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ID0906004400

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Metadaten
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    Plenarprotokoll 9/60 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 60. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. Oktober 1981 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Rosenthal 3459 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 — Drucksache 9/458 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 9/885 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 9/884 — Franke CDU/CSU 3459 B, 3471 B Heyenn SPD 3462 D Schmidt (Kempten) FDP 3466 A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 3469 B, 3471 D Beratung des Gutachtens des Sozialbeirats über langfristige Probleme der Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 9/632 — 3473 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Elftes Anpassungsgesetz-KOV) — Drucksachen 9/801, 9/848 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 9/883 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 9/868 — Höpfinger CDU/CSU 3474 A Kirschner SPD 3474 D Hölscher FDP 3476 A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 3476 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerstein, Dr. George, Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Dr. Bugl, Engelsberger, Eymer (Lübeck), Dr. Hubrig, Maaß, Neuhaus, Prangenberg, Weirich, Dr. Riesenhuber, Dr. Stavenhagen, Frau Hoffmann (Soltau), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim und der Fraktion der CDU/CSU Neutrale Überprüfung des Programms „Humanisierung des Arbeitslebens (HdA)" — Drucksache 9/833 — Gerstein CDU/CSU 3478 B Auch SPD 3480 B Timm FDP 3483 A Stahl, Parl. Staatssekretär BMFT . . . 3484 B Lenzer CDU/CSU 3485A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Oktober 1981 Zweite Beratung des von den Abgeordneten Walther, Löffler, Grobecker, Gärtner und Genossen und den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches — Verwaltungsverfahren — — Drucksache 9/529 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 9/865 — 3485 D Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 9/879 — 3486 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 9/880 — 3486 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf für eine Empfehlung des Rates betreffend die Erfassung von Arbeiten über die Neuverknüpfung von Desoxyribonukleinsäure (DNS) — Drucksachen 9/188, 9/869 — 3486 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland, von der Richtlinie des Rates zur Synchronisierung der allgemeinen Volkszählungen (73/403/EWG) abzuweichen — Drucksachen 9/782 Nr. 62, 9/878 -- . . 3486 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank — Drucksache 9/669 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 9/892 — 3486 C Nächste Sitzung 3486 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3487*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3487* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Oktober 1981 3459 60. Sitzung Bonn, den 23. Oktober 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 23. 10. Dr. Ahrens * 23. 10. Amling 23. 10. Dr. Barzel 23. 10. Becker (Nienberge) 23. 10. Clemens 23. 10. Dallmeyer 23. 10. Dr. Dregger 23. 10. Engelsberger 23. 10. Eymer (Lübeck) 23. 10. Feinendegen 23. 10. Funk (Gutenzell) 23. 10. Gansel 23. 10. Dr. Götz 23. 10. Handlos 23. 10. Hauck 23. 10. Höffkes 23. 10. Dr. Hornhues 23. 10. Hubrig 23. 10. Jung (Kandel) 23. 10. Kiep 23. 10. Dr. Klein (Göttingen) 23. 10. Dr. Köhler (Duisburg) 23. 10. Dr.-Ing. Laermann 23. 10. Lorenz 23. 10. Louven 23. 10. Müller (Bayreuth) 23. 10. Nagel 23. 10. Neuhaus 23. 10. Neumann (Bramsche) 23. 10. Offergeld 23. 10. Dr. Osswald 23. 10. Rentrop 23. 10. Reschke 23. 10. Reuschenbach 23. 10. Dr. Riesenhuber 23. 10. Ronneburger 23. 10. Dr. Scheer 23. 10. Frau Schlei 23. 10. Schmidt (Würgendorf) 23. 10. Freiherr von Schorlemer 23. 10. Schröder (Lüneburg) 23. 10. Dr. Schwörer 23. 10. Dr. Solms 23. 10. Frau Steinhauer 23. 10. Dr. Stercken 23. 10. Dr. Struck 23. 10. Voigt (Frankfurt) 23. 10. Dr. Waigel 23. 10. Weisskirchen (Wiesloch) 23. 10. Wissmann 23. 10. Dr. Wörner 23. 10. für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Baron von Wrangel 23. 10. Zander 23. 10. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats und der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. April bis 30. September 1981 (Drucksache 9/876) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht) (Drucksache 9/901) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Energie und Umwelt - Sondergutachten März 1981 des Rats von Sachverständigen für Umweltfragen - (Drucksache 9/872) zuständig: Innenausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (3. BbÄndG) hier: Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung (Drucksache 9/910) zuständig: Ausschuß für Verkehr (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes hier: Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung (Drucksache 9/916) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO Die Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 21. Oktober 1981 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage für erledigt erklärt hat: Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Anwendung in der Gemeinschaft berichtigter Beträge gemäß Protokoll Nr. 1 über die Bestimmung des Begriffs „Ursprungswaren" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen des zweiten AKP-EWG-Abkommens und Empfehlung für einen Beschluß des Rates zur Anwendung in der Gemeinschaft berichtigter Beträge gemäß Anhang II über die Bestimmung des Begriffs „Ursprungswaren" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen des Beschlusses 80/1186/EWG über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 9/782 Nr. 66)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ludwig Gerstein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, zugleich aber auch bedrückend, wenn wir die Diskussion über die Möglichkeit der Humanisierung des Arbeitslebens und über die Forschung auf diesem Gebiet, die wir im Mai 1980 mit dem Ende der 8. Legislaturperiode abgebrochen haben, jetzt hier fortsetzen. Bedrükkend ist es natürlich, daß wir dieses wichtige Problem in einer Periode andauernder hoher, ja steigender Arbeitslosigkeit diskutieren müssen. Für mehr als 1,4 Millionen unserer Bundesbürger ergibt die Debatte über die Humanisierung des Arbeitslebens natürlich kaum einen Sinn, weil sie eben keinen Arbeitsplatz haben und keinen bekommen können.
    Eine Arbeitswelt mit 1,4 Millionen Arbeitslosen ist eben in sich nicht in Ordnung. Sie ist nicht human, und der wichtigste Beitrag zur Rehumanisierung dieses Teils der Arbeitswelt wäre in der Tat die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    daß die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung wirklich ein echtes Anliegen aller ist. Dazu müssen eben alle Anstrengungen unternommen werden. Vor allem jungen Leuten, die nach abgeschlossener Ausbildung keinen Arbeitsplatz finden, wird es sehr schwerfallen, unsere Bemühungen um die Humanisierung des Arbeitslebens zu verstehen.
    Zweifelhaft ist, ob die jetzige Regierung einen Beitrag zur Rehumanisierung der Arbeitswelt im Sinne einer Vollbeschäftigung auch wirklich leisten kann.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Kontrahumanisierung!)

    — Sehr recht, Herr Kollege George, ich stimme Ihnen da sehr zu.
    Auf der anderen Seite — lassen Sie mich das deutlich sagen, meine Damen und Herren — ist es erfreulich, daß trotz der komplizierten Haushaltsberatungen heute die Möglichkeit besteht, über die Humanisierung des Arbeitslebens ernsthaft weiterzudiskutieren. Dabei — und ich möchte das mit Nachdruck sagen — gibt es erfreulicherweise eine Reihe von Anzeichen dafür, daß uns die Diskussion und auch die Kritik vieler in den vergangenen Jahren tatsächlich in den Ergebnissen ein Stück weitergebracht haben. Wir sind weitergekommen in dem, wie ich glaube, nach wie vor gemeinsamen Ziel, den Menschen am Arbeitsplatz spürbar zu helfen, bessere Bedingungen zu schaffen und weitere Beiträge aus der Forschung heraus dafür zu leisten, daß die Technik dem Menschen am Arbeitsplatz dient und Mittel zum Zweck bleibt und nicht umgekehrt.
    Der Rückgang der Zahl der Arbeitsunfälle im Jahre 1980, wie er sich auch aus dem Unfallverhütungsbericht für dieses Jahr darstellt, ist — und ich glaube, da stimmen wir überein — eine gute Sache.
    Wir stellen auch mit Genugtuung fest, meine Damen und Herren, daß es inzwischen eine wachsende Übereinstimmung in der Zielrichtung gibt. Wir haben vor einigen Jahren sehr kontrovers darüber diskutiert und darauf aufmerksam gemacht, daß die Probleme der Humanisierung des Arbeitslebens ideologiefrei erforscht und von einem Teil ihres sozialwissenschaftlichen Ballastes befreit werden müssen. Nicht die Aussrichtung an ideologischen Wunschvorstellungen, sondern die wertfreie Orientierung am Menschen muß Grundlage der Humanisierungsforschung sein.
    Nach wie vor kommt es uns aber vor allem darauf an — und hier sehen wir eine erhebliche Lücke —, die Ergebnisse der Forschung umzusetzen, wobei sich freilich herausstellt — wie das vielleicht auch nicht anders zu erwarten war —, daß sich eben nur die Ergebnisse wirklich umsetzen lassen, die auf echter, seriöser Forschung beruhen.
    Sie wissen, daß das Programm zur Humanisierung des Arbeitslebens von Unternehmern, Gewerkschaften, von der Wissenschaft aus sehr unterschiedlichen Gründen nach wie vor auch sehr kritisch beurteilt wird. Dies bedeutet, meine Damen und Herren — und das ist mit ein Ziel unseres Antrages —: Wir dürfen nicht nachlassen, die Ursachen für diese kritischen Beurteilungen aufzudecken und Wege für eine größere Wirksamkeit des Programms zu suchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein Wegweiser hierzu sollte die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage aus dem April 1981 sein. In ihrer Antwort hat die Bundesregierung eine Reihe von Zusagen gemacht — leider ist der Teil der Bundesregierung, der das Bundesfor-



    Gerstein
    schungsministerium vertritt, nicht hier —, die wir begrüßt haben, die aber bis heute nicht alle eingehalten worden sind. Damals gab es eine Absichtserklärung des Bundesarbeitsministers und des Bundesforschungsministers, eine aktualisierte gemeinsame Darstellung des Programms und seiner Schwerpunkte zu erarbeiten und zu veröffentlichen. Damit sollte unsere Frage, wo denn das langfristig abgestimmte Forschungskonzept bei den Ministerien geblieben sei — Sie hatten es bereits 1978 für notwendig befunden; wir hatten es gefordert; es fehlt aber immer noch —, beantwortet werden. Wir vermissen dieses Konzept auch im Jahre 1981 — nach wie vor.

    (Pfeifer [CDU/CSU]: In der Tat!)

    Deswegen bleibt die Frage offen: Sind denn wirklich die wichtigsten Probleme der Menschen am Arbeitsplatz von heute durch die Forschung erfaßt? Warum werden z. B. die Möglichkeiten einer flexiblen Arbeitszeit — das Job Sharing, wie es vornehm heißt — nicht stärker erforscht? Wir sehen, wie dies meine Fraktion im Juni dieses Jahres vorgetragen hat, hier einen neuen Ansatz, die Arbeitswelt humaner zu gestalten, und gleichzeitig, wie sich Herr Stingl ausgedrückt hat, ein phantasievolles Mittel zum Abbau der Arbeitslosigkeit.
    Wir hören mit Aufmerksamkeit, daß der zuständige Fachausschuß unter seinem neuen, wie ich meine, qualifizierten Vorsitzenden, Professor Pornschlegel, an einem solchen Programm arbeitet, und wir begrüßen dies. Aber wir stellen auch fest, daß das Fehlen eines solchen Programms nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten in der Abwicklung zur Ursache hat.
    Wir möchten, meine Damen und Herren, in der von uns geforderten Überprüfung auch feststellen, ob das ebenfalls von der Bundesregierung angekündigte Verfahren der Ressortkoordinierung überhaupt wirksam geworden ist. Dies scheint uns gerade auch im Zusammenhang mit knapper werdenden Haushaltsmitteln außerordentlich wichtig. Wir stellen die Frage: Wäre es nicht manchmal besser, statt neue, unklare, unscharfe, aufwendige Projekte zu fördern, mit den vorhandenen Mitteln wenigstens die institutionelle, problemorientierte arbeitswissenschaftliche Forschung zu erhalten und z. B. die Nutzung der dort vorhandenen Einrichtungen zu sichern?
    Ich will ein Beispiel nennen: Ich glaube nicht, daß es zu verantworten ist, wenn in Dortmund die eine Institution beklagen muß, daß sie ihre aufwendige neue Klimakammer für entsprechende Forschung gar nicht voll nutzen kann, weil ihr Wissenschaftler fehlen, während nur zwei Kilometer von der ersten Institution in Dortmund entfernt die zweite Beschwerde darüber führt, daß sie ihre schon vor Jahren erstellte Klimakammer deswegen nicht nutzen kann, weil sie die Kosten für Energie- und Materialaufwand im Jahresetat nicht mehr genehmigt bekommt. Darüber hinaus gibt es — in einer Art nicht koordiniertem Dreieck — in Dortmund ein drittes Forschungsinstitut, die Herren Volkholz und Partner — manchmal müßte man das vielleicht anders nennen —, das mit vielen Millionen DM Fragebogenaktionen zur Humanisierung des Arbeitslebens, finanziert vom Forschungs-, vom Familien- und vom Arbeitsministerium, durchführt, bei denen vermutlich nichts anderes als neue zweifelhafte Tendenzen zur Ausweitung von Staatsaktivitäten zu erwarten sind. Wir möchten, meine Damen und Herren, durch eine neutrale Überprüfung dieser Fragen dazu beitragen, daß eine bessere Koordination erfolgt.

    (Dreßler [SPD]: Das ist ja unglaublich! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Ja, unglaublich ist, daß Sie das nicht wissen. — Nur wenn die Weichen wirklich vernünftig gestellt werden, kann man mit den vorhandenen, natürlich begrenzten Mitteln vernünftige Wirkung erzielen.
    Lassen Sie mich noch ein Wort zur Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse sagen. Hier ist nach Angaben der Bundesregierung ein Konzept entwickelt worden, und es gibt wohl eine Ressortvereinbarung zwischen dem Forschungs- und dem Arbeitsminister. Wenn man sich aber z. B. die Praxis der Arbeit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz in Dortmund und des neuen Humanisierungszentrums ansieht, dann wird man die Umsetzung der vom BMFT, also vom Forschungsminister, geförderten Projekte zur Humanisierung vergeblich suchen. Das Humanisierungszentrum hat — das erkennen wir an — eine Reihe bemerkenswerter Handlungsanleitungen für die Praxis in der Reihe „Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse" vorgelegt. Meine Damen und Herren, alle diese Erkenntnisse — man muß sich einmal den Jahresbericht durchlesen — sind aber aus Forschungsvorhaben abgeleitet, die entweder im Auftrag des Bundesministers für Arbeit oder von der Bundesanstalt selbst durchgeführt worden sind. Vom BMFT, von seinen inzwischen, glaube ich, 755 abgeschlossenen Projekten und seinen Ausgaben von mehr als 400 Millionen DM für die Humanisierungsforschüng ist in diesem Versuch der Umsetzung nichts wiederzufinden.

    (Zurufe von der SPD)

    In einem Pressebericht fand ich die Bemerkung: „Forschungsberichte gibt es meterweise, aber umgesetzt in die Praxis wurde bisher so gut wie nichts."

    (Erneute Zurufe von der SPD — Gegenruf des Abg. Lenzer [CDU/CSU]: Seien Sie doch nicht so nervös!)

    — Ich spreche hier von Forschungsberichten, ich spreche von der Arbeit des Humanisierungszentrums in Dortmund. — Es stellt sich nun offensichtlich auch noch heraus — das ergeben im Grunde auch Gespräche dort —, daß sich ein großer Teil der Forschungsberichte, die mit dem Geld des Bundesforschungsministers entstanden sind, zur Umsetzung gar nicht eignet. Wir möchten, daß auch dieser Sachverhalt durch den vorliegenden Antrag näher aufgeklärt wird. Wir möchten wissen, in welchem Umfang Forschungsberichte wirklich ausgewertet, wissenschaftlich anerkannt, veröffentlicht und umgesetzt werden können.
    Lassen Sie mich noch darauf hinweisen, daß wir auch das Konzept für die Neuordnung der Begleitforschung brauchen. Warum, Herr Staatssekretär,



    Gerstein
    liegt das seit Juli immer noch versteckt in Ihrer Schublade oder in der Schublade des Ministers? Enthält es zuviel Kritik an der Sozialforschung? Wir würden es schon begrüßen, wenn das Konzept für eine Neuordnung der Begleitforschung auch beinhaltet, daß bei einem Projekt von Anfang an klargestellt werden muß, wie die Umsetzung erfolgen kann. Es wäre zu begrüßen, wenn wir durch die Vorlage eines solchen Konzepts wirklich erreichen würden, daß Begleitforschung in Zukunft besser und wirksamer erfolgen kann als bisher, wenn sie denn überhaupt nötig ist. Sie kennen z. B. das Ergebnis des Frühjahrskongresses der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft, die festgestellt hat, daß auf dem wichtigen Forschungsgebiet „Arbeitsstrukturierung" praktisch 87 verschiedene Projekte mit 87 verschiedenen Verfahren für die Tätigkeitsanalyse laufen, von denen nur 27 in veröffentlichter Form vorliegen, die alle so kompliziert sind, daß nur Verfasser und Ersteller selbst in der Lage sind, diese Verfahren überhaupt einzusetzen.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Echt praxisbezogen!)

    Es muß sichergestellt werden, daß es hier eine Verfahrenskoordinierung gibt. Gerade bei diesem Gebiet der Arbeitsstrukturierung handelt es sich ja immerhin um Projekte, für die — auf die ganze Laufzeit bezogen — immerhin insgesamt 100,4 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. Es muß eine Verfahrenskoordinierung in der Weise hergestellt werden, daß diese Forschungsberichte später auch wirklich insgesamt wissenschaftlich ausgewertet werden können. Sonst wären die 100 Millionen DM im Grunde umsonst ausgegeben.
    Meine Damen und Herren, zusammenfassend stelle ich fest: Es gibt im Bereich des Programms „Humanisierung des Arbeitslebens" nach wie vor eine große Anzahl offener Fragen. Ihre Klärung ist notwendig. Jede Mark, die für das Programm „Humanisierung des Arbeitslebens" ausgegeben wird — und wir halten es für richtig, daß hier Geld ausgegeben wird —, muß aber auch mit Zinseszins den arbeitenden Menschen zugute kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Namens der CDU/CSU-Fraktion bitte ich, dem Vorschlag auf Überweisung des Antrags in die Ausschüsse zuzustimmen. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der SPD und der FDP, daß wir in den Ausschüssen klären, inwieweit eine neutrale Überprüfung erfolgen kann mit dem Ziel, aus dem Forschungsprogramm mehr Nutzen für die arbeitenden Menschen zu ziehen. — Schönen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Auch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dieter Auch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von der Opposition nichts Neues im Bereich der Humanisierung der Arbeit, wie bisher Bremsen,
    Behindern und Miesmachen. Das möchte ich nach dieser Rede von Herrn Gerstein sagen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Das stimmt doch gar nicht! — Billige Polemik!)

    Es ist unseriös, im Zusammenhang mit diesem Programm die Probleme der Arbeitslosen hier mit hereinzubringen, weil Sie genau wissen, daß wir mit diesem Programm in diesem Bereich zu wenig bewirken können, als daß es wesentliche Änderungen geben könnte.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Es ist auch unseriös, so zu tun, als ob wir in der Bundesrepublik mit diesen Problemen allein auf der Welt wären. Schauen Sie doch zu Ihren politischen Freunden nach England, welche Auswirkungen die Rezepte dort haben, die von Ihnen für gut gehalten werden! Dort gibt es drei Millionen Arbeitslose.

    (Dreßler [SPD]: Das wollen sie nicht wahrhaben!)

    Dieser Antrag besteht nur aus Ladenhütern. Bei den Punkten, die Sie überprüfen lassen wollen, gab es früher Anlaß zu Kritik. Das ist richtig. Sie stammen ja auch zu einem guten Teil aus dem Bericht des Rechnungshofes vom vergangenen Jahr. Mit allen diesen Punkten hat sich dieses Haus aber im Rahmen von Großen und Kleinen Anfragen beschäftigt. Es wurde hier dargelegt, daß und wie die Schwächen abgestellt worden sind. Um so erstaunlicher ist Ihr Antrag. Ich meine, wir sind hier doch keine Versammlung von Wiederkäuern.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will einige Beispiele für überflüssige Wiederholungen kurz erwähnen. Zuletzt wurde in der Kleinen Anfrage auf Drucksache 9/248 vom März 1981 nach der Organisation des Programms und der Abwicklung durch den Projektträger gefragt. Die Bundesregierung hat im April 1981 auf Drucksache 9/342 eine eindeutige Antwort gegeben, eine Antwort, die erschöpfend und zufriedenstellend war. Schon das war aber eine Wiederholung abgehakter Punkte; denn der Bundesrechnungshof, der die Organisationsmängel festgestellt hatte, schrieb in seinem Prüfbericht 1980 zum Programm „Humanisierung des Arbeitslebens" — ich zitiere:
    Auch der Bundesminister hat die Verhältnisse als unbefriedigend bezeichnet und ist bemüht, Arbeitsweise und Funktion des Projektträgers zu ändern ... Personelle Maßnahmen sind durchgeführt.
    Dies war im Herbst 1980 bereits abgeschlossen.
    Ich frage Sie, Herr Gerstein: Was soll das? Mit Sicherheit ist das kein Beitrag, um Organisation und Abwicklung dieses Programms zu verbessern; denn durch ungerechtfertigte Vorwürfe hat man eine Arbeit noch nie gefördert. Sie wollen Erfahrungen und Wirksamkeit der Ressortkoordinierung überprüfen lassen. Das ist gut, aber auch dazu ist von der Bundesregierung ausführlich Stellung genommen worden, zuletzt ebenfalls in der Antwort auf die Anfrage auf Drucksache 9/342. Darin wird sogar gesagt, wie



    Auch
    der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und der Minister für Forschung und Technologie das Programm im Laufe dieser Legislaturperiode fortschreiben wollen. Inzwischen gibt es seit längerem einen Entwurf für ein gemeinsames Arbeitsprogramm der beiden Ministerien. Sie hätten sich diese Information durch einen einfachen Telefonanruf besorgen können; dazu hätte es dieses Antrags nicht bedurft.
    Mich hat es gefreut, daß Sie in der Begründung Ihres Antrages neuerdings Wert auf Umsetzung legen; denn da treffen wir uns auf soliden sozialdemokratischen Positionen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Seit eh und je!)

    Übrigens kam dieses Wort in Ihrer Presseerklärung vom August 1979 noch gar nicht vor.

    (Wehner [SPD]: Es gibt also Fortschritte!)

    Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß bei den Tarifvertragsparteien eine ganze Reihe von Umsetzungsprojekten läuft. Dort wird erprobt, wie man den Praktikern Humanisierungskenntnisse vermitteln kann, so daß ihr Bedarf wirklich angesprochen wird. Es werden Vertrauensleute, Betriebsräte, Angehörige des Mangements und Personalfachkräfte geschult, um nur einige zu nennen. Ich will ganz deutlich sagen, daß Erfolge zu verzeichnen sind.
    Das Umsetzungszentrum bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung hat sich mit Erfolg darangemacht, die Ergebnisse des Programms aufzubereiten, auszuwerten und zu verbreiten. Es ist für uns selbstverständlich, daß die gesicherten Erkenntnisse in zunehmenden Maße in die Gesetzgebung und in die betriebliche Praxis Eingang finden müssen.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Wie viele BMFT-Programme haben die denn umgesetzt?)

    Auf die von Ihnen angesprochene Relation zwischen problemorientierter und projektorientierter Forschung, Herr Gerstein, möchte ich hier nicht eingehen. Das versteht draußen kein Mensch. Da trifft Ihr Kollege Vogt schon eher unsere Auffassung, wenn er, bezogen auf Wirtschaft und Gesellschaft, feststellt, eine schärfere Benennung der Probleme sei notwendig. Er ist auch auf unserer Linie, wenn er den betrieblichen Alltag so beschreibt — ich zitiere aus der „Frankfurter Rundschau" vom 21. Oktober —:
    Wenn die Arbeit knapper werde, würden die Leistungsschwächeren ausgeschwitzt, die Gesunden überlebten, ältere Arbeitnehmer würden wie Maschinen abgeschrieben und über Sozialpläne sanft verschrottet. Die Dressur am Arbeitsplatz setze sich in Familie und Gesellschaft fort. Die Schule erziehe nicht zum Team, sondern zur Konkurrenz. Die Idee der sozialen Marktwirtschaft verkomme insgesamt zu einem Verdrängungswettbewerb, in dem der große Fisch den kleinen frißt.
    Soweit das Zitat. Wir unterstreichen davon jedes Wort.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Deswegen Vollbeschäftigung!)

    Weil wir jedes Wort davon unterschreiben, verteidigen wir das Programm der Humanisierung des Arbeitslebens gegen Ihre Anwürfe.
    Wir werden Ihre Forderung nach Überprüfung dieses Programms durch eine externe Gruppe ablehnen. Wenn es etwas zu prüfen gibt, dann ist das unsere Aufgabe.

    (Beifall bei der SPD)

    Es gibt überhaupt keine Veranlassung dafür, daß das Parlament seine Kontrollfunktion an Außenstehende delegiert.

    (Beifall bei der SPD — Lenzer [CDU/CSU]: Aber beim Schnellen Brüter setzt der Forschungsminister eine externe Kommission ein! — Rawe [CDU/CSU]: Ein bißchen widersprüchlich, was Sie da von sich geben!)

    Wir verfolgen Ihr Taktieren. Früher hat Ihnen gar nichts gepaßt, neuerdings — —

    (Pfeifer [CDU/CSU]: Sie haben wohl noch nie etwas von Technologiefeindlichkeit gehört?!)

    — Ich will Ihnen einmal etwas sagen, Herr Pfeifer. Sie sind in der Vergangenheit doch wohl immer etwas zu weit weg von der betrieblichen Arbeitswelt gewesen, um das beurteilen zu können. Zwischen Ihnen und dem Arbeitsplatz stand sicherlich immer noch ein anderer — da kenne ich mich besser aus —, nämlich derjenige, der die Arbeit gemacht hat.

    (Beifall bei der SPD — Pfeifer [CDU/CSU]: Was hat das mit der Technologiefeindlichkeit zu tun? — Rawe [CDU/CSU]: „Elitäre Arroganz" nennt man so etwas!)

    Neuerdings loben Sie, Herr Gerstein, die Ansätze im Bergbaubereich, wo die Gewerkschaft Bergbau und Energie ebenso wie die Arbeitgeber, die Ruhrkohle AG, voll hinter den Humanisierungsbemühungen steht. Auch die Projekte zur Bekämpfung von Belastungen durch Lärm, Staub, Gase und Dämpfe haben Sie begrüßt. Das erkennen wir an. Aber was soll denn dieser Antrag?
    50 % der Arbeitnehmer gehen heute, abgeschafft und krank, vorzeitig in Rente. 32,8 Milliarden DM betrugen 1980 allein die volkswirtschaftlichen Kosten der Arbeitsunfälle. Zwar sind Kostenrechnungen auf diesem Gebiet schwierig; trotzdem ist klar, daß die volkswirtschaftlichen Kosten für Frühinvalidität, Arbeitsunfälle, arbeitsbedingte Erkrankungen, entwertete Qualifikation weit über 100 Milliarden DM liegen, vom menschlichen Leid, das damit verbunden ist, ganz zu schweigen. Der Markt allein genügt nicht, um hier Verbesserungen zu bringen. Der Markt wird das nie regeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Da wurde in der Vergangenheit zuviel vernachlässigt. Das muß jetzt aufgeholt werden. Natürlich ko-



    Auch
    stet das Geld. Aber das ist sinnvoll ausgegebenes Geld.

    (Beifall bei der SPD)

    Alle Welt redet über Technologiefeindlichkeit und rätselt, woher sie kommt. Für die einen sind es die Medien, für die anderen die Schule, für die dritten die Gewerkschaften und wir, weil wir bei Einführung neuer Technologien die Folgen für die Betroffenen schon im vorhinein abfangen wollen. Doch die wesentlichen Ursachen sind einfacher. Kein Mensch redet davon, daß leidvolle Erfahrungen, die viele Arbeitnehmer oft mit unmenschlichen Bedingungen gemacht haben, der Hauptgrund sind, warum der Euphorie hinsichtlich des technischen Fortschritts jetzt Zweifel, ja Ablehnung folgen.
    Der Frührentner, der mit krummem Rücken aus dem Betrieb hinauskomplimentiert wird, wird seinen Enkel auf Grund seiner Erfahrung, die er im Alter von 55 Jahren hat, nicht vorbehaltlos auf die Technik einschwören. Ganz im Gegenteil: Er wird es wie der machen, der 30 Jahre lang am gleichen Platz zuverlässig seinen Dienst getan hat und jetzt in diesem Betrieb wegen einer Berufskrankheit keine Arbeit mehr findet. Er wird „ausgeschwitzt", wie Ihr Kollege gesagt hat. Weil er immer wieder krank ist, muß er sich von manchem noch dazu als Simulant und Drückeberger beschimpfen lassen. Die zwei geben ihre bittere Lebenserfahrung an die Jungen weiter. Sie machen es wie der dritte, der als Nachtwächter arbeitet und in seinem hochqualifizierten Beruf deshalb nicht mehr tätig sein kann, weil er daran durch die Folge eines Arbeitsunfalls gehindert ist. Alle drei werden ihren Familien, den Bekannten, im Verein und sonstwo die Schattenseiten der Technisierung und das unerbittliche Aussortieren derer deutlich machen, die nicht mehr voll leistungsfähig sind.
    Deshalb muß, wer Technikfeindlichkeit abbauen will, für dieses Programm sein; besonders dann, wenn die Produktion menschengerecht und wirtschaftlich sein soll. Wir sind nicht so naiv, das Heil vom Markt zu erwarten. Eben darum wissen wir, daß es wichtig ist, Wirtschaftlichkeit und Humanisierung zu verbinden. Hier besteht ein dauerndes Spannungsverhältnis. Aber der Widerspruch ist nicht unauflöslich. Gerade unter verschärften Weltmarktbedingungen müssen wir, wenn wir bestehen wollen, die Arbeitswelt humanisieren. Wir können nur durch hohe Qualität, rasche Anpassung an die Bedürfnisse der Kunden und modernste Technologie überleben. Aber das alles gibt es nur mit qualifizierten, lernfähigen, motivierten Arbeitnehmern, und das geht nicht auf Kosten ihrer Knochen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es geht nur mit Arbeitnehmern, denen nicht durch ihre Arbeit das Denken abtrainiert wird, die nicht durch Ermüdung und Lärm viel zu erschöpft sind, um ständig neue Qualifikationen zu erwerben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wann kommen Sie zum Thema?)

    Menschengerechte Arbeit ist Arbeit mit Sinn, Arbeit, die es dem Menschen erlaubt, Mensch zu sein, auch im Betrieb.
    Ich empfehle Ihnen, sich einmal über einige Erkenntnisse aus Arbeitsgestaltungsprojekten im Humanisierungsprogramm zu informieren. Informieren Sie sich z. B. in Baden-Württemberg bei der Firma Stihl. Herr Stihl ist Vorsitzender des Arbeitgeberverbands der Metallindustrie.

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Er sägt auch gut!)

    Die Firma behauptet sich gut am Weltmarkt. Dort wird durchaus scharf gerechnet, aber gerade deshalb wird an einer flexiblen Gestaltung der Motorsägenfertigung gearbeitet. Es wird nach Wegen gesucht, die Arbeit inhaltsreicher und die Arbeitnehmer qualifizierter zu machen. Das geschieht mit Beteiligung der Betriebsräte. Dort wird auch mit den angeblich so unnützen Sozialwissenschaftlern zusammengearbeitet, und zwar nicht nur auf Kosten des Bundes, sondern mit Beteiligung der Firma.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch feststellen: Berechtigte Kritik ist notwendig. Wer aber mit seiner Kritik das Programm stört, weil ihm die ganze Richtung nicht paßt, handelt kurzsichtig. Wer dieses Programm behindert, der greift in den sozialen Frieden ein und macht es den Gewerkschaften schwer, auch in Zukunft ihre positive Haltung zum technischen Wandel beizubehalten, eine Haltung, die sich deutlich von den Gewerkschaften vieler Länder abhebt.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Eine Nummer kleiner, bitte!)

    Wer so handelt — das sage ich gerade Ihnen —, baut neue Fronten auf und sorgt dafür, daß durch Vorbehalte der Gewerkschaften die Auseinandersetzungen viel stärker als bisher auf die betriebliche Ebene verlagert werden. Ob Sie damit den Unternehmen einen Dienst tun, möchte ich ernsthaft bezweifeln.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Sie sollen hier keine Klassenkampfrede halten, sondern sich zum Thema äußern!)

    Wir werden, Herr Lenzer, bei den Ausschußberatungen für eine Anhörung eintreten, in der das Programm insgesamt besprochen wird.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Das ist doch schon was!)

    Dort muß es darum gehen, wie die Arbeitsplätze mit Mehrfachbelastung — z. B. Staub, Lärm, Dämpfe, Gase, Erschütterungen, Streß, Schichtarbeit — verbessert werden können. Dort muß über die Auswirkung neuer Technologien auf die Arbeitsinhalte geredet werden. Das wollen wir. Das wird dem Programm guttun, aber nicht eine Prüfung durch Externe.
    Wir stimmen dem Vorschlag des Ältestenrats auf Überweisung des Antrags an den Ausschuß zu. — Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)