Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte in meinem ersten Teil auf die Bemerkungen meiner Kollegen eingehen. Ich betone zunächst, daß das, was Herr Kollege Zumpfort, besonders im ersten Teil, ausgeführt hat, nachdrücklich unterstrichen werden kann und daß wir es mit ihm für eine wichtige Aufgabe des Parlaments halten, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und nicht den Fehler zu begehen, die Bemerkungen des Bundesrechnungshofs sozusagen auch parlamentarisch in den Schubladen verschwinden zu lassen, sondern hier im Hause vor der Öffentlichkeit darüber zu reden und Vorschläge zu machen, wie wir in Zukunft besser verfahren können. Wir sollten uns darüber alle einig sein. Denn wer hätte kein Interesse daran, diese verlorengegangenen Gelder für die Zwecke einzusetzen, die wir alle, aus unterschiedlicher Sicht, für not wendig und geboten halten!
Ich möchte aber, Herr Kollege Zumpfort, einen Satz von Ihnen berichtigen, wenn Sie es erlauben. Sie haben gesagt, es handele sich um eigenes Geld in fremden Taschen. Das ist ja nicht die Situation. Das ist ja mit ein Grund, heute in diese Debatte einzusteigen. Es ist ein wichtiger Punkt, daß wir sagen müssen: Fremdes Geld in fremden Taschen. So wäre der Spruch richtig gewesen. Denn der Bund hat selber in Wahrheit kein Geld mehr. Weil es sich um fremdes Geld handelt, müssen wir uns um so mehr darum kümmern, wie diese Haushaltsmittel eingesetzt werden.
Nun zu den Bemerkungen des Kollegen Esters. Sie meinten, besonders auf den Bereich des Sanitätsdienstes in der Bundeswehr eingehen zu müssen. Ich hatte gar nicht die Absicht, das zu tun. Sie haben kritisiert, daß wir die Zustimmung zu den Kürzungsvorschlägen verweigert haben.
Damit schneiden Sie ein Kapitel an, das wohl als das dunkelste im Bereich des Bundesministers der Verteidigung bezeichnet werden muß. Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung ist seit Jahren im Zustandsbericht der Bundeswehr angesprochen. Eine politische Bemerkung dazu: Worauf nicht nur wir von der Opposition, sondern auch alle Soldaten der Bundeswehr warten, ist, daß die Regierung diesen Bereich endlich befriedigend regelt. Denn für unsere Soldaten ist die Versorgung im Gesundheitsbereich weder im Verteidigungsfall noch in Friedenszeiten ausreichend sichergestellt.
Dann haben Sie gesagt — ich zitiere sie jetzt, ich glaube, sogar wörtlich —: Die Betroffenen hatten keine Gelegenheit, sich zu den Bemerkungen des Rechnungshofs zu äußern. Ich habe aus dem Verteidigungsressort ein umfangreiches Papier hier, das an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gerichtet ist, wo zu fast jedem Punkt — ich komme noch darauf zurück — die Regierung Stellung nimmt und ausführlich die Gründe zu den einzelnen Vorgängen anführt. Ich glaube, daß man Ihren Satz, die Betroffenen hätten keine Gelegenheit gehabt, sich zu äußern, so nicht aufrechterhalten kann; sie haben das getan. Ich bin der Meinung, daß wegen
Dallmeyer
der Bedeutung des Themas und der laufenden Haushaltsberatungen hier und heute diskutiert werden muß; denn wenn wir das nach dem Ende der Haushaltsberatung tun, können wir notwendige Schlüsse, die wir daraus ziehen, überhaupt nicht mehr in die laufende Haushaltsberatung einbringen. Deshalb fordere ich Sie auf, diese Beratung vor diesem Hintergrund zu verstehen, ebenso unseren Wunsch, daß wir deutlich Stellung beziehen wollen.
Nun zum zweiten Teil. Der Herr Kollege Zumpfort hatte ja praktisch die ganze Reihe von Einzelbeispielen angeführt. Ich möchte nur einige, sozusagen exemplarisch, noch einmal hervorholen und dann ganz besonders auf die Verantwortung des Herrn Verteidigungsministers zu sprechen kommen.
Meine Damen und Herren, die Soldaten der Bundeswehr haben genauso wie wir ein Interesse daran, daß die zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel ordnungsgemäß und sparsam ausgegeben werden; ihnen ist kein Vorwurf zu machen. Ich kann Ihnen belegen, daß unsere Soldaten jedes Jahr Hunderte von Verbesserungsvorschlägen einreichen — die werden sogar prämiert — und damit Haushaltsmittel einsparen. Wenn ich jetzt den Bereich des Verteidigungsministers besonders hervorhebe, dann deswegen, weil ich gerade auch für jene Soldaten sprechen möchte, die selber dazu beitragen, daß nicht zu viele Haushaltsmittel ausgegeben werden, und die dringend darauf warten, daß andere, wichtige Bereiche in der Kaserne, in ihrem Dienst geregelt werden.
Ich möchte mich jetzt nicht, wie es sicher der eine oder andere eigentlich erwartet, an der Kommandeurstagung gütlich tun. Ich glaube, es ist ein bemerkenswerter Vorgang. Er ist in der Öffentlichkeit auch sehr wirkungsvoll vorzutragen. Ich habe nur die Bitte — und diese richte ich selbstverständlich auch an die Soldaten —, darauf zu achten, daß nicht der Eindruck entsteht, daß die von uns als notwendig anerkannten Kommandeurstagungen etwa für Betriebsausflüge gehalten werden. Dies in Zukunft zu vermeiden ist nicht nur eine Forderung an den Minister, sondern auch an die Betroffenen selbst.
Ich möchte das nicht tun, weil ich eben schon ausgeführt habe — und Herr Zumpfort hat es richtig gesagt —, daß die Schlußfolgerungen gezogen sind. Die Kommandeurstagungen müssen stattfinden, sie sind ein wichtiges Element.
Ich möchte mich vielmehr dem Seitensichtradar zuwenden. Dieses Seitensichtradar ist — so die eigenen Ausführungen des Ministeriums dem Haushaltsausschuß gegenüber — ein ungeheuer wichtiges Ding.
Hier wird ausgeführt, warum es wichtig ist. Es verkürzt die Frühwarnzeit. Es ist dringend notwendig,
dieses Gerät einzuführen, damit wir rechtzeitig erfahren, wenn sich irgend etwas tut. Insoweit wäre das ja auch zu unterstreichen.
— Nur, meine Damen und Herren, weil Sie sich so freuen:
Es gibt dieses Gerät nicht. Die Wichtigkeit wird beschrieben; nur, es funktioniert nicht.
Nun wollen wir mal darauf zu sprechen kommen, was da eigentlich passiert. Ich zitiere mit freundlicher Genehmigung des Herrn Präsidenten aus dem letzten Satz dieser Bemerkung, warum es nicht funktioniert, warum es nicht stattfindet. Da sollen Grundstücke für die Bodenstation beschafft werden, drei an der Zahl. Nur eines ist beschafft, die anderen beiden sind nicht beschafft. Und dann steht hier zum Schluß, daß das — jetzt zunächst mit meinen Worten
— ein Streit zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und dem Bundesminister der Finanzen ist, daß diese Frage des Grundstücksankaufs nicht geregelt werden kann. Ja, aber, meine Damen und Herren, was ist das für ein Verständnis von Parlament, wenn wir darüber hinweggehen, wenn Sie das mit einem freundlichen Lächeln begleiten! Es ist ein unmöglicher Zustand in der Planung des Verteidigungsministeriums, daß hier mitgeteilt wurde, daß sich die Regierung über einen solchen Punkt nicht einigen kann.
Noch schlimmer ist: Dieses Seitensichtradar ist um die Hälfte reduziert und, über den Daumen gepeilt, doppelt so teuer geworden, wie es ursprünglich geplant war.
Kühbacher [SPD]: Man muß bei Vorschlägen zu Verteidigungsausgaben kritisch
sein!)
— Diesen Zwischenruf habe ich fast erwartet. Ich hätte mir schon fast aufschreiben können, daß dieser Zwischenruf kommt. Jetzt werden nämlich viele Ihrer Kollegen hergehen und sagen: „Die Militärs verschleudern sowieso das Geld. Also können wir auch mehr Geld dort einsparen und es für andere Zwecke einsetzen." Genau diesen Fehler sollten Sie nicht begehen. Ich habe eben ausgeführt, daß es nicht die Soldaten und Beamten sind, die das Geld verschleudern. An diesem Beispiel habe ich deutlich gemacht, daß es die Planungsmängel im Verteidigungsministerium sind,
die zur Verschleuderung von Haushaltsmitteln führen. Diese Planungsfehler sind politisch zu verantworten.
Ich darf Ihnen weitere Beispiele nennen, die das gleiche belegen. Lesen Sie aus den Prüfungsbemerkungen die Formulierungen zum Bau der Bundeswehrhochschulen. Die Bemerkung des Rechnungshofes belegt genau das, was ich eben gesagt habe: Im Verteidigungsministerium gibt es nachhaltige Pla-
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1981 4153
Dallmeyer
nungsmängel, und die gibt es bis zum heutigen Tage. Wenn Sie sich gegen meine Ausführungen zur Wehr setzen, dann müssen Sie zur Kenntnis — —
— Gut, wenn Sie zustimmen, daß es im Verteidigungsministerium Plannungsmängel gibt, wie es die Opposition und andere Stellen seit Monaten sagen, dann finde ich das ausgesprochen großartig. Es ist ja auch in der Linie mit dem., was der Kollege Würtz seit Monaten ausführt, daß es beträchtliche Planungsmängel im Verteidigungsministerium gibt.
Nun will ich auf die Gründe zu sprechen kommen. Als der jetzige Verteidigungsminister sein Amt übernahm, hat er die Öffentlichkeit wissen lassen, daß er keine besondere Neigung hatte, dieses Amt zu übernehmen. Er hatte eigentlich keine besondere Lust zu diesem Amt. Es zeigt sich heute, daß diese Unlust in der Tat auch in der Führung seines Amtes vorhanden ist. Wir erheben gegen den Verteidigungsminister den Vorwurf, daß er sich nicht genügend um diese Bereiche gekümmert hat, daß er offensichtlich auch dazu keine Lust hatte, in diesem wichtigen Bereich seine Amtspflichten so wahrzunehmen, daß eine korrekte und vernünftige Planung stattgefunden hätte.
Meine Damen und Herren, diese Debatte soll auch dazu beitragen, daß wir alle darauf achten, daß im Verteidigungsbereich beim Verteidigungsminister die Planung in vielen wichtigen Beschaffungsbereichen eine Angelegenheit des Ministers selber ist. Er kann nicht so tun, als seien dort irgendwelche untergeordneten Stellen zuständig. Er hätte sich persönlich um diese Angelegenheiten kümmern müssen. Dann wäre uns manches erspart geblieben, was wir heute zu beklagen haben.
— Ich freue mich, daß Sie sagen, das ist alles richtig, und daß Sie die Ursachen für die Planungsmängel genauso bewerten wie ich. Im Untersuchungsausschuß beispielsweise ist noch entschieden bestritten worden, daß auch etwa bei Tornado oder in anderen Beschaffungsbereichen die Hauptursache bei den Planungsmängeln liegt.
— Nein, eben das ist genau falsch. Sie schieben die Schuld den Soldaten, den Beamten in der Bundeswehr zu. Die Soldaten haben vernünftige Planungsvorschläge gemacht. Bloß hat sie der Minister nicht zur Kenntnis genommen, weil es ihm zuviel war, einmal 48 Seiten Text zu lesen.
Wir alle können uns daran erinnern, daß er das im Untersuchungsausschuß deutlich gemacht hat.
Wir sind der Meinung, daß durch die Prüfungsbemerkungen des Rechnungshofs in dem Verteidigungsbereich, die über den reinen Charakter von
Bemerkungen hinausgehen, der Minister aufgefordert ist, auch das Parlament aufgefordert ist, alles zu unternehmen, damit die Mängel, die hier aufgeführt worden sind, künftig unterbleiben und damit eine sinnvolle Ausgabe der Haushaltsmittel erfolgt, die im Verteidigungsbereich so dringend notwendig ist.
Für die wehrpflichtigen Soldaten muß es geradezu zynisch erscheinen, wenn sie hören, daß Hunderte von Millionen verschleudert worden sind, während man gleichzeitig in das Haushaltsgesetz 1982 hineinschreibt, daß man ihnen Beträge in fast der gleichen Größenordnung wieder wegnehmen will. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich kann die wehrpflichtigen Soldaten verstehen, wenn sie sagen, daß sie über eine solche Entwicklung sauer sind. Wir sollten auch dies in die Debatte einbeziehen, daß uns nämlich für die wichtigen und notwendigen Aufgaben, für die anerkannten Aufgaben in der Bundeswehr, die wir gemeinsam teilen, das Geld nicht zur Verfügung steht, weil es auf der anderen Seite hinausgeworfen wird.