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ID0904012400

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    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
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    5. Herr: 1
    6. Bundeswirtschaftsminister.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/40 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 40. Sitzung Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Wendig 2113 A Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche nach dem 15. Juni 1981 . . . 2113 A Begrüßung einer Delegation des Kongresses der Republik Kolumbien 2127 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksachen 9/50, 9/265 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 9/471 — 2113B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 9/472 — 2113D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 9/473 — 2113 D Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 9/478 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 9/493 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 9/497 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 9/487 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 9/494 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU 2114B Walther SPD 2122 B II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 Hoppe FDP 2127 C Matthöfer, Bundesminister BMF 2131 A Kiep CDU/CSU 2142 B Grobecker SPD 2150 B Gärtner FDP 2153 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 2158 C Dr. Hackel CDU/CSU 2162 C Löffler SPD 2163 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 9/479 — Glos CDU/CSU 2167 B Frau Simonis SPD 2173A Dr. Haussmann FDP 2176 D Borchert CDU/CSU 2179 B Reuschenbach SPD 2181B Wissmann CDU/CSU 2183 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2185C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksache 9/482 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2192 C Wieczorek (Duisburg) SPD 2195 B Merker FDP 2197 C Lemmrich CDU/CSU 2199A Daubertshäuser SPD 2202 A Dr. Riemer FDP 2205 B Dr. Hauff, Bundesminister BMV 2207 A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 9/483 — Dr. Friedmann CDU/CSU 2210 C Paterna SPD 2212 C Hoffie FDP 2214 B Gscheidle, Bundesminister BMP 2214 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/489 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2216A Frau Traupe SPD 2217 D Gattermann FDP 2220 A Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 2220 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 9/480 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2222 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2224 B Dr. Zumpfort FDP 2226 C Gallus, Parl. Staatssekretär BML 2228 C Eigen CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 2231A Nächste Sitzung 2231 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2233*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2233*B Anlage 3 Interventionspolitik der USA, insbesondere in Lateinamerika; Übereinstimmung der Bundesregierung mit der amerikanischen Regierung MdlAnfr 10, 11 22.05.81 Drs 09/461 Milz CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 2233*C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 III Anlage 4 Förderung des Einbaus von Wärmepumpen ohne Erkenntnisse über die Auswirkung auf die Ökologie MdlAnfr 52 22.05.81 Drs 09/461 Frau Roitzsch CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 2233*D Anlage 5 Vereinfachung des Städtebauförderungsgesetzes MdlAnfr 53, 54 22.05.81 Drs 09/461 Dörflinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 2234*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 2113 40. Sitzung Bonn, den 2. Juni 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 34. Sitzung, Seite 1754 D, Zeile 1: Statt „13 000" ist zu lesen „1 300". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 4. 6. Brandt 2.6. Ertl 2. 6. Kittelmann * 4. 6. Korber 5. 6. Frau Dr. Lepsius 5. 6. Milz 5.6. Müller (Bayreuth) 2. 6. Frau Noth 5. 6. Reddemann * 3.6. Frau Roitzsch 5. 6. Frau Schlei 5. 6. Schmidt (Würgendorf) * 4. 6. Dr. Schwarz-Schilling 5.6. Dr. Stercken 5. 6. Dr. Struck 2. 6. Dr. von Weizsäcker 5. 6. Dr. Wittmann (München) * 4. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilung Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Vereinbarung im Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung Postversorgung auf dem Lande Konzept des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen für die künftige Postversorgung auf dem Lande - Drucksache 9/408 zuständig: Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Unterrichtung durch die Bundesregierung Verhandlungen über den Vorschlag einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften betreffend den Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht - Drucksache 9/449 - zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 3 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/461 Fragen 10 und 11): Lassen sich die USA nach Kenntnis der Bundesregierung auf eine Interventionspolitik in Lateinamerika oder anderswo ein, und wenn ja, welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu dieser Politik? Befindet sich die Bundesregierung in voller Übereinstimmung mit der amerikanischen Regierung in Washington, so wie dies letztlich bei den Besuchen des Bundeskanzlers, des Bundesaußenministers, des Bundesverteidigungsministers und des Bundeswirtschaftsministers in den Vereinigten Staaten zum Ausdruck gekommen ist? Zu Frage 10: Der Bundesregierung sind keine Vorbereitungen für eine militärische Intervention der USA in Lateinamerika oder anderswo bekannt. Zu Frage 11: In allen entscheidenden Fragen, denen sich unsere Länder gemeinsam gegenübersehen, besteht Übereinstimmung. Dies geht auch aus der Zusammenfassung der Gespräche hervor, die Bundesminister Genscher und Außenminister Haig am 9. März 1981 veröffentlicht haben. Diese Übereinstimmung wird erneut in der Gemeinsamen Erklärung der beiden Regierungschefs bekräftigt, die im Anschluß an den Washington-Besuch des Bundeskanzlers vom 20. bis 23. Mai 1981 veröffentlicht wurde. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Frage der Abgeordneten Frau Roitzsch (CDU/CSU) (Drucksache 9/461 Frage 52): Hält die Bundesregierung die Förderung des Einbaus von Wärmepumpen noch für vertretbar, solange keine Erkenntnisse darüber vorliegen, wie sich diese Maßnahmen auf die Ökologie auswirken? Über ökologische Auswirkungen bei Entnahme von Wärme aus Luft, Erdreich und Wasser durch Wärmepumpen liegen sehr wohl Erkenntnisse vor. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat diese Erkenntnisse in seinem jüngsten Sondergutachten „Energie und Umwelt" vom März 1981 zusammengefaßt. Daraus ergibt sich, daß Umweltbeeinträchtigungen, die von Wärmepumpen ausgehen können, als verhältnismäßig gering zu bewerten sind. Im Vergleich zu den erreichbaren energiepolitischen Vorteilen erscheinen solche Beeinträchtigungen in keinem Falle so schwerwiegend, daß von einer öffentlichen Förderung des Einbaus von Wärmepumpen abgesehen werden sollte. Belastungen der Umwelt können entweder durch fachgerechten Einbau und Kontrolle der Wärmepumpensysteme gänzlich vermieden werden oder lassen sich technisch beherrschen bzw. im notwendigen Umfang einschränken. 2234* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Fragen des Abgeordneten Dörflinger (CDU/CSU) (Drucksache 9/461 Fragen 53 und 54): Ist die Bundesregierung bereit einzuräumen, daß das Städtebauförderungsgesetz in seiner jetzigen Fassung für die Durchführung einfacher Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu kompliziert ist und die Schwerfälligkeit dieses Gesetzes in vielen Fällen dazu führt, daß einfache Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen entweder überhaupt nicht angegangen werden oder aber zuviel Zeit beanspruchen? Ist die Bundesregierung bereit, aus diesen Erkenntnissen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, für einfachere Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen einfachere gesetzliche Bestimmungen zu schaffen und in diesem Zusammenhang auf früher entwickelte, damals leider von der Bundesregierung abgelehnte Initiativen der Fraktion der CDU/ CSU zurückzukommen? Im Bundesbauministerium werden seit längerem Überlegungen zur Verbesserung und Fortentwicklung des rechtlichen Instrumentariums der Stadterneuerung angestellt. Auch der Deutsche Bundestag hat in einer Entschließung vom 31. Mai 1979 die Bundesregierung zur Vorlage entsprechender Vorschläge aufgefordert. Die gesetzgeberischen Vorüberlegungen des Bundesbauministeriums beziehen sich insbesondere auf die weitere Vereinfachung und Entbürokratisierung des Sanierungsrechts, die Erleichterung städtebaulicher Erneuerungsmaßnahmen im Rahmen des Städtebauförderungsgesetzes, die Harmonisierung von Städtebau-und Wohnungsmodernisierungsförderung sowie die Stärkung der gemeindlichen Selbstverwaltung innerhalb der Stadterneuerungsaufgaben. Auf der Grundlage der bisherigen umfassenden Vorklärungen, an denen auch die Länder, die kommunalen Spitzenverbände, zahlreiche Städte und Gemeinden sowie Vertreter aus Wissenschaft und Verbänden beteiligt wurden und die im Juni vergangenen Jahres bereits zur Durchführung eines Planspiels führten, werden im Bundesbauministerium derzeit die Arbeiten fortgesetzt und zur gegebenen Zeit erneut zur fachlichen Diskussion gestellt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Matthias Wissmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Reuschenbach, ich habe den Eindruck, Sie haben am heutigen Nachmit-



    Wissmann
    tag ganz im Unterschied zu Ihren gelegentlichen Einlassungen im Ausschuß Politik mit Polemik verwechselt. Sonst hätten Sie beispielsweise nicht sagen können, daß ein Kollege der Union die Forderung nach Einkommensreduzierungen der Arbeitnehmer sozusagen als wirtschaftspolitische Strategie dargestellt habe.

    (Zurufe von der SPD)

    Was jedoch gesagt worden ist — und dazu stehen wir —, ist beispielsweise dies: Was kann die Bundesregierung bei aller Beachtung der Tarifautonomie tun, um etwa durch eine Entlastungsoffensive in der Vermögensbildung — bei der Förderung der freiwilligen betrieblichen Gewinn- und Kapitalbeteiligung — dafür zu sorgen, daß es maßvolle Lohnentwicklungen als Voraussetzung einer vernünftigen Wirtschaftspolitik gibt?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lieber Herr Kollege Reuschenbach, da hätten Sie sich in Ihren eigenen Reihen ein klein wenig umschauen sollen, beispielsweise bei den Damen und Herren vom linken Flügel Ihrer Fraktion oder auch bei den Jungsozialisten, die wörtlich erklären, individuelle Vermögensbildung sei eine Strategie zur Förderung -- so die Jungsozialisten — der kleinkapitalistischen Mentalität der Arbeitnehmer und führe dazu, daß die Grundwidersprüche des kapitalistischen Systems verschleiert würden. Vielleich ist das der Grund, warum es auch Graf Lambsdorff, obwohl er in dieser Frage sicher anders denkt, bis heute trotz aller Ankündigungen nicht geschafft hat, in der Vermögensbildung wenigstens den Schritt voranzukommen, den die CDU/CSU schon in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich schlage vor, lieber Herr Kollege, daß Sie in Ihren Reihen von der Polemik zur Sache kommen und etwa dazu beitragen, daß unsere konstruktiven Vorschläge, die wir schon in der letzten Legislaturperiode eingebracht haben, endlich auch umgesetzt werden.
    Aber, meine Damen und Herren, mir geht es noch um ein Weiteres. Graf Lambsdorff und manche der Kollegen hier halten in vielen Fällen durchaus wohlklingende Reden, nicht nur bei Unternehmertagungen, sondern gelegentlich auch in diesem Parlament:

    (Zuruf des Abg. Kroll-Schlüter [CDU/ CSU])

    gegen Bürokratisierung, gegen die Gefahr des Mangels an Innovationsfähigkeit, gegen den zunehmenden Kostendruck, ja gegen die Ursachen, die unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit zunehmend unterhöhlen. Was die Reden anlangt, Graf Lambsdorff, haben wir nicht selten Grund, Gemeinsamkeiten festzustellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Nur, Graf Lambsdorff, Sie sind als Bundeswirtschaftsminister j a nicht mit der Funktion betraut, die Reden für die Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft zu halten, sondern Sie sind damit
    betraut, aus Reden Handeln werden zu lassen. Dort, glaube ich, liegt das Problem Ihrer politischen Glaubwürdigkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da möchten wir Sie beispielsweise fragen: Was tun Sie denn gegen das Anwachsen der Staatsquote? Sie liegt jetzt bei über 47 %, sie lag im Schnitt der Jahre 1960 bis 1969 bei rund 36 %. Was tun Sie denn beispielsweise gegen den Tatbestand, den vor kurzem wieder die Industrie- und Handelskammer in Koblenz beschrieben hat, daß bei kleinen und mittleren Unternehmen die Bürokratisierungskosten inzwischen im Schnitt bis zu 3,5 % des Umsatzes ausmachen?

    (Kolb [CDU/CSU]: Höher als der Gewinn!)

    Was tun Sie denn dagegen, daß ein Gastwirt, wenn er eine Kneipe aufmachen will, heute in der Regel bei 21 Behörden vorstellig werden muß, um überhaupt die notwendige Genehmigung zu bekommen?
    Die Reden genügen nicht mehr. Wir brauchen jetzt Handlungen, Herr Minister. Und da können Sie uns nicht auf den nächsten Bundeshaushalt vertrösten, sondern Sie sollten jetzt sagen, was Sie tun wollen, und nicht irgendwann in der Zukunft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daher wären zwei Dinge unbedingt erforderlich — und ich frage Sie, Herr Minister: was wollen Sie hier tun? —: erstens ist eine Konzeption der Bundesregierung gegen die zunehmende Gesetzes-, Verordnungs- und Erlaßflut notwendig, die gerade auch die Wirtschaft trifft, aber ebenso den einzelnen Arbeitnehmer wie den Selbständigen. Und zweitens: Was wird eigentlich aus Ihren Ankündigungen zu einem Abbau der Investitionshemmnisse? Wo bleibt eigentlich das geschlossene Konzept des Wirtschaftsministers und der Bundesregierung, auch hier aus Reden Taten werden zu lassen?

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Denn nur dann werden Sie in der praktischen Politik glaubwürdig werden.
    Ich glaube, Herr Minister, es täte gut, wenn Sie bei solchen und anderen Punkten endlich die Vorstellungen der CDU/CSU, wie sie beispielsweise in dem Entbürokratisierungsprogramm des Bundesvorstandes der CDU vom Dezember 1979 präzise vorgetragen wurden, aufnähmen, um damit zu zeigen, daß Sie auf die Opposition nicht nur dann zurückgreifen wollen, wenn es opportun erscheint, sondern auch dann, wenn sie ganz konkrete Vorschläge zu einer Veränderung der Verhältnisse gemacht hat.
    Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, hier noch eine weiteren Punkt anführen. Herr Minister Lambsdorff hat nach seiner Rückkehr von einer Japanreise ebenfalls klingende Reden gehalten. Er hat von der Gefahr eines Mangels an Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft gesprochen, von der Gefahr des Absinkens der Leistungsbereitschaft. Die Berichte über seine Reden standen unter der Oberschrift „Mehr arbeiten, weniger krankfeiern".
    Herr Minister, ganz abgesehen davon, daß ich manches von dem, was Sie dort gesagt haben, auf die



    Wissmann
    Frage zurückführen möchte, was eigentlich die Regierung getan hat, um die vorhandene Leistungsbereitschaft breiter Schichten unseres Volkes wieder zu ermutigen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    möchte ich Sie fragen: Was haben Sie eigentlich getan, um aus Ihren Reden vom Sommer 1980 politische Konsequenzen werden zu lassen? Was haben Sie beispielsweise getan, um gerade jungen Leuten, die bereit sind, selbständig zu werden — im Handwerk, im Handel, überall sonst —, Mut zu machen, auch materiell Anreize zu geben, etwa entsprechend unserem Gesetzentwurf zur Förderung des Eigenkapitalansparens, um damit zusätzlich Möglichkeiten zu eröffnen?
    Herr Kollege Bindig, wenn die Sozialdemokraten an solchen Punkten über die Hürde ihrer ideologischen Voreingenommenheit springen könnten, um jungen Leuten Mut zu machen, würden sie einen Beitrag dazu leisten, daß die Basis der Sozialen Marktwirtschaft, die auch auf Selbständigkeit beruht, gestärkt und nicht ständig weiter geschwächt wird, auch in der praktischen Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen Punkt ansprechen, von dem ich sagen will, daß er sicher, selbstkritisch gesprochen, nicht nur den Bund betrifft, sondern durchaus zum Teil auch die Bildungspolitik in den Bundesländern. Müssen wir nicht alle, so möchte ich fragen, dafür sorgen, daß die Innovationsfähigkeit gerade auch in der Auseinandersetzung mit den Japanern und zunehmend wahrscheinlich auch mit den Amerikanern dadurch wieder gestärkt werden kann, daß die technischen Berufe in unserem Volk stärker als bisher wieder Zuspruch finden?
    Wenn ich mir anschaue, daß ein Bewerber im Maschinenbau heute im Schnitt vier Stellen zur freien Auswahl hat, während bei den Soziologen 36 Bewerber um eine offene Stelle anstehen, dann frage ich mich: Müssen wir nicht alle gemeinsam in der Gesellschafts- und Bildungspolitik dafür sorgen — etwa auch bei der Korrektur der Oberstufenreform —, daß technische Fächer, daß mathematische Fächer, daß Physik und Chemie wieder den Stellenwert bekommen, den sie im Interesse gerade auch der jungen Generation und ihrer Zukunft bekommen müssen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, da haben wir alle etwas zu verändern, nicht nur die Bundesregierung, sondern Bund und Länder gemeinsam.
    Lassen Sie mich deswegen zum Schluß meiner knappen Redezeit folgendes sagen. Ich meine, die Glaubwürdigkeit dieser Bundesregierung, des Wirtschaftsministers und aller derjenigen, die zur Wirtschaftspolitik hier geredet haben, bemißt sich nicht nach der Qualität ihrer Reden, sondern bemißt sich danach, ob sie bereit sind, die Grundgedanken der Sozialen Marktwirtschaft — Selbständigkeit, Eigentum, persönliche Initiative, Leistungsbereitschaft und Wettbewerb — nicht nur bei gelegentlichen Re-
    den im Munde zu führen, sondern durch konkrete Taten wirklich ein Zeichen dafür zu setzen, daß man sie ernst nehmen kann, daß man nicht nur gelegentlich wohlklingende Reden hören muß. Sie sollten endlich die Praxis Ihrer Politik korrigieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte zunächst den Anlaß benutzen, um mich in zweierlei Richtung zu bedanken: erstens bei der Oppositionsfraktion dafür, daß sie mit daran geholfen hat, daß heute die Debatte über den wirtschaftspolitischen Bereich stattfinden kann, weil am Donnerstag, für den diese Debatte ursprünglich vorgesehen war, in Luxemburg der Ministerrat in Stahlfragen tagt und ich daran teilnehmen muß.
    Zweitens möchte ich mich bei den Mitgliedern des Haushaltsausschusses bedanken, die den Etat des Bundeswirtschaftsministers mit großem Verständnis behandelt haben. Dabei habe ich die erfreuliche Erfahrung gemacht, daß es sich nicht schlecht ausgezahlt hat, von vornherein keine übertriebenen Ansprüche anzumelden. Viele meinen j a, wenn sie das vorher tun, werden sie hinterher erst recht gerupft. Wenn Frau Simonis meinte, es sei noch allzu viel im Einzelplan 09 enthalten, dann hätte sie fleißiger suchen und noch etwas herausholen sollen. Aber sie hat dort eben nicht sehr viel gefunden. Meine Haltung entspricht der Grundauffassung, die schon meine Amtsvorgänger praktiziert haben, daß das Bundeswirtschaftsministerium auch in seiner Haushaltsgestaltung eine Politik zu betreiben hat, die in die allgemeine Landschaft und in die Notwendigkeiten der Finanzpolitik des Bundes hineinpaßt. Ich habe die Absicht, auch in Zukunft daran festzuhalten.
    Beim Thema Stahl, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir auch gleich mitten in dieser Diskussion. Da ich mich ebenfalls an die Redezeit halten will, muß ich versuchen, dies ganz kurz zu machen. Ich will zum Thema Saar nicht sehr viel mehr sagen als das: Es lohnt sich nicht zu streiten, wer wofür und weswegen zuständig gewesen ist, um etwas zu genehmigen, wer sich der Stimme enthalten oder etwas losgeeist hat. Wir sind uns einig darüber, daß das, was 1978 an der Saar begonnen worden ist, fortgesetzt und zu einem vernünftigen Ende gebracht werden muß. Wir sind in Schwierigkeiten geraten. Wir haben dieses Programm aufstocken müssen. Aber, meine Damen und Herren, ich möchte, gerade weil der Finanzminister des Saarlandes bei dieser Debatte zuhört, vier Bemerkungen zu diesem Thema machen.

    (Walther [SPD]: Der ist nicht mehr da!)

    — Er ist schon nicht mehr da; dann wird es ihm jemand sagen oder er wird es lesen oder die Kollegen aus dem Saarland werden es ihm berichten.



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Vier Dinge, glaube ich, müssen noch beachtet werden, wenn wir dieses Programm zu Ende bringen wollen.
    Erstens: Die Eigenleistungen des Unternehmens müssen weiter verstärkt werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Zweitens: Das Saarland muß in stärkerem Maße seinen Risikoanteil übernehmen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Drittens. Im Unternehmen selber muß die Kosteneinsparung erheblich stärker werden.
    Viertens — da bitte ich ebenfalls um Zustimmung, meine Damen und Herren —: Die Arbeitnehmer müssen einen größeren Teil leisten, als das bisher der Fall gewesen ist.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es kann nicht richtig sein, daß von 750 Millionen DM an öffentlichen Mitteln in Form von bedingt rückzahlbaren Zuschüssen 300 Millionen DM für die Finanzierung von Sozialplänen ausgegeben worden sind. Dies ist zu Lasten des Steuerzahlers undenkbar, und es ist auch undenkbar, was die Sicherheit der verbleibenden Arbeitsplätze anbelangt, die nun, wie wir sehen, schon wieder ohne Liquidität sind und deswegen bei der Bundeskasse antreten müssen. Ich mache diese Bemerkung sehr ausdrücklich auch in Richtung auf andere Stahlprobleme, die uns noch vor der Tür stehen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Abfindungssummen in Sozialplänen in Höhe von 70 000 DM für einen Lohnempfänger, 80 000 DM für einen Tarifangestellten und bis zu 200 000 DM für einen außertariflichen Angestellten sind nicht zu Lasten der öffentlichen Hände finanzierbar.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich komme zum Gesamtstahlproblem. Herr Kollege Borchert, zunächst einmal vielleicht die Bemerkung — ist er noch hier?

    (Bochert [CDU/CSU]: Ja, ja!)

    — ja, er ist noch da —: Sie müssen sich ein bißchen besser mit Ihren Parteifreunden in Nordrhein-Westfalen abstimmen; denn wenn Herr Biedenkopf an die Adresse der dortigen Landesregierung erklärt: Der einzige, der ein Konzept für unsere Stahlprobleme hat, ist der Bundeswirtschaftsminister, und ihr habt keines, können Sie nicht gut hier antreten und mir sagen, wir hätten kein Konzept.
    Herr Borchert, insofern bin ich dankbar, daß Sie keine Gelegenheit gehabt haben, Frau Simonis Nachhilfeunterricht in Marktwirtschaft zu geben, den sie brauchte, aber nicht von Ihnen;

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

    denn wenn Ihre erste Frage ist: Wo sind denn die Pläne der Bundesregierung für die Umstrukturierung der Stahlindustrie?, dann ist die Frage falsch. Die Frage muß heißen: Wo sind die Pläne der Unter-
    nehmen für die Umstrukturierung der Stahlindustrie?

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Hier sage ich genau dasselbe, was ich den Vertretern aus Dortmund gesagt habe. Das sind übrigens sehr eindrucksvolle Kollegen. Darf ich einigen der Sozialdemokraten sagen: Die Sozialdemokraten, die da aus den Betriebsräten von Hoesch kommen, das sind so die, die ich von früher her noch kenne. Die liegen mir mehr als manche andere.

    (Heiterkeit)

    Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen sagen: Der Betriebsratsvorsitzende von Hoesch/Estel ist ein Klasse-Mann. Der hat mit der Faust auf den Tisch geschlagen, ich auch, und dann haben wir uns gut vertragen. Zu dem Thema muß ich nur sagen, meine Damen und Herren — —

    (Zuruf des Abg. Reuschenbach [SPD]: Wo sind die leitenden Angestellten?)

    — Die gibt es ja nun ausgerechnet in dem Bereich, Herr Reuschenbach, wegen Ihres Widerstandes bei der Montanmitbestimmung nicht. Ich sage nicht, daß deswegen dort dann alles besser wäre, aber ich halte es für notwendig.
    Meine Damen und Herren, ich bin durchaus der Meinung, daß wir uns sehr ernsthaft zu überlegen haben, wie und wo wir helfen können. Aber es muß zunächst einmal der Plan des Unternehmens auf den Tisch, bevor wir uns Haushaltsansätze und Finanzierungsansätze überlegen können.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich kann doch nicht aus der Zeitung entnehmen, Herr Borchert, daß Hoesch 1,6 Milliarden braucht, und dann dem Finanzminister sagen: Rechne einmal auf der Basis dieser Zeitungsnotiz aus, wieviel du davon aus der Kasse nehmen kannst.

    (Beifall bei der SPD)

    So geht es nicht. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß es kritikwürdig ist, daß einige auch aus diesem Hause von Ort zu Ort und von Hochofen zu Hochofen ziehen und dort Erklärungen und Versprechungen abgeben, die ihnen der Finanzminister nicht honorieren kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Worauf es aber in den nächsten Tagen und Wochen entscheidend ankommt, ist, daß wir in Europa Ordnung schaffen. Frau Simonis, dies ist ein Musterbeispiel dafür, daß die Unternehmen sich vor Schwierigkeiten gestellt sehen, die ihnen nicht die deutsche, aber die europäische Politik durch die elende Subventioniererei der ausländischen Wettbewerber aus den Staatskassen dieser Länder beschert hat. Was soll denn ein Unternehmen dagegen anstellen?

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Damit können die besten Unternehmen, die besten Vorstände und die besten und mitbestimmten Aufsichtsräte nicht fertig werden, wenn allein in einem Jahr 25 Milliarden DM für British Steel aus der Kasse der Chancellor of the Exchequer bereitge-



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    stellt werden. Da muß Schluß sein, da muß aufgehört werden. Ich sage auch an dieser Stelle noch einmal: Wir erwarten von der Europäischen Kommission, daß sie ihre im Vertrag begründete Pflicht wahrnimmt, unsere Unternehmen vor vertragswidrigem Wettbewerb zu schützen, notfalls auch durch Maßnahmen an den deutschen Grenzen, die nicht wir national zu verhängen haben — das wäre ein Vertragsbruch —, sondern zu denen die Kommission notfalls berechtigt, aber auch verpflichtet sein kann.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Darum wird es auch übermorgen im Stahlrat gehen.
    Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen noch einmal versichern, wir werden die Stahlprobleme nicht aus den Augen verlieren. Wir kennen nun die Probleme. Wir sind für die europäische Lösung. Wir sind für Eurofer II. Wir finden es unerfreulich, daß es ein deutsches Unternehmen ist, das das Zustandekommen — ich sage leise — „freiwilliger" Vereinbarungen behindert. Ich wäre sehr dankbar, wenn ich auch von der Arbeitnehmerseite aus den Aufsichtsräten dieser Unternehmen die notwendige Unterstützung erfahren könnte, daß hier das Erforderliche getan wird. Soviel zum Thema Stahl.
    Auch das Thema Stahl wie überhaupt die Wettbewerbsfragen hängen mit dem zusammen, was heute die „Süddeutsche Zeitung" mit der Überschrift betitelt „Brutaler Verteilungskampf der Völker", und zwar national wie international. Protektionismus, beggar-my-neighbour-policy, zunehmendes Elend der Entwicklungsländer sind einige internationale Stichworte. Verhärtete Einkommenspolitik, verschärfte Tarifrunden, sozialpolitische und Haushaltsprobleme sind nationale Stichworte einer solchen Entwicklung. Machen wir einmal die Rechnung auf, die gewiß theoretisch ist und noch einen Korrekturfaktor eingebaut bekommen müßte, die aber die Größenordnung ahnen läßt, die Rechnung nämlich, die da besagt: Wenn die Ölpreise so geblieben wären, wie sie 1972 waren — das hätte man j a vernünftigerweise nicht haben können; nur um das Bild der Veränderung aufzuzeigen, der wir unterworfen worden sind, trage ich Ihnen diese Rechnung vor —, dann hätten wir 192,5 Milliarden DM weniger für Ölrechnungen in diesen Jahren bei geringeren Mengen, die wir importiert haben, bezahlen müssen. Die sind weg und stehen nicht mehr zur Verfügung. Dies ist der eigentliche Hintergrund dessen, warum in aller Welt und auch in der Bundesrepublik Deutschland national und international alles schwieriger, verhärteter und komplizierter wird und warum sich die Auseinandersetzungen notgedrungen verschärfen müssen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Aber wir können nicht über die Ölverschuldung finanzieren!)

    — Wir sagen gar nicht, daß wir über Ölverschuldung finanzieren können. Bitte unterscheiden Sie doch bei der Argumentation des Bundesfinanzministers, daß er sagt: Das Leistungsbilanzdefizit kann ich zu einem gewissen Ausmaß für eine gewisse Zeit durch Kreditaufnahme im Ausland finanzieren. Ich kann es ja nicht durch Kreditaufnahme im Ausland zu-
    rückführen. Davon redet doch kein Mensch. Zwischen der Zuführung von Liquidität und dem Abbau von Schulden ist bekanntlich ein Unterschied, und zwar sogar ein ziemlich wichtiger.
    Aber dies zeigt sich auch im Haushalt des Bundes, und dies wird sich auch in den nächsten Jahren zeigen. Auf der Grundlage dieser Situation und mit diesem Hintergrund werden die Gespräche für den Haushalt des Jahres 1982 geführt.
    Es ist heute noch einmal über den Zeitablauf gesprochen worden. Es ist doch völlig erlaubt darüber zu diskutieren, ob man einen möglichst späten Termin wählt, um die wirtschaftlich voraussehbaren Daten des Haushaltsjahres besser in den Griff zu bekommen — das hätte für einen Termin im September oder Herbst gesprochen — oder ob man sagt: Wir müssen die Entscheidung angesichts der bedrängten Lage — sehen Sie sich die Kapitalmärkte an! — früher treffen und dadurch Vertrauen und Beruhigung schaffen. Das ist doch eine völlig erlaubte Diskussion. Ich verstehe nicht, warum darüber eine solche Aufregung entbrennen kann.
    Inzwischen ist entschieden worden, daß sich Regierung und Koalition unmittelbar nach dem Weltwirtschaftsgipfel in Ottawa am 21. und 22. Juli 1981 zusammensetzen werden, um die politischen Entscheidungen, die für diese Haushaltsgestaltung notwendig sind, zu treffen, damit im September im Kabinett die formalen und formellen Entscheidungen gefällt werden können. Für diese Entscheidungen muß eine Weile gearbeitet werden. Da muß man eine Abstimmung zwischen den Ressorts haben, da muß man mit den Betroffenen sprechen. Dies alles geht ja nicht über Nacht. Aber ich glaube, es ist richtig, diese Zeitfolge zu wählen, weil das Moment des Vertrauens für die internationalen Kapitalmärkte — nicht nur für den der Bundesrepublik — wichtig ist. Es ist auf den Bundesbahntender hingewiesen worden. Die Nervosität ist doch in der ganzen Welt spürbar, nicht etwa nur in der Bundesrepublik Deutschland.
    Wer von unseren zu hohen Zinsen und im gleichen Zusammenhang vom Mangel an Stabilität spricht, dem muß ich folgendes sagen. Die Preissteigerungsrate liegt bei 5,5 %. Wir haben heute in der Bundesrepublik einen Realzins von 7, 8 oder 9 %. Das ist natürlich eine völlig ungewöhnliche Höhe, die nur darauf zurückzuführen ist, daß das Zinsangebot in den Vereinigten Staaten bei 18 % liegt und außerdem der Dollar — weil es dort kein Leistungsbilanzdefizit gibt — eine aufwertungsverdächtige Währung ist, was die D-Mark zur Zeit nicht mehr ist. Dies sind die geänderten finanzwirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Hintergründe, die uns vorgegeben sind und vor denen wir unsere Politik betreiben müssen.
    Dazu gehört, gerade was die Kapitalmärkte anlangt, die Frage des Kollegen Kiep im Hinblick auf die Anleihe, die durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommen werden soll. Herr Kiep, ich habe dem Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank die Lage eingehend erklärt. Die Bedenken gegen die damit verbundene Zinssubvention, die ordnungspolitisch gerechtfertigt sind und von mir nicht



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    bestritten werden — ich habe dies, auch öffentlich, als einen einmaligen Ausnahmefall bezeichnet —, sind dort aufrechterhalten worden. Die Konditionen sind nicht bezweifelt worden. Die Aufnahme nicht nur in den arabischen Ländern, sondern auch woanders ist in Ordnung. Ich kann Ihnen berichten, daß innerhalb des Programms, das am 1. Juni 1981 angelaufen ist, bisher schon 310 Anträge mit einem Kreditvolumen von insgsamt 400 Millionen DM gestellt worden sind. Davon entfallen allein 300 Anträge auf mittelständische Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 200 Millionen DM. Wir werden dieses Programm fahren. Ich habe allerdings der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Abstimmung mit dem Finanzminister — wir sind nämlich Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates — von Anfang an gesagt, bei der Aufnahmepolitik vorsichtig zu sein und nach Möglichkeit Aufnahme und Abruf der Kreditmittel deckungsgleich zu halten um sich nicht in ein unnötiges Finanzierungs- und Zinsrisiko zu stürzen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wann bekommen die ihr Geld!)

    — Die Prüfung läuft. Es wird vielleicht 14 Tage oder vier Wochen dauern. Ich kann das aber nicht im einzelnen sagen. Es läuft völlig normal. Wir bemühen uns, das so unbürokratisch und so schnell wie möglich zu machen.
    Zum Haushalt 1982 hat Herr Grobecker heute morgen an den Kollegen Hoppe die Bemerkung gerichtet, soziale Sicherheit habe für ihn und seine Freunde den gleichen Rang wie äußere Sicherheit. Hier soll überhaupt niemand im Zweifel gelassen werden, daß auch für die Bundesregierung und für die Koalitionsparteien — sicherlich für beide, jedenfalls für die Freie Demokratische Partei — die soziale Sicherheit einen außerordentlich hohen Wert hat. Soziale Sicherheit beruht aber auf wirtschaftlicher Leistung und solider Finanzierung. Unsolide finanzierte soziale Sicherheit bricht zusammen und ist schlimmer als alles andere.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    In diesem Sinne hat sich der Bundesaußenminister am vergangenen Wochenende dahin gehend geäußert, daß auch die Leistungsgesetze von einer Überprüfung nicht ausgenommen werden können. Daß das selbstverständlich auch Subventionsgesetze umfaßt und daß es überhaupt kein Tabu geben darf, halte ich für ganz unbezweifelbar. Ich schließe mich all denen an, die hier und heute sagen: Es darf nicht sein, daß jetzt jeder sein Heiligtum in die Öffentlichkeit trägt und sagt, damit dürfe überhaupt nichts passieren. Damit würden Positionen aufgebaut, von denen keiner mehr herunterkommt. Damit würde man sich gegenseitig handlungsunfähig machen und vieles blockieren. In diesem Bereich darf es keine Tabus geben.
    Ich möchte mich nicht an einer Politik beteiligen, die der Öffentlichkeit etwas vormacht, woran ich jedenfalls nicht glauben kann. Es wird sehr, sehr schwer sein, ein System, das j a dazu aufgebaut worden ist, den Beziehern kleiner und mittlerer Ein-
    kommen vernünftigerweise zu helfen, so einzuschränken, daß nicht die Bezieher dieser Einkommen auch die relativ stärker Betroffenen sein werden. Es geht nicht um ein paar hundert Millionen, sondern es geht, wenn ich es richtig sehe, um Milliarden. Es geht dabei durchaus auch um die Möglichkeit — das ist schon gesagt worden —, die Berlin-Förderung zu erörtern. Ich darf aber den beiden Kollegen, die es für richtig gehalten haben, eine Debatte über die Berlin-Präferenzen im Deutschen Bundestag anzufangen, sagen, daß ich dies für das Unsinnigste halte, was man im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung in Berlin und die dortigen Arbeitsplätze öffentlich tun kann.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, das Defizit unserer Leistungsbilanz, das auch in diesem Jahr noch sehr groß sein wird, verstärkt natürlich durch die abgewertete Deutsche Mark und die damit unmittelbar teurer werdenden Ölrechnungen, weist aus, daß wir
    — lassen Sie mich das schlicht so sagen, auch wenn es mancher nicht gerne hört — in den vergangenen Jahren über unsere Verhältnisse gelebt haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Dies kann man ja wohl sagen, ohne sich damit gleich selbst einen Vorwurf zu machen; denn auf die explosionsartig gestiegenen Ölrechnungen gibt es von heute auf morgen keine Antwort. Auch der Hinweis, Herr Kiep, wir hätten schon 1973 oder 1974 mit dem Bau des Kernkraftwerks Brokdorf anfangen sollen, hätte zu einer Entlastung zum heutigen Zeitpunkt überhaupt nichts beigetragen, denn es wäre auch heute noch nicht fertig.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Also ganz unschuldig sind Sie nicht!)

    — Wir brauchen uns über die Grundfrage nicht zu streiten. Sie, Herr Kiep, werden bei Ihren Hamburger Vorstellungsgesprächen . durchaus noch Gelegenheit haben, das Thema Brokdorf zu vertiefen.

    (Kiep [CDU/CSU]: Wobei?)

    Herrn Glos darf ich nur sagen: Wenn ich in Grafenrheinfeld gewußt hätte, daß jemand neben mir steht, der gegen dieses Kernkraftwerk ist, dann hätten Sie erleben können, daß ich etwas dazu gesagt hätte. Sie können mir in manchen Fällen vorwerfen, ich hielte den Mund auch dort, wo man besser etwas sagen würde, aber auf diesem Gebiet würde ich es nicht tun.

    (Beifall bei der FDP Glos [CDU/CSU]: Ich bin extra hin, um zuzuhören!)

    — Sie hätten besser in Schweinfurt nicht im Café sitzen sollen. Sie wären besser gekommen, hätten zugehört — ich habe Sie ja gesehen —, hätten mir einen Zettel hinaufgereicht und gesagt: Der dort ist gegen das Kernkraftwerk; sagen Sie ihm einmal etwas. — Sie können sich darauf verlassen: ich hätte es getan.

    (Kolb [CDU/CSU]: Er wird es das nächste Mal tun!)

    — Bis dahin ist es fertig, steht es; dann ist die Aufregung vorbei.



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Wenn wir diese Leistungsbilanzverhältnisse ändern wollen, wenn wir den Tatbestand ändern wollen, daß wir über unsere Verhältnisse gelebt haben, stellt sich die Frage: Wie ist das möglich, wie kann man das ändern? Man kann es nur auf zweierlei Weise ändern: entweder dadurch, daß man mehr leistet, mehr erarbeitet, oder dadurch, daß man sich einschränkt. Andere Möglichkeiten sehe ich nicht.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Oder durch eine bessere Politik!)

    Auf Dauer kann man nicht auf Kredit leben; keiner will das, keiner kann das.

    (Zustimmung bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU: — Kolb [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Was die Frage der Leistung betrifft, so ist es natürlich interessant, ganz kurz auf einige Bemerkungen einzugehen, die Sie, Frau Simonis, gemacht haben. Ich habe kürzlich in einem Gespräch mit englischen Journalisten den, wie ich fand, ganz erheiternden Ausspruch gehört: The Germans have become more lazy and by that more agreeable, also: Die Deutschen sind ein bißchen fauler und damit aber auch etwas angenehmer geworden. — Ich glaube, daß dahinter manches Wahre steckt. Die Frage ist nur, wie lange und wie weit wir uns das leisten können und ob nicht unsere Leistungsbilanz ausweist, daß wir uns so viel angenehmer zu werden vielleicht doch nicht leisten können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Frau Simonis, lassen Sie mich auf einen Punkt Ihrer Ausführungen eingehen; ich hoffe, es war nur ein Versprecher. Ich bin mit Ihnen darin einig, daß wir Ost-Bayern nicht vernachlässigen dürfen. Ich bin für regionale Wirtschaftspolitik immer gewesen. Ich halte die neue Lösung der Gemeinschaftsaufgabe für eine gute Sache, übrigens auch für eine gelungene Bewährungsprobe des föderativen Systems, gelungen deshalb, weil die Konzentration auf weniger Fördergebiete erreicht ist. Ich füge in Klammern hinzu: Vielleicht ist sie nur deshalb gelungen, weil wir das Geld gekürzt haben. Nun gut!
    Frau Simonis, Sie haben gesagt — darin stimme ich Ihnen zu —: Wir wollen nicht Ost-Bayern, Teile Schleswig-Holsteins oder das Zonenrandgebiet kaputtgehen lassen. Aber dann haben Sie erklärt: Diese Gebiete dürfen doch nicht deswegen kaputtgehen, weil sie keine Leistung erbringen können oder wollen. — Hier unterscheiden wir uns.
    Meine Damen und Herren, demjenigen, der keine Leistung erbringen kann, muß unsere Gesellschaft helfen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Wer keine Leistung erbringen will, dem muß unsere Gesellschaft nicht helfen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich bin, meine Damen und Herren, Liberaler. Ich bin
    als Liberaler einverstanden damit, wenn jemand al-
    ternative Lebensformen wählt, wenn jemand aus-
    steigt. Aber ich bin nicht damit einverstanden, daß derselbe, der für die Gesellschaft nichts leisten w i 11, die Leistungen dieser Gesellschaft für sich in Anspruch nehmen will, wenn er meint, daß das notwendig sei.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Frau Simonis, was das Rotieren des verehrten Professors Eucken anlangt: Ich will einmal Ihre Unternehmerhäme beiseite lassen; ich weiß nicht, ob wir an denselben Unternehmer denken. Wenn ich von Unternehmern und unternehmerischer Freiheit und unternehmerischer Aktivität spreche, dann denke ich nicht an die Vorstandsvorsitzenden großer Gesellschaften, sondern an die Hunderttausende von kleinen und mittleren Unternehmen, die täglich ihr eigenes Risiko zu tragen haben, die täglich dafür geradezustehen haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    und bei denen niemand kommt und sagt: Wenn ihr Konkurs macht, werde ich euch helfen. Ich finanziere euch Sozialpläne, Ihr dürft nicht pleite gehen, weil ihr zu viele Leute beschäftigt. — Das passiert ja alles nur bei den Großen. Aber was das Rotieren von Altvater Eucken angeht, so hatte ich manchmal den Eindruck, daß bei Ihnen doch ein bißchen viel vom Kloseschen Reparaturbetrieb des Kapitalismus in Form der Sozialen Marktwirtschaft drin war.

    (Zuruf der Abg. Frau Simonis [SPD])

    — Ja, aber Frau Simonis, immer dann kommt diese Klose-Formulierung, wenn durch Eingriffe des Staates Markt und Marktwirtschaft beseitigt worden sind. Meine Position ist die: Wo zu wenig Markt besteht, wollen wir zunächst einmal versuchen, wieder mehr Markt herzustellen. Nur wenn das nicht geht, sollten wir versuchen, durch Staatseingriffe zu anderen Regelungen zu kommen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Auf die Dauer, meine Damen und Herren, wird der Finanzminister einer solchen Linie, der er j a in vielen Fällen auch schon beigepflichtet hat, folgen müssen, selbst wenn er nicht wollte, weil er andere Politik überhaupt nicht finanzieren kann.
    Meine Damen und Herren, ich komme zurück zum Thema: Wer die Leistungsbilanzprobleme abbauen will, muß entweder mehr leisten oder sich einschränken. Japanische Beispiele hin, japanische Beispiele her — ich stimme Herrn Reuschenbach ja zu; ich will ja nicht leben wie in Japan; ich kenne das Land einigermaßen; gut kennen kann man es, glaube ich, nicht —, aber eins sehe ich: Die Produktivitätsentwicklung in Japan pro Mann und Stunde betrug in den Jahren 1973 bis 1979 plus 4,1 %, bei uns plus 4,8 %. In den Jahren 1977 bis 1979 betrug sie in Japan plus 7,8 %, bei uns plus 3,9 %. 1980 belief sie sich in Japan auf plus 8 %, bei uns auf plus 1 %. Have the Germans become too lazy and too agreeable? Das ist die Frage, meine Damen und Herren. Können wir uns dann die Gesellschaft leisten, in der wir leben wollen, alle miteinander, in der wir auch so-



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    ziale Gerechtigkeit wollen und diese verteidigen wollen? Aber das geht doch nur auf dem Hintergrund einer leistungsfähigen Wirtschaft in einem Lande, das nichts hat als die Intelligenz seiner Köpfe, die Leistungsfähigkeit seiner Arbeitnehmer. Es hat keine Rohstoffe, keine Energie, keine Naturschätze. Alles müssen wir uns erarbeiten; ohne Leistung ist es doch nicht zu machen.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Schöne Reden!)

    Ich hoffe, daß Parlamentarier und Minister da nicht grundsätzlich unterschiedlicher Auffassung sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    — Ich komme noch zu den „schönen Reden".
    Zu der Frage des Einsparens, meine sehr verehrten Damen und Herren: Einsparen wäre die zweite Möglichkeit.
    Lassen Sie mich aber erst noch auf die „schönen Reden" und auf das Japan-Thema zurückkommen.

    (Glos [CDU/CSU]: Und aufs Handeln!)

    Die schlimmsten Beschimpfungen, Herr Wissmann
    — nicht weil ich gesagt hätte, die deutschen Arbeitnehmer seien faul; ich habe das nicht gesagt; das wissen Sie ja auch

    (Wissmann [CDU/CSU]: Das habe ich auch nicht gesagt!)

    —nein, aber von Herrn Geißler habe ich dieses Zitat gehört, Monate später —, sind von Herrn Geißler gekommen; das wissen Sie auch.

    (Glos [CDU/CSU]: Von Herrn Vetter!)

    Meine Damen und Herren, dies ist doch ein Musterbeispiel dafür, wie man in der Bundesrepublik Deutschland aus einem kontroversen Thema schließlich eine rationale und allseits akzeptierte Diskussion machen kann. Natürlich bin ich damals beschimpft worden — ich verstehe j a auch, daß das unangenehm anzuhören war, ich habe j a nichts gegen die Beschimpfungen —, aber heute ist das doch ein Thema, das in jedermanns Munde ist, in jeder Fernsehsendung, in jeder Zeitung wird darüber gesprochen bzw. geschrieben. Die Problematik ist doch begriffen; das reicht mir. Dafür mag mich doch jemand ein paar Wochen lang beschimpfen; das ist mir vollständig gleichgültig.

    (Beifall bei der FDP — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Aber Sie haben doch mit dazu beigetragen, wollen Sie das nicht begreifen?)

    Wollen wir uns über all die Ursachen unterhalten, über das, was wir in den letzten 15 oder 20 Jahren gemacht haben? Fangen wir mit der arbeitsrechtlichen Lösung der Lohnfortzahlung an, der Sie zugestimmt haben.

    (Beifall bei der FDP)

    Es gibt eine ganze Menge, hinsichtlich dessen wir aufhören sollten, mit dem Finger immer auf den anderen zu zeigen; denn da zeigen immer vier Finger auf einen selber zurück.
    Die zweite Möglichkeit des Einsparens heißt: mehr leisten. Als ich im Dezember die eben von Herrn Haussmann erwähnte Rede hielt, Herr Kiep, ist mir aus den Reihen Ihrer Partei vorgeworfen worden, ich riefe zur Hatz auf Arbeitslose auf. Das war schon mehr, als man hinnehmen und ertragen kann. — Sie schütteln den Kopf. Ich sage Ihnen: Es war Herr Scharrenbroich von der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. Heute, sechs Monate später, spricht man davon, daß Wildwuchs und Mißbrauch beseitigt werden müssen; diese Stichwörter sind schon selbstverständlich und werden landauf, landab nur von wenigen bestritten.
    Allerdings habe ich die Befürchtung, meine Damen und Herren, daß diese beiden Stichwörter jetzt mit einer Alibifunktion bedacht werden und für eine Alibidiskussion herhalten müssen. Mit dem Abbau von Mißbrauch und Wildwuchs — „Wildwuchs" würde ich gern herauslassen, weil man sich darüber streiten kann, was das ist; da gibt es große Definitionsschwierigkeiten; „Mißbrauch" ist einfacher — werden wir vielleicht ein paar hundert Millionen einsparen. Demgegenüber geht es bei dem Bemühen, den Haushalt 1982 in eine vorzeigbare Form zu bringen, wahrscheinlich um zweistellige Milliardenbeträge. Jeder, der darüber redet, muß sich über die Schwere der Aufgabe, die da vor uns liegt, klar sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich bestreite überhaupt nicht — ich habe das im Dezember gesagt, Frau Simonis —, daß in vielen dieser Regelungen Mitnehmereffekte sind, auch für Unternehmen und Unternehmer. Insbesondere die Regelung für die 59jährigen ist auf das schmählichste ausgenutzt worden. Es gibt gedruckte Leitfäden darüber, wie man das System des Arbeitsförderungsgesetzes durch Unternehmen und Unternehmer ausbeutet und mißbraucht. Nur: Wir haben die Gesetze geschaffen, um ihnen das zu ermöglichen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Jawohl, so ist es!)

    Dies — meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal — hat der Vorsitzende der Freien Demokraten gemeint, als er das Thema ansprach.
    Nun noch einige ganz kurze Bemerkungen zu den Diskussionsbeiträgen der Herren Glos und Wissmann.
    Herr Glos, ich betrachte das, was wir zur Wohnungsbauwirtschaft gesagt haben, als einen ersten zaghaften, mich allerdings noch nicht befriedigenden Schritt in die richtige Richtung: Mehr Marktwirtschaft in den Wohnungsbau! Anders wird es nicht mehr Wohnungen geben. Der Finanzminister kann darüber Auskunft geben.
    Nun zur Lohnrunde. Ich bin im vorigen Jahr, wie ich glaube, zu Recht wegen meiner Bemerkung vor Abschluß der Lohnrunde kritisiert worden. Auch durch nachträgliche Aufforderung werden Sie mich zu einem hoffentlich nicht bringen: einen Fehler zum zweitenmal zu machen. Ich meine, einmal ist er verzeihlich, aber ein zweites Mal sollte man ihn nicht machen. — Das ändert nichts daran, daß ich nach Abschluß dieser Lohnrunde — da bin ich anderer Meinung als Herr Reuschenbach — gesagt habe:



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Die Ergebnisse dieser Lohnrunde sind im Schnitt in meinen Augen zu hoch. Insbesondere ist es in meinen Augen hoch bedenklich, daß angesichts des Tariffindungs- und des Tarifanwendungssystems in der Bundesrepublik die Ergebnisse dieser Lohnrunde zur gleichen Steigerung bei Daimler-Benz wie bei Hoesch führen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das kann auf die Dauer nicht gehen. Darüber wird man wahrscheinlich nachdenken müssen.
    Herr Wissmann, ich habe von dieser Stelle aus mehrfach gesagt — und nirgendwo jemals etwas anderes verkündet —, daß wir einen merkbaren Abbau von Bürokratie, was die Gesamtsumme der bestehenden Regelungen anlangt, nicht erreichen werden, sondern daß wir uns werden glücklich schätzen müssen, wenn wir es schaffen, den Stand dort zu halten, wo er jetzt liegt.
    In der vergangenen Woche wurden in Aachen anläßlich der Verleihung des Karlspreises an die Präsidentin des Europäischen Parlaments eindrucksvolle Zahlen zitiert. Wenn Sie bedenken, was allein aus dem europäischen Bereich Monat für Monat an umzusetzenden Rechtsnormen in die Bundesrepublik kommt, dann ist es schon ein großer Anspruch, wenn man sagt: Es darf insgesamt nicht mehr werden.
    Für meinen eigenen Bereich habe ich mehrfach erklärt: Ich habe nicht die Absicht, in dieser Legislaturperiode aus dem Bundeswirtschaftsministerium eine Gesetzesinitiative ins Parlament zu bringen. Ich muß davon leider eine Ausnahme machen: Inzwischen habe ich festgestellt, daß das Eichgesetz novelliert werden muß. Das habe ich schon einmal 1973/74 mitgemacht. Da war ich noch Abgeordneter im Wirtschaftsausschuß. Ich gebe zu, es war eines der Gesetze — im Wirtschaftsausschuß, glaube ich, das einzige Gesetz —, von denen ich außer der Berlin-Klausel nichts verstanden und denen ich trotzdem zugestimmt habe.