Rede von
Heide
Simonis
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Schauen Sie, was ein Minister unter Leistung versteht, ist nicht das, was ein Parlamentarier unter Leistung versteht. Das macht für uns das Problem aus.
Im übrigen beweisen mir Ihre Zwischenrufe und Ihre Frage, daß ich mich offensichtlich auch mit dem Leistungsbegriff der Union auseinanderzusetzen habe. Denn sonst würden Sie nicht so erregt dazwischenrufen.
— Dann hätten Sie nicht so entsetzt geschrien, als ich das sagte. Ich darf also offensichtlich niemanden so interpretieren — um Ihre Frage doch noch zu beantworten —, daß Leistung nur das ist, was erst durch Subvention in diesem Land hervorgerufen worden ist. Damit könnten wir uns ja dann wieder einig werden.
Das würde, wenn ich es regionalpolitisch oder auch sektoralpolitisch übertrage — Herr Lambsdorff, ich hoffe, daß Sie mir da widersprechen —, wohl bedeuten, daß ich einige Regionen kaputtgehen lasse, wenn da keine Leistung mehr kommt. Denn die haben j a nicht verdient, daß man sie schützt. Und einige Sektoren und Branchen lasse ich auch kaputtgehen. Das heißt doch wohl Marktwirtschaft: wenn Leistung nicht mehr da ist, dann muß dieser Sektor absterben. Ich hoffe, Sie widersprechen mir hinterher, daß ich das falsch verstanden habe. Jedenfalls möchte ich nicht, daß Ostbayern, das Saarland, Teile Niedersachsens, der Zonenrand, Teile Schleswig-Holsteins nur deswegen kaputtgehen, weil sie keine Leistung erbringen können oder wollen.
Wer finanz- und haushaltspolitische Korsettstäbchen den Leistenden lassen will, aber den Nichtleistenden nehmen will, der spielt nicht nur mit dem Feuer, sondern der würgt durch den Entzug von Massenkaufkraft auch einen konjunkturpolitischen Aufschwung ab, den wir unbedingt notwendig haben. Im übrigen wehren ich und meine Fraktion uns gegen die Diskriminierung von Leistung, die außer-und unterhalb von Vorstandsetagen stattfindet.
Um auch noch meinem Kollegen Reuschenbach, der nachher sprechen möchte, ein bißchen Zeit zu lassen, darf ich Sie zum Schluß bitten, bei der Gestaltung des Haushalts 1982 mitzuhelfen. Herr Hoppe hat ja heute morgen offensichtlich zu erkennen gegeben, daß er zu allem gewillt ist,
und er wurde dabei von der Union mit Applaus bedacht. Ich nehme an, daß auch die Union gewillt ist, bei allem mitzumachen, so wie auch wir gewillt sind, beinahe bei allem mitzumachen, nicht bei allem, aber beinahe bei allem. Ich hoffe, daß Sie vernünftige Vorschläge machen werden, die wir dann im Haushaltsausschuß beraten können, ohne sie immer gegen den erbitterten Widerstand Ihrer Kollegen durchkämpfen zu müssen, die sich nämlich mir zu oft weigern, vernünftige wirtschaftspolitische Entscheidung dort oben im Ausschuß mitzutragen. Dann könnte vielleicht der Kollege aus dem Saarland, der gerade mal da ist, mit seinen Exkollegen hier unten sprechen, warum sie ihn so schäbig im Stich gelassen haben und wir ihm so arg unter die Arme greifen mußten.
Ich darf mich bei Ihnen für Ihre Geduld bedanken, mich bei den Südländern für mein schnelles Sprechen, was, wie gesagt, ein Geburtsfehler ist — ich habe es schon einmal festgestellt —, entschuldigen und der Hoffnung Ausdruck geben, daß es dennoch halbwegs angekommen ist.