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ID0904200600

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    Plenarprotokoll 9/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2440 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksachen 9/50, 9/265 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 9/481 — Dr. Friedmann CDU/CSU 2363 B Grobecker SPD 2367 D Dr. Zumpfort FDP 2370 A Höpfinger CDU/CSU 2371 B Egert SPD 2374 A Cronenberg FDP 2377 C Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 2380 D Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 9/485 — Dr. Rose CDU/CSU 2384 A Dr. Soell SPD 2390 A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP 2392 C Burger CDU/CSU 2394 C Jaunich SPD 2397 A Eimer (Fürth) FDP 2399 D Frau Dr. Neumeister CDU/CSU 2402 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 2403 A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 9/491 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2406 D Dr. Dübber SPD 2408 C Dr.-Ing. Laermann FDP 2409 D Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT . 2412 B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 9/476 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 9/496 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU 2415A Kühbacher SPD 2417 D Dr. Hirsch FDP 2421 A Dr. Hackel CDU/CSU 2423 C Dr. Nöbel SPD 2425 D Baum, Bundesminister BMI 2427 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1981 Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 9/492 — Frau Benedix-Engler CDU/CSU 2433 A Westphal SPD 2435 A Frau von Braun-Stützer FDP 2437 A Engholm, Bundesminister BMBW 2439 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 9/477 — Gerster (Mainz) CDU/CSU 2441 A Schmidt (München) SPD 2443 B Engelhard FDP 2445 C Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . . 2447 A Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/486 — 2448 D Haushaltsgesetz 1981 — Drucksachen 9/498, 9/514 — Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 2449 A Walther SPD 2449 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (Wartezeitgesetz) — Drucksache 9/409 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 9/517 — Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 2450 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes/EWG — Drucksache 9/428 — 2451 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Baustatistikgesetzes — Drucksache 9/436 — 2451 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1982) — Drucksache 9/451 — 2451 B Erste Beratung des von den Abgeordneten Walther, Löffler, Grobecker, Gärtner und Genossen und den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches — Verwaltungsverfahren — — Drucksache 9/529 — 2451 B Beratung der Sammelübersicht 12 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/422 — 2451 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der ersten Richtlinie 73/239/ EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung), insbesondere die touristische Beistandsleistung betreffend — Drucksachen 9/158 Nr. 17, 9/335 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der ersten Richtlinie 73/239/ EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betr. die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) hinsichtlich der Kreditversicherung — Drucksachen 9/108 Nr. 57, 9/501 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die indirekten Steuern auf Geschäfte mit Wertpapieren — Drucksachen 7/5082, 9/108 Nr. 54, 9/439 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1981 III Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 234/68 über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels — Drucksachen 9/252 Nr. 27, 9/431 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Empfehlung für einen Beschluß des Rates über den Abschluß eines Abkommens der Regierung Kanadas und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Form eines Briefwechsels über ihre Fischereibeziehungen Empfehlung für einen Beschluß des Rates über den Abschluß eines Fischereiabkommens zwischen der Regierung Kanadas und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — Drucksachen 9/108 Nr. 19, 9/158 Nr. 13, 9/509 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die Einführung eines Marktbeobachtungssystems im Binnenverkehr Vorschlag einer Entscheidung des Rates über ein Marktbeobachtungssystem im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsgüterverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 9/108 Nr. 33, 9/432 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über Maßnahmen zur Förderung des kombinierten Verkehrs Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 zwecks Ergänzung der Beihilferegelung im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr durch die Aufnahme von Bestimmungen über den kombinierten Verkehr — Drucksachen 9/127 Nr. 21, 9/433 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Entscheidung des Rates zur Einführung eines Informations- und Beratungsverfahrens betreffend die Beziehungen und Abkommen mit Drittländern im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr — Drucksachen 9/127 Nr. 18, 9/434 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung einer Beihilfe des Europäischen Sozialfonds zur Sicherung des Einkommens der Arbeitnehmer im Schiffbau — Drucksachen 9/260, 9/512 — Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 2452 D Nächste Sitzung 2453 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2454* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1981 2363 42. Sitzung Bonn, den 4. Juni 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 4. 6. Dr. Apel 4. 6. Dr. Geßner ** 4. 6. Kittelmann ** 4, 6. Dr. Köhler (Duisburg) 5. 6. Korber 5. 6. Lenzer * 5. 6. Frau Dr. Lepsius 5. 6. Milz 5. 6. Dr. Müller * 4. 6. Frau Noth 5. 6. Pieroth 4. 6. Reddemann * 4. 6. Frau Roitzsch 5. 6. Frau Schlei 5. 6. Schmidt (Würgendorf) * 4. 6. Dr. Schwarz-Schilling 5. 6. Dr. Stercken 5. 6. Dr. von Weizsäcker 5. 6. Witek 4. 6. Dr. Wittmann (München) * 4. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolf-Dieter Zumpfort


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei diesem schwergewichtigen Titel des Haushalts muß, wenn man sorgfältig argumentiert und wenn man Kritik übt, die Kritik eigentlich in zwei Richtungen gehen: nicht allein an das Ministerium, sondern auch — ich sage das mal ganz deutlich — an das Parlament; an das Parlament deswegen, weil das, was wir jetzt beklagen, nämlich die Ausgabenhöhe und die mangelnde Deckungsfähigkeit der Ausgaben, durch dieses Parlament von allen Fraktionen mit verursacht worden ist.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir haben — um es einmal deutlich zu machen — in der Vergangenheit in der Regel Gesetze gemacht, die sich auf ein Wachstum bezogen haben,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Faule Ausrede!)

    ein Wachstum des Bruttosozialprodukts und entsprechenden Einnahmen des Staates von 2 bis 4 %. Was wir heute erleben, ist ein durchschnittliches Wachstum von höchstens 1/2 bis 1 % für die nächsten Jahre. Es ist klar, daß wir auf diese Art und Weise eine Einnahme-Unterdeckung in das Gesetz hineinkonstruiert haben.
    Die Gesetze wurden zum Teil unter der stillschweigenden Voraussetzung gemacht, daß sich das Prinzip der Solidargemeinschaft nicht mehr halten kann, daß heißt, daß sich die Kassen nicht mehr selber finanzieren. Es wurde eingeplant, daß der Haushalt einspringt. Durch solche Gesetze wurde der Bundeshaushalt immer stärker in Mitleidenschaft gezogen. Das ist, wie gesagt, ein Problem, das alle Parteien angeht. Ich möchte gerade die Damen und Herren der Opposition an den CDU-Parteitag 1965 in Kiel erinnern. Damals hat Gerstenmaier die Frage nach der Finanzierbarkeit des Sozialstaates gestellt. Die Antwort, die damals gekommen ist, hat gestern auch der Bundeskanzler gegeben, nämlich: Sozialpolitik kann nur so weit gemacht werden, wie sie finanzierbar ist. Nach diesem Grundsatz müssen wir zur heutigen Zeit verfahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht uns — um das abschließend zu sagen — nicht darum, das soziale Netz abzuschaffen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Ich möchte es mit eigenen Worten sagen: Es geht uns darum, es etwas tiefer zu hängen, so daß alle Leistungen, die dieses Gesetz bietet und die vernünftig sind, weiter gezahlt werden können, daß das finanzierbar bleibt. Wie wir das machen wollen? Ich hoffe, da sind vernünftige Vorschläge in der Zukunft zu erwarten. Das ist der eine Teil der Kritik.
    Nun der andere Teil der Kritik: Es ist zuzugestehen, Herr Minister, daß Sie sich redlich bemühen, Zahlen für eine solide Voraussage der Leistungen heranzuschaffen, die nach dem Gesetz erbracht werden müssen. Aber bei der Höhe der Ausgaben ist an manchen Stellen Kritik anzusetzen. Der Bundesrechnungshof hat in einem Gutachten — Sie haben das im Haushaltsausschuß sehr tief gehängt — meines Erachtens nicht richtig gewürdigt, sehr gute Vorschläge gemacht. Auch aus den Reihen der Sozialpolitiker sind Vorschläge gekommen. Wenn es einem Kollegen aus meiner Partei, Herrn Hölscher, möglich ist, im Bereich der ABM in einem Arbeitsmarktbezirk so viele Mißstände aufzuzeigen, wie in der Liste, die Ihnen zugesandt worden ist, drinstehen, dann stimmt etwas nicht bei der Verwaltung; dann müßten Sie die Aufsicht über die Arbeitsämter etwas besser wahrnehmen.

    (Beifall bei der FDP)

    Es handelt sich konkret — für alle Damen und Herren, die es interessiert — um eine Liste darüber, wie auf besonders drastische Weise mit ABM-Mitteln Entlastungen der Haushalte von öffentlichen Verwaltungen und gemeinnützigen Verbänden stattgefunden haben — und das in einem einzigen Arbeitsmarktbezirk.
    Das, meine Damen und Herren, zu den allgemeinen Kritikpunkten. Nun zu einigen wenigen anderen Stichpunkten.
    Wir haben in dem Haushalt eine Übergangslösung dafür gefunden, daß der Betreuungsverband für Zivildienstleistende aufgelöst worden ist, die Zivildienstleistenden aber noch weiter betreut werden müssen, und zwar dadurch, daß wir im Bundesamt für Zivildienst einen entsprechenden Titel derart aufgestockt haben, daß in diesem Jahr 34 Aushilfskräfte eingestellt werden können. Das war allerdings deswegen notwendig — das muß man deutlich sagen —, weil es Herr Iven versäumt hat, in Kenntnis der bevorstehenden Auflösung seines Verbandes ausreichend und frühzeitig Verhandlungen mit gemeinnützigen Trägern aufzunehmen, damit die zu Betreuenden auch woanders untergebracht werden konnten.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir werden darauf achten, daß es nach einem Jahr wirklich so weit gekommen sein wird, daß die Aufgabe auf andere Träger überführt worden ist.
    Der zweite Kritikpunkt: Es gibt Konflikte zwischen dem Staat und den Verbänden, die die Einführungslehrgänge für Zivildienstleistende durchfüh-



    Dr. Zumpfort
    ren. Der Konflikt besteht einmal darin, daß der Staat in der Regel teurere Lehrgänge macht als die Privaten. Der Konflikt besteht zum anderen darin, daß der Staat — in diesem Fall wieder das Ministerium und Herr Iven — trotzdem noch versucht, einen Großteil der Einführungslehrgänge von den Privaten wegzuziehen und sie vom Staat durchführen zu lassen.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordenten der CDU/CSU)

    Es gibt ein sogenanntes interfraktionelles Modell Typ C, wonach das staatliche Element bei den Einführungslehrgängen zwar verstärkt, die Lehrgänge selber aber vor allem von freien Trägern durchgeführt werden sollen. Mein Eindruck ist — das ist bei den Beratungen herausgekommen —, daß sowohl Herr Iven als auch das Ministerium nur den ersten Teil der Vereinbarungen unterstützen, aber nicht den zweiten Teil. Wir wenden uns entschieden dagegen.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir haben deswegen in dem entsprechenden Titel des Haushalts 5 Millionen DM des Gesamtansatzes von 20 Millionen DM gesperrt, und wir hoffen, daß die Entsperrung deswegen stattfinden kann, weil hier eine Veränderung des Handelns eingetreten ist.
    Ein nächster und letzter Punkt — und das geht insbesondere an die Adresse der Opposition — ist die Position des Ausländerbeauftragten. Wir sollten — das gilt insbesondere für Sie, Herr Friedmann — dieses Amt nicht durch ominöse Zahlen in Zeitungsinterviews in Mißkredit bringen. Das ist sowohl der Person des Ausländerbeauftragten, Frau Funcke, als auch der Aufgabe nicht angemessen.
    Daß alle Parteien diese Aufgabe hochschätzen, sieht man daran, daß wir interfraktionell geschlossen dafür gestimmt haben, den Titel für die Sprachlehrgänge für ausländische Kinder zu erhöhen. Das zeigt der Öffentlichkeit, welche Bedeutung wir dem Problem der ausländischen Arbeitnehmer und dem dafür geschaffenen Amt des Ausländerbeauftragten zumessen. So sollte es auch in Zukunft sein.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Dafür hat der Minister einen Apparat! Da braucht er keine zusätzlichen Leute!)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Höpfinger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Stefan Höpfinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Debatte dieses Haushalts darf ich noch einige Gedanken und kritische Anmerkungen beitragen.
    In der Sozialpolitik klaffen bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD und der FDP, Anspruch und Wirklichkeit sehr weit auseinander. Die SPD hat, als sie 1969 antrat, den Eindruck erweckt, erst jetzt werde das soziale Zeitalter beginnen. Und was ist nun, 12 Jahre danach? Die Rücklagen der Sozialversicherungsträger sind verbraucht. Ebbe in allen Kassen. Die finanziellen Belastungen haben zugenommen. Die Grenze der Belastbarkeit bei Steuern und Sozialabgaben ist erreicht. Das Fundament unserer sozialen Sicherheit ist durch jahrelange Millionenarbeitslosigkeit erschüttert.
    Vor einem Jahr haben Sie in Essen verkündet, Vollbeschäftigung bleibe das Ziel Nummer eins. Zu unser aller Schaden sind wir heute von diesem Ziel weiter entfernt als noch vor einem Jahr.
    Und dann geben Sie den Hinweis: Seht ihr denn die Weltprobleme nicht? Doch, wir sehen sie. Wir sehen auch, daß es in den Industriestaaten insgesamt 25 Millionen Arbeitslose und innerhalb der Europäischen Gemeinschaft 7,5 Millionen Arbeitslose gibt. Wir sehen aber auch, daß es bei uns sieben Jahre lang eine Zahl von Arbeitslosen um die Millionengrenze gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was wir nicht zulassen dürfen, ist, daß Sie sich mit dem Hinweis auf die Weltsituation aus Ihrer Verantwortung stehlen. Sie sind für die Politik der Bundesrepublik Deutschland mit verantwortlich. Und deshalb sind Sie hier zu fassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dabei war die Ausgangslage für die SPD/FDPKoalition 1969 ausgesprochen günstig. Die CDU/ CSU hatte doch das soziale Netz, ein wirklich solides soziales Netz geschafffen: bruttolohnbezogene dynamische Rente, Mutterschutz, Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung, Sozialhilfe, Arbeitsförderungsgesetz — ein Werk noch aus der großen Koalition —; die Kassen waren voll, Wirtschaft und Preise waren stabil. Man hat doch nicht grundlos von einem „Juliusturm" und einem „Sabelturm" gesprochen.
    Und wie sieht es denn heute aus? Das Erbe ist vertan: Die Reform-Euphorie ist abgeklungen. Größer geworden sind in der Bevölkerung die Zweifel an der Stabilität des sozialen Netzes.
    Und die Zweifel in der Bevölkerung müssen wachsen, da in den vergangenen Tagen und Wochen aus dem Regierungslager sehr widersprüchliche Stellungnahmen gekommen sind. Der Herr Finanzminister und der Herr Wirtschaftsminister sprechen von „Wildwuchs", der gekappt werden muß. Der Herr Bundesarbeitsminister verkündet am Bildschirm: Einschnitte in das soziale Netz wird es nicht geben.
    Sind diese Einschnitte nicht schon erfolgt? Die verkürzten Rentenanpassungen der letzten drei Jahre, die Einengung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, die Verteuerung des Arbeitsweges für Pendler, die auf das Kraftfahrzeug angewiesen sind. Glaubt man denn, die Bevölkerung merkt das nicht und spürt das nicht?
    Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, Sie müssen es doch am allerersten gemerkt haben. Der SPD-Ortsverband Grafenhausen, Kreis Waldshut, hat seine Beitragszahlungen an die Partei mit der Feststellung eingestellt: „Die Bundesregierung hat seit ihrer Wiederwahl 1980 überwiegend Maßnahmen beschlossen, die gerade sozial schwächere Bevölkerungskreise belasten." Was wird sich da in Ihren Reihen erst vollziehen, wenn diese Re-



    Höpfinger
    gierung im Spätherbst dieses Jahres die Karten offenlegen muß!
    Und der Regierungssprecher, Herr Rühl, sagte am 20. Mai, das Kabinett habe den Bestrebungen politischen Vorrang gegeben, die sozialen Ausgaben auf den eigentlichen Zweck zu beschneiden. Damit gesteht die Regierung doch ein, daß sie bisher öffentliche Gelder zwecklos ausgegeben hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das allein wäre schon ein Grund, sie unverzüglich zu entlassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Doch der Regierungssprecher bekommt den Zorn der Genossen zu spüren. Der Herr Kollege Lutz erklärt, die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sei nur noch zum Heulen: der Regierungssprecher Rühl verkünde „Gewäsch, bei dem einem normalen Bundesbürger der Kaffee hochkommen" müsse.
    Frage: Wer hat denn nun eigentlich recht: der SPD-Sozialpolitiker Egon Lutz oder der Regierungssprecher der SPD/FDP-Bundesregierung? Ich hoffe, daß der Herr Bundeskanzler seinen Regierungssprecher in Schutz genommen hat. Denn was soll der arme Mann verkünden, wenn die Politik dieser Regierung so und kein Jota besser ist?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Blüm [CDU/CSU])

    Worum es geht, Herr Bundesminister? Es geht nicht an, daß Sie vorneweg marschieren und lauthals die Parole des unantastbaren sozialen Netzes verkünden und hinter Ihnen Ihre Kabinettskollegen schon an der Arbeit sind, jeden Tag neuen „Wildwuchs" entdecken und Pläne schmieden, wie die Maschen des sozialen Netzes aufgelöst oder enger gezogen werden können. Um die Wahrhaftigkeit geht es.
    Mitunter wird das Ansteigen des Sozialetats als besondere Leistung herausgestellt. Es stimmt, daß der Haushalt des Bundesministers für Arbeit kräftig gestiegen ist. Doch dies ist noch kein Beweis dafür, daß die soziale Ordnung besser, gerechter oder leistungsfähiger geworden wäre.
    Im Gegenteil: Die Ausgaben zur Finanzierung sozialer Schäden haben diesen Haushalt vom Dezember 1980 bis zum Juni 1981 anwachsen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mehr als ein Fünftel dieses Haushalts, nämlich 101/2 Milliarden DM, ist notwendig allein als Zuschuß an die Bundesanstalt und für die Arbeitslosenhilfe.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Jawohl! — Franke [CDU/CSU]: Und das reicht noch nicht!)

    Das ist die Tatsache. Es gibt also keine zusätzlichen oder besseren sozialen Leistungen. Die Tatsache, daß seit 1975 mehr als 50 Milliarden DM für Arbeitslosengeld und weitere 12 Milliarden DM für Arbeitslosenhilfe ausgegeben werden mußten, kennzeichnet nicht die Größe sozialer Taten, sondern die Folgewirkungen einer verfehlten Wirtschafts- und vor allem Energiepolitik.
    Auf Grund dieser Daten richtet sich die Kritik sehr häufig an die Bundesanstalt für Arbeit. — Wo Kritik angebracht werden muß, da ist sie auch vorzubringen. — Doch vor einem müssen wir uns hüten: Wir dürfen den Blick nicht verengen und die Kritik nicht nur an einen Adressaten richten. Die Wirtschaftsdaten sagen doch alles aus: reales Wachstum: minus 1,5 %; reale Investitionen: minus 4 %; Zahlungsbilanz: minus 30 Milliarden DM; Gewinne: 0,5%. Und nach den Tagesnachrichten des Wirtschaftsministeriums vom 2. Juni sieht die Situation nicht wesentlich günstiger aus. Ich frage mich daher, woher der Finanzminister den Mut genommen hat, eine Rede zu halten, die den Eindruck erweckt hat, als sei in unserem Lande alles in Ordnung, und dann noch Vergleiche anstellt, die gar nicht stimmen. — August Bebel soll einmal gesagt haben: „Wo es keine Gewinne gibt, rauchen keine Schlote." Für unsere Zeit heißt das: Wo nicht genügend investiert werden kann, gibt es keine Arbeitsplätze.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dabei besteht die sozialste Tat einer Regierung darin, eine Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik zu gestalten, die es jedem, der arbeiten kann und arbeiten will, ermöglicht, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Denn vom Erfolg eigener Arbeit seinen Lebensunterhalt finanzieren zu können, macht den Menschen unabhängiger und freier.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Es gehört zur traurigen Bilanz dieser Regierung, daß die Arbeitslosigkeit zum Dauerproblem geworden ist. Hier denke ich besonders an unsere junge Generation, vor allem an die Zunahme der Arbeitslosigkeit unter den Zwanzig- bis Fünfundzwanzigjährigen. Der Schritt der Jugendlichen ins Leben darf kein Schritt ins Leere werden. Und was die Behinderten angeht: Wenn das Jahr der Behinderten einen Sinn hat, dann den, daß wir angestoßen werden, die Probleme dieser Menschen zu sehen, gerade auch im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es hat sich eine verallgemeinernde Drückeberger- und Mißbrauchsdiskussion eingeschlichen. Es wird versucht, den Arbeitslosen auch noch die Schuld zuzuweisen. Gegen eine solche Verallgemeinerung wehren wir uns und tun dies für diejenigen, die sich selber nicht wehren können. Wer hätte angesichts des Umstandes, daß die Arbeitslosenquote im April 1981 in Passau 9,5 %, in Kempten aber nur 3,1 % beträgt, die Dreistigkeit, zu behaupten, daß die Bevölkerung in Passau weniger arbeitswillig ist als die in Kempten? In einigen Städten des Ruhrgebiets liegt die Arbeitslosenquote viermal so hoch wie in Arbeitsamtsbezirken in Baden-Württemberg. Will jemand ernsthaft behaupten, die Ursache dafür sei, daß die Arbeitnehmer im Ruhrgebiet arbeitsunwilliger sind als die Kollegen im Schwabenland? Allein diese Gegenüberstellungen zeigen, daß man dem Problem und dem betroffenen Personenkreis mit



    Höpfinger
    Verunglimpfungen und Negativurteilen nicht gerecht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dem Problem wird man mehr gerecht, wenn man bereit ist, die regionalen Schwierigkeiten zu sehen und entsprechend zu werten und zu berücksichtigen, sowie ferner dadurch, daß man die Situation der Personengruppen, die von Arbeitslosigkeit besonders betroffen sind, sack- und personengerecht beurteilt und in eine aktive Arbeitsmarktpolitik einbezieht.
    In diesem Zusammenhang darf ich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ansprechen. Positiv ist hervorzuheben, daß auf Grund der Gesamtzahl der durchgeführten Maßnahmen etwa 20 % Dauerarbeitsplätze geschaffen worden sind. Daß es mißbräuchliche Inanspruchnahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gibt, sei nicht verschwiegen; dies muß zu einer schärferen Handhabung führen. In diesem Zusammenhang ist an den Bundesarbeitsminister die Frage zu richten: Wie steht es mit der Anwendung der Durchführungsanordnung?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wann haben Sie diese das letzte Mal angewandt? Wann haben Sie in dieser Sache nachgefragt? Übertriebene Kritik an den Kommunen zu üben, halte ich für fehl am Platze. Denn viele Städte und Gemeinden haben sich zu vorgezogenen, nicht unbedingt notwendigen Investitionen entschlossen, um den Arbeitsämtern entgegenzukommen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu ermöglichen.
    Die Fragen der Rentenversicherung sind bereits angesprochen worden. Ich möchte noch einmal sagen: Diese Verschiebung der 3,5 Milliarden DM war einfach ein Skandal und muß wirklich zur Besorgnis Anlaß geben.
    Herr Bundesminister, es war auch kein schöner Beitrag zum 100jährigen Bestehen der deutschen Sozialversicherung. Vor 100 Jahren, am 17. November 1881, hat Bismarck im Reichstag die kaiserliche Botschaft verkündet, mit der die Sozialgesetzgebung eingeleitet wurde. Aus diesem Anlaß hat das Bundesarbeitsministerium einen Erinnerungskalender herausgegeben, der in seiner Einseitigkeit und Parteilichkeit einen Hohn auf die Sozialgeschichte in Deutschland darstellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Man kann dem bayerischen Kultusminister Dr. Hans Maier nur Dank dafür sagen, daß er sein Ministerium angewiesen hat, diesen Kalender in Bayerns Schulzimmern nicht anbringen zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dreßler [SPD]: Das ist unglaublich!)

    Wenn der Herr Kollege Sieler in einem Brief an das bayerische Kultusministerium schreibt, schließlich könne es nicht der Geschichte angelastet werden, daß sich gerade die Sozialdemokraten der Nöte der Arbeiter angenommen hätten, dann muß man hervorheben, daß in dieser Behauptung eine Geschichtsverdrehung liegt. Niemand bestreitet die Verdienste Ihrer Partei. Es wäre ebenfalls eine Unterlassung, z. B. das Erfurter Programm der Sozialisten zu verschweigen, das — wie das Rundschreiben „Rerum novarum" von Papst Leo XIII. über die Arbeiterfrage — vor 90 Jahren verkündet wurde.
    Wir wehren uns aber dagegen, daß in einer vom Steuerzahler finanzierten schriftlichen Darstellung aus dem Hause des Bundesarbeitsministeriums der Beitrag der katholischen Soziallehre und der evangelischen Sozialethik sowie die Sozialarbeit der Zentrumsabgeordneten im Deutschen Reichstag und die soziale Aufbauarbeit unter Konrad Adenauer totgeschwiegen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das nennen die Toleranz!)

    Drei kurze Beispiele. Es waren die Abgeordneten der Zentrumspartei, die 1877 im Reichstag — damit war die Zentrumspartei die erste von allen Parteien — den Antrag auf Erlaß von Arbeiterschutzgesetzen eingebracht haben.
    Im Jahre 1890 hatte Kaiser Wilhelm II. zu einer Weltarbeiterschutzkonferenz nach Berlin eingeladen. Der Kaiser bat den Zentrumsabgeordneten Franz Hitze um maßgebliche Mitarbeit und fügte in seinem Schreiben an Franz Hitze hinzu: „Wenn Sie es nicht tun, ein anderer kann es nicht."

    (Zuruf von der SPD: Was hat das mit dem Haushalt zu tun?)

    Das sollten sich die Sozialdemokraten einmal ins Stammbuch schreiben.
    Ein drittes Beispiel. Ende 1977 fand eine Jubiläumsfeier zum 50jährigen Bestehen der Arbeitslosenversicherung und damit der Gründung des Vorgängers der heutigen Bundesanstalt für Arbeit statt. Damals erinnerte man sich wenigstens noch kurz an den Priester und Zentrumsabgeordneten Heinrich Brauns, in dessen Amtszeit als Reichsarbeitsminister von 1920 bis 1928 Arbeitsrecht, Arbeitsschutz und Sozialversicherung wesentlich weiterentwickelt und ausgebaut wurden.
    Im Jubiläumskalender 1981 aus dem Hause Ehrenbergs, der mit Steuermitteln finanziert ist, findet sich kein Wort darüber.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Das spricht Bände!)

    Wenn es sich nur um einen Jahreskalender handelte, brauchte man sich darüber nicht aufzuregen. Ein solcher Kalender vergeht mit Zeitablauf. Doch dieser Kalender spiegelt den Geist und die politische Ausrichtung Ihres Hauses wider.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Aufrichtigkeit gegenüber der Geschichte gehören zur Glaubwürdigkeit.
    Herr Bundesminister, Sie haben Gerechtigkeit gegenüber jedermann geschworen. Sorgen Sie dafür, daß man in Ihrem Hause der Geschichte der sozialen Entwicklung in unserem Lande Gerechtigkeit widerfahren läßt. Die geplante Festveranstaltung „100 Jahre Sozialversicherung" gibt Ihnen die Möglichkeit dazu.



    Höpfinger
    Wenn schon ein Kalender aus Ihrem Hause in seiner geistigen Ausrichtung abzulehnen ist, um wieviel mehr ist dann erst die geistige Ausrichtung dieser Politik und damit auch der Haushalt Ihres Ministeriums abzulehnen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)