer Kräfte von Bedeutung war und ist, aber es hat auch innerlibanesische Kräfte gegeben, die am Ausbruch des Konflikts sehr stark beteiligt waren. Heute, nach fast sieben Jahren sehr blutiger und zerstörerischer Auseinandersetzungen, ist dies, was die innerlibanesischen Kräfte angeht, doch sicherlich etwas anders geworden.
    Es gibt heute auf verschiedenen Seiten Signale dafür, daß jedenfalls die innerlibanesischen Kräfte mehr nach der Losung „Libanon den Libanesen" verfahren.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Auf der Seite wichtiger christlicher Kräfte scheinen
    jedenfalls die Befürworter eines eigenen, von Israel



    Dr. Soell
    gesicherten Teilstaates an Boden verloren zu haben; zugleich scheint dort die Voraussetzung dafür gewachsen zu sein, zu gewissen politischen Reformen der Verfassungsgrundsätze, die dem Nationalpakt von 1943 zugrunde liegen, zu kommen.
    Auf der anderen Seite haben Sprecher moslemischer Gruppen — ich erwähne hier Walid Dschumblat — im zurückliegenden Jahr betont, daß die Versuche verstärkt werden müssen, die libanesischen Probleme vom arabisch-israelischen Konflikt — also auch vom Problem der Palästinenser, das die Libanesen immer stärker belaste — zu trennen. Es habe — so Dschumblat — Priorität, auf dem Wege der politischen Verständigung zunächst als Staat zu überleben.
    Dschumblat hat hinzugefügt, er sehe nicht ein, was es den Palästinensern nützen könne, wenn ihr Gastland nur noch aus verbrannter Erde bestehe und schließlich sein Leben als Staat aushauche. Er hat den Palästinensern empfohlen, sie sollten erkennen, daß sie mit ihren vorübergehenden Privilegien letzten Endes riskieren, daß die palästinensische Revolution im libanesischen und arabischen Treibsand versinke.
    Solche Auffassungen schaffen unerläßliche, wenn auch sicherlich noch keine hinreichenden Voraussetzungen für eine Einigung der libanesischen Kräfte. Sie bedeuten einen wichtigen Fortschritt gegenüber den festzementierten Meinungen, wie sie noch vor zwei oder drei Jahren dort zu hören waren. Es ist die Erkenntnis daraus, daß der Bürgerkrieg keine Sieger, sondern, jedenfalls, was die Libanesen selber angeht, nur Verlierer geschaffen hat.
    Ein wichtiger Test für das Wachsen des Bewußtseins „Libanon den Libanesen" werden die Präsidentenwahl im Juli 1982 und die dadurch hoffentlich sich ergebende Stärkung der libanesischen Staatsautorität sein, vor allem auch der ihr zur Verfügung stehenden Instrumente, etwa der Sicherheitsstreitkräfte.
    Schließlich noch zu der Frage, was wir beitragen können. Herr Kollege Stercken, Sie sind j a sehr ausführlich auf konkrete Vorschläge eingegangen. Ich meine, hier sind unsere Möglichkeiten sicherlich erheblich reduziert, etwa die Möglichkeit, die Lieferung schwerer Waffen an Konfliktparteien im Libanon zu unterbinden. Aber wir sollten uns — da stimme ich Ihnen zu —, was die Stärkung der UNIFIL angeht, der Friedenstruppe der Vereinten Nationen im Südlibanon, dafür einsetzen, daß sowohl die Streitkräfte dort verstärkt werden als auch ihre räumliche Zuständigkeit ausgedehnt wird. Dies ist sicherlich ein richtiger Ansatz. Ich begrüße es auch, daß die sehr gefährliche Tätigkeit, von der Sie ja hier Details geschildert haben, von uns dankend gewürdigt wird. Wir müssen noch im einzelnen darüber sprechen, wie wir selber mit den Mitteln, die wir haben, z. B. in den Vereinten Nationen, für die Stärkung der UNIFIL eintreten können.
    Aber die europäischen Länder können gute diplomatische Dienste leisten, und sie können eine Reihe wirtschaftlicher und anderer Hilfsmaßnahmen in Angriff nehmen, um der Losung „Libanon den Libanesen" stärker Geltung zu verschaffen.
    Lassen Sie mich abschließend sagen, daß nur durch gemeinsame Anstrengungen der innerlibanesischen Kräfte — darauf wollte ich heute abheben — und durch Anstrengungen der arabischen Welt, insbesondere auch der Viererkommission der arabischen Liga, die Sie ja in Ihrem Antrag mit erwähnt haben, wie auch durch die Hilfe der westlichen Länder und der Vereinten Nationen auf die Dauer unterbunden werden kann, daß der Libanon weiterhin der Tummelplatz aller Konfliktparteien im Nahen und Mittleren Osten wird oder bleibt. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Konfliktparteien — das ist j a das Bedrückende daran — in der Tat vermehrt. Es ist nicht nur ein israelisch-palästinensischer Konflikt, nicht nur ein innerlibanesischer Konflikt, sondern auch der Konflikt Irak gegen Syrien, der Konflikt Irak/Iran spielen da mit hinein.

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Ich meine jetzt nur die äußeren Konfliktparteien, die hier beteiligt sind. Es ist sicherlich ganz entscheidend, daß dies ausgeräumt wird.
    Das Höllenfeuer, wie arabische Beobachter die Auseinandersetzungen der Truppen im ganzen Raum Libanon nennen, sollte jedenfalls endlich zum Erlöschen gebracht werden. Es bleiben genug Probleme übrig, die von den Libanesen selber zu lösen sind. Einige davon habe ich angesprochen. Jeder Beitrag zur Lösung des sehr stark von außen hineingetragenen Konflikts ist wichtig. In diesem Sinne begrüßen wir den Kern der Aussagen des CDU/CSU-Antrags und stimmen der Überweisung an den Ausschuß zu.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)