Plenarprotokoll 9/76
Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
76. Sitzung
Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1982
Inhalt:
Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde 4349 A
Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Dritte Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung
— Drucksache 9/983 -
Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister
BMWi 4361D, 4403C
Dr. Riesenhuber CDU/CSU 4366 C
Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 4372 A
Beckmann FDP 4376 C
Dr. Probst CDU/CSU 4379 D
Reuschenbach SPD 4382 D
Dr.-Ing. Laermann FDP 4386 B
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/
CSU 4389 A
Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT 4392 A
Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 4394 B
Schäfer (Offenburg) SPD 4396 C
Dr. Laufs CDU/CSU 4398 D
Dr. Hirsch FDP 4401 D
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung
über die Gespräche des Bundeskanzlers am 5. und 6. Januar 1982 in Washington sowie über aktuelle Fragen der Ost-West-Beziehungen
Schmidt, Bundeskanzler 4404 B
Dr. Kohl CDU/CSU 4413 B
Dr. Ehmke SPD 4422 B
Genscher, Bundesminister AA 4428 D
Klein (München) CDU/CSU 4433 D
Mischnick FDP 4438 B
Wischnewski SPD 4442 C
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU
Zweites Folgetreffen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Madrid
— bisherige Verwirklichung der Schlußakte in Helsinki
— weiterführende Vorschläge zur Schlußakte von Helsinki
— Drucksachen 9/803, 9/1251 — . . . . 4445C
Beratung des Antrags der Abgeordneten Lorenz, Baron von Wrangel, Jäger (Wangen), Schulze (Berlin), Graf Huyn, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Hennig, Lintner, Lowack, Frau Berger (Berlin), Böhm (Melsungen), Sauer (Salzgitter), Dr. Schwarz-Schilling, Kittelmann, Dr. Mertes (Gerolstein), Höffkes, Werner, Dr. Wörner, Clemens, Straßmeir, Schwarz, Schröder (Lüneburg) und der Fraktion der CDU/CSU
Presse- und Informationsfreiheit in der DDR
— Drucksache 9/1047 —
Jäger (Wangen) CDU/CSU 4445 D
Dr. Geßner SPD 4448 B
Frau Fromm FDP 4450 B
II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1982
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abkommen vom 28. April 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Arabischen Republik Ägypten über die Regelung gewisser Fragen betreffend deutsches Vermögen und zur Verteilung von Entschädigungen für deutsches Vermögen in Ägypten und Honduras
— Drucksache 9/990 —
Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache 9/1223 — 4452 A
Fragestunde
— Drucksache 9/1252 vom 8. Januar 1982 — Beteiligung der Bundesregierung an Entscheidungen der USA über Entwicklung, Produktion und Lagerung neuer chemischer Waffen
MdlAnfr 41, 42 08.01.82 Drs 09/1252
Hansen fraktionslos
Antw StMin Dr. Corterier AA
4349 B, D, 4350 A, B, C, D
ZusFr Hansen fraktionslos . . 4349D, 4350 A, B, C
ZusFr Dr. Ehmke SPD 4350 A
ZusFr Thüsing SPD 4350 D
•
Gespräche des Bundesaußenministers mit
Regierungsmitgliedern von Militärdiktaturen in den letzten drei Jahren
MdlAnfr 44 08.01.82 Drs 09/1252
Jäger (Wangen) CDU/CSU
Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 4351 A, B, C
ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 4351 B, C ZusFr Thüsing SPD 4351 C
Zusage der polnischen Militärregierung
bezüglich der Weitergeltung der Offenhalteklausel des Ausreiseprotokolls von 1975 MdlAnfr 45 08.01.82 Drs 09/1252
Dr. Hupka CDU/CSU
Antw StMin Dr. Corterier AA . 4351D, 4352 A, B
ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . 4351D, 4352A
ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 4352 A
ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 4352 B
Verhandlungen mit der niederländischen
Regierung über den Bau des Dollarthafens
MdlAnfr 49, 50 08.01.82 Drs 09/1252
Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU
Antw StMin Dr. Corterier AA 4352 B, C, D, 4353A, B
ZusFr Schröder (Wilhelminenhof) CDU/
CSU 4352 C, D, 4353 A
ZusFr Ewen SPD 4353 A
Beurteilung der amerikanisch-europäischen Wirtschaftsbeziehungen
MdlAnfr 51 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Czaja CDU/CSU
Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 4353 B, C, D
ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 4353 C, D
Förderung der Mutterkuhhaltung
MdlAnfr 88, 89 08.01.82 Drs 09/1252 Eigen CDU/CSU
Antw PStSekr Gallus BML . . 4354 A, C, D, 4355A
ZusFr Eigen CDU/CSU . . . 4354 B, C ,D, 4355A
ZusFr Kirschner SPD 4355A
Erforschung des Zusammenhangs zwischen saurem Regen und Tannen- und Fichtensterben
MdlAnfr 67 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Laufs CDU/CSU
Antw PStSekr Gallus BML . . . 4355 B, D, 4356 A
ZusFr Dr. Laufs CDU/CSU . . . . 4355D, 4356A
Einberufung Schwerbehinderter zur Musterung wegen Auskunftsverweigerung der Versorgungsämter
MdlAnfr 90, 91 08.01.82 Drs 09/1252 Pauli SPD
Antw PStSekr Frau Fuchs BMA . . 4356 B, C, D
ZusFr Pauli SPD 4356 C, D
Kündigung der Belegung von Kurheimen durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf Grund der Reduzierung von Kuren
MdlAnfr 94, 95 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Enders SPD
Antw PStSekr Frau Fuchs BMA . . 4357 A, C, D
ZusFr Dr. Enders SPD 4357C, D
Verbesserung der Arbeitnehmereinkommen der unteren Lohn- und Gehaltsgruppen angesichts höherer Sozialhilfesätze
MdlAnfr 96, 97 08.01.82 Drs 09/1252 Kirschner SPD
Antw PStSekr Zander BMJFG
4358 A, B, C, D, 4359 A, B
ZusFr Kirschner SPD 4358 B, C, 4359 B
ZusFr Heyenn SPD 4358C, D
ZusFr Peter (Kassel) SPD 4358 D
Struktur und Entwicklung unterschiedlicher Gruppen von Sozialhilfeempfängern
MdlAnfr 98, 99 08.01.82 Drs 09/1252 Peter (Kassel) SPD
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1982 III
Antw PStSekr Zander BMJFG . 4359 C, D, 4360 A
ZusFr Peter (Kassel) SPD . . . . 4359C, 4360A
Anpassung der Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz an die allgemeine Preisentwicklung
MdlAnfr 100, 101 08.01.82 Drs 09/1252 Heyenn SPD
Antw PStSekr Zander BMJFG 4360 B, D, 4361A
ZusFr Heyenn SPD 4360 C, D, 4361 A
Durchführung der gegenseitigen Unterrichtung des Bundes und der Länder über Gerichtsentscheidungen gemäß § 72 des Weingesetzes
MdlAnfr 103 08.01.82 Drs 09/1252 Herberholz SPD
Antw PStSekr Zander BMJFG . . . 4361 A, C
ZusFr Herberholz SPD 4361 B, C
Nächste Sitzung 4452 C
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4453* A
Anlage 2
Vorübergehender Erlaß der Gebühren für Pakete nach Polen
MdlAnfr 30 08.01.82 Drs 09/1252 Milz CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 4453* B
Anlage 3
Aussagen des Bundeskanzlers und des Regierungssprechers Becker über die Verantwortung der Sowjetunion für die Ereignisse in Polen; Erklärungen des Bundeskanzlers und des Regierungssprechers über die Verantwortung der Sowjetunion für die Ereignisse in Polen
MdlAnfr 38 08.01.82 Drs 09/1252 Reddemann CDU/CSU
MdlAnfr 39, 40 08.01.82 Drs 09/1252 Niegel CDU/CSU
SchrAntw StSekr Becker BPA 4453* C
Anlage 4
Zustimmung des Zentralbankrats und der Bundesbank zur Verlängerung des zinslosen Überziehungskredits an die DDR
MdlAnfr 76, 77 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Voss CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 4454* B Anlage 5
Neuordnung des Kriegsdienstverweigerungsrechts und des Zivildienstes
MdlAnfr 102 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Hennig CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . 4454* C
Anlage 6
Vorführung der sowjetisch-amerkanischen Fernsehserie „Der unvergessene Krieg" an Schulen
MdlAnfr 104, 105 08.01.82 Drs 09/1252 Frau Benedix-Engler CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Kuhlwein BMBW . . 4454* D Anlage 7
BAföG-Zahlungen an Strafgefangene in Nordrhein-Westfalen
MdLAnfr 106, 107 08.01.82 Drs 09/1252 Daweke CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Kuhlwein BMBW . . 4455* B Anlage 8
Finanzielle Unterstützung der Fernuniversität Hagen
MdlAnfr 108 08.01.82 Drs 09/1252 Reddemann CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Kuhlwein BMBW . . 4455* C
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1982 4349
76. Sitzung
Bonn, den 14. Januar 1982
Beginn: 8.00 Uhr
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Dr. van Aerssen * 15. 1.
Dr. Ahrens * 15. 1.
Dr. Bardens * 15. 1.
Bergerowski 14. 1.
Dr. Böhme (Freiburg) 14. 1.
Büchner (Speyer) * 14. 1.
Echternach 15. 1.
Egert 15. 1.
Dr. Ehrenberg 15. 1.
Erhard (Bad Schwalbach) 15. 1.
Feinendegen 15. 1.
Frau Geier 15. 1.
Dr. Geßner * 15. 1.
Haar 15. 1.
Dr. Hackel 15. 1.
Hauser (Krefeld) 14. 1.
Jung (Kandel) * 15. 1.
Dr. Kreile 15. 1.
Möllemann 15. 1.
Müller (Bayreuth) 15. 1.
Rawe 14. 1.
Reddemann * 15. 1.
Rohde 15. 1.
Frau Roitzsch 15. 1.
Schmidt (Wattenscheid) 15. 1.
Schmöle 15. 1.
Schulte (Unna) * 15. 1.
Dr. Solms 15. 1.
Stöckl 15. 1.
Dr. Vohrer * 15. 1.
Dr. Wendig 15. 1.
Dr. Wittmann 14. 1.
Baron von Wrangel 15. 1.
für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 30):
Ist die Bundesregierung bereit, für eine befristete Zeit angesichts der wirtschaftlichen Notlage der Bevölkerung in Polen und aus humanitären Gründen private Spendenpakete portofrei zu befördern?
Der Bundesregierung sind in letzter Zeit vielfältige Anregungen zugegangen, im Postpaketverkehr mit Polen die Beförderungsgebühren zu senken bzw. zu erlassen.
Die Klärung dieser Frage erfordert die Lösung schwieriger rechtlicher und postbetrieblicher Probleme.
Anlagen zum Stenographischen Bericht
In Anbetracht der Versorgungssituation in Polen und der bisher gezeigten Spendenbereitschaft der Bevölkerung unseres Landes prüft die Bundesregierung zur Zeit, ob und inwieweit der Postpaketverkehr nach diesem Land vorübergehend gebührenmäßig erleichtert werden kann.
Sie sieht sich damit in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Außenminister der NATO, humanitäre Maßnahmen für die polnische Bevölkerung auch in Zukunft zu fördern.
Anlage 3
Antwort
des Staatssekretärs Becker auf die Fragen des Abgeordneten Reddemann (CDU/CSU) und Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Fragen 38, 39 und 40):
Wie kann die Bundesregierung erklären, daß der Bundeskanzler gemeinsam mit dem Präsidenten der USA seine „Sorge über den Druck, den die Sowjetunion auf die polnischen Bemühungen um eine Erneuerung ausübt", ausdrückt und expressis verbis „auf die Verantwortung der Sowjetunion für die Ereignisse in Polen" hinweist, während der Sprecher der Bundesregierung, Staatssekretär Becker, bislang unwiderrufen als Auffassung des Bundeskanzlers und seiner Bundesminister wörtlich versicherte, „Wir teilen die Auffassung nicht, daß die Sowjetunion als Anstifter für die Verhängung des Kriegsrechts (in Polen) zu betrachten ist"?
Warum hat Bundeskanzler Schmidt seinen Regierungssprecher angewiesen, Ende Dezember zu erklären, „Wir teilen die Auffassung nicht, daß die Sowjetunion als Anstifter für die Verhängung des Kriegsrechts (in Polen) zu betrachten ist.", und warum hat nunmehr Bundeskanzler Schmidt in etwa eine Woche später, am 5. Januar, gemeinsam mit Präsident Reagan in dem gemeinsamen Kommuniqué folgendes erklärt, „Beide wiesen auf die Verantwortung der Sowjetunion für die Ereignisse in Polen hin und brachten ihre Sorgen über den schwerwiegenden Druck, den die Sowjetunion auf die polnischen Bemühungen uni eine Erneuerung ausübt, zum Ausdruck. ?
Welche Meinung ist nunmehr gültig?
Zu Fragen 38 und 39:
In der Bundespressekonferenz am 30. Dezember 1981 habe ich zur Lage in Polen und zur Reaktion des Westens auf diese Lage Stellung genommen. Ich habe diese Stellungnahme in 12 Punkten zusammengefaßt, die die abgestimmte Meinung der Bundesregierung darstellten. In Punkt 9 dieser Stellungnahme hieß es: „Wir stehen mit der amerikanischen Regierung wie auch mit den anderen Verbündeten und Partnern der Europäischen Gemeinschaft in engem Kontakt. In den Konsultationen sind natürlich auch unterschiedliche Bewertungen der Vorgänge zur Sprache gekommen. Wir sind uns aber alle darin einig, daß ein endgültig gesichertes Urteil über diese Fragen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich ist."
In Beantwortung der Frage eines Journalisten zu diesem Punkt habe ich selbst die von mir als theoretisch qualifizierte Frage gestellt, ob die Sowjetunion gewissermaßen als Anstifter der Verhängung des Kriegszustandes in Polen zu betrachten ist, und ge-
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sagt, daß wir diese Auffassung nicht teilen. Ich habe diese Fragestellung als theoretisch bezeichnet, weil die Verantwortung der Sowjetunion für die Vorgänge in Polen sich nicht danach bestimmt, wer den letzten Anstoß für die Anordnung des Kriegszustandes in Polen gegeben hat. Es war jedenfalls nicht meine Absicht, mit diesen Ausführungen die Sowjetunion von der Verantwortung für die Verhängung des Kriegszustandes in Polen freizusprechen. Im Gegenteil, ich habe in der Pressekonferenz am 30. Dezember 1981 mehrfach den Brief des Bundeskanzlers an Generalsekretär Breschnew vom 26. Dezember 1981 erwähnt, in dem die Gesamtverantwortung der Sowjetunion für die Ereignisse in Polen angesprochen war. Ich bedauere es, daß meine Antwort von einigen Medien, vor allem im Ausland, fehlinterpretiert wurde.
Zu Frage 40:
Die Haltung der Bundesregierung zur Frage der sowjetischen Verantwortung für die Ereignisse in Polen ergibt sich aus dem Schlußkommuniqué der Sitzung der Außenminister der 10 EG-Staaten vom 4. Januar 1982, der gemeinsamen Erklärung über die Gespräche des Bundeskanzlers mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika vom 5. Januar 1982 und der von der Sondertagung des Nordatlantikrats auf Ministerebene am 11. Januar 1982 verabschiedeten Erklärung zu den Ereignissen in Polen.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Fragen 76 und 77):
Ist für die weitere Gewährung des zinslosen Überziehungskredits an die „DDR" in Höhe von 850 Millionen DM bis zum 30. Juni 1982, die anläßlich des Besuchs von Bundeskanzler Schmidt in der „DDR" erfolgte, die Zustimmung des Zentralbankrats sowie der Deutschen Bundesbank eingeholt worden, und welche Einlassung ist von dort gegeben worden?
Welche ökonomischen, kommerziellen und politischen Gründe sprechen für die jetzige und eventuelle weitere Verlängerungen des zinslosen Überziehungskredits?
Zu Frage 76:
Die Verlängerung der Swing-Regelung um 6 Monate bis zum 30. Juni 1982 erfolgte in Absprache mit dem Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank.
Wegen der Vertraulichkeit der Sitzungen des Zentralbankrates bitte ich um Verständnis, daß ich auf weitere Einzelheiten nicht eingehen kann.
Zu Frage 77:
Für den Swing gibt es bedeutsame ökonomische, kommerzielle und politische Gründe. Die mit der DDR zu vereinbarende künftige Swing-Regelung gehört insbesondere in den politischen Gesamtzusammenhang der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland mit der Deutschen Demokratischen Republik. An diesem Gesamtzusammenhang
hat und wird sich die Verhandlungsposition der Bundesregierung orientieren.
Ich bitte um Verständnis dafür, daß es mit Rücksicht auf die Verhandlungsposition vor Verhandlungen mit der DDR nicht hilfreich wäre, hier die Gründe für den Swing und seine künftige Ausgestaltung im einzelnen zu erörtern.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 102):
Warum hat die Bundesregierung ihre mir in der Fragestunde vom 24. Juni 1981 gegebene Zusage, den parlamentarischen Gremien noch im Jahr 1981 einen Regierungsentwurf zur Neuordnung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes zuzuleiten, nicht eingehalten, und warum braucht die Bundesregierung vier Jahre, um endlich die Konsequenzen aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu ziehen und damit ihrer Ankündigung in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu entsprechen?
Die Antwort in der Fragestunde vom 24. Juni 1981, auf die Sie sich berufen, entsprach dem damaligen Sach- und Meinungsstand. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 13. April 1978 gibt es Bemühungen um eine interfraktionelle Lösung. Zunächst haben alle drei Fraktionen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe einen Gesetzentwurf erarbeitet, zu dem die Bundesregierung Formulierungshilfe geleistet hat. Zu einer gemeinsamen Einbringung kam es leider nicht, weil die CDU/CSU-Fraktion sich dazu entschloß, den gemeinsam erarbeiteten Entwurf mit Abweichungen in einigen wichtigen Punkten einzubringen. Beide Entwürfe scheiterten kurz vor Ende der 8. Legislaturperiode.
Inzwischen ist die interfraktionelle Diskussion fortgeführt worden. In einem interfraktionellen Gespräch am 1. Dezember 1981 im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit haben Vertreter aller drei Bundestagsfraktionen darin übereingestimmt, daß eine gemeinsame Regelung angestrebt werden soll. Dabei wurde in Aussicht genommen, bis zur Sommerpause 1982 die interne Meinungsbildung abzuschließen und noch im Laufe des Jahres einen Gesetzentwurf einzubringen.
Angesichts des Standes der Diskussion im Parlament konnte die Bundesregierung davon absehen, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Kuhlwein auf die Fragen der Abgeordneten Frau Benedix-Engler (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Fragen 104 und 105):
Trifft es zu, daß der Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft empfohlen hat, die 15teilige sowjetisch-amerikanische Fernsehserie „Der unvergessene
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1982 4455"
Krieg" an Schulen vorzuführen, und heißt das, daß er sie für geeignet hält, die Enkel der Kriegsgeneration ein so schwerwiegendes Stück Zeitgeschichte nacherleben zu lassen?
Billigt die Bundesregierung gegebenenfalls die Empfehlung des Staatssekretärs im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, und wenn ja, bedeutet dies, daß sie den Film, der erwiesenermaßen keinen Anspruch auf Objektivität erheben kann, für geeignet hält, der jungen Generation wieder ein ungebrochenes Verhältnis zur deutschen Geschichte zu vermitteln und die bedrohlichen Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Generationen beheben zu helfen?
Zu Frage 104:
In seinem Kommentar im Funkreport vom 15. September 1981 hat Staatssekretär Dr. Granzow zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dieser Fernsehserie und zu einer breiten Diskussion über die dort dargestellten Schrecken des Krieges, die Leiden und Opfer, vor allem auch der sowjetischen Bevölkerung aufgefordert. Insofern stimmt Dr. Granzow mit dem Niedersächsischen Kultusminister Dr. Remmers überein, der eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Filmmaterial in den Schulen angeregt hat. Es kann gar keinen Zweifel daran geben, daß die Fernsehserie einen Beitrag zum Nacherleben eines schwerwiegenden Stückes Zeitgeschichte darstellt.
Zu Frage 105:
Die Bundesregierung hält es für richtig, daß Jugendliche und Erwachsene sich mit dieser Serie auseinandersetzen. Zweifellos hat die Fernsehreihe dokumentarische Schwächen; Fehleinschätzungen geschichtlicher Fakten sind nicht zu übersehen. Dennoch leistet diese Dokumentation einen Beitrag dazu, der Jugend ein tieferes Verständnis der Schrecken des Krieges zu übermitteln. Notwendige Voraussetzung ist, daß diese Filmdokumente durch sachkundige Erläuterungen begleitet und mit den Jugendlichen diskutiert werden. Eben dazu hat Staatssekretär Granzow aufgefordert. Diesem Zweck dienen auch die mediendidaktischen Handreichungen zu dieser Sendereihe, die für Kursleiter in der Erwachsenenbildung entwickelt wurden. Im übrigen kann es nicht alleiniges Ziel des Geschichtsunterrichts sein, ein „ungebrochenes" Verhältnis zur deutschen Geschichte zu vermitteln; gerade im Hinblick auf die jüngste Zeitgeschichte kommt es eher auf eine möglichst differenzierte Betrachtung des Geschehens und der handelnden Personen an.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Kuhlwein auf die Fragen des Abgeordneten Daweke (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Fragen 106 und 107):
Sind der Bundesregierung Presseberichte bekannt, wonach Strafgefangene in Nordrhein-Westfalen BAföG-Zahlungen erhalten, und wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang?
Sieht die Bundesregierung bei der Zahlung von BAföG-Geldern n Strafgefangene den Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn Gefangene bis zu 161 DM BAföG beziehen, was dem monatlichen Arbeitsentgeld eines acht Stunden täglich arbeitenden Gefangenen entspricht?
Zu Frage 106:
Ja, entsprechende Presseberichte sind der Bundesregierung bekannt: Viele Strafgefangene durchlaufen während der Haftzeit Schul- oder Berufsausbildungen. Soweit es sich dabei um Ausbildungen handelt, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähig sind, werden Leistungen nach diesem Gesetz grundsätzlich auch an Strafgefangene gewährt. Die Höhe der Ausbildungsförderung richtet sich nach den in §§ 12, 13 BAföG genannten Bedarfssätzen, von denen allerdings die Kosten für Unterbringung und Verpflegung abgezogen werden. Auch unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung erscheint eine finanzielle Förderung für Strafgefangene in der Ausbildung sinnvoll.
Zu Frage 107:
Nein, die Bundesregierung sieht den Gleichheitsgrundsatz nicht als verletzt an. Mit dem Arbeitsentgelt wird für die Arbeitsleistung eines Strafgefangenen nach den im Strafvollzug geltenden Grundsätzen bezahlt. Wenn Gefangene eine im Sinne der §§ 2, 3 BAföG förderungsfähige Ausbildung absolvieren, haben sie (sofern die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden) Anspruch auf Ausbildungsförderung, die auch etwaige Ausbildungskosten mit abdeckt.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Kuhlwein auf die Frage des Abgeordneten Reddemann (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 108):
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, der mittlerweile auf 36 639 Studenten angewachsenen Fern-Universität Hagen finanzielle Unterstützung zur Erfüllung ihrer bundesweiten Aufgaben zu geben?
Die Möglichkeiten der Bundesregierung, eine Hochschule eines Landes in ihrer Arbeit zu fördern, sind durch die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern eng begrenzt.
Die Bundesregierung hat unter weitgehender Ausschöpfung der vorhandenen Möglichkeiten der Fernuniversität bis einschließlich 1981 über die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau Investitionsmittel in Höhe von etwa 27 Millionen DM, für Modellversuche etwa 9,9 Millionen DM und für Vorhaben der Bildungsforschung etwa 530 000 DM zur Verfügung gestellt.
Auch für die kommenden Jahre sind für Modellversuche und Forschungsvorhaben Mittel für laufende und neue Vorhaben geplant. Ihre Höhe ist noch nicht absehbar, solange konkrete Anträge des Landes nicht vorliegen. Welche Investitionsvorhaben nach dem Hochschulförderungsgesetz in den kommenden Jahren mitfinanziert werden können, läßt sich erst nach Abschluß der Beratungen im Wissenschaftsrat und im Planungsausschuß für den Hochschulbau über die weitere Ausbauplanung absehen. Die entsprechenden Beschlüsse sollen bis Ende März gefaßt werden.