Plenarprotokoll 9/36
Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
36. Sitzung
Bonn, Mittwoch, den 13. Mai 1981
Inhalt:
Fragestunde
— Drucksache 9/407 vom 8. 05. 1981 —
Anhebung der Streitwertgrenze in Zivilsachen zur Entlastung der Landgerichte
MdlAnfr 2 08.05.81 Drs 09/407 Bohl CDU/CSU
Antw PStSekr Dr. de With BMJ 1839 B
Strafrechtliche Ermittlungen gegen Teilnehmer an den Ausschreitungen anläßlich der Rekrutenvereidigung in Bremen
MdlAnfr 63 08.05.81 Drs 09/407 Dr. Voss CDU/CSU
Antw PStSekr Dr. de With BMJ 1839 C, D, 1840A
ZusFr Dr. Voss CDU/CSU . . . . 1839D, 1840A
Bindung des Einsatzes öffentlicher Mittel zum Ausgleich laufender Betriebskosten der deutschen Stahlunternehmen an die Abgabe von Kapitalanteilen und die Gründung einer Ruhrstahl AG
MdlAnfr 73 08.05.81 Drs 09/407 Dr. Lammert CDU/CSU
Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 1840 B, C, D,
1841A, B
ZusFr Dr. Lammert CDU/CSU 1840 C
ZusFr Dr. Jens SPD 1840 D
ZusFr Reuschenbach SPD 1841 A
ZusFr Urbaniak SPD 1841A
ZusFr Frau Steinhauer SPD 1841A
Erschwerung der Ausfuhr deutscher Maschinen nach Frankreich durch neue Handelshemmnisse
MdlAnfr 74 08.05.81 Drs 09/407 Dr. Jens SPD
Antw PStSekr Grüner BMWi . 1841 B, D, 1842A,B
ZusFr Dr. Jens SPD 1841C,D
ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . .1842A
ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . .1842A
Verlagerung von Produktionsanlagen in Länder mit niedrigerem Energiepreisniveau
MdlAnfr 75 08.05.81 Drs 09/407 Weirich CDU/CSU
Antw PStSekr Grüner BMWi 1842 B, C, D
ZusFr Weirich CDU/CSU 1842 C,D
Wortlaut der Klausel „außergewöhnliche Umstände" im Pariser Abkommen über die Tilgung der westlichen Polenkredite
MdlAnfr 76 08.05.81 Drs 09/407 Dr. Czaja CDU/CSU
Antw PStSekr Grüner BMWi 1843A,B
ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 1843A
Vereinbarkeit der Ablehnung von Investitionszuschüssen aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für Peine mit dem Zo-
II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Mai 1981
nenrandförderungsgesetz sowie Nutzung der Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe für die Zonenrandförderung in den Jahren 1978 bis 1980
MdlAnfr 78, 79 08.05.81 Drs 09/407 Stockleben SPD
Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 1843 B, C, D,
1844A, B, C
ZusFr Stockleben SPD 1843 C, D, 1844A
ZusFr Kühbacher SPD 1844A
ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . 1844B
ZusFr Frau Simonis SPD 1844 C
Bundesmittel für die Kreise Höxter und Lippe
MdlAnfr 80 08.05.81 Drs 09/407 Heistermann SPD
Antw PStSekr Grüner BMWi . . 1844C, 1845A,B
ZusFr Heistermann SPD 1845 A
Ausfuhrgenehmigung für eine Pistole als Gastgeschenk des bayerischen Ministerpräsidenten an den pakistanischen Staatschef sowie Einfuhrgenehmigung für eine Vorderladermuskete als Gegengeschenk
MdlAnfr 84 08.05.81 Drs 09/407 Frau Simonis SPD
Antw PStSekr Grüner BMWi . 1845 B, C, D, 1846A
ZusFr Frau Simonis SPD 1845 C
ZusFr Conradi SPD 1845 D
ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . . 1845D
ZusFr Gansel SPD 1845 D
Arbeitsplatzdefizit in Ostwestfalen- Lippe bis zum Jahre 1990
MdlAnfr 4 08.05.81 Drs 09/407 Heistermann SPD
Antw PStSekr Grüner BMWi . . . .1846 A, B, C, D
ZusFr Heistermann SPD 1846B, C
ZusFr Thüsing SPD 1846 D
Aufsatz von Oberstleutnant P. H. Ebsen (in „Truppenpraxis", 5/1981, S. 371 ff.) betr. revolutionäre Praxis
MdlAnfr 7, 8 08.05.81 Drs 09/407 Conradi SPD
Antw PStSekr Dr. Penner BMVg . 1847 A, B, C, D,
1848A,B
ZusFr Conradi SPD 1847 A, B, C
ZusFr Kühbacher SPD 1847 D
ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . . 1848A
ZusFr Thüsing SPD 1848A
ZusFr Petersen CDU/CSU 1848 B
Lager der NATO-Partner für B- und C-Kampfstoffe in der Bundesrepublik Deutschland
MdlAnfr 9, 10 08.05.81 Drs 09/407 Kühbacher SPD
Antw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1848 B,C, D,
1849A
ZusFr Kühbacher SPD . . . . 1848 C, D, 1849A
Modell zur Verbesserung der heimatnahen Einberufung von Wehrpflichtigen
MdlAnfr 11, 12 08.05.81 Drs 09/407 Kolbow SPD
Antw PStSekr Dr. Penner BMVg . . . . 1849B, C
ZusFr Kolbow SPD 1849 C
Inanspruchnahme von Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen und perinatale Kindersterblichkeit
MdlAnfr 21 08.05.81 Drs 09/407 Kirschner SPD
Antw PStSekr Zander BMJFG . 1849D, 1850A,B
ZusFr Kirschner SPD 1849D, 1850A
ZusFr Frau Steinhauer SPD 1850 B
Dossier des Bundesgesundheitsamtes zu dem Buch „Gesunde Geschäfte — die Praktiken der Pharma-Industrie"
MdlAnfr 22, 23 08.05.81 Drs 09/407 Marschall SPD
Antw PStSekr Zander BMJFG . . . 1850 B, C, D,
1851A
ZusFr Marschall SPD 1850B, D
Bildung resistenter Bakterienstämme durch die Anwendung von Chloramphenicol in der Veterinärmedizin; Auswirkungen eines Verbots von Chloramphenicol auf die Pharmaindustrie
MdlAnfr 26, 27 08.05.81 Drs 09/407 Helmrich CDU/CSU
Antw PStSekr Zander BMJFG . . 1851 A, B, C, D,
1852A
ZusFr Helmrich CDU/CSU . . 1851 B, C, D, 1852 A
ZusFr Stutzer CDU/CSU 1851 C
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Mai 1981 III
Verwendung der Broschüre „Alltag — Scenen einer Clique" bei der Drogenbekämpfung durch die Bundesländer
MdlAnfr 29 08.05.81 Drs 09/407 Sielaff SPD
Antw PStSekr Zander BMJFG . . . 1852 B, C, D,
1853A,B
ZusFr Sielaff SPD 1852 C
ZusFr Herberholz SPD 1852 D
ZusFr Breuer CDU/CSU 1853A
ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . 1853B
Zusammenhang zwischen der zunehmenden Zahl von Verbrechen in den Großstädten und den Versäumnissen in Stadtplanung und Architektur
MdlAnfr 54 08.05.81 Drs 09/407 Frau Roitzsch CDU/CSU
Antw StSekr Dr. Fröhlich BMI . . 1853C, 1854A
ZusFr Frau Roitzsch CDU/CSU 1854 A
Keine Übernahme der Fernsehserie „Flucht und Vertreibung" durch die Bundeszentrale für politische Bildung in ihr Programm
MdlAnfr 55 08.05.81 Drs 09/407 Dr. Hupka CDU/CSU
Antw StSekr Dr. Fröhlich BMI . . . .1854 B, C, D
ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1854C, D
Vereinbarung mit Frankreich über die Wärme- und Chloridbelastung von Mosel und Saar durch das Kernkraftwerk Cattenom
MdlAnfr 57, 58 08.05.81 Drs 09/407 Herberholz SPD
Antw StSekr Dr. Fröhlich BMI 1854 D,
1855 B, C, D, 1856A,B
ZusFr Herberholz SPD . . . . 1855 B, C, 1856A
ZusFr Schreiner SPD 1855D, 1856A
Gründung der DKP mit Beratungshilfe eines Bundesministeriums
MdlAnfr 59, 60 08.05.81 Drs 09/407 Niegel CDU/CSU
Antw StSekr Dr. Fröhlich BMI . . . 18-56 B, D,
1857A,C
ZusFr Niegel CDU/CSU . . . . 1856 B, D, 1857 A
ZusFr Herberholz SPD 1857 C
ZusFr Löffler SPD 1857 C
Nächste Sitzung 1857 C
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1859*A
Anlage 2
Deklaration alkoholischer Zusätze in Speiseeis und Joghurtzubereitungen
MdlAnfr 28 08.05.81 Drs 09/407 Frau Geiger CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 1859*B
Anlage 3
Gewerbliche Vermittlung sogenannter Scheinehen zwischen Ausländern und deutschen Staatsangehörigen
MdlAnfr 50 08.05.81 Drs 09/407 Schröer (Mülheim) SPD
SchrAntw StSekr Dr. Fröhlich BMI . . . 1859*D
Anlage 4
Auswirkungen der Subventionen in der europäischen Stahlindustrie auf die deutschen Unternehmen sowie Gründung einer Deutschen Stahl AG
MdlAnfr 71, 72 08.05.81 Drs 09/407 Borchert CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1860*B
Anlage 5
Aufhebung der Preisbindung von Schulbüchern
MdlAnfr 77 08.05.81 Drs 09/407 Heyenn SPD
SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1860*D
Anlage 6
Vorlesungen über Verbraucherpolitik an Hochschulen
MdlAnfr 81 08.05.81 Drs 09/407 Frau Geiger CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1861*A
IV Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Mai 1981
Anlage 7
Gefährdung der deutschen Glasfaserindustrie durch die Dumping-Preise der Ostblockstaaten sowie Einleitung eines Anti-Dumpingverfahrens
MdlAnfr 82, 83 08.05.81 Drs 09/407 Gerstein CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1861*B
Anlage 8
Verbot der Anwendung von Chloramphenicol bei Schlachttieren
MdlAnfr 91, 92 08.05.81 Drs 09/407 Dr. Faltlhauser CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 1861*D
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Mai 1981 1839
36. Sitzung
Bonn, den 13. Mai 1981
Beginn: 13.00 Uhr
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Dr. Ahrens * 15. 5.
Dr. Althammer * 15. 5.
Dr. Bardens * 15. 5.
Böhm (Melsungen) * 15. 5.
Büchner (Speyer) * 15. 5.
Conrad 13. 5.
Dr. Dregger 13. 5.
Eickmeyer * 15. 5.
Dr. Enders * 15. 5.
Dr. Geßner * 15. 5.
Höpfinger 15. 5.
Dr. Holtz * 15. 5.
Jäger (Wangen) * 15. 5.
Jung (Kandel) * 15. 5.
Kittelmann * 15. 5.
Dr. Köhler (Duisburg) 15. 5.
Korber 15. 5.
Lemmrich * 15. 5.
Lenzer * 15. 5.
Männing * 15. 5.
Michels 15.5.
Dr. Müller * 15. 5.
Müller (Remscheid) 13. 5.
Müller (Wadern) * 15. 5.
Müller (Wesseling) 15. 5.
Frau Noth 15. 5.
Frau Pack * 15. 5.
Pensky * 15. 5.
Pieroth 13. 5.
Reddemann * 15. 5.
Rösch * 15. 5.
Schäfer (Mainz) 15. 5.
Dr. Schäuble * 15. 5.
Frau Schlei 15. 5.
Schmidt (München) * 15. 5.
Schmidt (Würgendorf) * 15. 5.
Schmöle 13. 5.
Schulte (Unna) * 15. 5.
Dr. Solms 15. 5.
Dr. Freiherr Spies von Billiesheim * 15. 5.
Dr. Sprung * 15. 5.
Dr. Steger 13, 5.
Topmann * 15. 5.
Dr. Unland * 15. 5.
Dr. Vohrer * 15. 5.
Dr. von Weizsäcker 15. 5.
Dr. Wittmann (München) * 15. 5.
* Für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Frage der Abgeordneten Frau Geiger (CDU/CSU) (Drucksache 9/5407 Frage 28):
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Ist der Bundesregierung bekannt, daß für Kleinkinder auch schon ganz kleine Mengen von Alkohol schädlich sind und daß für sogenannte trockene Alkoholiker oft schon die kleinste Menge Alkohol ausschlaggebend für einen Rückfall in die Sucht sein kann, und wäre es da nicht zwingend notwendig, daß Zusätze von alkoholischen Getränken in Speiseeis- und Joghurtzubereitungen nach Art und Menge eindeutig deklariert werden?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß für Kleinkinder auch geringe Mengen von Alkohol schädlich sein können und für sog. „trockene Alkoholiker" eine Gefährdung auch durch kleinste Mengen genossenen Alkohols gegeben ist. Sie hat zur Klärung dieser Zusammenhänge wissenschaftliche Arbeiten gefördert und in ihren Aufklärungsmaßnahmen den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt.
Da Alkoholzusätze auch in einer Vielzahl von Arzneispezialitäten und Kräftigungsmitteln enthalten sind und von hier ausgehend dieselben Gefährdungen angenommen werden müssen, hat die Bundesregierung eine Alkoholwarnhinweisverordnung für solche Präparate erarbeitet; ein Referentenentwurf dazu liegt vor, er befindet sich im Abstimmungsverfahren mit den Ländern und Verbänden.
Hinsichtlich der Kennzeichnung von Lebensmitteln mit Alkoholzusätzen verweise ich auf meine in der Fragestunde am 6./7. Mai 1981 gegebene Antwort (Plenarprotokoll Nr. 34, Seite 1806).
Bei Joghurt sind Alkoholzusätze hiernach bereits heute anzugeben. Zur Zeit wird eine neue Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung vorbereitet. Sie wird voraussichtlich am 1. Januar 1982 mit Aufbrauchfristen in Kraft treten. Danach müssen die Alkoholzusätze auch bei Speiseeis und anderen Lebensmitteln, die in Fertigpackungen an den Verbraucher abgegeben werden, grundsätzlich im Verzeichnis der Zutaten angegeben werden.
Anlage 3
Antwort
des Staatssekretärs Dr. Fröhlich auf die Frage des Abgeordneten Schröder (Mülheim) (SPD) (Drucksache 9/407 Frage 50):
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung gegen die gewerbliche Vermittlung sogenannter Scheinehen zwischen Ausländern und deutschen Staatsangehörigen ergriffen, die darauf abzielen, den aufenthaltsrechtlichen Status des ausländischen Partners zu verbessern?
Erkenntnisse darüber, daß gewerbsmäßig tätige Ehevermittler am Abschluß von Scheinehen zwischen Ausländern und Deutschen mitgewirkt haben, liegen der Bundesregierung nicht vor. Sollten sich solche Fälle in der Praxis ergeben, wäre die Rechtslage wie folgt: Nach § 35 der Gewerbeordnung ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist derjenige, der keine Gewähr dafür bietet, daß er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird. Die Zuverlässigkeit kann u. a. in Frage gestellt
1860* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Mai 1981
sein, wenn der Gewerbetreibende wegen Vergehen oder Ordnungswidrikeiten verurteilt worden ist. Bei einem gewerbsmäßig tätigen Ehevermittler könnten demnach Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen, wenn er durch seine Vermittlungstätigkeit bewußt Beihilfen zu Verstößen gegen das Ausländerrecht geleistet hat.
Von dieser Frage eines Vorgehens gegen Ehevermittler, die Scheinehen vermitteln, ist die Frage zu unterscheiden, welche Maßnahmen gegen den Ausländer möglich sind, der eine Scheinehe eingeht.
1. Die Entscheidung über die hier in Frage kommenden aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen fällt in die Zuständigkeit der Ausländerbehörden der Länder.
Der von Art. 6 des Grundgesetzes ausländischen Ehepartnern von Deutschen gewährleistete aufenthaltsrechtliche Schutz greift nicht ein, wenn es sich um eine Scheinehe ohne den Willen zur ehelichen Gemeinschaft handelt. Es liegt auf der Hand, daß der Nachweis, daß in diesem Sinne eine Scheinehe vorliegt, in vielen Fällen schwierig ist.
2. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die deutschen Auslandsvertretungen bei der Entscheidung über Sichtvermerksanträge von Ausländern, die die Ehe mit einer Deutschen geschlossen haben. Wegen des Fehlens objektiver Anhaltspunkte wird der Nachweis einer Scheinehe von den Auslandsvertretungen regelmäßig nicht geführt werden können, wenn ein Sichtvermerksantrag alsbald nach der Eheschließung gestellt wird.
Im übrigen hat der Standesbeamte eine Mitwirkung an der Eheschließung zu versagen, wenn er eindeutig feststellt, daß die Ehe nicht der Herstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft, sondern einem anderen Zweck dient.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Borchert (CDU/CSU) (Drucksache 9/ 407 Fragen 71 und 72):
Wie beurteilt die Bundesregierung die weiteren Auswirkungen der vertragswidrigen Subventionen in der europäischen Stahlindustrie auf die deutschen Unternehmen, und welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um diese Wettbewerbsverzerrungen abzubauen?
Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung nach der Gründung einer Deutschen Stahl AG nach dem Beispiel der Ruhr-Kohle AG?
Zu Frage 71:
Die wettbewerbsverzerrenden Subventionen bestimmter Mitgliedstaaten an ihre Stahlindustrie wirken sich insbesondere auf die Preise von Walzstahlerzeugnissen in der Gemeinschaft aus. Folge hiervon ist, daß das Preisniveau am europäischen Stahlmarkt um ca. 10 bis 20 % unter dem Weltmarktniveau liegt und die nichtsubventionierten deutschen Stahlunternehmen keine kostendeckenden Erlöse erzielen.
Wie Ihnen bekannt ist, bemüht sich die Bundesregierung seit langem um Eindämmung und Abbau der wettbewerbsverzerrenden Subventionspraktiken. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, daß der EG-Ministerrat Ende 1979 den sogenannten Subventionskodex beschloß und am 3. sowie am 26./27. März 1981 in einer Ratsentschließung Ziele und Grundsätze einer auf den Abbau von Subventionen gerichteten zukünftigen EG-Stahlpolitik neu festlegte. Darüber hinaus hat die Bundesregierung die Zusage der EG-Kommission, daß sie bei ihren Entscheidungen über die von den Mitgliedstaaten notifizierten Beihilfen das von uns geforderte Prinzip berücksichtigen wird, daß der Umfang des Kapazitätsabbaus in Relation zur Höhe der Beihilfen stehen muß. Damit sind wesentliche deutsche Forderungen durchgesetzt worden. Es kommt jetzt darauf an, die Grundsätze der Entschließungen in die Praxis umzusetzen. Dabei fällt der EG-Kommission eine Schlüsselrolle zu.
Sollte die Kommission entgegen unseren Erwartungen die im Rat beschlossenen Beihilfegrundsätze nicht strikt durchsetzen, wird die Bundesregierung von der Kommission verlangen, daß sie gemäß ihren vertraglichen Verpflichtungen und entsprechend ihrer im Rat gegebenen Zusage, die deutschen Unternehmen durch geeignete Schutzmaßnahmen vor Schädigungen durch Wettbewerbsverzerrungen bewahrt, notfalls auch durch Einführung von Grenzausgleichsabgaben oder Einfuhrquoten. Die Bundesregierung wird derartige Wettbewerbsverzerrungen jedoch nicht durch nationale Subventionen ausgleichen.
Zu Frage 72:
Forderungen nach Gründung einer deutschen Stahl-AG nach dem Beispiel der Ruhrkohle-AG sind bisher nicht an die Bundesregierung herangetragen worden. Ich kann Ihnen aber versichern, daß die Bundesregierung von einem einheitlichen deutschen Stahlkonzern nichts hält. Weder die deutschen Stahlunternehmen noch die IG-Metall wollen ihn. Im übrigen wäre eine solche Einheitsgesellschaft die denkbar schlechteste Lösung, da sie eine Fehlentwicklung zum Schaden der Verbraucher und Steuerzahler einleiten würde.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Heyenn (SPD) (Drucksache 9/407 Frage 77):
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die vom Bundeskartellamt beabsichtigte Aufhebung der Preisbindung von Schulbüchern zu verhindern?
Das Bundeskartellamt prüft in einer als Musterverfahren angelegten Untersuchung gegen einen Schulbuchverlag derzeit, ob die Voraussetzungen für eine zulässige Preisbindung der von diesem Verlag herausgegebenen Schulbücher noch vorliegen. Der Ausgang dieses Verfahrens ist naturgemäß
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Mai 1981 1861*
noch offen. Die Bundesregierung wird das Bundeskartellamt an seiner Prüfung nicht hindern.
Sie hält allerdings an ihrer Auffassung fest, daß vor allem aus kulturpolitischen Erwägungen die Möglichkeit einer Preisbindung für Bücher, wie sie § 16 des Kartellgesetzes vorsieht, gerechtfertigt und notwendig bleibt. Dies gilt im Grundsatz auch für Schulbücher. Nach Meinung der Bundesregierung kommt die Aufhebung einer Schulbuchpreisbindung — wie die Aufhebung anderer Buchpreisbindungen auch — also nur in Betracht, wenn die in § 17 des Kartellgesetzes genannten Gründe, d. h. vor allem der Mißbrauch der Preisbindung, nachgewiesen werden, nicht aber allein schon deshalb, weil sich für den Absatz von Schulbüchern neue Vertriebsformen herausgebildet haben. Dem Bundeskartellamt ist diese Auffassung der Bundesregierung bekannt.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage der Abgeordneten Frau Geiger (CDU/CSU) (Drucksache 9/407 Frage 81):
Inwieweit wird der großen und immer mehr wachsenden Bedeutung der Verbraucherfragen und Verbraucherpolitik Rechnung getragen, daß darüber an den Universitäten und Hochschulen gelehrt wird?
Es trifft zu, daß Verbraucherfragen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es wäre daher vorteilhaft, wenn den Studenten an Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen regelmäßig verbraucherpolitische Lehrveranstaltungen angeboten werden würden. Verschiedentlich geschieht das. Jedenfalls mehren sich die Fälle, in denen Studenten mit verbraucherpolitischen Prüfungsarbeiten die in Betracht kommenden Bundesministerien um einschlägige Publikationen und sonstige geeignete Hilfsmittel bitten.
Die Gestaltung der Vorlesungsprogramme ist jedoch Sache der Länder. Der Bundesregierung ist daher nicht bekannt, ob es von kompetenter Seite Erhebungen über verbraucherpolitische Lehrveranstaltungen an Universitäten und Hochschulen gibt.
Unbeschadet dessen unterstützt allerdings auch die Bundesregierung die verbraucherpolitische Bildung. Das geschieht durch Zuschüsse an die im Oktober 1978 gegründete „Stiftung Verbraucherinstitut" in Berlin. Das Verbraucherinstitut wendet sich mit seinem Bildungsangebot vorzugsweise an Mitarbeiter in Verbraucherberatungsstellen, aber auch an Wissenschaftler, Lehrer, Journalisten, Politiker und Sozialarbeiter.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Gerstein (CDU/CSU) (Drucksache 9/407 Fragen 82 und 83):
Trifft die Feststellung zu, daß die kritische Wirtschaftslage der deutschen Glasfaserindustrie, wie sie sich besonders deutlich am Beispiel der Stillegung des Werks Dortmund der Gevetex Textilglas-GmbH zeigt, vor allem auf den Einfluß der Dumpingpreise der Ostblockländer (DDR, CSSR) zurückzuführen ist?
Wäre die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, mit Rücksicht auf die drohenden Arbeitsplatzverluste bei der Europäischen Gemeinschaft ein entsprechendes Anti-Dumpingverfahren einzuleiten und Mittel aus dem Bundestechnologieprogramm für die Modernisierung, Rationalisierung oder Umstrukturierung betroffener Betriebe bereitzustellen?
Zu Frage 82:
Es trifft nicht zu, daß die Stillegung des Werkes Dortmund der GEVETEX-Textilglas GmbH vor allem auf die billigen Importe aus der CSSR und Bezüge aus der DDR zurückzuführen ist. In der Vergangenheit ist allerdings über die Preisstellung dieser Länder für verschiedene Waren Klage geführt worden. Daraufhin wurde der Industrie geraten, Preisprüfungsverfahren zu beantragen; dies ist bisher nicht geschehen.
Zu Frage 83:
Nach den einschlägigen Vorschriften der EG ist es Sache der betroffenen Industrie, die Einleitung eines Anti-Dumpingverfahrens gegen bestimmte Importe zu beantragen. Mein Haus wäre bereit, die Industrie entsprechend zu beraten. Sollte sich in dem Verfahren herausstellen, daß die fraglichen Lieferungen zu Dumpingpreisen erfolgen und eine Schädigung der Industrie verursachen, würde die Bundesregierung geeignete Schutzmaßnahmen unterstützen.
Die Frage einer Modernisierung und Rationalisierung des Werkes Dortmund stellt sich deswegen nicht, weil die Firma GEVETEX beschlossen hat, das Problem der Überkapazität und Sicherung der Arbeitsplätze durch Konzentration der Fertigung im Werk Herzogenrath zu lösen.
Aus den Programmen des Bundesministeriums für Forschung und Technologie können prinzipiell alle deutschen Unternehmen Förderungen von Forschung- und Entwicklungsvorhaben beantragen. Voraussetzung ist, daß das antragstellende Unternehmen aussichtsreiche Projekte im Bereich der Produktentwicklung oder der Verfahrensentwicklung vorlegt.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Zander auf 'die Fragen des Abgeordneten Dr. Faltlhauser (CDU/CSU) (Drucksache 9/407 Fragen 91 und 92):
Was hat die Bundesregierung bisher davon abgehalten, die Anwendung von Chloramphenicol bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, zu verbieten?
Hat die Bundesregierung schon Konsultationen mit anderen EG-Staaten oder mit der Kommission aufgenommen, um ein Verbot der Anwendung von Chloramphenicol bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, im EG-Bereich zu verbieten?
Zu Frage 91:
Chloramphenicol ist ein Breitband-Antibiotikum von hoher therapeutischer Wirksamkeit und gilt in der klinischen Veterinärmedizin als ein wertvolles Arzneimittel, insbesondere bei solchen Infektionen,
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bei denen andere Antibiotika ungenügend wirksam sind. Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, dürfen nach den geltenden arzneimittelrechtlichen Vorschriften nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie beim Bundesgesundheitsamt zugelassen worden sind und dabei eine Wartezeit festgesetzt worden ist. Die Wartezeit ist die Zeit, nach deren Ablauf gesundheitlich bedenkliche Rückstände in Lebensmitteln nicht mehr vorhanden sind. Wird Chloramphenicol bei Tieren angewendet, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, und wird die festgesetzte Wartezeit eingehalten, so ist eine Gefährdung der Gesundheit des Verbrauchers nicht zu befürchten. Die Auswertung der Erfahrungen aus der Arzneimittelüberwachung und die Schwierigkeiten bei der Rückstandsdiagnostik von Chloramphenicol haben das Bundesministerium für
Jugend, Familie und Gesundheit dennoch bewogen, zusammen mit anderen Vorschlägen zur Änderung arzneimittelrechtlicher und lebensmittelrechtlicher Vorschriften auch ein Verbot der Anwendung von Chloramphenicol vorzuschlagen. Diese Vorschläge sollen in der Woche vom 18. bis 22. Mai 1981 mit Vertretern der Bundes- und Länderressorts und der Berufs- und Wirtschaftskreise sowie den Verbraucherverbänden erörtert werden. Vor einer abschließenden Beurteilung wird das Ergebnis dieser Besprechung abzuwarten sein.
Zu Frage 92:
Nein. Eine solche Initiative ist erst zu erwarten, wenn das Ergebnis der Beratungen im nationalen Bereich vorliegt.