Rede von
Gerhart Rudolf
Baum
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich glaube, Herr Kollege Walther, dieses Gefühl ist unberechtigt. Ich habe jetzt ein Fernschreiben zitiert, das gerade erst eingegangen ist. Aber ich bin gern bereit, mit dem Parlament in den Ausschüssen die Angelegenheit sehr eingehend zu erörtern.
Lassen Sie mich noch etwas zum Bereich der inneren Sicherheit sagen. Die Zunahme von Gewalttaten und Rechtsbrüchen war j a schon Gegenstand einer gesonderten Debatte hier im Deutschen Bundestag. Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich in einer Sondersitzung mit den Ursachen und Folgen befaßt. Auch wenn im einzelnen Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind, muß man sagen, daß sich das Gremium der Innenministerkonferenz in dieser schwierigen Situation durchaus als funktionsfähig erwiesen hat. Wir haben eine gemeinsame Entschließung gefaßt und waren uns einig, daß die Entwicklung nicht pauschal als Fehlhaltung der Jugend gedeutet werden darf. Wir, die Innenminister von Bund und Ländern, sind uns einig, daß die Ursachen und Motive vielfältig sind, so vielfältig, daß hier nur eine differenzierte Betrachtung aus gesamtgesellschaftlicher Sicht der politischen Verantwortung gerecht werden kann, und wir sind uns einig, daß wir alle Anstrengungen unterstützen werden, die dazu beitragen, den Rechts- und Gemeinschaftsfrieden zu sichern. Wir sind uns weiterhin einig, meine Damen und Herren, daß dies nicht allein mit polizeilichen Mitteln zu erreichen ist. Deshalb wundere ich mich, daß hier wiederum das Demonstrationsrecht, das Versammlungsrecht, die Frage der Dateien, der Ausrüstung der Polizeien nach vorne gerückt werden. Wir müssen den gesellschaftlichen Ursachen nachgehen, sonst werden wir den Anforderungen des inneren Friedens in diesem Lande nicht gerecht werden. Ich spreche mich hier noch einmal eindeutig aus, weil Sie das für Berlin erwähnt haben, Herr Kollege Hackel: Es ist im Grunde selbstverständlich, daß Gewalt nicht als Mittel der Politik eingesetzt werden kann. Wir werden nach wie vor entschieden gegen diejenigen vorgehen, die Gewalt anwenden, aber wir sind auch der Meinung, daß unverhältnismäßige staatliche Reaktionen zu Solidarisierungsprozessen führen und das Gewaltpotential noch erweitern können. Dies wollen wir auf jeden Fall vermeiden.
Meine Damen und Herren, es ist von der Ausländerfrage die Rede gewesen. Ich möchte hier feststellen, daß der Ausländerextremismus in der Tat Anlaß zu wachsender Sorge ist. Die Türken stellen mit 1,5 Millionen das größte Ausländerpotential in der Bundesrepublik Deutschland. Kleine türkische Minderheiten — auf der linken wie auf der rechten Seite — neigen zu Gewalttaten. Dies ist auch bei einigen anderen Ausländergruppen der Fall. Diese Extremisten diskreditieren auf diese Weise den weitaus überwiegenden Teil der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland, die sich — das muß man deutlich sagen — wie alle anderen Mitbürger gesetzestreu verhalten. Wir werden aber nicht zulassen — ich unterstreiche das, was Herr Kollege Hirsch hier gesagt hat —, daß der Aufenthalt in unserem Land zu ungesetzlichem Handeln mißbraucht wird. Auch die Ausländer haben die Spielregeln unserer Gesellschaft strikt zu beachten. Wir wollen nicht, daß Ausländerfeindlichkeit genährt wird. Die Innenministerkonferenz wird sich in der nächsten Woche auf meinen Antrag hin erneut mit diesem Fragenkomplex befassen.
Es war die Rede von der Aussiedlerproblematik. Ich möchte mich dafür bedanken, daß hier zusätzliche Mittel bewilligt worden sind. Im Jahre 1980 sind ca. 52 000 Aussiedler gekommen. In den ersten Monaten des Jahres 1981 ist die Zahl etwas zurückgegangen. Ich möchte hervorheben, daß Polen seine Verpflichtungen erfüllt hat. Die Zahl der Aussiedler aus der Sowjetunion geht leider etwas zurück. Ich möchte feststellen, daß Aussiedler in zunehmender Zahl ohne Genehmigung der dortigen Behörden in die Bundesrepublik Deutschland kommen.
Ein letztes Wort zur Zivilverteidigung. — Herr Kollege Hackel, Sie haben im Grunde Selbstverständlichkeiten ausgesprochen. Niemand wird Ihnen bestreiten — ich jedenfalls werde es nicht tun —, daß die Zivilverteidigung ein wichtiges Stück der Gesamtverteidigung ist. Wir haben in diesem Parlament, Herr Kollege Dregger, wiederholt darüber diskutiert. Die Vorwürfe, die Sie auch an die Adresse des Herrn Kollegen Nöbel und die Koalitionsfraktionen gerichtet haben, sind meines Erachtens völlig unbegründet. Die einzige Bewegung, die überhaupt stattgefunden hat, ist auf Initiative der Koalition erfolgt.