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ID0904119700

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    Plenarprotokoll 9/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1981 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksachen 9/50, 9/265 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt — Drucksache 9/474 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2235 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2243 C Wehner SPD 2244A Hoppe FDP 2248 C Dr. Wörner CDU/CSU 2250 B Dr. Ehmke SPD 2256 B Jung (Kandel) FDP 2263 C Dr. Zimmermann CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 2267 C Schmidt, Bundeskanzler 2268 A Dr. Kohl CDU/CSU 2276 A Wischnewski SPD 2283 C Genscher, Bundesminister AA 2286 C Dr. Blüm CDU/CSU 2292 B Mischnick FDP • 2297 D Dr. Apel. Bundesminister BMVg 2301C Wischnewski SPD (Erklärung nach § 30 GO) 2308 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 2309A Bahr SPD 2314C Metz CDU/CSU 2318 B Frau Dr. Wilms CDU/CSU (zur GO) . . . 2320D Löffler SPD 2320 D Namentliche Abstimmung . . . . 2321D, 2322 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 9/475 — Picard CDU/CSU 2323 D Würtz SPD 2325 C Gärtner FDP 2326 D Coppik SPD 2327 D, 2329 B Genscher, Bundesminister AA 2328 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 9/488 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2329 D Esters SPD 2331 C Gärtner FDP 2332 A Offergeld, Bundesminister BMZ 2332 B Pieroth CDU/CSU 2332 D Frau Luuk SPD 2333 B Dr. Vohrer FDP 2334 B II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1981 Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 9/490 — Gerster (Mainz) CDU/CSU 2334 D Nehm SPD 2336 B Dr. Wendig FDP 2337 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 9/484 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2339 B Stöckl SPD 2343 A Dr. Zumpfort FDP 2345A Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2349 C Würzbach CDU/CSU 2351 B Jungmann SPD 2354 A Duve SPD 2356 A Dr. Schöfberger SPD 2357 C Coppik SPD 2358 C Kleinert FDP 2359 C Hansen SPD 2360 A Mischnick FDP 2360 B Namentliche Abstimmung 2360 C Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 9/495 — 2362 C Nächste Sitzung 2362 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2362 B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1981 2235 41. Sitzung Bonn, den 3. Juni 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 4. 6. Dr. Barzel 3. 6. Dr. Geßner * 4. 6. Kittelmann * 4. 6. Dr. Köhler (Duisburg) 5. 6. Korber 5. 6. Frau Dr. Lepsius 5.6. Milz 5. 6. Dr. Müller * 4. 6. Frau Noth 5. 6. Reddemann * 4. 6. Frau Roitzsch 5. 6. Frau Schlei 5. 6. Schmidt (Würgendorf) * 4. 6. Dr. Schwarz-Schilling 5. 6. Dr. Stercken 5. 6. Dr. von Weizsäcker 5. 6. Dr. Wittmann (München) * 4. 6. *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Manfred Coppik


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt mir schwer, zu diesem Antrag etwas zu sagen, einfach deshalb, weil es aus dem üblichen Rahmen herausfällt, daß wir in einer nicht unerheblichen Debatte zum Einzelplan des Bundesministers des Auswärtigen einen Änderungsantrag von Kollegen aus der Regierungskoalition stellen. Ich glaube aber, daß es die Frage, um die es hier geht, wert ist, ein paar Worte darüber zu sprechen.
    Ich sage ganz offen, daß es bei mir auch persönliche Betroffenheit ist, die mich veranlaßt, dazu etwas zu sagen, weil ich persönlich Menschen in der Türkei kenne, die nach dem Militärputsch, nach der Errichtung der Militärdiktatur in Gefängnisse gekommen sind, Menschen, die gefoltert werden, zum Teil auch Menschen, die etwa wegen separatistischer Bestrebungen mit der Todesstrafe bedroht sind. Das ist für mich etwas, was sich jenseits von Taktiererei befindet, was sich jenseits von dem befindet, was Kämpfe zwischen einzelnen Parteien sind, und auch jenseits jeglicher Polemik. Das ist einfach auch persönliche menschliche Betroffenheit bezüglich solcher Menschen.
    Ich muß sagen, daß das, was wir heute erfahren haben, daß bei einer Tagung der Friedrich-EbertStiftung in Bonn Persönlichkeiten aus der Türkei nicht sprechen konnten, weil heute ein Dekret ergangen ist mit einem Verbot politischer Debatten und Streitgespräche zwischen früheren Politikern, mit einem Verbot mündlicher oder der Presse übergebenen Erklärungen früherer Parlamentarier, Parteiführer oder Parteimitglieder, mit einem Publikationsverbot jeglicher Kommentare über zur Zeit in-



    Coppik
    haftierte Personen, deutlich macht, welche Situation zur Zeit in der Türkei herrscht. Ich glaube, das müßte uns eigentlich alle betroffen machen.
    Ich habe vor einiger Zeit einen Brief aus der Türkei bekommen, in dem folgendes geschildert wurde:
    Aus dem sechsten Stock des Polizeipräsidiums in Ankara werden Menschen mit einem Strick rausgehängt und bedroht, daß man den Strick durchschneidet, wenn sie nicht reden, oder aber man zwingt die Gefangenen, auf einem Steg über dem leeren Aufzugschacht zu marschieren. Nachts werden dann noch Hinrichtungsszenen durchgeführt. Mit anderen Worten, um ohne psychische Schäden aus der Haft herauszukommen, brauchst du ein Herz aus Stein und Nerven aus Stahl. Es heißt, daß die meisten jetzt schon ihren Verstand verloren haben. Dann sind da noch die Qualen, die die Angehörigen, Eltern, Schwestern, Gatten, Brüder und Freunde erleiden müssen.
    Ich habe heute in der Zeitung eine Nachricht gelesen. Eine deutsche parlamentarische Kornmission soll kommen. Ob auch sie in Luxushotels übernachten, Ecevit und Demirel besuchen und nach einem Gespräch mit Evren wieder nach Hause fahren werden? Ach, wenn sie doch zu mir kommen würden und ich sie mit den Gefolterten sprechen lassen könnte, könnte ich sie doch zu jemandem bringen, der von der Hüfte abwärts gelähmt ist oder sein psychisches Gleichgewicht verloren hat. Wenn sie sehen könnten, wie gefoltert wird! Was können wir tun? Wie wohl die Zukunft aussieht?
    Denk bloß nicht, daß ich in Resignation verfallen bin, weil ich so etwas erzähle. Denk daran, daß immer mehr in Freiheit als in Gefangenschaft sein werden, und auf diese dunklen Wintertage werden helle Frühlingstage folgen.
    Ich glaube, daß wir alle irgendwo für das mitverantwortlich sind, was da passiert. Ich habe viele Argumente gehört, die das Für und Wider zum Ausdruck bringen, und es wurden Parallelen zu anderen Ländern gezogen, denen wir wirtschaftliche Hilfe leisten.
    Ich glaube, daß es kaum ein Land gibt, in dem Menschenrechte so verletzt werden wie in der Türkei und in das wir dennoch Waffen liefern — Waffen liefern! —, Waffen, die auch gegen nationale Minderheiten eingesetzt werden, gegen das Volk der Kurden, wobei wir wissen, daß in mehreren Prozessen z. B. in Diyarbakir die Todesstrafe für nichts anderes als für die Forderung der Betroffenen beantragt wurde, in der Grundschule ihre eigene Muttersprache zu benutzen. Nichts anderes ist es! Wir wissen, daß nicht nur die Kurden, sondern auch die christlichen Minderheiten und die armenischen Minderheiten in der Türkei verfolgt werden und daß die Waffen, die wir liefern, vom Militär dort für diese Zwecke eingesetzt werden. Wir alle müssen uns fragen, ob wir das wirklich guten Gewissens tun können.
    Wenn mir jemand sagt, daß wir Waffen und eine Sonderhilfe in vergleichbarer Größenordnung auch an andere Staaten liefern bzw. leisten, in denen ähnliche Verhältnisse herrschen, kann ich ihm versichern, daß ich sofort einen Antrag mitunterschreiben würde, der sich gegen eine solche Lieferung aussprechen würde.

    (Abg. Gerster [Mainz] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Herr Kollege, mir sind Waffenlieferungen, die in vergleichbare Länder erfolgen würden, nicht bekannt.
    Ich kann nur sagen, daß wir alle eigentlich betroffen über das sein müßten, was dort stattfindet, in einem Land, das sich mit uns gemeinsam zu den Prinzipien von Freiheit und Demokratie bekannt hat, und daß wir alle darauf hinwirken müßten, daß sich die Verhältnisse dort ändern. Leistungen dürften an eine Militärdiktatur nicht erfolgen, wenn dort keine Veränderungen stattfinden.
    Ich hoffe, daß uns der Herr Bundesaußenminister in diesem Zusammenhang hier eine Erklärung abgeben kann, eine Erklärung, die dieser Betroffenheit und dieser Problematik in einer Weise gerecht wird, in der dieses ganze Haus dem folgen und das unterstützen kann, wir also nicht unbedingt an einem Punkt, an dem wir von unserem Grundwerteverständnis her eigentlich übereinstimmen müßten, in eine Kontroverse hineingeraten. — Danke schön.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen das Wort.

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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, daß die Tatsache, daß eine große Zahl türkischer Mitbürger bei uns lebt, daß wir immer wieder Gelegenheit haben, mit ihnen zu sprechen, und daß zwischen Deutschen und Türken eine lange und traditionelle Freundschaft besteht, sowie unsere Empfindlichkeit für die Wahrung der Menschenrechte die Gründe dafür sind, daß wir in der Vergangenheit und heute mit großer Betroffenheit den Weg des uns befreundeten türkischen Volkes verfolgen und daß wir betroffen waren über die Opfer des Terrors und betroffen sind, wenn staatliche Organe die Grundsätze des Rechtsstaats nicht beachten. Beides macht uns betroffen.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung hat es deshalb ganz ausdrücklich begrüßt, daß eine Delegation des Deutschen Bundestages in die Türkei gereist ist und daß sie die Möglichkeiten vielfältiger Information genutzt hat. Ich stehe sehr unter dem Eindruck des Berichts, den mir die Kollegen aus allen drei Fraktionen unmittelbar nach ihrer Rückkehr gegeben haben.
    Unter diesem Eindruck ist auch ein interfraktioneller Antrag vorgelegt worden, den wir bei der dritten Lesung des Haushaltsgesetzes verabschieden



    Bundesminister Genscher
    wollen. In diesem Antrag heißt es, daß der Deutsche Bundestag von der derzeitigen türkischen Staatsführung erwartet:
    — im Sinne der Zusagen an das türkische Volk die Festlegung eines Zeitplans, der die möglichst baldige Rückkehr zu einer funktionsfähigen Demokratie sicherstellt;
    — die baldige Wiederherstellung der freien Betätigungsrechte für politische Parteien und Gewerkschaften;
    — die baldige Wiederherstellung der vollen Pressefreiheit;
    — die alsbaldige Abschaffung der Regelung des derzeitigen Ausnahmezustandes, wonach Festgenommene u. a. erst nach 90 Tagen ihrem Richter vorgeführt werden müssen;
    — die Überprüfung aller Foltervorwürfe und die Bestrafung aller der Beteiligung an Folterungen Überführten;
    — die Gewährleistung der Ausreisemöglichkeiten für demokratische türkische Politiker und das Recht auf weitere politische Betätigung für die derzeitigen Parlamentarier.
    Die Bundesregierung hat in jeder einzelnen dieser Fragen das Anliegen, das hier zum Ausdruck gekommen ist, im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten gegenüber der türkischen Regierung unterstützt. Deshalb teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Mittel für die Türkei aus dem Bundeshaushalt vom Bundestag gebilligt werden in der Erwartung, daß den oben genannten Zusicherungen — das sind die von mir verlesenen Punkte — entsprochen wird.
    Ich glaube deshalb, daß es richtig ist, dem Deutschen Bundestag die Gewißheit zu geben, daß angesichts der heutigen Meldungen über neue Maßnahmen der türkischen Militärregierung, die den Zielen des gemeinsamen Entschließungsantrages zuwiderlaufen, die Bundesregierung die geplante Hilfe für die Türkei laufend prüfen und im Einvernehmen mit den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages durchführen wird. Damit werden wir unserer Verpflichtung gerecht als Bündnispartner dieses schwergeprüften Landes, wir werden aber auch unserer Verantwortung gerecht, die uns zwingt, allüberall mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dafür einzutreten, daß Menschenwürde und Menschenrechte durchgesetzt werden können.

    (Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen)