Rede von
Klaus
Gärtner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Kühbacher hat im Dialog mit dem Kollegen Riedl am Schluß seiner Rede die Frage behandelt, wie wir mit unserem Dienstrecht umzugehen haben oder was wir da verändern sollen. Da gebe ich Ihnen unumwunden zu, das ist unter uns, die wir hier alle Wissende sind, sehr viel einfacher. Mit gutem Recht sind ein paar Kollegen, die es vielleicht dann ändern können, gar nicht da.
Diese Kritik trifft nicht nur auf das Bundesbahnrecht zu. Das ist auch eine Kritik am Bundesverkehrsminister, es ist auch eine Kritik am Bundesinnenminister. Wir hatten das Erlebnis, daß es eine ganze Arbeitsgruppe gab, die von B 6 nach unten besoldet war. Als wir festgestellt haben, daß sie das nicht bringt, wofür sie eingesetzt ist, haben wir sie aufgelöst. Man muß auch das einmal sehen.
Wenn man über die hoheitliche Tätigkeit neu nachdenken würde, käme man wahrscheinlich auf sehr viel weniger Beamtenpositionen in diesem Lande. Das heißt nicht, daß wir etwas gegen Beamte haben. Das ist ein herausgehobener, besonders bedeutsamer Berufsstand. Er sollte sich in dieser Form nicht „diskreditieren", wenn ich das in Anführungszeichen sagen darf, daß quasi jede Tätigkeit in diesem Lande als hoheitlich hingestellt wird. Das kann es nicht sein, das darf es erst recht nicht werden, wenn man ein Land wie unser Land demokratischpluralistisch organisiert nennt.
Zur Post noch eine Bemerkung. Natürlich ist es richtig, daß man die Arbeitsvorgänge, die der Kollege Kühbacher hier dargestellt hat, beseitigt. Aber bei einem so großen Haus — wie ja auf der anderen Seite auch die Bundesbahn — kann mir keiner erzählen, daß es da nicht 6000 oder 5000 Dienstposten gäbe, die man nicht umschichten könnte.
Das kann mir keiner weismachen.
Das ist auch ein Problem der Faszination der Zahl: 6000 neue Stellen, der Arbeitsmarkt wird entlastet. Es wird am Arbeitsplatz humanisiert, wo er noch inhuman ist. Wir geben dort wirklich mal zu erkennen, daß wir unseren Beitrag leisten. Dann kommen wir im Postverwaltungsrat mit den Leuten zusammen, die uns immer erklären, wir sollten die Bürokratie
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1981 4165
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abbauen. Die Wirtschaftsvertreter sagen, wir sollen Bürokratie abbauen, und stimmen dort der ganzen Einrichtung zu.
Das ist etwas, was mich auch bei dem Diskussionsbeitrag etwas stört, den der Kollege Dallmeyer hier eingebracht hat. Ich war etwas hoffnungsfroh gewesen, daß sich in dieser Debatte ein Verteidigungspolitiker zu Wort meldet und nach der flammenden Kritik auch die Konsequenzen zieht. Das Gegenteil ist leider der Fall. Sie sind wahrscheinlich in der zweiten und dritten Lesung im Januar die ersten, die beklagen werden, wie wir hier die Verteidigungsbereitschaft dieser Republik zerrütten würden. Wir hatten ja einen kleinen Vorgeschmack bei den Pioniergeräten, wo die Million eingespart worden ist. Sie wissen j a wahrscheinlich, was das ist: 2 166 Holzhämmer und 400 Stehleitern. Glauben Sie doch nicht, daß dadurch, daß man einen solchen Betrag einspart, diese Republik Schwierigkeiten hat, sich- zu verteidigen.
Und wenn Sie schon, Herr Kollege Dallmeyer, über diesen Empfang bei der Kommandeurstagung in Borkum reden, dann sagen Sie doch bitte dazu, daß es noch einen Empfang der Niedersächsischen Landesregierung — zu diesen 1,4 Millionen DM dazu
— gegeben hat. Das ist übrigens — weil Sie den Kollegen Zumpfort mit seinem Anfangszitat aus der Holsteinischen Wirklichkeit karikieren wollten — auch ein Land, das Empfänger von rund 500 Millionen DM Bundesergänzungszuweisungen ist, die der Bund freiwillig zahlt.
Das ist offenbar auch ein kleiner Betrag gewesen, der dann nach Borkum überwiesen worden ist.
— Ich muß sagen, ich habe da keine Probleme, auch einmal die Frage zu diskutieren, ob es zur Sparsamkeit eines Ministerpräsidenten gehört, wenn er seinen eigenen Bereich in diesen Jahren, wo er allen anderen etwas zumutet, quasi verdoppelt. Wir waren ja im Haushaltsausschuß — Herr Friedmann hat das j a heute nach der Methode „Der andere Friedmann" gemacht, was er in der ersten Lesung gemacht hat, war wirklich etwas ganz anderes, heute war er auch wieder anders, aber das läßt ja vielleicht noch Hoffnungen zu —
wie auch im Rechnungsprüfungsausschuß, als ich das damals noch verfolgen konnte, im Grunde sehr viel härter mit der Regierung als manchmal die Opposition.
Das ist ja schon so weit gegangen, daß die Opposition manchmal sagte: Wir können euch allein lassen, ihr macht das untereinander auch ganz gut.
— Wir sind an der Stelle sehr kritisch gewesen. Wir haben damals z. B. einen leibhaftigen Bundesminister der Regierung, der wir gemeinsam die Ehre haben die Stütze zu sein,
kritisiert. Das machen wir alles. Wir sagen aber nicht nur, daß es kritisch ist, sondern wir ziehen auch die Konsequenzen daraus.
Bei allem Verständnis z. B. der bayerischen Kollegen — da nehme ich den Kollegen von der SPD im Haushaltsausschuß nicht aus und die CSU-Kollegen erst recht nicht —, sich für das Thema Frachthilfe einusetzen, kann ich nur sagen, dann soll man mal im Rechnungsprüfungsbericht dieses Jahres nachlesen, was da drinsteht. Da kann ja wohl keinem noch eine Erhöhung des Ansatzes einfallen, insbesondere dann nicht, wenn man einmal die Begründung für die Wälzkugellagerfabrik liest, wo drinsteht: Die Frachthilfe war 1977 ausgelaufen, eine erweiterte Kohlefrachthilfe wurde neuerdings wieder gewährt, weil die japanische Konkurrenz zu groß ist. Und dann haben die Burschen, wie gesagt, einen sachfremden Punkt eingeführt, um eine an sich überflüssige Subvention weiterzuzahlen. Und was das Allerschlimmste ist: Sie erwähnen auf den ganzen Bewilligungsbescheiden noch nicht einmal die Mitfinanzierung des Bundes.
— Das ist wirklich sehr, sehr clever. Im Augenblick geben die bayerischen Finanzämter, wenn ich das richtig sehe, den Bauern so bestimmte Hinweise, daß sie das alles lieber ganz anders machen würden, nur, der Bund habe das eben beschlossen.
Aber sie würden sich täglich daran geben, diese Subventionstatbestände wieder einzuführen. Das ist leider das Problem, daß Sie es in der Frage besser haben als wir: Wir kritisieren gemeinsam, nur die Konsequenzen müssen wir ziehen, was wir auch tun.
— Vorsicht? Da gibt's überhaupt kein Problem.
Der Herr Kollege Kühbacher hat am Schluß gesagt: Wir werden nächste Woche sehen, wie sich die Opposition verhält, wenn wir am Ende der Beratungen des Haushaltsentwurfs 1982 unseren Beitrag lei-
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sten und die Konsequenzen aus den ganzen Bemerkungen ziehen.
— Wir streichen nicht nur nichtbesetzte Stellen, sondern wir streichen auch Stellen, die besetzt sind. Das heißt, wir werden einen kw-Vermerk ausbringen. Um es allen Kollegen zu sagen, was „kw" heißt: Das heißt nicht „künftig wichtig", sondern „künftig wegfallend".
Wir werden also Konsequenzen ziehen. Wir haben das z. B. auch bereits bei Positionen getan, bei denen es einem manchmal schwerfällt, z. B. beim Sport. Dies fällt einem schwer, wenn man sieht, was den deutschen Sport auszeichnet, der im Augenblick durch die Lande zieht und nach allen Seiten hin erklärt, wie dramatisch die öffentliche Finanzierung zurückgehe.
Allerdings sind knapp 50 Millionen DM, die er vom Bundesinnenministerium kriegt, schon relativ viel Geld, vor allem dann, wenn man berücksichtigt, was aus sonstigen Wettbewerben noch dazu kommt. Das darf man bei der Addition der Förderungssumme nicht vergessen. Das sind im Grunde j a auch Steuergelder, die da verwandt werden. Das ist j a nicht eine eigene Einnahme, sondern das sind, wie gesagt, Steuermittel, die da verwandt werden. Hier muß man auch sehen, daß sich der Sport keinen Gefallen tut, wenn er bei Repräsentationen in vielen Fällen mehr ausgibt, als zulässig ist. Die Bemerkungen des Rechnungshofs über die 4. Europäische Sportkonferenz werden wohl deshalb nicht durch eine Bemerkung über den Olympischen Kongreß in Baden-Baden ergänzt werden, Herr Kollege Friedmann,
weil wir die Mittel dafür von uns aus gekürzt haben, etwas gegen Ihren Widerstand. Aber wir haben Sie überzeugen können. Am Ende waren Sie bereit, den Schmerz mitzutragen.
Diese Kürzungen werden doch wohl auch Sie, nehme ich an, veranlassen, zu verhindern, daß in den nächsten Prüfungsbemerkungen noch einmal eine solche Lustveranstaltung auftaucht.
— Ich weiß, an wen der Kollege Walther denkt.
— Ja, ich sage: Der Knecht, an den er denkt.
Der Automobilindustrie, um einen vorletzten Punkt anzusprechen, ist in diesen Jahren die Förderung aus dem Bundesministerium für Forschung und Technologie entzogen worden. Das ist etwas, was sehr spät — ich sage: zu spät —
alle die Industrien trifft, die immer von der Marktwirtschaft reden und die Differenz zwischen eigenem Kapital und Risiko immer öffentlich finanziert haben wollen. Es ist eine vornehme Art von Marktwirtschaft, die sich dort einschleicht.
Lassen Sie mich am Ende noch ein Wort dazu sagen, wie wir diesen Prüfungsbericht insgesamt behandeln werden. Es wäre vielleicht wünschenswert, so kann man glauben, daß der Präsident des Bundesrechnungshofs — sozusagen nach der Methode Stingls — seinen Bericht jeden Monat abgibt, wobei sich die beiden Präsidenten dann nur noch einigen müßten, wer wann auftritt.
— Das kann nicht Sinn der Veranstaltung sein. Aber ich meine, es wäre ganz sinnvoll, wenn man dieses voluminöse Werk hier nicht auf einmal ins Plenum einbringt, sondern es wenigstens aufteilt, einen kürzeren Rhythmus hat, etwa alle drei Monate.
Man kann auch einen Beratungsablauf wählen, wie wir ihn beim Haushalt haben, daß man das also rechtzeitig kriegt. Wir haben das jetzt quasi am Ende noch mitbekommen und sind von daher in einer schwierigen Situation, die Vorgänge in allen Teilen fair zu prüfen. Das darf und muß man auch sagen, wenn man die Frage stellt, ob man in diesem Bericht nicht auch Namen haben sollte. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, daß in den Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuß und im Haushaltsausschuß festgestellt worden ist, daß nicht alle Prüfungsbemerkungen des Rechnungshofes — mit Verlaub, Herr Präsident — am Ende standgehalten haben.
Bevor es sozusagen eine öffentliche Vorverurteilung über einen Tatbestand gibt, den man auch anders sehen kann, gehe ist lieber das Risiko ein, daß etwas noch ein halbes Jahr im Beratungsablauf des Rechnungsprüfungsausschusses und des Haushaltsausschusses ist, als daß ich einen vorher zu Unrecht verurteile.
Ich glaube, man sollte auch insgesamt bei allem, was man kritisch gegenüber der Regierung sagen kann und sagen muß,
— Wir machen hier doch keinen Kürwettbewerb. Aber nicht, daß Herr Hiehle jetzt meint, ich würde ihn nicht nennen.
Auf dieser Ebene gibt es eine große Kooperationsbereitschaft. Eine Vielzahl von kritischen Anmerkungen werden im Verlaufe der Haushaltsberatungen auch bereinigt.
Man kann nicht sagen, daß am Ende stehe, daß beim Haushaltsentwurf 1982 nicht schon auf die jetzt im Parlament vorliegenden Kritikpunkte reagiert worden wäre. Natürlich haben wir darauf reagiert, leider in manchen Punkten sehr zu Ihrem Unwillen. — Wenn ich nur noch einmal die Frachthilfe nehmen darf. Oder denken wir an die Kürzungen im Verteidigungsbereich.
— Sekunde noch.
Wir haben doch zum Beispiel für den Verteidigungshaushalt das Thema auf den Weg gebracht, auch dort von der Faszination der großen Zahlen wegzukommen, mit weniger Geld Vernünftigeres zu machen. Ich kann nicht sagen, daß alle Waffensysteme, die lieb und vor allen Dingen sehr teuer sind, effizient sind. Herr Kollege Haase, wenn Sie mich nach dem Side-looking Radar fragen wollen: Da sind wir an der Stelle, wo wir 1978 gemeinsam nachgefragt hatten. Mittlerweile gibt es ein viel besseres Überwachungssystem, das aber auch noch teurer ist. Da könnte man doch wenigstens das alte System fallenlassen. Aber damals, als wir gefragt hatten, ob man das nicht abschaffen könnte, ist gesagt worden: Das geht schon gar nicht.