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ID0904003200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/40 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 40. Sitzung Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Wendig 2113 A Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche nach dem 15. Juni 1981 . . . 2113 A Begrüßung einer Delegation des Kongresses der Republik Kolumbien 2127 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksachen 9/50, 9/265 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 9/471 — 2113B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 9/472 — 2113D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 9/473 — 2113 D Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 9/478 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 9/493 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 9/497 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 9/487 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 9/494 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU 2114B Walther SPD 2122 B II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 Hoppe FDP 2127 C Matthöfer, Bundesminister BMF 2131 A Kiep CDU/CSU 2142 B Grobecker SPD 2150 B Gärtner FDP 2153 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 2158 C Dr. Hackel CDU/CSU 2162 C Löffler SPD 2163 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 9/479 — Glos CDU/CSU 2167 B Frau Simonis SPD 2173A Dr. Haussmann FDP 2176 D Borchert CDU/CSU 2179 B Reuschenbach SPD 2181B Wissmann CDU/CSU 2183 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2185C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksache 9/482 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2192 C Wieczorek (Duisburg) SPD 2195 B Merker FDP 2197 C Lemmrich CDU/CSU 2199A Daubertshäuser SPD 2202 A Dr. Riemer FDP 2205 B Dr. Hauff, Bundesminister BMV 2207 A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 9/483 — Dr. Friedmann CDU/CSU 2210 C Paterna SPD 2212 C Hoffie FDP 2214 B Gscheidle, Bundesminister BMP 2214 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/489 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2216A Frau Traupe SPD 2217 D Gattermann FDP 2220 A Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 2220 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 9/480 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2222 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2224 B Dr. Zumpfort FDP 2226 C Gallus, Parl. Staatssekretär BML 2228 C Eigen CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 2231A Nächste Sitzung 2231 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2233*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2233*B Anlage 3 Interventionspolitik der USA, insbesondere in Lateinamerika; Übereinstimmung der Bundesregierung mit der amerikanischen Regierung MdlAnfr 10, 11 22.05.81 Drs 09/461 Milz CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 2233*C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 III Anlage 4 Förderung des Einbaus von Wärmepumpen ohne Erkenntnisse über die Auswirkung auf die Ökologie MdlAnfr 52 22.05.81 Drs 09/461 Frau Roitzsch CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 2233*D Anlage 5 Vereinfachung des Städtebauförderungsgesetzes MdlAnfr 53, 54 22.05.81 Drs 09/461 Dörflinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 2234*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 2113 40. Sitzung Bonn, den 2. Juni 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 34. Sitzung, Seite 1754 D, Zeile 1: Statt „13 000" ist zu lesen „1 300". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 4. 6. Brandt 2.6. Ertl 2. 6. Kittelmann * 4. 6. Korber 5. 6. Frau Dr. Lepsius 5. 6. Milz 5.6. Müller (Bayreuth) 2. 6. Frau Noth 5. 6. Reddemann * 3.6. Frau Roitzsch 5. 6. Frau Schlei 5. 6. Schmidt (Würgendorf) * 4. 6. Dr. Schwarz-Schilling 5.6. Dr. Stercken 5. 6. Dr. Struck 2. 6. Dr. von Weizsäcker 5. 6. Dr. Wittmann (München) * 4. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilung Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Vereinbarung im Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung Postversorgung auf dem Lande Konzept des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen für die künftige Postversorgung auf dem Lande - Drucksache 9/408 zuständig: Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Unterrichtung durch die Bundesregierung Verhandlungen über den Vorschlag einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften betreffend den Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht - Drucksache 9/449 - zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 3 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/461 Fragen 10 und 11): Lassen sich die USA nach Kenntnis der Bundesregierung auf eine Interventionspolitik in Lateinamerika oder anderswo ein, und wenn ja, welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu dieser Politik? Befindet sich die Bundesregierung in voller Übereinstimmung mit der amerikanischen Regierung in Washington, so wie dies letztlich bei den Besuchen des Bundeskanzlers, des Bundesaußenministers, des Bundesverteidigungsministers und des Bundeswirtschaftsministers in den Vereinigten Staaten zum Ausdruck gekommen ist? Zu Frage 10: Der Bundesregierung sind keine Vorbereitungen für eine militärische Intervention der USA in Lateinamerika oder anderswo bekannt. Zu Frage 11: In allen entscheidenden Fragen, denen sich unsere Länder gemeinsam gegenübersehen, besteht Übereinstimmung. Dies geht auch aus der Zusammenfassung der Gespräche hervor, die Bundesminister Genscher und Außenminister Haig am 9. März 1981 veröffentlicht haben. Diese Übereinstimmung wird erneut in der Gemeinsamen Erklärung der beiden Regierungschefs bekräftigt, die im Anschluß an den Washington-Besuch des Bundeskanzlers vom 20. bis 23. Mai 1981 veröffentlicht wurde. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Frage der Abgeordneten Frau Roitzsch (CDU/CSU) (Drucksache 9/461 Frage 52): Hält die Bundesregierung die Förderung des Einbaus von Wärmepumpen noch für vertretbar, solange keine Erkenntnisse darüber vorliegen, wie sich diese Maßnahmen auf die Ökologie auswirken? Über ökologische Auswirkungen bei Entnahme von Wärme aus Luft, Erdreich und Wasser durch Wärmepumpen liegen sehr wohl Erkenntnisse vor. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat diese Erkenntnisse in seinem jüngsten Sondergutachten „Energie und Umwelt" vom März 1981 zusammengefaßt. Daraus ergibt sich, daß Umweltbeeinträchtigungen, die von Wärmepumpen ausgehen können, als verhältnismäßig gering zu bewerten sind. Im Vergleich zu den erreichbaren energiepolitischen Vorteilen erscheinen solche Beeinträchtigungen in keinem Falle so schwerwiegend, daß von einer öffentlichen Förderung des Einbaus von Wärmepumpen abgesehen werden sollte. Belastungen der Umwelt können entweder durch fachgerechten Einbau und Kontrolle der Wärmepumpensysteme gänzlich vermieden werden oder lassen sich technisch beherrschen bzw. im notwendigen Umfang einschränken. 2234* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1981 Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Fragen des Abgeordneten Dörflinger (CDU/CSU) (Drucksache 9/461 Fragen 53 und 54): Ist die Bundesregierung bereit einzuräumen, daß das Städtebauförderungsgesetz in seiner jetzigen Fassung für die Durchführung einfacher Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu kompliziert ist und die Schwerfälligkeit dieses Gesetzes in vielen Fällen dazu führt, daß einfache Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen entweder überhaupt nicht angegangen werden oder aber zuviel Zeit beanspruchen? Ist die Bundesregierung bereit, aus diesen Erkenntnissen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, für einfachere Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen einfachere gesetzliche Bestimmungen zu schaffen und in diesem Zusammenhang auf früher entwickelte, damals leider von der Bundesregierung abgelehnte Initiativen der Fraktion der CDU/ CSU zurückzukommen? Im Bundesbauministerium werden seit längerem Überlegungen zur Verbesserung und Fortentwicklung des rechtlichen Instrumentariums der Stadterneuerung angestellt. Auch der Deutsche Bundestag hat in einer Entschließung vom 31. Mai 1979 die Bundesregierung zur Vorlage entsprechender Vorschläge aufgefordert. Die gesetzgeberischen Vorüberlegungen des Bundesbauministeriums beziehen sich insbesondere auf die weitere Vereinfachung und Entbürokratisierung des Sanierungsrechts, die Erleichterung städtebaulicher Erneuerungsmaßnahmen im Rahmen des Städtebauförderungsgesetzes, die Harmonisierung von Städtebau-und Wohnungsmodernisierungsförderung sowie die Stärkung der gemeindlichen Selbstverwaltung innerhalb der Stadterneuerungsaufgaben. Auf der Grundlage der bisherigen umfassenden Vorklärungen, an denen auch die Länder, die kommunalen Spitzenverbände, zahlreiche Städte und Gemeinden sowie Vertreter aus Wissenschaft und Verbänden beteiligt wurden und die im Juni vergangenen Jahres bereits zur Durchführung eines Planspiels führten, werden im Bundesbauministerium derzeit die Arbeiten fortgesetzt und zur gegebenen Zeit erneut zur fachlichen Diskussion gestellt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Matthöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Lieber Herr Kollege, ich will j a nicht beckmesserisch sein, aber erstens wird das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nicht von den Arbeitgebern getragen, und zweitens ist mein IG-Metall-Kollege Friedrichs nicht Vorstandsmitglied.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Es war jedenfalls die Arbeitgeberund die Arbeitnehmerseite!)

    — Ja, man muß eben auch immer alle diese Details wissen. Es ist möglich, daß dies so gesagt worden ist. Aber wir müssen nun wirklich in dem Entscheidungsprozeß eine möglichst solide Grundlage haben, und dies war zu dem Zeitpunkt, in dem j a doch viele gesagt haben: Es kommt im zweiten Halbjahr zu einem starken Aufschwung — und Sie haben dem j a auch nicht widersprochen — —(Franke [CDU/CSU]: Ich immer! Ich gebe
    Ihnen das schriftlich!)
    — Ja, gut. Dann frage ich mich, warum Sie nicht schon längst Ehrenpräsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung geworden sind, denn
    die sind offenbar der gleichen pessimistischen Meinung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP— Franke [CDU/CSU]: Lesen Sie es nach, Herr Matthöfer! Ich gebe es Ihnen schriftlich!)

    — Ja, ja. Sie waren ja auch schon Mitglied der Fraktion, wenn ich mich richtig erinnere, als 1966 die falschen Schätzungen zustande kamen, über die dann Ihre Regierung unter Herrn Erhard stürzte.
    Die Haushaltsplanung muß sich in einen wirtschaftlichen Gesamtzusammenhang einfügen. Die Regierung muß flexibel und schnell auf wirtschaftliche Entwicklungen reagieren. Die größten Marktwirtschaftler in der Opposition werden aber offenbar zu Planungsfetischisten, die alles genau vorher festlegen wollen, wenn es sich um den Bundeshaushalt handelt. Wir hatten es einerseits mit einer weltweit ungewissen Konjunkturentwicklung und einer unbefriedigenden Beschäftigungslage, andererseits mit einem Umschlagen der deutschen Leistungsbilanz nach langjährigen Überschüssen ins Defizit, mit dem sich daraus ergebenden Bedarf an Kapitalimporten und der Notwendigkeit zu tun, eine Überforderung des Sozialprodukts durch privaten und öffentlichen Konsum abzubauen, um die für den Strukturwandel erforderlichen Investitionsmittel bereitzustellen. Es war richtig und notwendig, den Anstieg der öffentlichen Ausgaben eng zu begrenzen — wie im Finanzplanungsrat erörtert und vereinbart —, ohne dabei durch zu massive und zu plötzliche Einschnitte die ohnehin labile Konjunktur noch zusätzlich zu belasten.
    Daraus folgte notwendigerweise zweierlei. Die Anforderungen der Ressorts mußten vom Finanzminister drastisch beschnitten werden. Sie wissen j a, daß die Haushaltsansätze gut 15 Milliarden DM unter den Ressortanforderungen gelegen haben. Es liegt auf der Hand, daß dabei dann auch sachlich begründbaren und begründeten Ausgabenzwecken nicht vollständig Rechnung getragen werden kann. Die Finanzdecke war — gegenüber dem bisherigen Zuschnitt — außerordentlich eng.
    Bei der ersten Lesung des Haushalts hat die Opposition — wenn ich es richtig verstehe, ist es jetzt nicht anders — die Unzulänglichkeit des Haushaltsplans darin gesehen, daß die Ausgabenansätze eigentlich immer noch zu hoch seien. Diese Grundposition steht im Widerspruch zu der in den letzten Wochen und Monaten in vielfältiger Form erhobenen Kritik, die Unzulänglichkeit unserer Finanzpolitik zeige sich in der Unterdeckung wichtiger und eigentlich unverzichtbarer öffentlicher Leistungen.

    (Westphal [SPD]: So ist es!)

    Die Folgen einer restriktiven Haushaltspolitik zur Unzeit haben Sie doch in einigen Ländern, die von Ihren politischen Freunden regiert werden, beobachten können. Es gibt nun einmal gesetzmäßige volkswirtschaftliche Kreislaufzusammenhänge, die



    Bundesminister Matthöfer
    man auch durch eine noch so stramme konservative Grundeinstellung nicht außer Kraft setzen kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ihre Argumentation ist so unseriös wie Ihre Finanzpolitik!)

    — Ich komme jetzt zur Begründung. — Wenn wir heute die doppelte Zahl von Arbeitslosen hätten, wie das in anderen Ländern der Fall ist, stünde es um unsere Staatsfinanzen um vieles schlimmer und keines der vor uns liegenden Probleme wäre leichter zu bewältigen. Wir haben eine Ausgangslage, die es uns erlaubt, zuversichtlich an die vor uns liegenden Aufgaben heranzugehen, die uns internationales Vertrauen sichert, wenn wir die notwendige Entschlossenheit zeigen, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen.
    Wer regiert, darf nicht nur tun, was populär ist. Er muß vorausschauend das tun, was langfristig zum Wohle seines Volkes erforderlich ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung hat in den Jahren nach der ersten Ölkrise mit umfangreichen Programmen dafür gesorgt, daß im internationalen Vergleich — und welchen anderen Maßstab gäbe es denn — Wachstum und Beschäftigung bei uns verhältnismäßig gut gesichert wurden.
    Ich habe in meiner Haushaltsrede gesagt — ich erwähne es, weil es vorhin in der Debatte eine Rolle spielte —: es gibt praktisch keine Möglichkeit für uns, die wir j a so sehr in die internationale Arbeitsteilung wie kaum ein anderes Land eingebettet sind, unser deutsches Volk und die deutsche Wirtschaft ganz unbeschädigt durch diese schwierigen weltweiten Turbulenzen zu bringen. Wir müssen da kurzfristig reagieren, wir müssen manövrieren. Wir müssen aber in der Grundrichtung immer wieder daran denken, daß die einzige große Produktivkraft, die die Bundesrepublik Deutschland hat, die Arbeitskraft unserer Menschen ist und daß wir deshalb ohne Not Unterbeschäftigung niemals zulassen dürfen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ohne die staatlichen Kreditaufnahmen der Jahre 1975 bis 1980 wäre ein Wachstum der realen Unternehmensinvestitionen von jährlich durchschnittlich 6 % und ein Mehr von 900 000 Arbeitsplätzen wohl nicht möglich gewesen.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    In mit uns vergleichbaren Industriestaaten — USA, Großbritannien, Frankreich, Belgien, Italien, Niederlande — liegt die Arbeitslosigkeit weit höher, zum Teil doppelt so hoch wie bei uns. Bei uns hat sich die Zahl der abhängig Beschäftigten von 1976 bis 1980 um rund eine Million, von 21,3 Millionen auf 22,3 Millionen erhöht. Auch das ist ein Erfolg unserer Politik.

    (Franke [CDU/CSU]: Vorher waren es 23 Millionen!)

    — Ja, weil Sie die Ausländer in den 60er Jahren ins Land gelassen haben, deshalb!

    (Franke [CDU/CSU]: Hören Sie doch auf! Das ist j a nicht zu beschreiben!)

    Die Zahl der Auszubildenden konnte in den vergangenen Jahren bei uns spürbar erhöht werden. Das ist gewiß eine wichtige bildungspolitische Investition für unsere wirtschaftliche Zukunft.
    Es ist wichtig zu wissen, was die wirklichen Ursachen unseres Leistungsbilanzdefizits sind. Weil Sie den Zwischenruf bezüglich der vielen Arbeitsplätze gemacht haben, verehrter Herr Kollege Franke: Sie waren doch wohl auch für die flexible Altersgrenze,

    (Franke [CDU/CSU]: Natürlich!)

    und diese hat doch wohl die Zahl der Arbeitenden vermindert, oder nicht? Dann kommen Sie doch jetzt nicht her und machen nicht solche Zwischenrufe, die Sie vorher nicht durchdacht haben!

    (Franke [CDU/CSU]: Wir sprechen von der Zahl der Arbeitsplätze!)

    Für unsere Volkswirtschaft ist wirklich wichtig, sich zu überlegen, was die Ursachen unseres Leistungsbilanzdefizites sind. Es geht nicht, Herr Kollege Riedl, einerseits zu sagen: Wir müssen das Leistungsbilanzdefizit vermindern, und andererseits zu versuchen, aus der Erhöhung der Mineralölsteuer nun einen kleinlichen parteipolitischen Gewinn zu ziehen. Unsere Volkswirtschaft ist nicht inflationsgeschädigt. Wir haben zur Zeit die niedrigsten Preissteigerungsraten der Welt. Das ist ja doch wohl auch wichtig. Wenn man die Reden der Opposition hört, dann fragt man sich doch, in welchem Land man denn eigentlich lebt. Denn sie konzentrieren sich auf diesen einen Ausschnitt, nämlich die öffentliche Kreditaufnahme, und lassen die wirtschaftliche Wirklichkeit unseres Landes völlig außer acht.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Unsere Wirtschaft ist nicht investitions- und produktivitätsschwach wie die anderer klassischer Defizitländer.
    Nichtsdestoweniger — wer wollte das bestreiten — signalisiert das hohe Leistungsbilanzdefizit einen beachtlich hohen strukturellen Anpassungsbedarf. Wir können die Erfolge unserer Politik nach 1974 nicht einfach wiederholen, als die Bundesrepublik infolge einer günstigen internationalen konjunkturellen Phasenverschiebung, einer geradezu extrem hohen Importneigung der OPEC-Staaten die ölpreisbedingten Terms-of-trade-Verluste in einem einzigen Jahr fast vollständig wieder ausgleichen konnte. Das kann man nicht einfach wiederholen.
    Wir sind uns alle darüber einig, daß eine globale Politik zur Stabilisierung oder Erhöhung der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage heute nicht situationsgerecht wäre.
    Das Gebot der Stunde lautet: Strukturanpassung und nicht Subventionierung bestehender Strukturen. Wir müssen weniger Energie, vor allem weniger Öl verbrauchen, wir müssen weniger Rohstoffe verbrauchen. Wir müssen umweltfreundlicher produ-



    Bundesminister Matthöfer
    zieren, und wir müssen eine möglichst hohe Zahl von Arbeitsplätzen für hochqualifizierte Facharbeiter, Techniker, Ingenieure und Wissenschaftler zur Verfügung stellen. Ein solcher Anpassungsprozeß braucht seine Zeit, und auch der Bundeshaushalt muß — dies muß immer wieder versucht werden — durch einen wesentlich höheren Anteil an Investitionen dazu beitragen.
    Auf mittlere Sicht sehe ich, wenn wir nun die Weichen rechtzeitig stellen, gute Aussichten, mit den uns bedrängenden Problemen fertigzuwerden.
    Als Antwort auf die Ölpreisentwicklung sind bei uns und in aller Welt Investitionsgüter gefragt, die den neuen Kostenstrukturen gerecht werden können. Je eher es unter Ausnutzung dieser Marktchancen gelingt, das Defizit in der Leistungsbilanz zu beseitigen — und die April-Zahlen sehen j a schon recht gut aus; wir wollen hoffen, daß das kein „Ausrutscher" ist, sondern eine Tendenzwende anzeigt —, desto eher hat auch die Bundesbank die Möglichkeit, ihre Geld- und Zinspolitik wieder an binnenwirtschaftlichen Kriterien auszurichten, wenn uns, wie ich leider befürchten muß, die extrem hohen amerikanischen Zinsen auch weiterhin zu schaffen machen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Und Ihre Kreditaufnahme!)

    — Wissen Sie, wieviel wir von den 28 Milliarden DM Nettokreditaufnahme im vergangenen Jahr im Inland aufgenommen haben? Sehen Sie sich doch einmal die Größenmaßstäbe an, bevor Sie Kausalzusammenhänge konstruieren, die so nicht gegeben sind! Ich will Ihnen j a auch gar nicht widersprechen: Auch dies macht mir Sorge — falls es dazu kommen sollte, und das müssen wir auf jeden Fall verhindern.
    Die Bundesregierung hat mit ihren Beschlüssen vom 4. April 1981 eine wichtige Weichenstellung für die künftige strukturelle Entwicklung vorgenommen. Die Zielsetzung des 6,3 Milliarden-Programms als Kernbestandteil der Beschlüsse der Bundesregierung ist es, Energie und Rohstoffe einzusparen, Öl durch andere Energien zu ersetzen und die Entwicklung neuer Energietechnologien und von Prozeß- und Produktinnovationen, besonders im Bereich der mittelständischen Wirtschaft, durch zinsgünstiges Investitionskapital zu fördern.
    Nun, Herr Kollege Riedl, muß ich mich doch sehr dagegen wehren, daß Sie dies als einen Schattenhaushalt bezeichnen. Dies hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau immer getan. Sie hat immer Geld im Ausland und im Inland aufgenommen und hat dies immer zinsverbilligt an die mittelständische Wirtschaft weitergegeben. Das ist ihre Aufgabe. Das, was haushaltsrelevant ist, nämlich die Zinssubvention, das Herunterschleusen dieser bestimmten Zinsen, steht — und das wissen Sie doch auch — im Haushalt. Ich würde einer anderen Lösung nicht zugestimmt haben. Deshalb sollten Sie doch eine Praxis, die sich seit Jahrzehnten bewährt hat, nun nicht mit einem Male kritisieren wollen.
    Die Finanzpolitik wird in den kommenden Jahren versuchen, ihren Beitrag zur Förderung wirtschaftlicher Umstellungsprozesse zu erbringen. Wir haben nicht Abschied genommen von einer aktiven Wachstums- und Beschäftigungspolitik.
    Bei der Diskussion über unsere wirtschafts- und finanzpolitischen Probleme und die Folgerungen, die auf Grund unseres Leistungsbilanzdefizits zu ziehen sind, wird von verschiedenen Seiten das Stichwort Japan genannt, und zwar besonders auch immer von denjenigen, die andererseits dann die Haushaltsdefizite des Bundes kritisieren. Was mir an dieser Diskussion bemerkenswert erscheint, ist die Tatsache, daß die vergleichbare finanzpolitische Entwicklung in Japan hierzulande ganz wenig Beachtung findet. Dabei lassen sich bei beiden Ländern auch hier Parallelen finden. Nur werden die entsprechenden Zahlen in Japan offensichtlich nicht dazu verwendet, die Kreditwürdigkeit des eigenen Staatswesens und des eigenen Volkes schlechtzumachen. Beide, Deutschland und Japan, haben in den letzten Jahren, manchmal bis an die Grenze des haushaltswirtschaftlich Vertretbaren, ihre binnenländische Wirtschaftsentwicklung gestützt und das heimische Wachstum gestärkt —

    (Glos [CDU/CSU]: Die haben vernünftigere Gewerkschaften!)

    auch eingedenk ihrer wichtigen Rolle für die jeweiligen Wirtschaftsräume. Dies hat die japanischen finanzwirtschaftlichen Daten noch stärker als unsere beeinflußt.

    (Glos [CDU/CSU]: Und die Produktivität! Und das Verhalten der Gewerkschaften!)

    So stieg die Verschuldung der Gebietskörperschaften in Japan von 1974 bis 1979 fast dreimal so rasch wie in der Bundesrepublik: bei denen um 325 %, bei uns um 117 %. Im japanischen Staatshaushalt lag der Anteil der Zinsquote bereits 1979 über 10 v. H. Das ist eine Größenordnung, die wir auch Ende dieses Finanzplanungszeitraumes noch nicht erreicht haben werden. Auch im Verhältnis des Schuldenstands zum Bruttosozialprodukt als Maßstab für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft können wir uns durchaus mit Japan und mit allen anderen Industrieländern messen.

    (Glos [CDU/CSU]: Vergleichen wir doch mal die Arbeitsproduktivität!)

    Wir befinden uns nämlich bei dieser Vergleichszahl — Anteil der öffentlichen Schulden am Bruttosozialprodukt, also am Gesamteinkommen eines Volkes im Lauf eines Jahres — in guter Nachbarschaft mit der Schweiz am untersten Ende der Skala. Das ist der internationale Vergleich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Solche Vergleiche werden in der pauschalen Kritik an einer verantwortungsbewußten, d. h. auch immer an den wirtschaftlichen Notwendigkeiten und an der Notwendigkeit, die Beschäftigung in Deutschland zu sichern und für Arbeitsplätze zu sorgen, ausgerichteten Finanzpolitik gerne verschwiegen.
    Lassen Sie mich zurückkommen auf die eingangs dargestellte Leitlinie dieses Haushalts, den Ausgabenrahmen so eng wie möglich zu begrenzen und



    Bundesminister Matthöfer
    Anforderungen der Ressorts auf das unabweisbar Notwendige zurückzuführen.
    Das mußte natürlich auch für den Verteidigungshaushalt gelten. Auch wenn unser Beitrag für das westliche Bündnis hohe politische Priorität hat, kann der Verteidigungshaushalt nicht von vornherein und vollständig aus den finanzpolitischen, auch nicht aus den wirtschaftlichen und energiepolitischen Gesamtzusammenhängen ausgeklammert werden. Im Zeichen enger gewordener Finanzspielräume und eines wachsenden Drucks zu äußerster Sparsamkeit kann eine so große und auch so kostenträchtige Organisation wie die Bundeswehr und wie die Rüstung nicht vom Druck zu kostenbewußtem Haushalten ausgenommen werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Natürlich darf dies nicht die Erfüllung der Bündnispflicht und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte beeinträchtigen. Die Bundesregierung erfüllt ihre Bündnispflichten. Gleichzeitig aber werden wir auch im Bereich von Rüstung und Verteidigung auf höherem Kostenbewußtsein und auf wirtschaftlichem Umgang mit begrenzten Mitteln bestehen müssen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies gilt insbesondere — wenn ich dies sagen darf — für den Ölverbrauch. Ich wiederhole: Es war nach meiner Überzeugung richtig und bleibt rückblickend wirtschaftlich und finanzpolitisch richtig, einen Zuwachs der öffentlichen Ausgaben anzustreben, der möglichst fühlbar unter dem Wachstum des Sozialprodukts liegt.
    Wenn die Opposition versucht hat und nun wieder versucht, den Eindruck zu erwecken, als sei der Haushaltsentwurf der Bundesregierung nicht sorgfältig oder verantwortungsvoll genug aufgestellt worden, so wird sie darin auch von dem Ergebnis vieler gründlicher Beratungen des Haushaltsausschusses und zu einem nicht geringen Teil durch ihren eigenen Anteil an dessen Arbeit widerlegt. Denn der Haushaltsausschuß ist ja mit nicht geringer Entschlossenheit und auch Bereitschaft zu Konflikten an diese Aufgabe herangegangen, Ausgaben auf ihre Unabweisbarkeit abzuklopfen und mögliche Einsparungen durchzusetzen. Und trotz einer Reihe von bemerkenswerten Ergebnissen, Korrekturen und Umschichtungen, von denen manche auch Ausdruck unterschiedlicher Bewertung innerhalb der Koalition sind, hat das von der Bundesregierung vorgelegte Zahlenwerk im großen und ganzen der harten Prüfung durch den Haushaltsausschuß standgehalten.
    Dies drückt einen Tatbestand aus, der uns noch beschäftigen wird, daß nämlich substantielle Einsparungen in den Ausgaben des Bundes jedenfalls im Verfahren der Haushaltsaufstellung kaum mehr zu erzielen sind. Andererseits war gerade wegen der Begrenzung der Ausgabenanforderungen von vornherein klar und ist von mir auch in aller Klarheit von dieser Stelle im Deutschen Bundestag vorgetragen worden, daß konjunkturbedingte Veränderungen sowohl bei den Einnahmen wie bei den Ausgaben nicht mehr durch weitere Ausgabenkürzungen aus-
    geglichen werden können. Das ist ja doch eine Meinung, hinsichtlich der es keine Meinungsverschiedenheiten in der Bundesregierung, in der Koalition, mit der Bundesbank oder mit den Sachverständigen aus der Wirtschaft gibt.

    (Kolb [CDU/CSU]: Und wo sparen wir dann?)

    — Bitte schön?

    (Kolb [CDU/CSU]: Und wo sparen wir dann?)

    — Ich komme jetzt dazu. Das ist die logische Frage, die sich aus dem Fluß der Rede ergibt; ich bedanke mich dafür.
    Es war darüber hinaus das allgemeine Einverständnis aller Beteiligten — auch im. Finanzplanungsrat —, daß es nicht wünschbar und nicht vertretbar wäre, konjunkturell — und das heißt auch: durch die internationale Wirtschaftslage und die Wirtschaftspolitik wichtiger Partnerländer — bedingte Steuermindereinnahmen und Mehrausgaben für Arbeitsmarktpolitik und Zinsen anders als durch eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme zu finanzieren. Es wäre konjunkturpolitisch unvertretbar und auch sonst sachlich falsch gewesen, den konjunkturbedingten Ausschlag der Steuermindereinnahmen, der Zinsausgaben und des Anstiegs der Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit durch Zerschlagung des sachlich ausgewogenen Ausgabengerüsts des Bundeshaushalts finanzieren zu wollen. Ich habe mich allerdings nachhaltig dafür eingesetzt, sachlich unabweisbare Mehranforderungen, insbesondere aus dem Bereich der Verteidigung, nicht durch eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme zu finanzieren; dafür bitte ich den Herrn Kollegen Haase um Verständnis. Hier handelt es sich um Ausgaben, die geeignet sind, das Defizit des Bundeshaushalts strukturell zu verfestigen und dauerhaft zu erhöhen. Genau dies ist aber das, war wir auf gar keinen Fall mehr tun dürfen.
    Das Ihnen vorliegende Zahlenwerk ist das Ergebnis eines gründlichen Prüfungs- und Beratungsprozesses von Regierung und Parlament. Es stellt den zur Zeit nicht mehr sinnvoll einschränkbaren Kern der unabweisbaren Ausgaben des Bundes dar, der sicherlich nur mit großen Schwierigkeiten und Reibungsverlusten zu bewirtschaften ist. Die Bundesregierung hat in den Entwurf 1981 eine globale Minderausgabe von 1,9 Milliarden DM eingesetzt. Angesichts der knappen Bemessung fast aller Ausgabenansätze lag dieser Betrag an der Obergrenze dessen, was am Jahresende als sogenannter Bodensatz ohne Bewirtschaftungsmaßnahmen hätte übrigbleiben können.
    Nun hat der Haushaltsausschuß diese globale Minderausgabe der Höhe nach zwar unverändert gelassen, er spricht sich aber dafür aus, daß die globale Minderausgabe — proportional zu den Gesamtausgaben — im investiven und konsumtiven Bereich erwirtschaftet wird. Da die konsumtiven Ausgaben aber zum weit überwiegenden Teil rechtlich und faktisch gebunden sind, kann ich nicht davon ausgehen, daß die globale Minderausgabe auch in dieser Aufteilung als Bodensatz übrigbleibt. Nach meiner Ein-



    Bundesminister Matthöfer
    schätzung wird sich die parlamentarische Einsparungsauflage nur durch erneute Haushaltssperren gemäß § 41 BHO erwirtschaften lassen. Davon wird kein Haushalt — ich betone: kein Haushalt — ausgenommen werden können.
    Natürlich kann ein — gemessen am Bedarf — von der Ausgabenseite so eng gestalteter Haushalt niemanden mit ungeteilter Freude, Zufriedenheit erfüllen. Ich kann sehr wohl viele meiner Freunde und Fraktionskollegen — auch meine DGB-Kollegen — verstehen, wenn sie eher Unzufriedenheit darüber empfinden, daß der Bund zur Bewältigung der angespannten Wirtschafts- und Beschäftigungslage und zur Beschleunigung der Strukturveränderungen in den verschiedenen Problembereichen kurzfristig nicht mehr tun kann.
    Wenn die Nettokreditaufnahme in diesem Jahr auf etwa 34 Milliarden DM anwachsen wird, so ist diese Zahl für den Finanzminister schmerzhaft, weil die Beschaffung dieser Mittel in der gegenwärtigen Hochzinsphase — bei 20 %igem Zinsniveau in Amerika kann man j a wohl kaum sagen, daß dies binnenwirtschaftlich, durch die Kreditnachfrage des Bundes bewirkt sei — und angesichts der temporären Verklemmungen auf den Kapitalmärkten natürlich mehr Schwierigkeiten macht als während der Niedrigzinsphase 1978/79.

    (Kolb [CDU/CSU]: Dort hätten wir sparen sollen!)

    — Ja, das ist immer ein Argument. Da wird dann gesagt: Aber 1979 hättet ihr sparen können.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sollen, sollen!)

    — Oder sollen. — Ich darf Ihnen noch einmal erklären, daß die Bundesrepublik in einen internationalen Zusammenhang eingebettet ist.
    Wir haben 1978 hier den Wirtschaftsgipfel gehabt.

    (Kiep [CDU/CSU]: Jetzt kommt das eine Prozent!)

    — Ja, jetzt kommt das eine Prozent. Wir haben uns damals unter amerikanischen Druck

    (Kiep [CDU/CSU]: Dem haben Sie nachgegeben!)

    zu einem Prozent vom Sozialprodukt mehr Ausgaben verpflichtet, um die Zugeständnisse der anderen zu erreichen.

    (Zuruf des Abg. Glos [CDU/CSU])

    — Ja, Sie würden sich als erstes natürlich von unseren internationalen Verpflichtungen trennen. Ich will Ihnen aber gerne sagen, was ich meinem amerikanischen Kollegen Regan gesagt habe, als er mich in Deutschland freundlicherweise besuchte. Ich habe ihm gesagt: Ein Teil unserer Schwierigkeiten beruht darauf, daß wir damals dem amerikanischen Druck nicht widerstanden haben. Ich ziehe daraus die Schlußfolgerung, daß es in Zukunft schwieriger werden wird, wenn von außen wirtschaftspolitische Ratschläge an mich herangetragen werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Kolb [CDU/CSU]: Das haben wir doch gegenüber den USA oft getan, Herr Minister! Das hat der Kanzler dem Herrn Präsidenten öfter gesagt!)

    Dafür bitte ich dann um Ihr Verständnis.
    Das Anwachsen der Nettokreditaufnahme muß den Bundesfinanzminister auch finanzpolitisch besorgt machen, weil er es nicht hinnehmen kann, daß sich in den öffentlichen Ausgaben ein strukturelles Finanzierungsdefizit mit einer nicht zu kontrollierenden Eigendynamik entwickelt.
    Wenn aus der Nettokreditaufnahme von 33,77 Milliarden DM der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Grundgesetz hergeleitet wird, so meine ich allerdings, daß ich mich, so berechtigt viele Einzelfragen in der Sache sein mögen, demgegenüber auf die klare und eindeutige Feststellung beschränken kann, daß mit diesem Haushalt nicht gegen Art. 115 des Grundgesetzes verstoßen wird.
    Wir haben es gegenwärtig bei 1,2 Millionen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt nicht mit einem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht zu tun.
    Nun ist offenbar jemand auf die Idee verfallen, zu konstruieren, daß gleichwohl ein Verstoß gegen Art. 115 vorliege, weil ein hohes Defizit — jedenfalls gegenwärtig — kein geeignetes Instrument sei, um das gestörte gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich diesem Gedankengang nicht folgen kann. Was gegenwärtig geeignet sein könnte, uns eine Wiederherstellung von Vollbeschäftigung und stetigem Wachstum bei Geldwertstabilität und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht zu gewährleisten, darüber kann man in der Tat lange streiten. Ich frage mich, ob eine solche volkswirtschaftliche Diskussion dann justitiabel sein wird.
    Wenn aber meine Argumente und die der Koalition und die des Wirtschaftsministers die CDU/CSU nicht überzeugen, wenn Sie wirklich glauben, daß hier ein Verstoß gegen die Verfassung vorliege, dann sollten Sie darüber nicht nur öffentlichkeitswirksam reden, sondern dem Verfassungsgericht auch endlich Gelegenheit geben, diese Streitfragen zu klären. Ich sehe dem mit großer Gelassenheit entgegen.
    Besorgt macht mich nicht der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Grundgesetz, besorgt macht mich nicht die wieder angeheizte Öffentlichkeitskampagne, wir stünden vor einem Finanzchaos — seit Sonthofen geht das nun schon ununterbrochen —, sondern besorgt macht mich die Frage, ob die Politik, ob die Politiker, ob die vielfältigen Interessentengruppen, ob unsere Gesellschaft insgesamt die Besonnenheit, das Verständnis, das Augenmaß aufbringen werden, ohne Übertreibungen nach der einen oder anderen Seite notwendige Korrekturen im richtigen Gesamtzusammenhang vorzunehmen.
    Es geht um Besorgnisse über das Tempo und das Augenmaß der Kreditaufnahmen aller öffentlichen Hände. Die Frage, ob es sich dabei um eine irgendwann nicht mehr genügend steuerbare Entwicklung handeln könnte, führt fast immer zwangsläufig auch zu der Frage der Stellenvermehrung im öffentlichen Dienst. Öffentliche Planstellen, Beamtenrechtsverhältnisse, auch Angestelltenverträge sind bei uns in



    Bundesminister Matthöfer
    der Tat nur schwer abbaubar. Es gibt die nicht ganz unbegründete Befürchtung, daß mancher im öffentlichen Dienst Beschäftigte über seine Personalkosten hinaus weitere Folgekosten verursacht, d. h. zu einem Anwachsen öffentlicher Ausgaben in einem Ausmaß beiträgt, das sich der Kontrolle entziehen könne.

    (Beifall bei der FDP)

    Die aktiven Erwerbstätigen werden in Zukunft große Lasten für die Nichterwerbstätigen zu tragen haben, so daß Verschiebungen innerhalb der Gesamtzahl der Erwerbstätigen von der Privatwirtschaft hin zum öffentlichen Sektor gerade in Zukunft mit ganz besonderer Sorgfalt zu beurteilen sind. Es ist daher richtig, immer wieder den Personalbestand im öffentlichen Dienst zu durchforsten und neue Stellenanforderungen äußerst restriktiv zu handhaben. Deshalb ist auch richtig und begrüßenswert, daß sich der Haushaltsausschuß — und das ist diesmal nicht das erste Mal — der Stellenentwicklung mit besonderem Nachdruck annimmt. Ich möchte aber an alle Beteiligten die Bitte richten, einmal das ganze Bild der Stellenvermehrungen in Bund, Ländern und Gemeinden und mittelbar öffentlich finanzierten Einrichtungen — dazu gehören dann auch die sogenannten freien Träger — in den letzten Jahren zu untersuchen. Der Zuwachs der Beschäftigung im öffentlichen Dienst hat nämlich nicht beim Bund stattgefunden,

    (Westphal [SPD]: So ist es!) sondern bei den Ländern und Gemeinden.


    (Kolb [CDU/CSU]: Halten Sie den für zu hoch?)

    An der Zunahme der Zahl der öffentlich Bediensteten in den letzten zehn Jahren war der Bund nur zu 3 % beteiligt. Auf die Länder entfielen 67 % und auf die Gemeinden 30 %.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist aber eine Folge unserer Gesetzgebung, Herr Minister!)

    — Natürlich auch der Gesetzgebung. Sie wissen doch nach so langer Tätigkeit hier im Hause ganz genau, daß solche Gesetzte ohne die Zustimmung des Bundesrates nicht zustande kommen können. Und wer da die Mehrheit hat, das wissen Sie doch auch.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    In den letzten fünf Jahren hat es beim Bund überhaupt keine Stellenvermehrungen mehr gegeben,

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Nein?)

    sondern einen Stellenabbau. Zweifellos hat es Stellenvermehrungen bei Ländern und Gemeinden gegeben, die mit den Wünschen in Einklang standen, die von allen politischen Kräften getragen waren, die zum Teil mit verursacht waren durch Gesetze und Planungen, an denen auch der Bund beteiligt war. Hier muß man sich nun aber auch ein Bild darüber verschaffen, wo denn der Zuwachs stattgefunden hat. Von 100 Personen, die seit 1979 eingestellt worden sind, entfallen rund 50 auf den Bildungsbereich — wir haben doch wohl alle gewollt, daß mehr Lehrer eingestellt würden; das war doch wohl auch
    vernünftig —, 14 auf die sozialen Dienste, 13 auf den Bereich Sicherheit und Rechtsschutz — hier handelt es sich also in erster Linie um erforderliche Dienstleistungen. Aber es bleibt dabei, daß die Vermehrung der Zahl der öffentlichen Stellen wesentlich bei Ländern und Gemeinden eingetreten ist.
    Seit 1979 decken wir einen Teil unseres Kreditbedarfs auch im Ausland, 1980 etwa 20 Milliarden DM, übrigens rund zwei Drittel — wenn man es damit vergleichen will — unseres Leistungsbilanzdefizits. Wenn trotzdem, Herr Kollege Riedl, die Devisenreserven der Bundesbank im letzten Jahr um rund 25 Milliarden DM geschmolzen sind, so liegt das vorwiegend am hohen privaten Kapitalexport.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Warum gibt es den?)

    Der wird doch auch durch Falschmeldungen angeheizt — ein Verhalten, das ich nur als unpatriotisch bezeichnen kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir haben mit unserer Auslandskreditaufnahme verhindert, daß die Devisenreserven der Deutschen Bundesbank noch stärker zurückgegangen sind.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wieviel brauchen wir in diesem Jahr, Herr Minister?)

    Was unsere Kreditaufnahme betrifft, werde ich die Rede des Kollegen Riedl an meine DGB-Kollegen schicken, damit sie mal sehen, mit welchen Argumentationen wir es hier zu tun haben. Ich werde dann noch etwas Eigenes hinzufügen.

    (Glos [CDU/CSU]: Über Japan zum Beispiel! Das sollten Sie hinzufügen!)

    über die für die Arbeitnehmer ungünstigen Auswirkungen der öffentlichen Kreditaufnahme auf die Einkommensverteilung.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Natürlich, wer kriegt denn die Zinsen? Das sind doch wohl nicht vorwiegend die gewerkschaftlich organisierten Kollegen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was sagen Sie zur Kapitalflucht? Wo sind da die Gründe?)

    In der gegenwärtigen Lage können und wollen wir nicht auf eine begrenzte öffentliche Auslandsfinanzierung verzichten. Wir müssen den Ölförderländern attraktive Anlagemöglichkeiten bieten, wenn dieser Kreislauf, Kauf von Öl, Übertragung von realer Kaufkraft an die Ölländer — dies bedeutet Entzug von Kaufkraft bei uns und Kapitalbildung im Ausland —, Rückführung dieses Kapitals in unsere Wirtschaft — wenn es geht für produktive Zwecke —, funktionieren soll.
    Auslandskredite kosten allerdings wie jeder andere Kredit auch ihren Zins. Auf Grund bisher eingegangener Verpflichtungen rechne ich damit, daß wir 1982 schon etwa 3,5 Milliarden DM an das Ausland werden zahlen müssen. Dies ist eine Sache, die mich ungeheuer besorgt macht. Die Notwendigkeit, das Leistungsbilanzdefizit auf organisierte Art und Weise auch durch öffentliche Kreditaufnahme im



    Bundesminister Matthöfer
    Ausland zu finanzieren, ist ja unbestritten. Aber wenn dies so weitergeht —

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Es geht so weiter!)

    — Natürlich, wenn Sie weiter Ihre Zustimmung zu Mineralölsteuererhöhungen und anderen Ölsparmaßnahmen verweigern, wenn der Kollege Riedl weiter den Abbau der Subventionen als arbeitnehmerfeindlich bezeichnet, dann werden wir größere Schwierigkeiten haben, das Leistungsbilanzdefizit abzubauen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe und Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Sie drehen alles herum! Das stimmt alles nicht!)

    Diese Zinszahlungen belasten unsere künftige Leistungsbilanz.

    (Franke [CDU/CSU]: Ihr macht arbeitnehmerfeindliche Politik!)

    — Und Ihr Kanzlerkandidat Strauß hätte arbeitnehmerfreundliche Politik gemacht: Das glauben nicht einmal unsere ärgsten Feinde.

    (Franke [CDU/CSU]: 1,2 Millionen Arbeitslose! Eure Politik geht zu Lasten des kleinen Mannes! — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Der bezahlt die Zeche dafür! Schulden zu Lasten der Arbeitnehmer! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Solange das Leistungsbilanzdefizit besteht, müssen wir Kapital anderer Volkswirtschaften in Anspruch nehmen, weil wir in der Tat durch die Ölpreissteigerungen und durch unseren zu großen 01-verbrauch in dieser Beziehung über unsere Verhältnisse leben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wie lange können Sie das Spiel noch treiben, Herr Minister?)

    — Wie lange wir das treiben wollen? Solange wie Sie Ihren Widerstand gegen Mineralölsteuererhöhungen und andere öleinsparende Maßnahmen parteipolitisch umzumünzen versuchen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Glos [CDU/CSU]: Ach, da sind wir jetzt auch schuld! Sagen Sie mal ein Wort über den Genossen Klose! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Wir werden das schon abbauen. Sehen Sie sich einmal die April-Zahlen an. Die sind ganz gut. Wir hatten einen Ausfuhrüberschuß von mehr als 3 Milliarden DM in einem Monat. Das kann sich sehen lassen. Wir hoffen, wir halten das durch. Wir werden ganz drastische, auch wenn das unpopulär ist, auch wenn Sie es ausnutzen — machen Sie es doch in Gottes Namen; wir werden tun, was im Interesse des deutschen Volkes erforderlich ist —, Öleinsparungen durchsetzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich bestehe auf diesem Punkt so sehr,

    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist doch die Politik gegen den kleinen Mann!)

    weil wir mit dem, was wir im nächsten Jahr machen werden, wieder Strukturveränderungen herbeizuführen versuchen, die zu einem geringeren Ölverbrauch führen. Da werden Sie uns hier natürlich wieder anklagen.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Die größten Schuldenmacher aller Zeiten! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Bundesschuldenminister!)

    Das Ergebnis wird aber vom deutschen Volk 1984 beurteilt werden.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Grösaz: Größter Schuldenmacher aller Zeiten!)

    Dann werden wir alles das vortragen, was Sie hier gesagt haben.
    Das wirkliche Problem ist nicht, daß wir Kapital im Ausland aufnehmen und dafür natürlich Zinsen zahlen müssen, das wirkliche Problem ist, daß ein stabilitätsbewußtes Land wie die Bundesrepublik Deutschland in den Zinsen die Sünden der laxen Geldpolitik anderer Länder, die jetzt mit erhöhten Zinsen bekämpft werden müssen, mittragen muß. Das ist doch wohl auch klar.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP — Kolb [CDU/CSU]: Das wollte der Kanzler so! — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Schafft doch endlich das Ausland ab! — Glos [CDU/CSU]: Das eigentliche Problem sind Sie, Herr Matthöfer! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Wenn Sie weiter so viele Zwischenrufe machen, wird Sie der Präsident wieder zur Mäßigung ermahnen müssen.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    Diese zusätzliche über unser eigenes Sozialprodukt hinausgehende Inanspruchnahme von Ressourcen darf nicht konsumtiv verwendet werden, muß vielmehr produktiv investiert werden, um die Belastung der Leistungsbilanz später durch steigende Exporte wieder wettzumachen. Das ist die Aufgabe, die wir in den nächsten Jahren lösen müssen.
    Im laufenden Kalenderjahr hat der Bund bisher rund 13 Milliarden DM im Ausland aufgenommen. Diese Mittel stammen überwiegend aus Ölexportländern, darunter Saudi-Arabien. Meldungen, daß dieser Staat seine Kreditbeziehungen zum Bund angeblich eingestellt habe oder einstellen wolle, entbehren jeder Grundlage. Ich frage mich, wer hier aus welchen Gründen durch das Verbreiten von Falschnachrichten ein Interesse daran hat, das deutscharabische Verhältnis zu stören.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Kolb [CDU/CSU]: Verbreitet der Herr Becker Falschnachrichten? — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Sie machen die falsche Politik mit Saudi-Arabien! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Der Herr Kiep weiß, was ich meine.



    Bundesminister Matthöfer
    Richtig ist, daß die Kreditaufnahme, die im Januar für das Kalenderjahr 1981 von beiden Seiten gemeinsam in Aussicht genommen wurde, etwa die gleiche Höhe wie 1980 haben sollte. Ich bitte Sie, noch einmal zu bedenken, was die Saudis dann, wenn sie sich im März des vergangenen Jahres, als wir dort im wesentlichen die Kredite aufgenommen haben, dafür entschieden hätten, nicht D-Mark-Kredite zu vergeben, sondern — zu damals niedrigeren Zinsen — Dollar-Kredite durch die Dollar-Zinssätze infolge der Verbesserung der Wechselkurse gewonnen hätten. Gleichwohl bleiben sie nicht nur bei ihrer vernünftigen Preispolitik, sondern sind auch weiterhin bereit, mit uns finanziell zusammenzuarbeiten. Dafür haben sie nicht verdient, daß ihnen solche Unterstellungen, wie man sie in den Zeitungen lesen kann, gemacht werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Reden Sie mit Herrn Lambsdorff!)

    Saudi-Arabien ist erkennbar an einer Fortsetzung der guten Beziehungen — auch der Kreditbeziehungen — interessiert und hat uns inzwischen wissen lassen, daß an den Kauf zusätzlicher Schuldscheine des Bundes — wenn wir daran ein Interesse haben sollten — gedacht werden kann.
    Die Bundesregierung beabsichtigt, die Kreditaufnahme im Ausland vorläufig — wie immer in ganz enger Abstimmung mit der Deutschen Bundesbank — fortzusetzen. Aber das ist aus den von mir vorhin dargestellten Gründen keine Dauerlösung. Oberstes Ziel bleibt die Wiederherstellung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts, damit zusammen mit dem Leistungsbilanzdefizit auch die Notwendigkeit langfristiger Kapitalimporte für die Zukunft entfällt.
    Der Bundeshaushalt 1981 stellt einen realistischen Kompromiß zwischen den sachlichen Bedürfnissen und dem Wünschenswerten auf den Gebieten, auf denen der Bund Verantwortung trägt und Zuständigkeit hat, sowie den finanzpolitischen Möglichkeiten und der gesamtwirtschaftlichen Lage dar.
    Gleichzeitig ist es aber sicher auch richtig, daß dieser Entwurf und die in ihm zum Ausdruck kommende finanzpolitische Entwicklung Fragen für die nächsten Jahre aufwerfen. Da gibt es nun eine Reihe von Spekulationen, die in unserem Volke Unsicherheit verbreiten könnten. Lieber Herr Kollege Riedl, die Liste, die Sie hier vorgelesen haben, ist eine Sammlung aller Falschmeldungen, die man sich überhaupt nur vorstellen kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU — Kolb [CDU/CSU]: Wir sprechen uns in einem halben Jahr wieder!)

    Ich frage mich im Moment: Liest er nun das geplante CDU-Regierungsprogramm vor?

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Wenn Sie das nur befolgt hätten! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Das machen wir lieber selber!)

    — Entschulden Sie, Herr Kollege Riedl, ich glaube, Ihnen kann ich das sagen: Es war keine solide Rede, die Sie gehalten haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU — Kolb [CDU/CSU]: Niemand hört gern sein Sündenregister! Was sagen Sie zu Herrn Hoppe?)

    — Ich bedanke mich bei Herrn Hoppe für die Unterstützung, die er mir angeboten hat.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Herr Hoppe ist Mitglied einer Koalition, die immer alle Beschlüsse gemeinsam gefaßt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Kiep [CDU/CSU]: Sehr richtig! Daran muß erinnert werden!)

    Das wird auch in Zukunft so bleiben.
    Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich nicht zuletzt im Hinblick auf diese Spekulationen, die in unserem Volke Unsicherheit verbreiten könnten, hier auf die über 1981 hinausgehende Perspektive eingehen möchte. Der Anstieg der Nettokreditaufnahme des Bundes, die ja gesamtwirtschaftlich im Zusammenhang mit der Defizitentwicklung bei Ländern, Gemeinden und Trägern der Sozialversicherung zu sehen ist, hat zweifellos in der Öffentlichkeit Sorgen ausgelöst.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei Ihnen nicht?)

    — Das habe ich schon mehrfach gesagt. — Mit wachsender Dringlichkeit wird die Frage gestellt, ob sich hier eine Dynamik entfaltet, die dann nicht mehr kontrolliert werden kann.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Das gilt natürlich insbesondere in einer Hochzinsphase, wie wir sie gegenwärtig durchlaufen müssen bzw. wie sie uns vom Ausland, insbesondere durch die amerikanische Hochzinspolitik, aufgezwungen wird. Da wächst die Zinsbelastung sprunghaft, und die Deckung des Bruttokreditbedarfs ist schwieriger und könnte sich in Zukunft in der Tat als eine Belastung der Kapitalmärkte erweisen.
    Ich möchte hier zunächst einmal in aller Deutlichkeit erklären, daß diese Bundesregierung und dieser Finanzminister eine ausufernde, d. h. wegen volkswirtschaftlicher Notwendigkeit und zur Beschäftigungssicherung nicht erforderliche öffentliche Kreditaufnahme nicht mitmachen werden.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP)

    Auch in Zukunft kann jeder Bürger darauf vertrau-
    en, daß Bundesregierung und Bundesbank gemeinsam die Stabilität der D-Mark verteidigen werden.
    Für diese Bundesregierung war die öffentliche Kreditaufnahme immer ein Instrument der Finanzpolitik, das eingesetzt — und so bemessen eingesetzt — werden muß im Bemühen um die Sicherung der Vollbeschäftigung bei Wahrung der Geldwertstabilität.

    (Kolb [CDU/CSU]: Der Alex Möller wird jetzt rot!)




    Bundesminister Matthöfer
    Es geht anders als noch vor vielen Jahren heute nicht mehr darum, nachfragebedingt unausgelastete Produktionskapazitäten vorübergehend durch zusätzliche öffentlich finanzierte Nachfrage auszulasten. Es muß angesichts unseres außenwirtschaftlichen Leistungsbilanzdefizits heute darauf ankommen, von einem nicht mehr wachsenden Sozialprodukt einen größeren Anteil an produktiven Investitionen der Wirtschaft zuzuführen, um den Strukturwandel zu bewältigen und neue wettbewerbsfähige Arbeitsplätze schaffen zu können. Es wäre ein schwerer Fehler, über öffentliche Kreditaufnahme nachhaltig mehr privaten oder öffentlichen Verbrauch zu finanzieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Es ist grundsätzlich richtig, daß die in diesem Jahr erwartete Nettokreditaufnahme des Bundes in Verbindung mit den Ungewißheiten der konjunkturellen Entwicklung und auch der Zinsentwicklung Anlaß sein muß, die Möglichkeiten der Begrenzung öffentlicher Ausgaben zu prüfen, damit die Nettokreditaufnahme auch künftig nach den jeweiligen volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten steuerbar bleibt. Niemand weiß heute, wie sich im laufenden und in den folgenden Jahren das Zinsniveau entwicklen wird. Würde es sich — was niemand wünschen kann — im weiteren Jahresverlauf auf dem gegenwärtigen hohen Niveau bewegen, so müßten wir 1982 gegenüber dem bisherigen Finanzplan rund 4 Milliarden DM mehr für Zinsausgaben bereitstellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nur für Zinsen!)

    Hier wird auch deutlich, wie stark unsere Entwicklung in die Lage der Weltwirtschaft eingebunden ist, die gegenwärtig durch eine in der Nachkriegszeit noch nie dagewesene Kumulation von Strukturkrisen, Rezession und hohen Zinsen gekennzeichnet ist. Erst in der letzten Woche hat das amerikanische Schatzamt für 30jährige Papiere 14 % Zinsen zahlen müssen. Das ist für uns unvorstellbar. Lieber Herr Riedl, das sind in der Tat Zinssätze, von denen wir nicht einmal träumen. Überlegen Sie das einmal. Diese Zinssätze muß der Finanzminister aus dem Land mit der reichsten Volkswirtschaft der Welt zahlen.
    Es macht deshalb wenig Sinn, heute über Zahlen zu spekulieren, für die im nächsten Jahr im Rahmen des Bundeshaushalts zusätzliche Deckung gesucht werden muß.

    (Kolb [CDU/CSU]: Würden wir denn eine 30jährige Anleihe überhaupt kriegen?)

    Da muß man schon ein wenig mehr wissen.
    Wir müssen, um die Kreditaufnahme im nächsten Jahr kontrolliert steuern zu können, rechtzeitig den Anteil der Ausgaben, der bisher gesetzlich festliegt, vermindern. Die Regierung ist dazu fest entschlossen. Ich bitte, dies sorgfältig zu verstehen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Was heißt rechtzeitig?)

    In irgendeiner heute noch nicht zu beziffernden Größenordnung müssen gesetzlich festgelegte Leistungen abgebaut werden.
    Die Aufgabe, vor der wir stehen und von deren Bewältigung es im wesentlichen abhängt, ob sich unsere Volkswirtschaft in dieser weltweiten Krise so gut behaupten kann wie bisher, lautet, die Beweglichkeit und die Steuerbarkeit der Finanzpolitik, die durch das Festliegen großer Ausgabenblöcke und der diesen Ausgabenblöcken innewohnenden Dynamik enger geworden ist, so wiederherzustellen, daß Defizite und Kreditaufnahmen unter allen bedeutsamen Gesichtspunkten — hier vor allen Dingen dem Gesichtspunkt der Beschäftigungspolitik — steuerbar bleiben. Dies wird eine schwierige, vielleicht auch schmerzhafte Operation, die wir uns nicht erleichtern durch voreilige Festlegungen auf diese oder jene Maßnahme.
    Das gesamte Spektrum der gesetzlich festliegenden öffentlichen Ausgaben, auch angestammte Subventionen und Besitzstände, der ganze Fächer Steuermindereinnahmen verursachender Sondervergünstigungen, sind alle daraufhin zu überprüfen, ob sie angesichts der vor uns stehenden Aufgabe, angesichts der gesamtwirtschaftlichen Bedürfnisse, angesichts der Bedeutung des Systems der sozialen Sicherheit, für den sozialen Frieden in unserem Land, angesichts politischer Prioritäten nicht nur gerechtfertigt, sondern unverzichtbar sind.
    Zunächst ist es selbstverständlich, daß nicht nur aus fiskalischen Gründen, sondern auch im Interesse der sozialen Gerechtigkeit und im Interesse der Funktionsfähigkeit der sozialen Mechanismen unseres Gemeinwesens Mißbrauchsmöglichkeiten beschnitten oder Mißstände abgebaut werden und daß eine vielleicht eingerissene zu großzügige Handhabung öffentlicher Leistungen wieder auf das absolut notwendige Mindestmaß zurückgeführt wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich erinnere daran, daß das Kabinett dem Arbeitsminister den Auftrag erteilt hat, Vorschläge zu unterbreiten, wie die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz eingedämmt werden kann.

    (Zuruf des Abg. Kolb [CDU/CSU] — Franke [CDU/CSU]: Das ist doch gestern geplatzt!)

    — Das erledigt nicht den Auftrag an den Arbeitsminister. Da scheinen Sie aber die Arbeitsverhältnisse in der Bundesregierung falsch einzuschätzen. Wir haben auch einen eigenen Sachverstand.

    (Franke [CDU/CSU]: Habt ihr? Nur beim Schätzen geht es immer daneben!)

    Hier und anderswo handelt es sich darum, Eigenverantwortlichkeit, Motivation zur Leistungsbereitschaft, auch wo sie mit Unannehmlichkeit verbunden ist, in das richtige Verhältnis zu dem zu rücken, was wirtschaftlich möglich und was an sozialem Schutz dringend erforderlich ist. Vor allem kommt es darauf an sicherzustellen, daß sich die Instrumente unseres Sozialstaates gerade auch in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit bewähren können.



    Bundesminister Matthöfer
    Soziale Gerechtigkeit und volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit dürfen nicht in einen angeblichen Widerspruch gebracht werden. Sie ergänzen sich gegenseitig. Tatbestände, Grenzen und Höhe öffentlicher Leistungen und Vergünstigungen müssen im Licht der gesamtwirtschaftlichen und finanzpolitischen Lage insgesamt durchleuchtet werden, insbesondere dort, wo unkontrollierbarer Zuwachs droht. Das ist ja selbstverständlich. Wir müssen selbst wieder bereit sein, das Erforderliche zu tun, hohe Erwartungen und Anspruchshaltungen zurückzuschrauben.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Ich glaube, daß gerade wir Sozialdemokraten — ich darf einmal als solcher sprechen — hier eine Verpflichtung haben: Wenn wir irgendwo im Land feststellen, daß etwas, was wir für den Schutz von Menschen getan haben, die durch Einflüsse, die außerhalb ihres Entscheidungsbereichs liegen, in Schwierigkeiten geraten sind, durch Steuerberater und sonstige kluge Berater ausgehöhlt wird und Leute massenhaft in die entstehenden Lücken eindringen und das bestehende System so ausnutzen, wie es nicht gedacht ist, dann haben gerade wir als Sozialdemokraten dagegen etwas zu tun

    (Kolb [CDU/CSU]: Dann müßt ihr bessere Gesetze machen, Herr Minister!)

    und gegen solche Praktiken zu protestieren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Von allen ist mehr Gemeinsinn, mehr Solidarität, mehr Solidität und Bescheidung zu verlangen.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Niemand braucht in diesem Lande mehr zu opfern, als ihm zuzumuten ist. In dem Sinne halte ich es allerdings für gerechtfertigt, schon jetzt allen denjenigen den Boden zu entziehen, die in unserem Volke nach bekanntem Sonthofener Rezept allgemeine Unsicherheiten schüren wollen.
    Deshalb wiederhole ich hier, daß das Kindergeld für das erste Kind nicht abgeschafft wird.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann es wahrscheinlich auch gar nicht abgeschafft werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das kommt doch nicht von uns!)

    Ich will Ihnen sagen, wie das gelaufen ist, meine Damen und Herren: Ihre Kollegen haben eine Spekulation angestellt. Ein Presseorgan hat sie aufgegriffen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Nein, das kam von der SPD!)

    Daraufhin haben Herr Blüm und andere gegen den Bundesfinanzminister protestiert. Daß dies alles eine bewußte Kampagne ist, sehen Sie, lieber Herr Vogel, daran, daß es trotz fünfzehnmaliger Dementis immer und immer wieder hochgezogen wird — wenn ich mich recht erinnere, auch wieder von dem Herrn Riedl.
    Die Bundesregierung kann und will sich an einer verfrühten Diskussion über den Haushalt 1982 und die zu seiner soliden Finanzierung erforderlichen Maßnahmen nicht mit Einzelheiten beteiligen. Sie wird Ende Juli Grundsatzentscheidungen treffen und Anfang September ihre Vorschläge vorlegen. Dies wird alles gründlich vorbereitet.
    Ich gehöre nicht zu denjenigen — wie offenbar einige von Ihnen — die das Ergebnis eines dreimonatigen Studiums, einer dreimonatigen Diskussion und einer dreimonatigen Beratung mit Kollegen und Experten schon vorwegnehmen und alles schon vorher wissen. Zu denen gehöre ich nicht.

    (Zuruf des Abg. Kolb [CDU/CSU]) Ich brauche diese drei Monate noch,


    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist Ende August, Herr Minister!)

    um einen solchen soliden Plan vorlegen zu können. Wir werden dabei natürlich berücksichtigen, was im Parlament und in der öffentlichen Diskussion, die niemand gängeln kann und abwürgen will, an Besorgnissen und Hinweisen erkennbar geworden ist.
    Unsere Volkswirtschaft ist auch heute trotz ausgebliebenen Wachstums, trotz der Belastungen unserer Leistungsbilanz sehr wohl leistungsfähig genug, um ein soziales Netz zu erhalten, das diesen Namen verdient. Solidarität muß sich gerade in schwierigen Zeiten bewähren. Sie muß aber auch immer wieder neu geprüft werden: die Solidarität derjenigen, die arbeiten, für die jungen, in Ausbildung befindlichen Menschen, für die ältere Generation, für die Arbeitslosen ebenso wie die Solidarität all derjenigen, die soziale Hilfen in Anspruch nehmen.
    Es ist zweifellos keine leichte Aufgabe, in weltwirtschaftlich schwierigen Zeiten, in Zeiten wieder zunehmender internationaler Krisen und größerer Lasten zur Friedensbewahrung allen Ansprüchen einer an dauerhaften Wohlstand gewöhnten, zu vielen Teilen vielleicht auch in der Tat von Erfolgen verwöhnten Gesellschaft gerecht zu werden, soziale Interessenkonflikte auszugleichen und gleichzeitig die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu erhalten.
    Aber wir geben den Anspruch nicht auf, daß alle diese Ziel- und Interessenkonflikte in einer solidarischen, dem Gemeinwohl wie der sozialen Gerechtigkeit verpflichteten Weise gelöst werden können und gelöst werden müssen. Bewährung heißt hier: uneigennützige Einordnung in einen geduldigen, ganz und gar undramatischen Weg der Kompromißfindung. Bewährung heißt Entwicklung und Sicherung unserer sozialen Rechtsstaatlichkeit und ihre Anpassung an die Wirklichkeit von heute und morgen.

    (Kolb [CDU/CSU]: An unsere finanziellen Möglichkeiten, Herr Minister!)

    Das Ausmalen immer schlimmerer Bilder, das heimliche Herbeisehnen einer Katastrophe, um eine angeblich erforderliche Wende vorzubereiten, dient niemandem und schadet allen. Wie diese angebliche Wende zum Positiven in anderen Ländern aussieht,



    Bundesminister Matthöfer
    das zu studieren werden wir noch Gelegenheit haben. Da werden wir noch auf viele Zitate von Ihnen zurückkommen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Der Haushalt 1981 ist ein Stück pragmatischer Politik

    (Kolb [CDU/CSU]: Aber nicht solide!)

    auf dem Weg, den der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vorgezeichnet hat.

    (Zuruf des Abg. Franke [CDU/CSU])

    Ich habe mich in meiner Einbringungsrede im Januar 1981 bemüht, den Weg zu skizzieren, auf dem die Finanzpolitik unter den neuen Herausforderungen der Zeit weiterentwickelt werden muß. Ich bin zuversichtlich, daß es möglich sein wird mit allen Kräften dieser Koalition, auch den nächsten Schritt

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Den letzten Schritt!)

    auf diesem Wege zu gehen und unserer Verantwortung gegenüber unserem Volk und zur Sicherung seiner Zukunft gerecht zu werden.
    Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weitergebe, wollte ich Sie auf die Geschäftslage aufmerksam machen. Es war ursprünglich für diesen Teil der Tagesordnung eine verbundene Debatte von drei Stunden vorgesehen. Diese Zeit ging jetzt in etwa zu Ende. Es liegen drei weitere Wortmeldungen vor: Kollege Kiep mit 45 Minuten, Kollege Grobecker mit 20 Minuten, Kollege Gärtner mit 30 Minuten. Wir werden also mit diesem Teil der Tagesordnung über die Mittagspause hinauskommen.
Ich erteile dem Abgeordneten Kiep das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen unserer besonderen Freude darüber Ausdruck geben, daß wir den Herrn Bundesfinanzminister wieder in guter Gesundheit, wie wir sehen können, unter uns haben.

    (Beifall)

    Wenn man Sie hier reden hörte, und wenn man Ihnen zuhören konnte, wäre man fast versucht, Herr Kollege Matthöfer, zu meinen, daß Ihr äußeres Aussehen gewissermaßen ein Kontrastprogramm zum Zustand unserer Staatsfinanzen darstellen soll.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Aber, meine Damen und Herren, diese erste Runde der zweiten und dritten Lesung des Bundeshaushalts 1981 hat doch für mich einen erschütternden Realitätsverlust bei den Kollegen der Sozialdemokratischen Partei deutlich gemacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei allem Bemühen um die Redlichkeit, die Haushaltspolitikern nun einmal eigen ist, verehrter Herr Kollege Walther, kann ich nicht ganz verschweigen, daß Sie sich offensichtlich — wahrscheinlich in Notwehr und Selbstschutz — in eine Art von luftleerem Raum begeben haben und so tun, als ob im Grunde genommen alles in Ordnung sei.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ist Ihnen eigentlich entgangen, daß in der deutschen Öffentlichkeit — und zwar in allen Teilen dieser Öffentlichkeit, von den Arbeitnehmern bis hin zu den Wirtschaftszeitungen, von den Industrieverbänden bis hin zum letzten Rentner — mit größter Sorge über den Zustand der Staatsfinanzen gesprochen wird?

    (Kolb [CDU/CSU]: Die leben in einer anderen Welt!)

    Ist Ihnen eigentlich völlig entgangen, Herr Kollege Walther, daß da am vergangenen Wochenende in einer rheinischen Großstadt ein Parteitag einer Partei stattgefunden hat, die Ihnen nahesteht? Diese Partei, die FDP, hat dort mit großen Paukenschlägen die finanzpolitische Wende für dieses Land angekündigt. Das alles scheint an Ihnen vorübergegangen zu sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben hier nach der Methode business as usual geredet, als ob dies eine Haushaltsberatung sei, wie viele andere mehr.

    (Franke [CDU/CSU]: Herr Kiep, die Sozialdemokraten lesen keine Zeitung!)

    — Selbst im „Vorwärts" war das j a zu lesen.

    (Zuruf von der SPD: Immer sehr interessant!)

    — Ja, immer sehr interessant. —
    Wenn ich mir die Ausführungen des Kollegen Hoppe vor Augen führe, dann hat er ja unsere Erwartungen und Hoffnungen keineswegs enttäuscht. Er hat wieder mit der ihm eigenen Klarheit der Sprache die Lage geschildert und hat sich im Grunde genommen von der bisherigen Finanzpolitik dieser Regierung überdeutlich abgesetzt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Insoweit war seine Rede bemerkenswert, insoweit begrüßen wir die richtigen Erkenntnisse, die hier sichtbar geworden sind. Nur, lieber Herr Hoppe, wie schön wäre es gewesen, wenn wir z. B. einen gewissen Teilwahrheitsbeweis für Ihre Erkenntnis dadurch heute mit zur Kenntnis nehmen könnten, daß Sie zusammen mit der Union etwa in der Frage des Wohnungsbauprogramms den Weg praktisch beschritten hätten, den Sie uns seit Jahren theoretisch empfehlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und wenn Sie mir eine mehr scherzhafte Bemerkung erlauben, Herr Hoppe: Als Politiker und Kollege sind Sie uns allen hochwillkommen, lieb und wert. Aber stellen Sie sich einmal vor, Herr Hoppe, Sie wären Arzt. Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären Arzt und würden einen Patienten behandeln, bei



    Kiep
    dem Sie bereits im Jahre 1976 erstmalig eine schwere Krankheit festgestellt haben, um dann schließlich im Jahre 1981 zur Therapie überzugehen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Verehrter Herr Hoppe, was mir an Ihrer Analyse nicht so ganz gefällt, ist, daß Sie immer einen Teil auslassen, nämlich die Tatsache, daß Sie seit zwölf Jahren Wegbegleiter der Sozialdemokraten sind, die diese Finanzpolitik, wie ich noch im einzelnen ausführen werde, so gestaltet haben, daß wir heute vor dieser Notwendigkeit stehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Warum haben Sie denn nicht einmal daran gedacht, wenn Sie diese Sorgen schon so lange haben, in diese Koalition vielleicht als Rocher de bronze für die Finanzpolitik einen FDP-Finanzminister einzuführen? Warum ist Ihnen der Gedanke nicht gekommen? Früher gab es FDP-Finanzminister in Bundesregierungen. Ich teile im übrigen die Skepsis von Herrn Walther — —

    (Wehner [SPD]: Würden Sie einmal sagen, was aus denen geworden ist? Das wissen Sie genau! Lohnt sich aber nicht! Sie brauchen nur die Bezeichnung!)

    — Ich glaube, einer der Herren ist gestorben, das ist richtig, Herr Wehner.

    (Wehner [SPD]: Das tut jeder! Aber was dazwischen war, wäre interessant!)

    Verehrter Herr Kollege Walther, ich teile Ihre Meinung, daß hier wahrscheinlich der berühmte Wechsel, der Zusammenbruch dieser Bundesregierung, gar nicht so unmittelbar bevorsteht. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Trotz aller sachlichen Unterschiede, trotz der Rede von Herrn Hoppe gibt es immer noch einen Kitt, der Sie beide zusammenhält, und dieser Kitt heißt „Machterhaltung".

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Um der Machterhaltung willen sind Sie im Begriffe,
    politische Inhalte zu opfern, die für die Zukunft un-
    seres Landes größte Belastungen mit sich bringen.

    (Zurufe von der SPD: Was macht denn die Opposition?)

    Ich möchte auf die Ausführungen des Finanzministers eingehen. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben eine Rede gehalten, in der Sie einerseits — bildlich gesprochen — Valium unters Volk gestreut haben, indem Sie gesagt haben: Was wollt ihr eigentlich? Ist doch alles in Ordnung. — In einem weiteren Teil haben Sie dann die Opposition in die Pfanne gehauen. In einem weiteren Teil haben Sie dann gesagt, Sie hofften, daß die Opposition Ihnen hilft, wenn die Schwierigkeiten, die gar nicht vorhanden sind, beseitigt werden sollten.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Sie haben sich dann in das geflüchtet, was Sie immer tun, in den internationalen Vergleich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Japan, verehrter Herr Bundesfinanzminister, das Sie sicherlich noch besser kennen als ich und dessen Finanzpolitik oder, besser gesagt, dessen Verschuldungspolitik Sie hier geschildert haben, Japan, Herr Matthöfer, hat seine Verschuldung in sehr viel höherem Maße investiven Zwecken zugeführt, als dies bei unserer Verschuldung der Fall ist. Dies hätten Sie erwähnen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben vom internationalen Vertrauen gesprochen, das Sie erhalten wollen. Herr Matthöfer, ist Ihnen entgangen, daß ein Teil unserer Probleme auf den Verlust des internationalen Vertrauens zurückzuführen ist?

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn alles so ist, wie Sie es sagen, Herr Kollege Matthöfer, können Sie mir eigentlich das Phänomen des FDP-Parteitages von Köln näher erklären? Können Sie mir erklären, warum diese Partei sozusagen aus heiterem Himmel eine Abkehr von einer Finanzpolitik vollzieht, die Sie hier soeben als verantwortungsbewußt, zielstrebig und richtig bezeichnet haben? Ist denn diese FDP inzwischen zu einer Bande von Spökenkiekern geworden, die praktisch nur irgendwo Panik machen wollen? Oder wollen Sie behaupten, daß Herr Hoppe, der hier gesprochen hat, eine Art finanzpolitischer Frankenstein sei?

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie, Herr Matthöfer, appellieren an das Augenmaß der Bürger, wenn Sie sie demnächst mit Ihren Änderungen konfrontieren wollen. Glauben Sie nicht, daß die Bürger ein Recht haben, nach dem Augenmaß dieser Bundesregierung zu fragen, die diesen Zustand hat eintreten lassen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Schuldenfinanzierung, Herr Bundesfinanzminister, die Sie und Ihre Vorgänger elf Jahre lang betrieben haben, ist j a im Grunde genommen ein Weg, bei der Verwendung der Staatsfinanzen — sprich: der Steuergelder — dem Bürger die Mitbestimmung über diese Verwendung zu entziehen. Ehrlicher wäre eine solche Politik, wenn Sie in einem vertretbaren Maß dort, wo Sie für mehr Staat eingetreten sind, auch die notwendigen Einnahmen durch mehr Steuern eingetrieben hätten.
    Lassen Sie mich zu dem Ernst der Lage zurückkehren, und lassen Sie mich einige Bemerkungen zu dem Zustand machen, indem wir uns befinden. Lassen Sie mich vor allen Dingen sagen, was nach unserer Überzeugung geschehen müßte.
    Alles, was hier in zwölf Jahren erreicht wurde, steht heute offensichtlich wieder auf dem Spiel. Walter Slotosch hat in der „Süddeutschen Zeitung" am 16. Mai eine Lagebeschreibung unter der Überschrift „Nur noch Defizite" gebracht. Im Bereich der Arbeitslosigkeit — ein Thema, das uns alle in ganz besonderer Weise bedrückt und beschäftigt, weil es für die betroffenen Menschen ein schweres Schicksal bedeutet und weil es für die Gemeinschaft aller mit erheblichsten finanziellen Belastungen verbunden ist —, im Bereich der Arbeitslosigkeit hat sich nichts verbessert, haben sich die Dinge eher ver-



    Kiep
    schlechtert. Die Arbeitslosigkeit, die wir heute haben, kostet uns, alles zusammengerechnet, 23 Milliarden im Jahr, mit steigender Tendenz, und wir müssen uns Sorge darüber machen, wie wir die steigenden Kosten der Arbeitslosigkeit in Zukunft finanzieren wollen. Im Bereich unserer Wirtschaft stellen wir einen Pleitenrekord, im Februar die höchste Monatszahl von Konkursen in unserer Wirtschaft in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland fest. Ich darf daran erinnern, daß es hier vorrangig um mittelständische und kleinere Unternehmen geht, auf die wir aus einer Reihe von Gründen, insbesondere wegen ihrer Innovationskraft, wegen ihrer Anpassungsfähigkeit in den kommenden schwierigen wirtschaftlichen Jahren überhaupt nicht verzichten können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Und die Arbeitslosigkeit!)

    Nach allem, was wir heute übersehen können, ist die Talsohle noch nicht durchschritten. Sie kann uns auch möglicherweise noch tiefer führen, was wir alle nicht hoffen wollen.
    Die Inflationserwartungen, meine Damen und Herren, sind inzwischen weiter gestiegen. Sicherlich stimmen die internationalen Vergleiche, Herr Kollege Matthöfer. Aber ich darf doch daran erinnern, daß wir inzwischen bei 5,6 % angekommen sind und daß die weitere Inflationsentwicklung und unsere Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser Entwicklung hohe Priorität bei allen wirtschafts- und finanzpolitischen Überlegungen haben müssen. Die brutalste und unsozialste Besteuerung bleibt die Inflation. Und Inflation, so hat das Protokoll über den Londoner Gipfel ausgesagt, verringert die Arbeitslosigkeit nicht, im Gegenteil: sie ist eine ihrer Hauptursachen. Auch an diese Wahrheit muß wieder erinnert werden. Sie ist ja auch der Bundesregierung zugegebenermaßen, wenn auch spät, immerhin gedämmert.
    Ich würde sagen, daß das Gesamtproblem, gewissermaßen das Syndrom der Probleme der Bundesrepublik Deutschland, in unserem Leistungsbilanzdefizit zum Ausdruck kommt. Sie haben davon auch schon gesprochen. Auch Sie haben wiederum der Versuchung nicht widerstanden, es ein wenig zu verniedlichen. Ich darf Sie daran erinnern, daß die Ver-niedlicher in dieser Bundesregierung, an der Spitze der Bundeskanzler, noch am 24. November 1980, also vor weniger als sieben Monaten, davon gesprochen haben — Zitat —: „Auf kurze Sicht kein schwerwiegendes Problem."

    (Zurufe von der CDU/CSU: „Schmidtchen"!)

    Das Leistungsbilanzdefizit, meine Damen und Herren, beruht j a auf der Tatsache, daß wir vom Ausland weniger Geld einnehmen, als wir ins Ausland bringen. Das heißt, wir leben in der Beziehung zum Ausland über unsere Verhältnisse, wir geben mehr aus, als wir einnehmen. Dieser Zustand kann kein Dauerzustand bleiben.

    (Zuruf von der SPD: Das ist zweifellos richtig!)

    Er ist auch nicht zu korrigieren durch unsere Reserven, wie dies der Bundeskanzler im Wahlkampf in fast leichtfertiger Weise der Bevölkerung darstellen wollte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Heute gehen wir im dritten Jahr in dieses Leistungsbilanzdefizit. 1980 waren es fast 30 Milliarden DM. Damit hatten wir das höchste Leistungsbilanzdefizit aller Industrieländer zu verzeichnen, ein weit höheres als Japan, das viel ölabhängiger ist als wir. Unsere Energie ist nur zur Hälfte, die Japans zu 70 % vom Importöl abhängig. Sicherlich liegt eine Ursache in der Ölrechnung. Das ist überhaupt nicht zu bestreiten. Aber es ist wichtig, auch offen auszusprechen, daß die Hälfte unseres Leistungsbilanzdefizits nicht ölbedingt ist, sondern eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft in der Welt widerspiegelt. Auch an diese Tatsache muß erinnert werden, wenn man ernsthaft miteinander über die Beseitigung des Leistungsbilanzdefizits diskutieren will.
    Sie suchen die Schuld nun immer bei anderen. Da sind die Ausländer insgesamt, da sind die bösen Bundesländer, da ist die Opposition, da sind die Ölscheichs. Herr Kollege Matthöfer, diese Ölpreisentwicklung ist doch nicht über Nacht über uns gekommen. Wir haben den ersten Ölschock im Jahre 1973 erlebt. Ich frage Sie: Was ist denn seit 1973 in diesem Lande wirklich geschehen, um vom 01 unabhängiger zu werden?

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Sicherlich, da gab es Ansätze. Ich erinnere Sie an den Brief des Bundeskanzlers Willy Brandt an den Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Gerhard Stoltenberg, in dem Willy Brandt damals, im Jahre 1973, Stoltenberg dringend bat, so schnell wie irgend möglich Brokdorf als Standort für ein Kernkraftwerk auszuweisen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Die Ansätze waren da, aber sie sind alle versandet, versandet in einer Politik, die den Mut zu Entscheidungen nicht mehr aufbrachte, die den Weg des geringsten Widerstandes gegangen ist, die unbequeme Entscheidungen verschoben hat. Und so stehen wir heute, acht Jahre nach dem Beginn der Ölkrise, energiepolitisch im Grunde genommen ungerüstet da.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die einzige wirkliche Reaktion war die Reaktion der deutschen Verbraucher. Die deutschen Verbraucher haben auf diese Preisentwicklung verantwortungsbewußt reagiert. Und der einzige Pluspunkt in unserer Ölunabhängigkeitsbemühung ist tatsächlich der Rückgang des Verbrauchs in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der Einsichtigkeit der Bürger dieses Landes.
    Aber auf die Energiepolitik warten wir noch immer. Und wir hätten uns auch gefreut, wenn auf dem FDP-Parteitag hier nochmals ein klares Signal gesetzt worden wäre, das uns die Hoffnung gibt, daß zusammen mit der finanzpolitischen Wende, die



    Kiep
    dringend notwendig ist, die energiepolitische Wende in der Bundesrepublik Deutschland kommt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler und auch der Kollege Matthöfer haben nun wiederholt auf die Möglichkeit der Bekämpfung des Leistungsbilanzdefizits durch Kreditaufnahme im Ausland hingewiesen. Zwar hatte der Bundeskanzler noch 1978 in Mannheim erklärt: „Wir können es uns nicht leisten, uns auf ausländischen Kapitalmärkten zu verschulden." Aber jetzt ist dieser Weg offensichtlich gangbar, und es wird von ihm erheblicher Gebrauch gemacht.
    Es könnte dabei die Illusion entstehen, als ob Kapitalaufnahme im Ausland gewissermaßen ein Rezept zur Beseitigung oder Reduzierung des Leistungsbilanzdefizits auf Dauer sein könnte. Ich möchte dieser Auffassung hier ganz deutlich entgegentreten. Die Bundesbank hat erklärt: „Je mehr die Auslandsschulden wachsen, um so mehr schmälern sie das im Inland verteilbare Sozialprodukt." Ich möchte hinzufügen: Zinsen und Tilgungen für Auslandsschulden schlagen natürlich auf die Negativseite unseres Zahlungbilanzdefizits; sie vermehren es, und sie senken es nicht für die Zukunft.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist ein Vorbeimogeln!)

    Auch dieser Zusammenhang müßte ehrlicherweise vom Finanzminister dargestellt werden,

    (Walther [SPD]: Hat er doch! — Westphal [SPD]: Das hat er getan, gar kein Zweifel!)

    wenn er hier in einer Rede ein Gemälde der Finanzpolitik seiner Regierung darstellt.

    (Dr. von Geldern [CDU/CSU]: Er hat nur geredet und nichts gesagt!)

    Es erscheint mir wichtig, auch auf den Zusammenhang zwischen der Schuldenwirtschaft einerseits und dem Leistungsbilanzdefizit andererseits hinzuweisen. Wir erleben j a immer wieder, daß die Bundesbank bei jeder passenden Gelegenheit davon spricht, daß ohne einen Abbau der Schuldenzuwächse des Staates eine Senkung der Hochzinspolitik, einmal abgesehen von den außenwirtschaftlichen Zwängen, allein nicht möglich ist. Man könnte sich sogar fast vorstellen, daß die Bundesbank ein Junktim herstellen könnte, indem sie ihre Bereitschaft, Hochzinspolitik abzubauen, vorausgesetzt, daß die außenpolitischen Zwänge nachlassen, in dem Maß verwirklicht, in dem die Bundesregierung und alle öffentlichen Hände ihre Neuverschuldung ihrerseits reduzieren. Die Inanspruchnahme unseres Kapitalmarkts im Jahr 1981 ist ja, für sich genommen, bereits ein Antriebselement für Zinsen in unserem Land, ganz abgesehen von allen anderen Gründen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich, Herr Kollege Matthöfer, Ihren Ausführungen und der Debatte über den Haushaltsentwurf 1981, den wir hier zu behandeln haben, etwas über das hinaus hinzufügen, was Kollege Riedl schon gesagt hat und was mein Kollege Carstens
    noch sagen wird. Sie haben so getan, als ob der Unterschied zwischen dem von Ihnen eingebrachten Haushalt aus dem Januar und dem heutigen Werk, das wir vor uns haben, gewissermaßen die Folge eines von Ihnen nicht zu vertretenden und auch nicht zu erwartenden Augustgewitters sei. Ich darf Sie daran erinnern, daß eine ganze Reihe von Mehrausgaben sehr wohl vorhersehbar war.
    Sie haben auf die Arbeitslosenzahlen Bezug genommen. Ich möchte Sie nur daran erinnern, daß die Mehrausgaben für die Bundesanstalt für Arbeit, die jetzt hier zur Debatte stehen, keineswegs ausschließlich auf die von uns allen bedauerte Erhöhung der Arbeitslosenzahl von 1,1 auf 1,2 Millionen zurückzuführen sind,

    (Westphal [SPD]: Schlechtwettergeld!)

    sondern daß diese Erhöhung um 100 000, wenn wir sie einmal in Rechnung bringen, diese Mehrausgaben der Bundesanstalt für Arbeit in gar keiner Weise voll und ganz rechtfertigt. Hierfür wären etwa 1,5 Milliarden DM zu begründen, die wir für 100 000 zusätzliche Arbeitslose mehr aufwenden müßten. Aber in der Tat betragen die Mehraufwendungen ja 4,5 Milliarden DM.

    (Seiters [CDU/CSU]: So ist es!)

    Und darf ich Sie daran erinnern, Herr Kollege Matthöfer, daß unser Kollege Franke bei verschiednen Gelegenheiten hier und auch in der Öffentlichkeit im November und im Dezember

    (Franke [CDU/CSU]: Im September!)

    auf die Fehlerhaftigkeit der Prognosen hingewiesen hat, auf Grund deren Sie diesen Haushalt vorgelegt haben.
    Ich möchte schließlich auch noch dem Kollegen Walther sagen: Wir wußten doch wohl im Januar, daß das Geld für die Kriegsopferversorgung und für das Mutterschaftsgeld nach der Ist-Entwicklung des Vorj ahres überhaupt nicht ausreichen konnte. Sie können doch auch nicht behaupten, daß die Tornado-Entwicklung irgend etwas mit der Konjunktur zu tun gehabt hätte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie wußten im Januar 1981, daß der Treibstoffbedarf der Bundeswehr steigen würde;

    (Kolb [CDU/CSU]: Einschließlich der Erhöhung der Mineralölsteuer!)

    auch dies hat Sie nicht plötzlich überrascht.
    Ich will damit nur sagen: Sie haben die Vorgaben für die Aufstellung des Bundeshaushalts 1981 nach unten korrigiert, um hier ein besseres Bild abgeben zu können

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und um die Worte des Kanzlers zu erfüllen, der gesagt hatte: 27 Milliarden DM Lücke und 4 % Steigerungsrate. Das war die Vorgabe, nach der Sie gearbeitet haben. Nun stellen wir fest, daß das, was Sie hier im Januar vorgetragen haben, bereits Makulatur ist. Dies beunruhigt nun, verehrter Herr Matthöfer, nicht nur die Opposition. Es gibt vielmehr in der Tat auch Menschen draußen im Lande — darunter



    Kiep
    auch einige Journalisten —, die es atemberaubend finden, daß ein Haushalt von Januar bis Mai praktisch zur Makulatur wird. Sie müßten diese Besorgnis und die damit verbundenen Zweifel und Erregungen endlich zur Kenntnis nehmen.
    Sicherlich hat der Bundeskanzler die Richtlinienkompetenz für die Politik, und der ist der Finanzminister unterworfen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren: Der Bundeskanzler muß sich j a auch an die Gegebenheiten und an die Realitäten halten. Er ist ja schließlich kein mittelalterlicher Herrscher, der einfach bestimmen kann, was geschieht. Und Sie, Herr Matthöfer, sind kein Schatullenverwalter eines mittelalterlichen Herrschers, sondern Sie sind Treuhänder der Bürger für die Steuergelder, auf Zeit bestellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Art und Weise, wie Sie in diesen letzten Wochen mit Steuergeldern in der Öffentlichkeit umgegangen sind, hat bei vielen, vielen unserer Bürger Arger, Zweifel an Ihrer Fähigkeit und Mißtrauen gegenüber der Institution Bundesrepublik Deutschland hervorgerufen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im Haushalt 1981 haben wir die schon dargestellte Neuverschuldung, die nunmehr bei 34 Milliarden DM liegt.

    (Walther [SPD]: Wo liegt sie?)

    — Von 500 Millionen DM mehr oder weniger einmal abgesehen, sind wir jetzt bei etwa 34 Milliarden DM. — Das bedeutet — für den einzelnen Bürger einmal in für ihn verständlichen Zahlen ausgedrückt —, daß der Schuldendienst täglich 162 Millionen DM kostet — täglich 162 Millionen DM!

    (Glos [CDU/CSU]: Erschreckend!)

    Schuldendienst heißt natürlich Verzicht auf entsprechende Politik. Deshalb hat Staatsverschuldung nicht etwas mit buchhalterischer Kleinlichkeit und Kleinkrämerei zu tun, sondern Staatsverschuldung steht in einem direkten Zusammenhang mit der Handlungsfähigkeit des Staates. Daß unser Staat in dieser Stunde an die Grenzen seiner Handlungsfähigkeit stößt, weil ihm durch Ihre Finanzpolitik der Manövrierraum genommen worden ist, ist das entscheidende Problem, über das wir uns hier unterhalten müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben eine globale Minderausgabe von 1,9 Milliarden DM eingesetzt. Wenn ich mich an meine bescheidenen, geringen Erfahrungen im Mikrokosmos Niedersachsen erinnern darf, dann war eine globale Minderausgabe zwar sicherlich ein Mittel des Finanzministers bei der Aufstellung seines Haushalts, aber eigentlich nur dann und nur dort, wo er genau wußte, wie er eine solche globale Minderausgabe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch erwirtschaften kann. Ich frage mich, wie Sie hier 1,9 Milliarden DM erwirtschaften wollen. Deshalb nehmen Sie es uns bitte nicht übel, wenn wir in dieser Minderausgabe von 1,9 Milliarden DM auch wiederum einen Versuch der Beschönigung, der Verschönerung oder, um es häßlich zu sagen, einen Trick sehen, mit dem Sie über eine wirkliche Darlegung des Zahlenmaterials hinwegkommen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)