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ID0904100400

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    Plenarprotokoll 9/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1981 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksachen 9/50, 9/265 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt — Drucksache 9/474 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2235 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2243 C Wehner SPD 2244A Hoppe FDP 2248 C Dr. Wörner CDU/CSU 2250 B Dr. Ehmke SPD 2256 B Jung (Kandel) FDP 2263 C Dr. Zimmermann CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 2267 C Schmidt, Bundeskanzler 2268 A Dr. Kohl CDU/CSU 2276 A Wischnewski SPD 2283 C Genscher, Bundesminister AA 2286 C Dr. Blüm CDU/CSU 2292 B Mischnick FDP • 2297 D Dr. Apel. Bundesminister BMVg 2301C Wischnewski SPD (Erklärung nach § 30 GO) 2308 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 2309A Bahr SPD 2314C Metz CDU/CSU 2318 B Frau Dr. Wilms CDU/CSU (zur GO) . . . 2320D Löffler SPD 2320 D Namentliche Abstimmung . . . . 2321D, 2322 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 9/475 — Picard CDU/CSU 2323 D Würtz SPD 2325 C Gärtner FDP 2326 D Coppik SPD 2327 D, 2329 B Genscher, Bundesminister AA 2328 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 9/488 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2329 D Esters SPD 2331 C Gärtner FDP 2332 A Offergeld, Bundesminister BMZ 2332 B Pieroth CDU/CSU 2332 D Frau Luuk SPD 2333 B Dr. Vohrer FDP 2334 B II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1981 Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 9/490 — Gerster (Mainz) CDU/CSU 2334 D Nehm SPD 2336 B Dr. Wendig FDP 2337 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 9/484 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2339 B Stöckl SPD 2343 A Dr. Zumpfort FDP 2345A Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2349 C Würzbach CDU/CSU 2351 B Jungmann SPD 2354 A Duve SPD 2356 A Dr. Schöfberger SPD 2357 C Coppik SPD 2358 C Kleinert FDP 2359 C Hansen SPD 2360 A Mischnick FDP 2360 B Namentliche Abstimmung 2360 C Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 9/495 — 2362 C Nächste Sitzung 2362 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2362 B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1981 2235 41. Sitzung Bonn, den 3. Juni 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 4. 6. Dr. Barzel 3. 6. Dr. Geßner * 4. 6. Kittelmann * 4. 6. Dr. Köhler (Duisburg) 5. 6. Korber 5. 6. Frau Dr. Lepsius 5.6. Milz 5. 6. Dr. Müller * 4. 6. Frau Noth 5. 6. Reddemann * 4. 6. Frau Roitzsch 5. 6. Frau Schlei 5. 6. Schmidt (Würgendorf) * 4. 6. Dr. Schwarz-Schilling 5. 6. Dr. Stercken 5. 6. Dr. von Weizsäcker 5. 6. Dr. Wittmann (München) * 4. 6. *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Bitte sehr.


Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Dr. Zimmermann, darf ich Sie um die Freundlichkeit bitten, mir das Zitat, das Sie soeben gebracht haben, zur Verfügung zu stellen?

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    Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich kann Ihnen die Zitatstelle jetzt schon sagen, und nachher kann ich es Ihnen auch zur Verfügung stellen. Es stand in dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin „Forbes" und wurde von der „Welt am Sonntag„ auf Seite 1 am 31. Mai 1981 zitiert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine für einen Bundeswirtschaftsminister so bedeutsame Aussage wäre sicher dementiert worden,
    wenn sie nicht so gesagt worden wäre; denn immer-



    Dr. Zimmermann
    hin stand das Zitat auf Seite 1 einer der drei großen überregionalen Tageszeitungen.

    (Westphal [SPD]: Es lohnt nicht mehr, die „Welt am Sonntag" zu dementieren!)

    — Das kann jeder machen, wie er will; aber er muß sich damit auseinandersetzen lassen, wenn man ihm so etwas vorhält.
    Die Bundesregierung hat ihre Verschuldenspolitik in der Hoffnung betrieben, daß die Bürger mit diesen astronomischen Zahlen wenig anfangen können und sich nicht direkt betroffen fühlen. Doch inzwischen spürt man die negativen Auswirkungen der Staatsverschuldung unmittelbar: die Benzinpreise sind gestiegen, die Abgaben wurden erhöht, und all die vielen Arbeitnehmer, die sich ein eigenes Häuschen bauen, spüren die Zinslast immer drükkender.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    Die Bundesregierung wird schon mit dem Haushalt 1981 die im Grundgesetz Art. 115 beschriebene Kreditgrenze bei weitem überschreiten. Aus gutem Grund hat unsere Verfassung die Regel festgelegt, daß die Neuverschuldung nicht höher sein darf als die Investitionen. Einer Neuverschuldung von 34 Milliarden DM stehen jedoch lediglich 32 Milliarden DM an Investitionen gegenüber, und das ist noch nicht die volle Wahrheit. Denn in Wirklichkeit kommen zu den 34 Milliarden DM Neuverschuldung noch die 6 Milliarden DM hinzu, die in einer Art Schattenhaushalt im Kreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau vorgesehen sind, sowie die über 4 Milliarden DM Schuldenabwälzung auf Bahn und Post. Damit liegt die tatsächliche Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr um rund 9 Milliarden DM höher als im offiziellen Haushalt ausgewiesen. Das ist keine seriöse Haushaltspolitik mehr. Das entspricht eher dem Stil einer zweifelhaften Abschreibungsfirma als dem Stil einer verantwortungsbewußten Bundesregierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Selbstverständlich enthält der Art. 115 eine Ausnahmebestimmung für die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Nur ist dieser Passus kein Persilschein für eine ausufernde Verschuldung. Mit dem bloßen Hinweis auf eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts glaubt die Bundesregierung, dem Grundgesetz eine ausreichende Referenz erwiesen zu haben. Das ist ein Irrtum. Eine Ausnahmeklausel bleibt eine Ausnahmeklausel, die gerade dadurch die Grenze der Verschuldung markiert.
    Nach übereinstimmender Auskunft der ökonomischen Sachverständigen, aber insbesondere nach dem Urteil der deutschen Bundesbank ist eine globale Ausweitung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage durch expansive Staatsausgaben derzeit nicht geeignet, die wirtschaftlichen Störungen zu beseitigen. Deshalb ist es die Pflicht der CDU/CSU, die Bundesregierung schon beim Haushalt 1981 auf die Einhaltung der Verfassung hinzuweisen. Spätestens beim Haushalt 1982 wird die Bundesregierung in der Verschuldensfrage vor einem Stoppschild stehen, an
    dem sie sich nicht mehr vorbeidrücken kann. Nach dem Haushaltsdesaster 1981 muß der Bundesregierung und der Koalition klar sein, daß die bisherige Strategie, der bisherige Vorgang, zuerst den Haushaltsentwurf zu schönen, gleichzeitig die Verbrauchssteuern zu erhöhen und dann die Rentenversicherung zu schröpfen, nicht wiederholbar ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ohne eine radikale finanzpolitische Wende, ohne ein Haushaltssicherungsgesetz — gleich, welches Wort man statt dessen nimmt —, wird es demnächst nicht mehr abgehen. Die finanzpolitischen Fehler eines Jahrzehnts holen diese SPD/FDP-Koalition ein.
    Es ist interessant zu beobachten, wie sich e i n Partner der Koalition, die FDP, dabei verhält. Manche bei ihr tun heute so, als hätten sie damit überhaupt nichts zu tun, als wären sie zehn Jahre lang gar nicht mit von der Partie gewesen, als hätten sie in dieser Zeit nicht den Wirtschaftsminister gestellt,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    als hätten sie den Bundeshaushalten von 1970 bis 1980 nicht zugestimmt!

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Wir nehmen sehr ernst, Herr Kollege Hoppe, was Sie gestern für die FDP über die Fehler der Regierungspolitik und der Koalition gesagt haben. Sehr ernst! Wir wissen, daß Sie auch in den letzten Jahren schon oft wirklich kritische, nachdenkenswerte Worte gesagt haben. Aber, Herr Kollege Hoppe, Sie haben sich in den letzten Jahren dann nicht so verhalten, wie Sie vorher gesprochen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen darf ich Sie nunmehr wirklich bitten: Machen Sie endlich Ernst, und lassen Sie Ihren bemerkenswerten Worten von gestern nun auch die Taten folgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nur dann sind Sie und die FDP glaubwürdig.
    In seiner ersten Regierungserklärung 1969 hat der damalige Bundeskanzler Brandt erklärt: „Solidität wird die Richtschnur unserer Finanzpolitik sein."

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ausgerechnet der!)

    Im Reformeifer und bei den von Bundesfinanzminister Strauß übernommenen vollen Kassen begann man, Jahr für Jahr über die Verhältnisse zu leben.
    Das muß auch Helmut Schmidt gespürt haben, als er 1974 Bundeskanzler wurde. Er sagte damals in seiner Regierungserklärung: „Die Bundesregierung wird alle verfassungsmäßigen und alle politischen Möglichkeiten voll nutzen, um Bund, Länder und Gemeinden auf eine sparsame Ausgabenpolitik ab 1975 zu verpflichten."

    (Lachen bei der CDU/CSU — Seiters [CDU/ CSU]: Dann ging es los!)

    Dieser fromme Grundsatz war bald vergessen. Der Schuldenberg des Bundes wuchs und wuchs. Bei dieser Sachlage möchte ich von Ihnen gern wissen,



    Dr. Zimmermann
    Herr Bundeskanzler, wie Sie sich überhaupt vorstellen, daß diese Milliardenschulden einmal getilgt werden. Oder denken Sie daran nicht? Wollen Sie das Problem wirklich nur der nachwachsenden Generation überlassen?
    Meine Damen und Herren, noch niemals in der Geschichte sind Schulden dieser Größenordnung vom Staat zurückgezahlt worden; noch niemals!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich würde gern von Ihnen wissen, Herr Bundeskanzler, wie Sie wieder zu Vollbeschäftigung kommen wollen, wie Sie die Stabilität sichern wollen, wie Sie die soziale Sicherheit garantieren können und wie die deutsche Wirtschaft wieder leistungsfähig und auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig gemacht werden soll.
    Die Union wird sich einer sinnvollen Sanierung der Staatsfinanzen nicht widersetzen. Doch Voraussetzung ist, daß die Bundesregierung mit der vollen Wahrheit herausrückt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Es muß Kassensturz gemacht werden. Die Bücher müssen auf den Tisch des Hauses, und es muß Schluß sein mit dem finanzpolitischen Versteckspiel, das getrieben wird!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir stehen in der Bundesrepublik Deutschland — mittlerweile ist Allgemeingut geworden, was wir seit Jahren gesagt haben — vor der größten Herausforderung seit der Gründung der Bundesrepublik 1949. Die wirtschaftliche, finanzielle und soziale Stabilität ist erschüttert. Der Sozial- und Bildungsstaat hat die Grenzen der Finanzierbarkeit erreicht. Alle Ziele des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes sind verfehlt: Es gibt keine Vollbeschäftigung, keine Preisstabilität, kein angemessenes Wachstum, kein außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
    Was wir in der Bundesrepublik jetzt dringend brauchen, ist eine Belebung der Wirtschaft; denn höhere Wirtschaftstätigkeit — und nur sie — baut Arbeitslosigkeit ab und schont die Finanzmittel der Bundesanstalt für Arbeit, bringt mehr Lohn- und Einkommensteuer sowie Umsatzsteuer in die Staatskasse. Nur das ist das Rezept.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Weg der immer neuen Belastungen für den Bürger, den die Koalition beschritten hat, führt in die falsche Richtung. Dieser Weg hemmt wirtschaftliches Wachstum. In einer Situation wirtschaftlichen Abschwungs sind Steuersenkungen weit wirkungsvoller als die laufende Erhöhung der Staatsausgaben.
    Die SPD/FDP-Koalition hat in der Vergangenheit in der Annahme, alles sei machbar und alles Wünschbare auch finanzierbar, eine Gefälligkeitspolitik betrieben, die mit dem Schmucketikett „Reformpolitik" versehen wurde. Die Quellen der Wertschöpfung in unserem Staat sind jedoch leistungsfähige Unternehmen und leistungsbereite Arbeitnehmer. Ihr gemeinsamer Einsatz und ihr Fleiß dürfen
    nicht länger bestraft, sondern müssen wieder honoriert werden!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es gilt, die durch eine falsche Politik gelähmten Kräfte der Sozialen Marktwirtschaft wieder freizusetzen.
    Zu einer Politik der Erneuerung ist diese Koalition allerdings nicht mehr in der Lage; denn gleichzeitig mit den finanziellen Schwierigkeiten ist sie in eine Identitätskrise geraten. Das gilt vor allem für den größeren Teil der Koalition, die SPD. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen der Unruhe in der SPD und der Unsicherheit in der Öffentlichkeit. Die SPD ist dabei, sich wieder einmal — wie in den 50er Jahren — selbst zu blockieren. Das wäre für das Land nicht weiter tragisch, wenn die SPD nicht — anders als in den 50er Jahren — Regierungspartei wäre und nicht den Bundeskanzler stellen würde. Eine Partei, die so mit sich selbst beschäftigt ist wie die SPD heute, sich in keiner zentralen politischen Frage zu gemeinsamem Handeln mehr aufraffen kann, eine solche Partei wird der Regierungsverantwortung nicht mehr gerecht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Von Berlin bis Hamburg, von Hessen bis nach Bonn — es ist überall das gleiche zerstrittene Erscheinungsbild der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
    Erst letzte Woche hat die SPD diesem Haus ihren inneren Zustand präsentiert. Mit seiner Rücktrittsdrohung erzwang der Bundeskanzler zwar teilweise die Gefolgschaft der Fraktion in der Abstimmung über den NATO-Doppelbeschluß zur Nachrüstung, aber bei einigen nur nach dem Motto: Ich bin zwar gegen die Politik des Kanzlers, stimme aber für die Machterhaltung der SPD.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das Schauspiel, das einige SPD-Abgeordnete der deutschen Öffentlichkeit mit ihren persönlichen Erklärungen geboten haben, war eine Verhöhnung der Demokratie und ein Zerfall der politischen Sitten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was sollen eigentlich junge Leute von einem Politiker halten, der offen verkündet, er sei zwar gegen die Politik dieser Bundesregierung, werde aber dennoch für sie stimmen, weil er einen politischen Wechsel verhindern wolle? Was sollen sich eigentlich die denken, die so etwas hören?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei der Nachrüstung treibt die SPD ein gefährliches Spiel. Ein Teil dieser Partei — an der Spitze der Bundeskanzler — tritt für eine westliche Nachrüstung ein, wenn sich die Sowjetunion weigert, ihre inzwischen erreichte militärische Überlegenheit gegenüber Europa in Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zu reduzieren. Ein anderer Teil der SPD mit Herrn Eppler als Wortführer will die sowjetische Überlegenheit festschreiben und auf das Gleichgewicht verzichten. Und dann kommt Herr Brandt letzte Woche und sagt, am be-



    Dr. Zimmermann
    sten sei es überhaupt, auf das ganze „Teufelszeug" von Raketen zu verzichten.

    (Beifall bei der SPD)

    Woran soll sich der Bürger nun halten? — Ja, der Beifall paßt genau an diese Stelle. — Woran soll sich der Bürger halten? An Schmidt, an Eppler, an Brandt? Wie will die SPD den Anspruch aufrechterhalten, in einer so wichtigen Frage Führung zu zeigen und die Regierung zu stellen, wenn sie selbst nicht weiß, was sie will, denn die Herren Eppler und Brandt sind ja wohl nicht irgendwer, sondern haben ganz bestimmte Funktionen in der deutschen Politik?
    Meine Damen und Herren, paradoxerweise ist es die SPD selbst, die durch ihr Verhalten eine westliche Nachrüstung geradezu herbeizwingt. Das möchte ich Ihnen begründen. Die Vereinigten Staaten unter Präsident Reagen sind entschlossen, der sowjetischen Herausforderung zu begegnen und eine militärische Überlegenheit der Sowjetunion in Europa nicht hinzunehmen. Der Widerstand weiter Teile der SPD gegen jedwede Nachrüstung des Westens nährt jedoch bei den Sowjets die Hoffnung, man brauche auf die amerikanischen Abrüstungsvorschläge nicht einzugehen, weil die Europäer selbst keine Nachrüstung wollten.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Je entschlossener und je geschlossener eine Bundesregierung und alle Bundestagsfraktionen für die Wiederherstellung des militärischen Gleichgewichts eintreten, desto größer ist die Chance auf erfolgreiche Verhandlungen mit der Sowjetunion, nicht umgekehrt!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Sowjets inszenieren gegenwärtig die größte politische Erpressung des Westens seit Chruschtschows Ultimatum von 1958. Ermutigt werden sie dazu durch die Zerrissenheit in der SPD in der Bundesrepublik Deutschland und durch ähnliche Unstimmigkeiten in anderen NATO-Ländern. Erst vor wenigen Jahren haben wir hier eine hitzige Auseinandersetzung über die Frage der Neutronenwaffe gehabt. Auch damals machte sich ein großer Teil des SPD zum Mitläufer der Propaganda gegen die Stationierung dieser Waffen in Europa, sogar gegen ihren Bau in Amerika. Damals wie heute war der Kollege Bahr einer ihrer Wortführer. Darf ich Sie heute fragen: wie hat die Sowjetunion auf den damaligen Verzicht des amerikanischen Präsidenten auf den Bau der Neutronenwaffe reagiert?

    (Dr. Mertes [Gerolstein][CDU/CSU]: Das ist die Frage!)

    Die Hochrüstungspolitik wurde ungebremst fortgesetzt, die Stationierung neuer Raketen mit Zielrichtung Westeuropa wurde weiter getrieben. Das Zeichen des guten Willens des Westens und des amerikanischen Präsidenten ist von der Sowjetunion brutal zum Ausbau der eigenen Überlegenheit ausgenutzt worden. Das ist unsere letzte Erfahrung auf diesem sensiblen Sektor mit der Politik der Sowjetunion.
    Heute arbeiten Sozialdemokraten und Linke aller Schattierungen und Kommunisten Hand in Hand beim Krefelder Appell gegen eine Wiederherstellung des militärischen Gleichgewichts.
    Die politische Lage in Europa wird blitzlichtartig dadurch erhellt, daß der SPD-Vorsitzende Brandt in den nächsten Wochen nach Moskau reisen wird, während gleichzeitig eine Beschimpfungskampagne der Sowjetunion gegen den Bundeskanzler und die deutsche Bundesregierung läuft. Vorreiter dieser Gespräche sind bekannte Männer: auf deutscher Seite Herr Bahr, auf sowjetischer Seite Ponomarjow und Sagladin. Dieses ganze Manöver der Sowjetunion ist langfristig angelegt. Die Kampagne läuft seit Monaten mit immer wechselnden Feinheiten und Aktionen auf allen Ebenen der Publizistik und der persönlichen Darstellung. Diese Kampagne, dieses Manöver dient doch nur dazu, den Westen in dieser existentiellen Frage der Politik zu spalten und die europäischen Sicherheitsinteressen von denen der Vereinigten Staaten von Amerika abzukoppeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nicht erst in der letzten Woche ist deutlich geworden, daß die SPD ein gestörtes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten hat. Noch während der Bundeskanzler bei Präsident Reagen war, ging der Widerstand der SPD gegen Nachrüstung und gegen die Vereinigten Staaten weiter. Die entsprechenden Beschlüsse der verschiedensten Gliederungen der SPD in diesem Sinne aufzuzählen, würde den zeitlichen Rahmen dieser Debatte weit sprengen. Doch einen Vorgang finde ich exemplarisch: Sozialdemokraten hielten es für richtig, den Gustav-Heinemann-Preis ausgerechnet der Deutschen Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung zu überreichen und damit eine führende Gruppierung gegen den NATODoppelbeschluß zur Nachrüstung auszuzeichnen. Anläßlich der Feierstunde sprach auch der frühere SPD-Geschäftsführer Bahr zur Nachrüstungsfrage. Er sagte:
    Niemand kann ausschließen, daß auch in Moskau einmal ein Wechsel eintritt. Wenn dort jedenfalls eine neue, ähnliche Linie beschlossen würde wie heute in Washington, dann wäre das, was jetzt möglich ist, vertan und nicht mehr zurückzuholen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Hier stellt Herr Bahr wieder einmal die Dinge total auf den Kopf.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer hat in den letzten zehn Jahren massiv aufgerüstet? Wer unterstützt die Bürgerkriege in Afrika? Wer führt den Vernichtungsfeldzug gegen Afghanistan? Wer bedroht Polen? Während Herr Bahr so daherredet, unterzeichnen Bundeskanzler Schmidt und Präsident Reagen in Washington ein Kommuniqué, in dem steht, daß die bedrohliche sowjetische Rüstung und ihre expansionistische Weltpolitik ver-



    Dr. Zimmermann
    urteilt werden muß. Während das geschieht, spricht Herr Bahr so vor dieser Gesellschaft.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das ist der Januskopf der Linken! — Glos [CDU/CSU]: Sozialistische Doppelstrategie!)

    — Eine schlimmere Art von Doppelstrategie kann man sich kaum denken.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Verlogenheit!)

    Der Vorsitzende der SPD, Herr Kollege Brandt, hat in der letzten Woche in diesem Hause eine bemerkenswerte Rede gehalten, die sich sehr deutlich von der Regierungserklärung des Bundeskanzlers absetzte.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Aufmerksame Zuhörer haben dabei sehr wohl registriert, daß Brandt in vielen Punkten in der Sache näher bei Hansen als bei Schmidt lag.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Herr Kollege Brandt hat mit dieser Rede den Versuch, den gescheiterten Versuch, unternommen, die Einheit der SPD wiederherzustellen und die Bundesregierung außen vorzulassen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Auf der Basis der Doppeldeutigkeit!)

    Er hat die Illusion genährt, daß vom Prinzip her die Nulloption bei der Raketenrüstung noch möglich sei.
    Er sagte ein weiteres, nämlich daß es für ihn keine Perspektive für Entspannung gäbe, wenn sie nicht in den nächsten Jahren durch Rüstungsbegrenzung und Abrüstung ergänzt würde. Er sagte wörtlich: „Es ist eine Illusion zu glauben, Europa und die Deutschen würden anders überleben." „Überleben" sagte Herr Brandt. Das ist gespenstisch. Denn ein solches Wort haben nicht einmal die Sowjets bis jetzt in ihrem Repertoire der Drohungen und Erpressungsversuche gebraucht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Brandt weiß selbst, daß zu Verhandlungen immer zwei gehören. Und aus seinen Ostverträgen müßte er eigentlich gelernt haben, was herauskommt, wenn man sich selbst unter einen zeitlichen Erfolgszwang setzt. Selbstverständlich müssen Abrüstungsgespräche zwischen den USA und der Sowjetunion stattfinden — aber doch mit dem einwandfreien westlichen Ziel, die sowjetische Überlegenheit abzubauen. Und dazu gehören Geduld und Zähigkeit, die richtige Wortwahl und der richtige Verhandlungszeitpunkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ich halte es in der Situation der Bundesrepublik Deutschland auch für wenig hilfreich, wenn der Kollege Brandt die Raketen insgesamt als „Teufelszeug" abtut, von dem er Europa freihalten möchte. Er weiß natürlich, was von diesem „Teufelszeug" schon alles in Europa steht. Die Russen wird das, was er sagt, wenig beeindrucken. Aber bei uns
    schürt es die Vorurteile gerade junger Menschen gegenüber unserer Verteidigungsbereitschaft. Immerhin hat dieses „Teufelszeug" den Europäern eine jahrzehntelange Friedensperiode beschert. Und ich sage Ihnen: Lieber mit diesem Teufelszeug in Frieden und Freiheit leben, als ohne es zu sterben, wie die Menschen in Afghanistan.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei der Diskussion über diese schrecklichen Waffen muß auch einmal wieder die Frage gestellt werden: Wie stünde es denn um den Weltfrieden ohne die großen Waffen und ihre Gleichgewichtigkeit im interkontinentalen Verhältnis? Wäre da nicht die Leichtfertigkeit, einen Konflikt zu riskieren, größer? Die Schrecken eines Atomkriegs, eines totalen Kriegs und die Gewißheit für jeden, ob Sowjetunion oder Vereinigte Staaten, dabei nichts zu gewinnen, nur zu verlieren: auch das trägt zum Frieden bei, und auch das kann man in der Diskussion nicht so behandeln, daß man es global zum „Teufelszeug" erklärt. Da muß man schon etwas tiefer bohren, um junge Leute davon zu überzeugen, was heute notwendig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gerade weil heute viel über die Friedenssehnsucht der Menschen geredet wird und nur wenig daüber, wie der Frieden konkret gesichert werden kann, darf man als Vorsitzender einer großen Partei diese Diskussion nicht so oberflächlich, nicht so mit „Teufelszeug" führen. Ich weiß, es ist nicht populär, von Raketen und Sprengköpfen zu sprechen und für ein militärisches Gleichgewicht einzutreten. Es gehören Mut und Ehrlichkeit dazu, jungen Menschen zu sagen, daß Frieden, Freiheit und Wohlstand ihren Preis haben und daß sie täglich neu erworben werden müssen. Es gehört auch dazu zu sagen, daß nicht Resolutionen und Verträge letzten Endes den Frieden sichern, sondern die Fähigkeit, erfolgreich Widerstand bei einem Angriff leisten zu können. Deswegen haben wir unsere Bundeswehr. Deswegen sind wir in der NATO. Deswegen stationieren unsere Verbündeten auf unseren Wunsch hin Soldaten in diesem Land und in West-Berlin.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Noch eine Bemerkung zur Debatte über die Regierungserklärung in der letzten Woche. Herr Kollege Ehmke hat versucht, von den antiamerikanischen Tendenzen in der SPD durch ein angeblich kritisches Zitat von Franz Josef Strauß in Richtung USA abzulenken. Strauß hat vor einem Jahr in Passau gesagt:
    Wir müssen alles dafür tun, daß ein Europa geschaffen wird, das weniger abhängig ist von Amerika, das von amerikanischem Schutz und Schirm nicht so bedingungslos abhängt, wie wir es sind, ein Europa, das nicht am Rockzipfel der Amerikaner hängt, das nicht von den innenpolitischen Wechsellagen der amerikanischen Politik bestimmt wird, das nicht von wechselnden Meinungen des amerikanischen Präsidenten mit seinem Lebensschicksal abhängt.



    Dr. Zimmermann
    So weit hat Herr Kollege Ehmke richtig zitiert. Doch Strauß sagte weiter:
    Wir haben doch kein Recht, auf die Amerikaner zu schimpfen. Tun wir doch selbst, was notwendig ist! Die Hand zum Frieden muß immer ausgestreckt bleiben; reden ist allemal besser als schießen. Der Konferenztisch ist wichtiger als das Schlachtfeld, aber damit der Konferenztisch Ergebnisse bringt, müssen wir in Europa — genau wie die Amerikaner — mehr für unsere Verteidigung tun.
    Meine Damen und Herren, das ist die Lage heute. Ich bin dem Kollegen Ehmke dankbar, daß er mir die Gelegenheit gegeben hat, diese Aussage von Franz Josef Strauß hier vor dem Deutschen Bundestag zu bekräftigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben, meine Damen und Herren, große Sorge um die Erhaltung der Verteidigungskraft der Bundesrepublik Deutschland und um den Zustand der Bundeswehr selbst. Es sind Zweifel aufgetaucht, ob die Bundeswehr ihren Auftrag noch in vollem Umfang erfüllen kann. Das Versagen des amtierenden Verteidigungsministers hat die Bundeswehr in ein Finanzdebakel gestürzt und zieht negative Folgen für die Kampfkraft nach sich.
    Der Inspekteur der Luftwaffe hat letzte Woche vor dem Verteidigungsausschuß nachgewiesen, daß unsere Luftwaffe im Ernstfall nur beschränkt einsatzfähig ist, weil die Flugplätze nicht geschützt sind. Er hat weiterhin festgestellt, daß die Kürzungen im Verteidigungshaushalt vorgenommen worden sind, ohne die konkrete Bedrohungsanalyse zu berücksichtigen. Und jetzt verlangt die SPD seinen Rücktritt nach dem Motto: Wer die Wahrheit sagt, muß gehen!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU]: Ja, so ist das!)

    Die CDU/CSU wird nicht hinnehmen, daß ein Soldat, der vor einem Untersuchungsausschuß des Parlaments pflichtgemäß Rede und Antwort steht, dafür von der Regierung gefeuert werden soll,

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

    während der Verteidigungsminister, der die Wahrheit seit Monaten vertuscht, von Ihnen, Herr Bundeskanzler, noch demonstrativ das Vertrauen ausgesprochen erhält.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Finanzdebakel um das Kampfflugzeug Tornado, das der Verteidigungsausschuß als Untersuchungsausschuß aufklären will, ist offenbar nur die Spitze eines Eisberges politischer Unfähigkeit. Immer deutlicher schält sich heraus, daß Verteidigungsminister Apel seit dem Frühjahr 1980 sehr wohl über die finanziellen Schwierigkeiten unterrichtet war. Wie anders wäre sonst sein ministerieller Morgengruß: „Na, was gibt es Neues beim Tornado?" zu verstehen? Niemand nimmt ihm die Ausrede ab, er habe zwar Akten abgezeichnet und mit Beamten darüber geredet, aber in Wirklichkeit nichts gewußt. Vor die Alternative gestellt, entweder die Unwahrheit über seinen Informationsstand gesagt zu
    haben oder der Unfähigkeit im Amt bezichtigt zu werden, hat er sich offenbar für letzteres entschieden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Vielleicht stimmt es sogar; denn schließlich wurde er vom Bundeskanzler zu einem Amt gezwungen — daran muß man wieder einmal erinnern —, daß er gar nicht wollte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Er hat dort Probleme vorgefunden, die ihn gar nicht interessierten. Er hat im Verteidigungsministerium nur so viel Zeit zugebracht, wie ihm unbedingt nötig erschien. Im übrigen war er bestrebt, seine Dienstzeit als Verteidigungsminister „abzureißen" wie ein mißgestimmter Rekrut seinen Wehrdienst.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt ist er schon wieder nicht hier! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Er sucht einen Bürgermeister! — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Er leitet den Hamburger Suchtrupp! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Bei den wichtigsten Passagen meiner Rede ist er natürlich wieder nicht da.

    (Zurufe von der CDU/CSU)