Rede:
ID0903500600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Jung.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/35 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 35. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Mai 1981 Inhalt: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Vorschläge zur kontrollierten Abrüstung der biologischen, chemischen und atomaren Waffen — Drucksache 9/200 — Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 1807 B Voigt (Frankfurt) SPD 1810C Jung (Kandel) FDP 1813A Graf Huyn CDU/CSU 1814A Männing SPD 1816 D Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister AA 1819A Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Köhler (Wolfsburg), Pieroth, Dr. Pinger, Frau Fischer, Herkenrath, • Höffkes, Dr. Hornhues, Dr. Hüsch, Dr. Kunz (Weiden), Lamers, Dr. Möller, Dr. Müller, Dr. Pohlmeier, Repnik, Schmöle, Schröder (Lüneburg), Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/ CSU Hilfsmaßnahmen für die am wenigsten entwickelten Länder (least developed countries) — Drucksache 9/284 — Frau Fischer CDU/CSU 1819 D Dr. Holtz SPD 1821 D Dr. Rumpf FDP 1824 B Offergeld, Bundesminister BMZ 1826 C Dr. Pinger CDU/CSU 1829A Bindig SPD 1831A Dr. Vohrer FDP 1833 B Nächste Sitzung 1835 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1837* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1837* B II Anlage 3 Einrichtung einer bundeswehreigenen Rundfunksendung MdlAnfr 85 30.04.81 Drs 09/381 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1837* D Anlage 4 Bezeichnung der Biwakplätze auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohn mit Namen ehemaliger deutscher Städte im heutigen Polen MdlAnfr 86, 87 30.04.81 Drs 09/381 Merker FDP SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1838*A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Mai 1981 Anlage 5 Finanzierungslücke bei der Bundeswehr wegen der gestiegenen Treibstoffkosten MdlAnfr 88 30.04.81 Drs 09/381 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1838* B Anlage 6 Versorgung der fliegenden Verbände der Luftwaffe und der mechanisierten Teile des Heeres mit den notwendigen Mengen an Treibstoff MdlAnfr 89 30.04.81 Drs 09/381 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1838* D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Mai 1981 1807 35. Sitzung Bonn, den 8. Mai 1981 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 8. 5. Bahner 8. 5. Brandt * 8. 5. Büchler (Hof) 8. 5. Dr. Dollinger 8. 5. Feinendegen 8. 5. Frau Fromm 8. 5. Funke 8. 5. Dr. Geißler 8. 5. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 5. Keller 8. 5. Kittelmann 8. 5. Kohl 8. 5. Korber 8. 5. Dr. Kreile 8. 5. Kunz (Berlin) 8. 5. Lampersbach 8. 5. Lorenz 8. 5. Frau Luuk 8. 5. Dr. Meyer zu Bentrup 8. 5. Michels 8. 5. Müller (Bayreuth) 8. 5. Müller (Wadern) 8. 5. Neuhaus 8. 5. Frau Noth 8. 5. Pieroth 8. 5. Dr. Schachtschabel 8. 5. Dr. Schäuble 8. 5. Schirmer 8. 5. Frau Schlei 8. 5. Schröer (Mülheim) 8. 5. Schulze (Berlin) 8. 5. Dr. Schwarz-Schilling 8. 5. Spilker 8. 5. Dr. Steger 8. 5. Dr. Warnke 8. 5. Weiß 8. 5. Dr. von Weizsäcker 8. 5. Dr. Wieczorek 8. 5. Frau Will-Feld 8. 5. Wimmer (Neuss) 8. 5. Dr. Zumpfort 8. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Amtliche Mitteilung ohne Verlesung Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Vereinbarung im Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Vierter Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Rückstellungsfonds nach dem Altölgesetz, insbesondere über die Möglichkeiten Anlagen zum Stenographischen Bericht einer Ermäßigung der laufenden Zuschüsse und der Ausgleichsabgabe - Drucksache 9/288 - zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Innenausschuß Haushaltsausschuß Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats und der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Oktober 1980 bis 31. März 1981 - Drucksache 9/322 - zuständig: Auswärtiger Ausschuß Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 4. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1980 - Drucksache 9/348 - zuständig: Haushaltsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zur Militärjunta in der Türkei - Drucksache 9/367 - zuständig: Auswärtiger Ausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Eigenmitteln der Gemeinschaft - Drucksache 9/368 - zuständig: Haushaltsausschuß (federführend) Auswärtiger Ausschuß Finanzausschuß Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 9/381 Frage 85): Wie beurteilt die Bundesregierung den immer wieder von Wehrpflichtigen geäußerten Wunsch nach einer bundeswehreigenen Rundfunksendung (analog BFN und AFN) im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Systems? Die Bundeswehr hat keine Erkenntnisse, daß die Wehrpflichtigen eine bundeswehreigene Rundfunksendung wünschen. Im übrigen wären der Verwirklichung eines solchen Wunsches durch das geltende Recht auch Grenzen gesetzt, denn die Rundfunkhoheit liegt bei den Bundesländern und ist durch die Rundfunkgesetze (Staatsverträge) geregelt. Die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk bilden die einzigen Ausnahmen. Eine bundeswehreigene Rundfunkanstalt wäre ohne eine Gesetzesänderung schwerlich zu realisieren. Auch freie Funkfrequenzen ständen kaum zur Verfügung. Die angesprochenen Rundfunksender AFN/BFN der Amerikaner und Briten 1838* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Mai 1981 senden für ihre Soldaten im Ausland, die ausgeschlossen sind von ihren heimischen Informationsquellen. In den Vereinigten Staaten und Großbritannien selbst gibt es diese Programme nicht. Den Soldaten der Bundeswehr stehen, wie jedem anderen Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland, die Programmangebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es im Rahmen der Truppeninformation die Publikationen „bw-aktuell", „Information für die Truppe", die Schriftenreihe „Innere Führung" und die „Bundeswehr-Filmschau". Für ihre Soldaten im Ausland bietet die Bundeswehr pro Woche das einstündige Informationsangebot „info german". Daneben können sich die Soldaten und ihre Angehörigen der Auslandsprogramme der Deutschen Welle bedienen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Fragen des Abgeordneten Merker (FDP) (Drucksache 9/381 Fragen 86 und 87): Warum tragen die Biwakplätze auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohn (soweit ich feststellen konnte, ausschließlich) Namen von früheren deutschen Städten, die heute in Polen liegen? Zeugt das nach Auffassung der Bundesregierung von besonderem Taktgefühl, wenn deutsche Soldaten ihr Lager aufschlagen in einem Biwak mit Namen wie „Breslau, Kolberg, Allenstein"? Die Biwakplätze auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohne, die zur feldmäßigen Unterbringung der übenden Truppe angelegt worden sind, wurden im Jahre 1958 mit Namen von Städten in den ehemaligen deutschen Ostgebieten benannt. Diese Art der Benennung ist auch bei Straßennamen im kommunalen Bereich üblich. Konkrete Gründe für diese Benennung lassen sich heute nicht mehr feststellen. Es ist anzunehmen, daß die Benennung seinerzeit zum Ziel hatte, die Erinnerung an Städte in den ehemaligen deutschen Ostgebieten wachzuhalten. Heute sind die Namen der Biwakplätze allen, die auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohne ausgebildet werden, feste Begriffe. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 9/381 Frage 88): Treffen Meldungen zu, daß der Bundeswehr wegen der gestiegenen Treibstoffkosten Mittel in Höhe von einigen 100 Millionen DM fehlen, und welche Möglichkeiten sieht gegebenenfalls die Bundesregierung, diese unsere Sicherheit bedrohende Finanzierungslücke zu schließen? Es trifft zu, daß Preissteigerungen für Betriebsstoffe erhebliche Mehrkosten verursachen. Diese Mehrkosten bedrohen allerdings die Sicherheit nicht. Für den im Entwurf des Haushaltsplanes 1981 zugrundegelegten Bedarf an Kraftstoff sowie Schmier- und Betriebshilfsstoffen werden statt 730 Millionen DM nach dem Preisstand vom 1. April 1981 845 Millionen DM benötigt. Darüber hinaus sind wegen der Mineralölsteuererhöhung 40 Millionen DM für die Nachversteuerung von Bodenbetriebsstoffbeständen aufzuwenden. Um die von der NATO geforderte durchschnittliche Mindestflugstundenzahl von 180 Stunden pro Flugzeugbesatzung im Jahr einhalten zu können, sind darüber hinaus 54 Millionen DM zur Beschaffung von Flugkraftstoff erforderlich. Damit ergibt sich nach dem Preisstand vom 1. April 1981 insgesamt ein Mehrbedarf von 209 Millionen DM. Die Bundesregierung untersucht zur Zeit, wie dieser Mehrbedarf gedeckt werden kann. Die Untersuchung steht vor dem Abschluß. Die parlamentarischen Gremien werden in Kürze unterrichtet. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 9/381 Frage 89): Durch welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung sicherstellen, daß den fliegenden Verbänden der Luftwaffe, deren Flugbetrieb schon jetzt eingeschränkt ist, und auch den mechanisierten Teilen des Heeres wieder die für die Ausbildung und Übungen notwendigen Mengen an Treibstoff zugeführt werden, damit zukünftig die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr wegen Treibstoffmangels aus fiskalischen Gründen nicht in Frage gestellt wird? Die Bundesregierung untersucht zur Zeit, wie trotz der Preissteigerungen für Mineralöl der Bedarf der Bundeswehr an Kraftstoff sowie Schmier- und Betriebshilfsstoffen finanziert werden kann. Die Untersuchung steht vor dem Abschluß. Die Bundesregierung wird die parlamentarischen Gremien in Kürze unterrichten. Gegenwärtig ergibt sich über den Ansatz im Entwurf des Haushaltsplans 1981 hinaus nach dem Preisstand vom 1. April 1981 ein weiterer Finanzbedarf von 209 Millionen DM. Dieser setzt sich zusammen aus erhöhten Betriebsstoffkosten von 115 Millionen DM, 40 Millionen DM, die auf die Erhöhung der Mineralölsteuer zurückzuführen sind, und 54 Millionen DM für die Beschaffung von Flugkraftstoff. Die Beschaffung ist erforderlich, um die von der NATO geforderte Mindestflugstundenzahl einhalten zu können.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit dieses Mißverständnis nicht häufiger vorkommt, möchte ich richtigstellen: Mein Name ist nicht Roth, ich heiße Wieczorek.

    (Heiterkeit — Dr. Marx [CDU/CSU]: Das ist doch eine Täuschung der Stenographen!)

    Nachdem Herr Dr. Mertes darauf hingewiesen hat
    — zu Recht übrigens —, daß man Abrüstung nur wollen kann, wenn sie mit Sicherheit bzw. mit einem Mehr an Sicherheit verbunden ist, möchte ich einen Satz hinzufügen, den Sie wahrscheinlich auch unterschreiben würden, aber nie mit erwähnen: Auch Rüstung ist nur dann richtig, wenn sie mit mehr Sicherheit verbunden ist;

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Richtig!)

    denn es ist eine Illusion, daß mit jedem Mehr an Rüstung automatisch ein Mehr an Sicherheit verbunden ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Ich habe keine Probleme, dem zuzustimmen!)

    — Genau. Ich habe ja auch gesagt, daß Sie dem zustimmen werden.
    Das Problem besteht doch darin, daß Großmächte
    — dazu gehörten wir auf Grund unserer Geschichte früher einmal auch — nach wie vor die Illusion haben, mit jedem Mehr an Rüstung sei automatisch ein Mehr an Sicherheit verbunden.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Bei den Großmächten würde ich ein bißchen differenzieren!)

    — Ich sage in diesem Fall bewußt „Großmächte", weil der gegenwärtigen amerikanischen Admini-



    Voigt (Frankfurt)

    stration ja auch nicht gerade ein Streben nach einseitiger Abrüstung vorgeworfen werden kann. —

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Aber Herr Voigt, bitte, die haben doch schon!)

    Das Streben nach einseitigen Rüstungsmaßnahmen und der Entwicklung neuer Waffentechnologien mit dem Ziel, ein Mehr an Sicherheit zu schaffen, kann uns auf Dauer gesehen jedoch neue Kriegsrisiken bringen. Die heutige Debatte ist j a ein Anlaß, das zu erörtern, denn die Debatte über die chemischen Waffen ist ein Beispiel dafür, wie mit neuen Waffentechnologien bzw. der Entwicklung neuer Waffentechnologien neue Kriegsszenarien, neue Bedrohungen geschaffen werden und damit natürlich auch die Beherrschbarkeit von Krisen problematischer wird, weil sie komplizierter wird.
    Ich meine, wir tun gut daran — nicht um die Debatte über die Mittelstreckenproblematik zu relativieren, sondern um deutlich zu machen, daß wir nichts verschweigen wollen, was an Problemen auf uns zukommt —, zusätzlich zu der Debatte über die Mittelstreckenwaffen, die nötig ist, eine weitere Debatte über die Probleme zu führen, die im Zusammenhang mit den neuen Waffentechnologien auf uns zukommen werden. Dafür sind die chemischen Waffen ein Beispiel. Ich meine, daß das Thema Strahlenwaffen ein weiteres Beispiel sein wird, ebenso wie die Satellitenwaffen, Stichwort: Militarisierung des Weltraums. Man muß sogar fürchten, daß die Waffen, welche die Psyche beeinflussen, auch ein Problem werden.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wir widmen uns bereits dem Thema!)

    Ich meine, je offener wir über diese neuen Waffensysteme, die sich zum Teil bereits sogar in der Erprobung befinden, diskutieren, je frühzeitiger wir mit der Prüfung der Frage beginnen, ob es dafür rüstungskontrollpolitische Lösungen gibt, desto mehr können wir innerhalb unserer Abrüstungspolitik an Glaubwürdigkeit gewinnen.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Waffen und Strategie, über beides sollten wir reden!)

    — Über Waffen und Strategie; das finde ich übrigens richtig.
    Ich meine, daß hierbei für uns eine Grundposition unverzichtbar ist: Wir sollten versuchen, die neuen Waffen so früh wie möglich in Verhandlungen einzubeziehen, und wir sollten so früh wie möglich versuchen, Verhandlungskonzeptionen zu entwickeln. Dies ist eigentlich auch eine Forderung, die ich an das Bündnis habe, daß wir uns trotz der Schwierigkeiten bei der Rüstungskontrollpolitik, die wir gegenwärtig haben, nicht entmutigen lassen, sondern daß wir versuchen, so früh wie möglich Verhandlungskonzeptionen im Bereich der chemischen Waffen, der Strahlenwaffen, der Weltraumwaffen und der anderen Waffensysteme zu entwickeln. Wir sollten versuchen, sie auch in den Ost-West-Dialog einzubringen.
    Wenn man aber so früh wie möglich Waffensysteme in Verhandlungskonzeptionen einführt, bedeutet das, daß man auf die Frage zurückgreifen muß, ob man nicht bereits über diese neuen Waffen verhandeln muß, wenn sie noch in den Labors erprobt oder erforscht werden. Damit stellt sich tatsächlich die Frage nach der Verifikation. Deshalb ist die Aussage, die Generalsekretär Breschnew gemacht hat, indem er vor den technologischen Komponenten im Rüstungswettlauf warnte, für mich ein Anlaß zu sagen: Wer das ernst meint, muß seine bisherige Haltung in der Verifikationsfrage ändern.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Deshalb muß meiner Meinung nach die aus der Tradition der Sowjetunion verständliche, aber von mir für nicht mehr akzeptabel gehaltene Geheimhaltungsneigung sich ändern, wenn man aussichtsreich verhandeln will, auf jeden Fall, bevor man derartige Verhandlungen abschließen kann.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Richtig!)

    Dies ist eine Forderung, die ich in bezug auf chemische Waffen mit unterstütze. Es ist gar keine Frage, daß bei den chemischen Waffen eine On-site-Inspektion, d. h. eine Inspektion vor Ort, erforderlich ist, damit auf Dauer gesehen Vertrauen gewährleistet werden kann. Deshalb meine ich, daß wir aus unserer Sicht darauf drängen müssen, daß ein Vertragsabschluß, den wir j a bald erwünschen — es gibt gewisse Chancen, es gibt in der Frage der Verifikation gewisse, wenn auch nicht ausreichende Fortschritte —, mit einer ausreichenden Verifikationsmöglichkeit erfolgt.
    Bei den neuen Waffen stellen sich für uns übrigens auch neue rüstungskontrollpolitische Aufgaben im eigenen Hause. Wir sollten meiner Meinung nach überlegen, ob wir im Auswärtigen Ausschuß, im Verteidigungsausschuß oder im Unterausschuß für Abrüstung und Rüstungskontrolle das Thema der neuen Waffen nicht nur mehr diskutieren, sondern eine bestimmte neue Verfahrensweise vereinbaren sollten, nämlich vor der Einführung neuer Waffen darüber zu diskutieren und sie daran zu messen, ob dadurch erstens neue zusätzliche sicherheitspolitische Optionen eröffnet werden; zweitens welche Auswirkungen die Einführung solcher Waffensysteme auf die Bedrohungswahrnehmung des potentiellen Gegners haben könnten; drittens welche Rüstungsentscheidungen beim potentiellen Gegner die Folge der Einführung solcher Waffen sein könnten — das ist die Frage des Rüstungswettlaufs —; viertens ob die an die Einführung der neuen Waffensysteme geknüpfte sicherheitspolitische Zielsetzung auch mit politischen Mitteln, d. h. auf dem Wege rüstungskontrollpolitischer Verhandlungen, erreicht werden kann. Wir sollten sehen, ob wir dieses nicht verfahrenstechnisch in Zukunft im Unterausschuß für Abrüstung und Rüstungskontrolle so behandeln.
    Mir macht bei Ihrer Argumentation folgendes Sorgen. Sie überprüfen die Abrüstungsschritte immer mit sehr großer Sorgfalt auf ihre möglichen sicherheitsrelevanten Komponenten hin. Ich habe aber bisher bei der CDU/CSU nicht den Eindruck — das meine ich nicht polemisch —, daß sie in gleicher Weise aufrüstungspolitische Entscheidungen dar-



    Voigt (Frankfurt)

    aufhin prüft, ob dadurch eine destabilisierende Wirkung eintritt und ob damit tatsächlich ein Mehr an Sicherheit gewährleistet ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Da irren Sie, Herr Kollege!)

    — Ich irre nicht. Denn die Debatte, die Sie bisher über TNF geführt haben, war eine Debatte, in der diese Fragen weitgehend ausgeklammert waren.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Es war eine eindeutige Bejahung einer Entscheidung, die selber auch sehr viele sicherheitspolitische Probleme aufwirft und zu hinterfragen notwendig macht. Sie selber machen das im Unterausschuß j a auch.
    Ich finde: Wenn man nicht offen sagt, daß eine solche TNF-Entscheidung unabhängig von der Überlegenheit der Sowjetunion, die ich in diesem Fall nicht nur nicht bestreite, sondern sogar deutlich sehe, für unsere Seite auch sicherheitspolitische Probleme und strategische Fragen aufwirft, wie soll man dann glaubwürdig sein in Gesprächen, wo jüngere und nicht nur jüngere Leute diese Fragen stellen?

    (Würzbach [CDU/CSU]: Der Dezember-Beschluß hat doch beide Seiten? Wenn wir das vertreten, dann vertreten wir doch die Position der Regierung!)

    — Sie irren sich, Herr Würzbach. Ich möchte Sie korrigieren. Das ist nicht allein das Problem. Das Problem ist z. B. auch, ob die Zahl der Waffen, die qualitativen Eigenschaften der Waffen und die Art ihrer Stationierung unseren Sicherheitsinteressen am meisten entsprechen. Da gibt es viele offene Fragen.
    Ich komme trotz all der dazu bestehenden Fragen und trotz der Bedenken, die ich zum Teil habe, dazu, der Regierung zu empfehlen, den Doppelbeschluß nicht aufzukündigen, sondern weiter an ihm festzuhalten. Aber ich tue nicht so, als ob es diese Fragen und Bedenken nicht geben könnte. Ich tue draußen nicht so, als wäre alles eindeutig und als gäbe es nicht Fragen und Probleme in Bereichen, wo man Fragen und Probleme auch offen eingestehen muß.
    Zuletzt zu Ihrer Kritik an der Theorie vom gerechten und vom ungerechten Krieg im Marxismus-Leninismus. Im Ansatz sehe ich Ihre Kritik ähnlich. Diese Theorie besteht. Die Sowjetunion hält an ihr fest; das ist gar keine Frage, diese Theorie taucht auch immer wieder in ihren Lexika auf.
    Die Unterscheidung zwischen gerechten und ungerechten Kriegen im Marxismus- Leninismus muß von uns zurückgewiesen werden. Die Kritik der Sowjetunion an der grundsätzlichen Bejahung des Friedens und auch an der Ablehnung von gerechten Kriegen durch die sozialdemokratische Bewegung weise ich zurück. Man kann es auch begründen, warum die Sowjetunion in dieser Frage nach meiner Meinung unrecht hat. Man sollte sich mit dieser Konzeption auch auseinandersetzen. Aber es ist nicht so, daß dort nur die Sowjetunion eine Tradition zu überwinden hat.
    Wenn Sie schon aus den marxistisch-leninistischen Glaubensbekenntnissen der Werke Lenins zitieren, dann darf ich aus Jesaja 2, Vers 4, zitieren. Da heißt es:
    Und er wird richten unter den Heiden und strafen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere ein Schwert aufheben, und werden hinfort nicht mehr kriegen lernen.
    Das heißt doch nichts anderes, als daß auch im Alten Testament die Vorstellung besteht, daß, wenn die gerechte Sache siegt, das endgültige Friedensreich anbricht.
    In gewisser Weise ist diese marxistisch-leninistische Theorie schon im Alten Testament angelegt. Deshalb sage ich einmal: Der Marxismus-Leninismus ist in gewisser Weise auch eine säkularisierte Religionsauffassung. Wenn wir sogar den Christen zutrauen, daß sie diese alttestamentarische Auffassung überwinden — wie wir zur Zeit in der Kirche sehen, ist es ja nicht das Hauptproblem, daß dort am meisten an der alttestamentarischen Theorie festgehalten wird; auf dem Kirchentag werden wir das sehen; es war das Problem füherer Christen, daß sie so leichtfertig waren, Waffen zu segnen —, daß sie ihre meiner Meinung nach bedenkliche Konzeption vom gerechten Krieg fallenlassen, warum sollten wir dann nicht auch Marxisten-Leninisten so etwas zutrauen?

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Was heißt hier „sogar"?)

    Die Theorie von der friedlichen Koexistenz ist ein erster Ansatz; er ist noch nicht genug. Auch die Theorie von der Vermeidbarkeit des Atomkriegs ist ein erster Ansatz; er ist noch nicht genug. Vor allen Dingen ist es wichtig, daß wir nicht noch 2 000 Jahre warten dürfen; denn dann ist die Welt, glaube ich, nicht mehr zu retten. Aber wir sollten nicht davon ausgehen, daß das, nur weil es Lenin so gesagt hat, eine Aussage für die praktische Politik der Sowjetunion auf alle Ewigkeit ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das habe ich auch gesagt!)

    Deshalb müssen wir bei aller Kritik an diesem Grundsatz versuchen, gleichzeitig denjenigen, den wir noch als potentiellen Gegner empfinden

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Der sich selbst so empfindet!)

    und der sich auch selber so definiert, in seinem praktischen Verhalten allmählich zu einem Partner in der Sicherheit zu machen und, wenn es, auf Dauer gesehen, möglich ist, auch seine grundsätzliche theoretische Konzeption so zu beeinflussen, daß er seine meiner Meinung nach verkehrte Konzeption in Fragen der Friedens- und Sicherheitspolitik, soweit sie dort beschrieben worden ist, auch konzeptionell überwindet. Das ist eine langfristige Konzeption, das ist eine notwendige Konzeption; denn wenn man nur auf dem Bestehenden verharrt, wird man die Welt nicht verändern können. Wir müssen diese langfristige Idee vertreten, weil diese langfristige



    Voigt (Frankfurt)

    Hoffnung eigentlich auch ein genuin christliches Prinzip ist, weil es ein Moment von Hoffnung ist, das wir auch Jüngeren vermitteln können, und weil wir auch wahrscheinlich nur mit diesem Moment an Hoffnung überleben können und Politik gestalten können.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU]: Und auf der Grundlage läßt sich weiter diskutieren!)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Jung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt Jung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nur wenige Minuten angemeldet. Denn bei der Behandlung dieses Antrags der CDU/CSU handelt es sich ja mehr um einen formalen Akt. Wir haben bereits am 18. Juni 1980 in diesem Hause den gleichen Antrag eingehend diskutiert. Die Fraktionen haben dazu Stellung genommen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Angenommen!)

    — Ja, Stellung genommen, angenommen, überwiesen, Herr Kollege Mertes, an den Auswärtigen Ausschuß und zur Mitberatung an den Verteidigungsausschuß, Unterausschuß Abrüstung. — Ich meine also, daß der formale Akt deswegen notwendig ist, weil der Antrag wegen des Ablaufs der Legislaturperiode erneut eingebracht werden muß, damit die Behandlung — und zwar die intensive Beratung; denn dessen bedarf der Antrag — im Auswärtigen Ausschuß vorgenommen werden kann.
    Zum Inhalt ist, wie gesagt, am 18. Juni 1980 und auch heute schon das Wesentliche gesagt worden. Deswegen möchte ich mich kurzfassen. Ich habe damals hier auch — wie Sie heute noch einmal wiederholt haben, Herr Kollege Mertes — die historische Entwicklung gewürdigt. Ich möchte es mir aus Zeitgründen ersparen, dies zu wiederholen.
    Grundsätzlich muß ich sagen, daß wir in dem Antrag die Unterstützung unserer Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung sehen. Ich darf dabei besonders auf die gestrigen Regierungserklärungen — und hier auf die Stellungnahme des Bundesaußenministers, unseres Parteivorsitzenden, Hans-Dietrich Genscher — verweisen. Das „Signal von Rom" — so wird es ja nun allgemein bezeichnet —, ist, wie der Bundeskanzler und auch die gestrigen Redner aller Fraktionen hier festgestellt haben, vor allem ein Erfolg der steten Bemühungen des Bundesaußenministers gewesen. Nun kommt es auch darauf an, die Diskussion in dem Bereich fortzuführen, der in Ihrem Antrag besonders angesprochen worden ist und der die Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer, d. h. biologischer, Waffen und Toxiwaffen betrifft.
    Herr Voigt hat darauf verwiesen, daß man bei der Behandlung in den Ausschüssen den Antrag auf andere Waffen ausweiten sollte oder könnte. Ich halte das für sehr richtig.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Ich auch!)

    Denn gerade angesichts der uns bekannten Anstrengungen der Sowjetunion im Bereich der Laser-Entwicklung erscheint es mir notwendig, daß man hier eine entsprechende Ausweitung vornimmt. Ich möchte das unterstützen. Denn — das ist auch gestern deutlich geworden — unsere Zielvorstellung über Sicherheits- und Abrüstungspolitik ist die, daß es notwendig ist, ein Gleichgewicht auf allen Gebieten der Rüstung, und zwar ein Gleichgewicht auf möglichst niedrigem Niveau — um bei der heutigen Materie zu bleiben: möglichst ein Gleichgewicht bei Null — zu erreichen.
    Ich bin sicher, daß das Zustimmungsgesetz rasch vorgelegt wird und daß die von Ihnen geforderte befriedigende Regelung der Erstreckung des Vertrags auf Berlin da auch enthalten ist. Berlin wird in jedem Fall — das ist heute bereits erkennbar, auch nach den Konsultationen mit den Drei Mächten — uneingeschränkt am friedlichen Austausch teilhaben. Deshalb meine ich, daß auch hierzu eine völlige Übereinstimmung der drei Fraktionen in diesem Hause vorhanden sein wird.
    Unabhängig vom Ratifizierungsverfahren, wie Sie es in Ihren Punkten 2 und 4 fordern, sollte eine wirksame internationale Kontrolle gewährleistet sein. Ich bin hierzu auch der Meinung von Herrn Voigt, daß es zwar schon einige Fortschritte gegeben hat, aber nachdem die Glaubwürdigkeit der Abrüstungspolitik mit der effektiven Überprüfbarkeit der von den Staaten eingegangenen Verpflichtungen steht und fällt, muß ich pessimistischerweise hinzufügen, daß es bisher keine allseits befriedigende Lösung im Hinblick auf die Verifikation gegeben hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Leider haben Sie recht!)

    — Wie immer, Herr Kollege Mertes.

    (Heiterkeit)

    Konsultationen und Beschwerden beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nur mit Vorlage überprüfbarer Beweise reichen nicht aus. Außerdem muß man sich an dieser Stelle auch einmal fragen, wie überprüfbare Beweise ohne eindeutige Regelung der Verifikation überhaupt vorgelegt werden sollen. Wir sind uns der Gefahr bewußt, die unsere Sicherheit durch ein unkontrolliertes Überwuchern der Aufrüstung mit Massenvernichtungswaffen des ABC-Bereichs droht. Es gilt daher, gemeinsam mit unseren Verbündeten alles zu tun, um die Abrüstungsdiskussion aus dem unverbindlichen Bereich des theoretisch Wünschbaren in die Realität der politischen Praxis umzusetzen.
    Deshalb unterstützen wir den Antrag und wünschen eine möglichst rasche und intensive Beratung in den dafür vorgesehenen Ausschüssen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)