Lieber Herr Weisskirchen, ich habe Ihnen schon oft klarzumachen versucht, daß es etwas völlig Selbstverständliches ist, daß dann, wenn hier ein Topf steht und ich sage: „Ihr lieben Länder, greift zu; ihr müßt nur ganz bestimmte Konditionen erfüllen", alle Länder, speziell natürlich die armen Länder, geneigt sind, diese Kriterien zu erfüllen und zuzugreifen. Der Topf muß weg! Der ist falsch.
Also lassen Sie uns doch dort, wo keine Rechtsverpflichtungen bestehen, den Ländern dieses sicher notwendige Experimentierfeld übertragen. Sie können es in begrenztem Rahmen überschaubar halten und kontrollieren. Und stimmen Sie doch unserem Entschließungsantrag zu! Sie verlangen doch sonst heute immer Denkpausen. Da wäre eine Denkpause wirklich sinnvoll.
Ein zweiter Haushaltsansatz muß zu denken geben, weil auch er nicht gekürzt, sondern im Gegenteil mit hohen Zuschüssen zu den laufenden Kosten — ich nenne eine Zahl: 80 %; das ist ein ungewöhnlich hoher Satz für laufende Kosten — ausgestattet wurde und weil der Mittelabfluß hier stockt. Das sind die überbetrieblichen Werkstätten. Auch hier wäre zwar nicht ein Abbau, aber doch ein Kürzertreten sinnvoll. Denn den großen Ansturm auf die Ausbildungsplätze hat die Wirtschaft, haben gerade die Mittelständler, das Handwerk hervorragend bewältigt. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß das mit staatlichen Maßnahmen niemals geschafft worden wäre.
Der Schülerberg, der in die Ausbildung drängt, baut sich ab, die jetzt finanzierten Werkstätten aber werden in den Jahren fertig, in denen bereits ein Mangel an Auszubildenden fühlbar werden wird. Nun frage ich Sie: Warum forcieren wir denn dann den Bau dieser Werkstätten? Sie wollen mich doch wohl nicht glauben machen, daß wir die nachher aus Mangel an Auszubildenden wieder „einmotten" und das Personal nach Hause schicken.
Ich glaube, daß der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildungsforschung hier einen sehr aufschlußreichen Hinweis gegeben hat. Er hat nämlich just in diesen Tagen gesagt — er gehört ja zu Ihnen, ist also unverdächtig —,
daß die vorgesehenen 77 000 überbetrieblichen Ausbildungsstätten nicht ausreichten, daß man 100 000 bräuchte. Das würde Kosten von 2 Milliarden DM bedeuten; dafür müsse man natürlich die Betriebe zur Kasse bitten. In diesem Zusammenhang denke ich daran, daß die SPD-Bildungspolitiker vor Jahren noch gesagt haben: Wir werden das duale Bildungssystem austrocknen lassen.
Meine Damen und Herren, es bleibt dem Betrachter — bitte, Sie mögen uns eines Besseren belehren — der Schluß: In der Hochschulpolitik macht man eine Schnellbremsung. Die schweren Schäden, die dadurch entstehen, lastet man anderen an. Die Verantwortung für die enttäuschten Hoffnungen, die zunächst geweckt worden sind, nimmt man in Kauf. Wichtig ist nur, daß der ideologische Kurs beibehalten wird.
Daß wir einem solchen Haushalt nicht zustimmen, ist, glaube ich, keine Frage. Aber wir geben Ihnen eine Chance, den von mir soeben skizzierten Eindruck total zu korrigieren. Wer würde sich mehr freuen als wir, wenn Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen. — Ich danke Ihnen.