Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Rose hat uns hier in weiträumigen Formulierungen ein Mini-Bauerntheater mit Straußschem Verschnitt aus Vilshofen vorgeführt.
Wenn er z. B. Frau Minister Huber als „Muß-Frau" im Kabinett bezeichnet, will ich Ihnen eine Kostprobe aus dem alemannischen Bauerntheater geben. „Muß-Frau" ist für mich bisher etwas gewesen, was der alemannische Bauer seiner Tochter Vreneli im 19. Jahrhundert gesagt hat, wenn sie einen ungeliebten, aber wohlhabenden Nachbarssohn heiraten mußte: Lueg, Vreneli, d' Acker passet z'samme, aber d' Lieb' kummt später! — Das ist eine „Muß-Frau". Ich weiß nicht, wie das im Bayerischen aussieht.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Ihre Zwischenrufe zeigen, daß es in Bayern auch so etwas gegeben hat.
Was Ihre polemischen Rundumschläge betrifft, so möchte ich mich nur mit dem angeblichen „Personalkarussell" im Zusammenhang mit der Entlassung von politischen Beamten beschäftigen. Nun dürfen Sie doch nicht vergessen, daß Sie jetzt in Berlin, wenn Sie demnächst an die Regierung kommen, froh sein müssen, daß es die Einrichtung des politischen Beamten gibt.
— Ja. — Aber Herr Rose, das, was Sie sonst hier präsentierten, lohnt im Grunde keine umfassende Auseinandersetzung.
Bevor ich auf einzelne Positionen des Haushalts zu sprechen komme, möchte ich mich noch mit zwei Bemerkungen der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Union auseinandersetzen. Gestern hat der Kollege Blüm in seinem schwarz in schwarz malenden Bild der Koalition vorgeworfen, unter der von ihr getragenen Regierung werde die Familie unterminiert; an anderer Stelle hat er hinzugefügt, die Familie werde immer mehr zur nostalgischen Restgröße.
Wissen Sie, in solchen Äußerungen der Opposition kommt eine außerordentlich große politische Bewußtseinsspaltung zum Ausdruck. Was taugen z. B. Sprüche dieser Partei, wenn ihre Vertreter in den Ländern, z. B. der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz oder der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, sehr forciert mit vordergründigen und weitgehend unzutreffenden ökonomischen Argumenten auf dem Weg des Kabelfernsehens eine unkontrollierte Programmflut auf die Familien in der Bundesrepublik herunterregnen lassen?
Hier liegen doch internationale Erfahrungswerte vor, die deutlich machen, welche großen Wirkungen ein solches unkontrollierbares Massenangebot hat, wie dieses dazu beiträgt, Familienleben tatsächlich zu zerstören. Wir waren mit dem Kollegen Haase und anderen gerade in den USA. Es ist immer wieder interessant, dort abends oder morgens die Fernsehprogramme zu sehen. Dort gibt es 17 bis 24 Programme, je nachdem, ob Sie an der Ostküste oder im Mittelwesten oder an der Westküste sind. Sex, crime und commercials oder commercials, sex und crime ist das, was dort geboten wird. Die Amerikaner, jedenfalls diejenigen, die Einsicht haben, werden inzwischen kritischer gegenüber dieser Geschichte. Untersuchungen zeigen, daß mehr als ein Drittel der Kinder, vor allem in Sozialschichten mit anregungsarmer Umgebung, inzwischen das Fernsehen und die dort präsentierten Supermänner und Superfrauen mehr lieben als ihre Eltern, insbesondere als den Vater, weil der weniger zu Hause ist. Das sind Erfahrungen, die man hier mit einbeziehen muß.
Zweitens. Der Kollege Kiep hat in einem Schlenker seiner Rede gestern anklägerisch behauptet, die Sozialdemokraten würden die finanzpolitischen Schwierigkeiten des Haushalts 1982, von dem ja von seiten der Opposition mehr die Rede war als vom Haushalt 1981,
dazu benutzen, in der Familienpolitik ihre ideologischen Vorstellungen durchzusetzen. Zunächst bleibt natürlich der Sinn solcher Vorwürfe dunkel, auch wenn Herr Rose einige Zitate gebracht hat, wobei er wußte, daß sich etwa Äußerungen von Rudi Walther immer auf künftige Erhöhungen des Kindergeldes bezogen. Aber ich möchte Ihnen ein anderes Beispiel geben.