Rede:
ID0902601000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Frau: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Verhülsdonk.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1151 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Bericht der Enquete-Kommission Frau und Gesellschaft — Drucksache 9/124 — Frau Dr. Wex CDU/CSU 1151 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 1154 B Eimer (Fürth) FDP 1157 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 1159 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 1161 C Frau Verhülsdonk CDU/CSU 1165 A Frau Fromm FDP 1167 D Frau Steinhauer SPD 1169 C Schmidt, Bundeskanzler 1171 C Frau Krone-Appuhn CDU/CSU 1174 B Frau Matthäus-Maier FDP 1176 C Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 1179 B Frau Karwatzki CDU/CSU 1181 A Dr. Diederich (Berlin) SPD 1183 C Frau Dr. Wilms CDU/CSU 1185 B von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI . 1187 D Frau Dr. Timm SPD 1188 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Klein (Göttingen), Dr. Wittmann, Dr. Stark (Nürtingen), Dr. Dregger und der Fraktion der CDU/CSU Auswirkungen rechtspolitischer Entscheidungen oder Unterlassungen — Drucksache 9/183 — Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . . .1207 B Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . .1215 B Dr. Emmerlich SPD 1221 B Kleinert FDP 1226 A Dr. Hillermeier, Staatsminister des Freistaates Bayern 1230 A Dr. Herzog, Minister des Landes BadenWürttemberg 1237 A Dr. Vogel, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 1240 D Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 1246 D Schmidt, Bundeskanzler 1250 C Dr. Kohl CDU/CSU 1256 C Engelhard FDP 1262 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/210 — 1264 D Beratung der Übersicht 1 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/162 — 1265 A Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dr. Dollinger, Pfeffermann, Bühler (Bruchsal), Neuhaus, Linsmeier, Lintner, Maaß, Weirich, Dr. Riedl (München), Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Wörner, Sauter (Epfendorf), Dr. Jenninger, Wissmann und der Fraktion der CDU/CSU Bessere Bedingungen für den CB-Funk — Drucksache 9/128 — Dr. Linde SPD 1265 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1981 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1981) — Drucksache 9/228 — 1265 C Fragestunde — Drucksache 9/226 vom 13. 03. 1981 — Benachteiligung der Versicherten in Großstädten durch die geplante neue Regionalstruktur der Kraftfahrzeughaftpflichtprämien MdlAnfr 68, 69 13.03.81 Drs 09/226 Fischer (Hamburg) CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 1191 A, C, D, 1192 A, B ZusFr Fischer (Hamburg) CDU/CSU . 1191 B, C, 1192 A Wettbewerbsnachteile der deutschen Stahlindustrie durch den EG-Ministerratsbeschluß MdlAnfr 70 13.03.81 Drs 09/226 Menzel SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 1192 B, D, 1193 A, B, C, D, 1194 A ZusFr Menzel SPD 1192 D ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . 1193 A ZusFr von der Wiesche SPD 1193 B ZusFr Dr. Lammert CDU/CSU 1193 B ZusFr Meininghaus SPD 1193 C ZusFr Urbaniak SPD 1193 D Einführung einer Grenzabgabe für einreisende Autobusse und Erhöhung der Abfertigungsgebühren für Lastzüge in Dänemark MdlAnfr 72, 73 13.03.81 Drs 09/226 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1194 A, B, C, D, 1195 A ZusFr Stutzer CDU/CSU . . . . 1194 C, D, 1195 A Vorfinanzierung der Kraftwerke in Cattenom durch Stromabnahmeverträge deutscher Energieversorgungsunternehmen mit der Electricité de France MdlAnfr 74 13.03.81 Drs 09/226 Schreiner SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1195 A, B, C, D ZusFr Schreiner SPD 1195 B, C ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . .1195 C ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1195 D Rückgang der Zahl der Genehmigungen zur Ausreise aus Polen und der Sowjetunion seit 1978 MdlAnfr 39, 40 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1196 B, D, 1197 A, B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1196 C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1197 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1197 B Pflege deutscher Kriegsgräber in der Sowjetunion MdlAnfr 44 13.03.81 Drs 09/226 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1197 C, 1198 A, B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 1197 D, 1198 A ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1198 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1198 B ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1198 C Festnahme von vier deutschen Staatsbürgern nach einem Gewerkschaftstreffen in Santiago de Chile MdlAnfr 45 13.03.81 Drs 09/226 Weisskirchen (Wiesloch) SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1198 D, 1199 A ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 1198 D ZusFr Hansen SPD 1199 A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 III Verzicht auf die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa MdlAnfr 46 13.03.81 Drs 09/226 Thüsing SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1199 A, D ZusFr Hansen SPD 1199 D Störung der Entspannungspolitik durch Sendungen von Radio Free Europe und Radio Liberty MdlAnfr 47, 48 13.03.81 Drs 09/226 Hansen SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1200 A, B, D, 1201A,C,D, 1202A,B ZusFr Hansen SPD 1200 B, C, D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1201 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1201 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . 1201 C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1201 D ZusFr Thüsing SPD 1202 A ZusFr Dr. Schöfberger SPD 1202 B Reaktion der Bundesregierung auf die Festnahme des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw sowie Folgerungen für den Akademikeraustausch und das Kulturabkommen mit der CSSR MdlAnfr 49 13.03.81 Drs 09/226 Engelsberger CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1202 C, D, 1203 A, B ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1202 D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1203 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 A Protest gegen die Inhaftierung des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw bei der tschechoslowakischen Regierung MdlAnfr 50 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . .1203 C Überreichung von Listen mit Härtefällen der Familienzusammenführung und Ausreise an osteuropäische Delegationen während des KSZE-Nachfolgetreffens in Madrid MdlAnfr 51 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 D, 1204 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . 1203 D, 1204 A Vereinbarkeit der Anwesenheit des Wachbataillons „Feliks Dzierzynski" in Ost-Berlin mit dem entmilitarisierten Status GroßBerlins MdlAnfr 52 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 A, B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . 1204 B ZusFr Thüsing SPD 1204 C Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des fünf Jahre in Warschau inhaftierten Deutschen Achim Rösch gegenüber der polnischen Regierung MdlAnfr 53 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 C, 1205 A ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . .1205 A Benachteiligung von Bundeswehroffizieren aus der Truppe gegenüber Bundeswehrhochschulabsolventen durch das geänderte Punktesystem für die Einstellung von Berufsoffizieren MdlAnfr 75, 76 13.03.81 Drs 09/226 Daweke CDU/CSU Antw StSekr Dr. Hiehle BMVg . 1205 B, 1206 C, D, 1207 A ZusFr Daweke CDU/CSU 1206 B, C, D Nächste Sitzung 1265 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1266* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 1151 26. Sitzung Bonn, den 19. März 1981 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Böhme (Freiburg) 20. 3. Büchner (Speyer) * 20. 3. Dr. Enders * 20. 3. Fellner 20. 3. Dr. Geißler 20. 3. von der Heydt Freiherr von Massenbach 20. 3. Dr. Hubrig 20. 3. Jung (Kandel) 20. 3. Kiehm 20. 3. Kittelmann * 20. 3. Korber 20. 3. Dr. Graf Lambsdorff 20. 3. Männing 20. 3. Dr. Mitzscherling 20. 3. Dr. Müller * 20. 3. Müller (Wadern) * 20. 3. Picard 20. 3. Reddemann ** 19. 3. Frau Roitzsch 20. 3. Frau Schlei 20. 3. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 20. 3. Voigt (Frankfurt) 20. 3. Dr. Wendig 20. 3. Dr. Wieczorek 20. 3. Frau Will-Feld 20. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Antje Huber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesen Tagen wurde in den deutschen Medien eine Frau gewürdigt, die sich kurz nach dem Krieg darum bemühte, in der Verfassung der kommenden Bundesrepublik Deutschland zu verankern, daß Männer und Frauen gleichbehandelt werden. Die Stunde, in der ihr das gelang, bezeichnet Elisabeth Seibert, die in diesem Jahr 85 Jahre wird, als die Sternstunde ihres Lebens. Heute, 33 Jahre später, diskutiert der Deutsche Bundestag zum erstenmal in vierstündiger Debatte die Frage der Verfassungswirklichkeit. Das ist die Frage, ob und wieweit die Frauen in unserem Lande tatsächlich gleichbehandelt werden.
    Unsere Erkenntnis stützt sich dabei u. a. auf die Frauen-Enquete, die zweite Untersuchung dieser Art in unserem Lande, die in diesem Jahrhundert und überhaupt stattgefunden hat. Ihr Ergebnis ist nicht, um es vorweg zu sagen, daß es nur Negatives zu berichten gibt. Positive Entwicklungen hat es im Ehe- und Familienrecht und im Arbeitsleben gegeben. Die Frau hat sich in wichtigen Familienfragen nicht mehr der Entscheidung des Mannes zu beugen. Zu der Zeit, als meine Großmutter jung war, da brauchte sie eine Sondergenehmigung zum Studieren; sie konnte nicht Vereinen beitreten, kein Wahlrecht ausüben. Das war alles in unserem Jahrhundert. Heute sind mehr als ein Drittel der Berufstätigen Frauen; die Mehrheit der Wähler sind Frauen, und sie üben ihr Wahlrecht selbstverständlich aus.
    Vor 30 Jahren riefen ungelernte Metallsortiererinnen in einem Betrieb vergeblich nach einer Betriebsrätin. Man sagte ihnen, daß der männliche Betriebsrat vollauf genüge, um auch die Interessen der Frauen zu vertreten. Ein Teil dessen, was in der Enquete steht, bezeugt, daß das wohl doch nicht genug war. Aber ich hebe hervor, daß es heute ganz selbstverständlich Betriebsrätinnen gibt. Sie haben nicht die früher befürchtete überflüssige Unruhe, sondern konstruktive Kritik in die Betriebe gebracht und lassen sich darin von Männern nicht übertreffen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Frauen erobern heute schon Berufe, die ihnen früher verschlossen waren. Als Lehrlinge, Gesellen, Facharbeiter und öfter schon als Meister sind sie Tischler, Dachdecker, Elektriker, Tapezierer, Stukkateure, Feinmechaniker, Galvaniseure, Dreher. Wer hätte das vor 15 Jahren gedacht? Sie leisten anerkannte Arbeit auch in diesen Berufen. Manche hat man anfangs ein bißchen zur Dekoration und als Alibi eingestellt. Aber die Vorurteile, die man früher an solche Gedanken geknüpft hat, sind nicht bestätigt worden. Im Gegenteil, hier ist ein Einstieg in die notwendige breitere Öffnung der Berufe für Mädchen im gewerblichen Bereich geschehen.
    Frauen bekleiden auch Ehrenämter, nehmen neben Beruf und Kindererziehung auch öffentliche Aufgaben wahr: als Schöffen, als Elternvertreter, in Verbänden aller Art. Sie erobern Mandate in den Parteien und in Wahlkreisen und machen gute parlamentarische Arbeit.
    Sie leisten den Löwenanteil der Kindererziehung. Sie sind meistens der Finanzminister ihrer Fami-



    Bundesminister Frau Huber
    lien. Ein Fünftel aller Familien wird von Frauen durch das Leben gesteuert, nämlich bei den Alleinerziehenden.
    Es gibt also, wie gesagt, Positives zu berichten. Dies darf bei einer solchen Debatte nicht verschwiegen werden. Aber es muß ehrlicherweise und ebenso deutlich gesagt werden, daß die meisten jungen Mädchen, die in diesem Land aufwachsen, schon bald, manchmal schon vor dem Erwachsenwerden, nicht ohne Bitterkeit erkennen, daß sie mit mehr Schwierigkeiten im Arbeitsleben und mit mehr Belastungen in der Familie rechnen müssen als die Männer. Auch dort, wo sie rechtlich gleichgestellt sind — und das ist weitgehend der Fall —, sind ihre praktischen Chancen durchaus nicht ebenbürtig. Der Art. 3 unserer Verfassung setzt sich in ihrem Alltag noch wenig um. Die Briefe, die der Arbeitsstab „Frauenpolitik" in meinem Hause erhält, sind ein beredtes Zeugnis dafür, wie diese Alltagsprobleme aussehen.
    Trotz guter Zeugnisse finden Mädchen schwerer einen Ausbildungsplatz, geschweige denn einen interessanten. Die Möglichkeit, arbeitslos zu werden, ist für Frauen erheblich größer als für Männer. Die Furcht, trotz formaler Gleichheit schlechter bezahlt zu werden, besteht immer noch. Und die Angst, gegen Unrecht aufzubegehren, weil man eventuell mit unerwünschten Folgen rechnen muß, ist kein Hirngespinst. Diskriminierungen werden in Prozessen ausgetragen. Diese Prozesse zeigen uns aber nur einen Bruchteil der wirklichen Erfahrungen.
    Leider gibt es anscheinend — außer den Frauen selbst — noch nicht allzuviele, die es als bedrückend empfinden, daß die eine Hälfte der Bevölkerung oft mit großer Willenskraft gegen Widerstände ankämpfen muß, sich um gleiche Rechte bemühen muß und um Positionen kämpft, die früher unter Männern allein aufgeteilt wurden. 1980 gab es eine Untersuchung in der Europäischen Gemeinschaft, nach der in der Bundesrepublik sechs von zehn berufstätigen Frauen sich noch immer benachteiligt fühlen und jede vierte sich unter ihren Fähigkeiten eingesetzt fühlt.
    Die im Zug der Entstehung außerhäuslicher Erwerbstätigkeit sich bildende neue Situation von Hausfrauendasein einerseits und Berufstätigen mit einer erbärmlich bezahlten Minderheit von Hilfsarbeiterinnen andererseits hat manche Vorteile gebracht, nur nicht den Frauen, die ja bildungsmäßig bis in unser Jahrhundert hinein diskriminiert wurden, was noch heute psychologische und praktische Folgen hat. Wäre sonst in unserer Bundesrepublik noch immer fast die Hälfte aller Frauen, die jetzt leben, ohne jede Ausbildung? Gäbe es noch sonst so viele Vorurteile von den Chefzimmern bis in die Witzblätter hinein?
    Aber nun muß man sich entscheiden, meine Damen und Herren. Aufrichtig für die Gleichberechtigung zu sein, verbietet gleichzeitig, mit vordergründigen Vorwänden gegen die lästige Konkurrenz der Frauen vorzugehen.

    (Zustimmung bei allen Fraktionen)

    Frauen finden sich heute nicht mehr mit der geteilten Welt ab, die alle Chancen und Möglichkeiten nur für die eine Hälfte der Bevölkerung reserviert.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Das Unbehagen ist breit und ist nicht abzuqualifizieren als die Frustration einer Gruppe von Feministinnen, die dafür auf die Straße gehen.

    (Erneuter Beifall bei allen Fraktionen)

    Besonders die jungen Frauen sind mobilisiert und bereit, für die praktische Umsetzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte zu kämpfen. Sie haben kein Verständnis für eine ideologische Diskussion, die ihnen als ausschließliche, weil „eigentliche" Aufgabe nur den Haushalt und die Kindererziehung zuweist.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Im Gegensatz zu der bürgerlichen Frauen-Avantgarde von vor 80 bis 100 Jahren, die für die Frauen den Zugang zur Bildung und zu neuen Berufen erkämpft hat, entscheiden sich die Frauen von heute aber nicht mehr für den Beruf oder die Familie. Sie sind nämlich auch ganz persönlich nicht gegen Familie, nicht gegen Kinder haben und Familiengründung, sondern sie suchen im Gegenteil nichts dringender als vernünftige Kombinationsmöglichkeiten von Beruf und Familie, von Erwerbstätigkeit und Familienaufgaben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Kindererziehung ist ihnen im Gegensatz zu dem, was ich im Pressedienst von Herrn Rose las, nicht eine lästige Aufgabe, aber sie fassen sie auf als eine Aufgabe beider Eltern. Der Gesetzgeber darf dies keinesfalls übersehen, auch wenn manche Wünsche nur schrittweise erfüllt werden können.
    Die Diskussion der Enquete-Kommission liefert uns hier Ansatzpunkte zumal sie — gut gegliedert — nach den analytischen Kapiteln ihre Empfehlungen an elf Stellen zusammenfaßt, so daß man den roten Faden sehr gut entdecken kann. Schon der äußere Umfang der Darstellung macht deutlich, daß der Arbeitsbereich bei zunehmender Berufstätigkeit von Frauen und Müttern eine herausragende Rolle in der Frauenproblematik einnimmt. Die Gründe für die Benachteiligung, nämlich mangelnde Berufsbandbreite, fehlende Mobilität, Vorurteile, zu wenig Vor- und Weiterbildung, sollen — so fordert die Enquete — stärker analysiert werden. Arbeitslosigkeit soll durch mehr Ausbildung, durch Abbau falscher Schutzzäune, durch bessere Arbeitsplatzangebote, auch durch Teilzeitarbeit in weniger rationalisierungsanfälligen Bereichen vermindert werden.
    Die Regierung wird sich bemühen, einer ganzen Reihe von Forderungen Nachdruck zu verleihen und manches umzusetzen, wenn auch nicht in einem Zuge alles. Arbeitsmarktpolitik, sagt die Enquete, soll noch stärker auch Frauen einbeziehen, und regionale Förderung soll unter Berücksichtigung der Arbeitslosenquote verbessert werden. Wie wichtig das ist, kann ich Ihnen als Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet nur bestätigen.



    Bundesminister Frau Huber
    Die in der 5. Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes neu eingeführten Informations-, Motivations- und Qualifizierungsmaßnahmen werden von der Enquete ausdrücklich begrüßt. Konsequenzen sind künftig zu ziehen aus den auch öffentlich anerkannten Erfolgen des Modellversuchs des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft mit Mädchen in 63 Männerberufen — in 63 Männerberufen!— der sowohl in den Betrieben als auch bei den Mädchen selbst erfolgreich ist. Er wäre vielleicht noch erfolgreicher, wenn auch die Gewerbeordnung daraufhin überprüft würde, ob alle für Mädchen hinderlichen Vorschriften wirklich nötig sind.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Die Bundesregierung hat — das hebt die Enquete hervor — bereits damit begonnen, Arbeitsschutzvorschriften für Frauen zu überprüfen. Nahezu 30 Verordnungen sind überprüft und zum großen Teil aufgehoben worden. Damit sind aber noch nicht alle Probleme, z. B. der Arbeitszeitverordnung hinsichtlich der unterschiedlichen Regelung der Nachtarbeit und der Arbeit am Bau, gelöst. In diesem Prozeß werden wir noch fortfahren. Die Bundesregierung wird die Empfehlung der Enquete-Kommission ernst nehmen und die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen und Einschränkungen, auch bei neuen Technologien, für Frauen und Männer zu überprüfen.
    Das Kapitel Mutterschutz und Mutterschaftsurlaub spiegelt, wie erwartet, die Debatte wider, die wir zu diesem Thema hier gehabt haben. Für den Fall von Arbeitszeitverkürzungen kann ich aber nachdrücklich unterstreichen, daß wir die Empfehlung, besonderes Augenmerk auf die Erwerbstätigen mit Familienpflichten zu legen, voll und ganz unterstützen.
    Arbeitszeit ist für Eltern ein kardinaler Punkt. Der Wunsch vieler Frauen, in diesem Bereich Erleichterungen zu bekommen, wird in den Wünschen nach mehr Teilzeitarbeit deutlich. Wir haben darüber hier oft gesprochen. Elternfreizeit ist Entfaltungsspielraum für die Kinder.
    Im Abschnitt Lohnfindung richtet sich eine Reihe von Empfehlungen natürlich an Gewerkschaften, an Betriebsräte. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, Fristen zu überprüfen, z. B. bei der Verjährung der Lohnnachzahlung und hinsichtlich der Voraussetzungen für Betriebsrenten. Das ist für Frauen wichtig, wie überhaupt die praktischen Aspekte für die Frauen wichtig sind und nicht so sehr die generellen Beteuerungen, man sei für Gleichberechtigung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wichtiger noch als diese zwei Punkte, die ich eben erwähnte, wird sein, wie das EG-Anpassungsgesetz in der Praxis umgesetzt wird. Einer Aufforderung des Parlaments, darüber zu berichten wie auch über Benachteiligungen von Frauen im Schulwesen, in den Medien, in der Werbung, bei Dienstleistungen — wie z. B. der so wichtigen Wohnungsvergabe —, beim Wirtschaftsverkehr und Kreditwesen wird die Regierung selbstverständlich nachkommen.
    Mit Vorschlägen, die sich mit Quotierungen, Frauenaktionsplänen mit Richtliniencharakter, Berichtspflichten beschäftigen, wird sich das Kabinett noch befassen. Hierzu kann ich daher heute keine Stellungnahme abgeben.
    Was den Bildungsbereich angeht, enthält die Enquete gute Ansätze, die zum Teil natürlich die Länder betreffen, zum Teil aber auch uns. Bessere Aus-, Fort- und Weiterbildung wie auch Berufsberatung sind ganz wesentliche Voraussetzungen für die Chancengleichheit der Mädchen.
    Wichtig ist im Kapitel Familie das Thema Wahlfreiheit. Auch ich bin der Ansicht — und jeder kann das in seiner Nachbarschaft beobachten —, daß unter heutigen Bedingungen wirkliche Wahlfreiheit trotz wachsender Befähigung zur Berufstätigkeit nur für eine kleine Minderheit besteht.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und der CDU/ CSU)

    Soll die Familie nicht leiden, andererseits aber auch die Frau für Männer selbstverständliche Chancen, Kontakte und Freiräume nicht missen, so ist neben staatlichen Einrichtungsangeboten auch die stärkere Teilung der häuslichen Aufgaben notwendig. Aber eine wirkliche Teilung und nicht eine solche, wie sie in einer Umfrage deutlich wurde. Danach sagten 70 % der befragten Männer, sie hülfen zu Hause, während von den dazugehörigen Frauen nur die Hälfte dieser Ansicht war.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Die haben in einem anderen Haushalt geholfen! — Heiterkeit)

    Ich begrüße, daß die Enquete-Kommission die verstärkte Berücksichtigung des Partnerschaftsgedankens in Erziehung und Erwachsenenbildung sowie eine realitätsgerechte Darstellung in Schulen und Medien empfiehlt. Das heißt aber, daß auch der Vater einmal am Kochtopf und die Mutter am Schreibtisch oder an der Werkbank dargestellt wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es kann gar nicht genug unterstrichen werden, daß beides naiv wäre: die bloße Erwerbstätigkeit der Frau schon als Emanzipation zu deklarieren und das Aufgabenfeld der Familienmutter schlicht als Idylle darzustellen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Familie — das ist doch unser Zuhause mit all seinem Sonnenschein und all seinen Schattenseiten.
    Die Kommission empfiehlt eine Aufwertung der Erziehungstätigkeit der Eltern. Das kann ich nur nachdrücklich unterstreichen. Die einzelnen — unterschiedlich gewerteten — Förderungsvorschläge in diesem Kapitel sind zum Teil aber schon praktizierte Wirklichkeit. So muß z. B. die Regierung alle zwei Jahre über die Entwicklung des Kindergeldes berichten. Es sind niemals so viele Kindergeldverbesserungen erfolgt wie in den letzten sechs Jahren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Bundesminister Frau Huber
    Die Struktur der Kindergeldverbesserung weist übrigens deutlich darauf hin, daß der Regierung nicht daran gelegen ist, die Hausfrau zu benachteiligen.
    Teilweise hindern uns natürlich finanzielle Engpässe, aber auch Länderzuständigkeiten daran, gute Einrichtungen anders als in Form von Modellen zu finanzieren. Hier erinnere ich an das Tagesmüttermodell, das gute Auswirkungen gehabt hat und dessen Ergebnisse in die Gesetzgebung über unser Pflegekinderwesen eingegangen sind. Daß trotz solcher Engpässe aber kein Stillstand eintritt, beweist u. a. die Tätigkeit des Arbeitsstabes Frauenpolitik in meinem Hause, über dessen Arbeit j a kürzlich in der Fragestunde eine umfassende Bilanz gezogen werden konnte.
    Es wundert mich nicht, daß die Enquete-Kommission ihre Aufmerksamkeit auch der sozialen Sicherung geschenkt hat. Selbstverständlich ist Gleichberechtigungspolitik — da gebe ich Ihnen recht, Frau Wex — keineswegs mit Sozialpolitik zu verwechseln. Die Debatte über die Rentenreform werden wir ja in dieser Legislaturperiode führen. Auch die Anmerkungen zum Besteuerungssystem werden diskutiert werden. Der Prüfauftrag bezüglich einer vollständigen Harmonisierung des Steuersystems mit den Transferleistungen wird allerdings nicht kurzfristig zu erfüllen sein.
    Frauen sind an Transferleistungen besonders interessiert. Durch Kindererziehung haben sie Berufsunterbrechung und Berufsabbruch und wegen Pflege kranker Angehöriger auch oft keine Chance, im Erwerbsleben tätig zu sein. Deswegen haben sie häufig kleine Einkommen und kleine Renten. Die Frage der eigenständigen Sicherung erhält ihren großen Druck von hier. Das kann man nur unterstützen.
    Die Frauen stellen auch die große Mehrheit der Geringverdienenden, der mehrfach Belasteten und der Alleinerziehenden. Von den Alleinerziehenden sind 82 % Frauen. Sie führen 10% aller Familien, und diese Zahl nimmt zu. Deswegen freue ich mich, daß der Bericht der Enquete-Kommission auch diesen Frauen ein Kapitel gewidmet hat. Wir haben uns in mehreren Debatten hier anläßlich von Steuerverbesserungen oder auch bei den Unterhaltskassen ihrer Sorgen angenommen. Die Regierung ist bereit, auch bei späteren Anlässen über diese Gruppe gesondert nachzudenken, besser nachzudenken.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Auch die Enquete-Kommission ist wie andere Kommissionen, deren Berichte ich dem Deutschen Bundestag in den letzten Jahren vorgelegt habe, der Auffassung, daß bessere Kombinationsmöglichkeiten zwischen Beruf und Familie für alle Frauen, aber insbesondere für diese Frauen, eine zentrale Frage ist. Dies ist für Frauen von heute überhaupt die entscheidende Frage, an der die Gleichberechtigung ihren praktischen Wert erhält. Die Chancen, die Frauen sich hier erhoffen, kann der Staat allerdings nicht durch Förderung bei Hausfrauen ausgleichen, obwohl uns nichts ferner liegt, als Frauen zu diskriminieren, die sich nur Familienaufgaben widmen. Das gibt es ja jetzt schon, daß sich auch Männer solchen Familienaufgaben widmen, und die Regierung hält viel von gemeinsamer Elternverantwortung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Unsere jungen Mädchen und Frauen wollen lernen. Sie suchen Arbeitsplätze und suchen auch Aufstieg, wo sie nicht zu sehr belastet sind. Sie wollen aber auch eine Familie haben und wollen neben der Familie auch noch Chancen, ein eigenes Leben zu gestalten. Daß die Frauen und Mädchen dies wollen, ist überhaupt nichts Besonderes. Damit wollen sie nur das, was Männer schon immer tun.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Frauen wollen am Leben teilhaben wie die Männer und ihren Haushalt nicht als Reservat betrachten. Das wollen sie auch dann, wenn sie sich allein der Kindererziehung widmen und sich im Augenblick nicht für Berufstätigkeit entschieden haben.
    Die Regierung hat aufmerksam verfolgt, was die Enquete zur Einführung eines allgemeinen Antidiskriminierungsgesetzes — besser: Gleichstellungsgesetzes — sagt. Ich betone, von Generalklauseln halten wir genausowenig wie die Mitglieder der Enquete-Kommission. Man muß es konkret und am praktischen Punkte anpacken.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ob man nun, wie vorgeschlagen, neue Regelungen bei der Novellierung bestehender Gesetze trifft oder mehrere solcher Regelungen in einem Artikel-Gesetz zusammenfaßt, oder ob man neue Institutionen braucht und womit sie ausgestattet werden sollen, dies sind Fragen, die unter gemeinsamer Federführung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit und des Bundesministers des Innern noch in diesem Jahr mit Hilfe von Anhörungen geprüft werden sollen.
    Ausländische Beispiele sind hier nur bedingt anwendbar. Indessen ist es bei uns sicherlich nicht so gut, als daß es nicht noch besser werden könnte. Die Errichtung eines Netzwerkes von Gleichberechtigungsstellen in der ganzen Bundesrepublik halte ich für sinnvoll. Eine Institution sui generis wirft jedoch eine Reihe von Fragen auf, die von so erheblicher Bedeutung sind, daß man ohne deren Prüfung nicht zu einem Urteil kommen kann.
    Die Regierung begrüßt die Einbringung der Enquete in den Deutschen Bundestag als Zeichen dafür, daß die Probleme der Frauen nicht unter den Teppich gekehrt werden sollen. Sie werden sich nicht wie durch ein Wunder von heute auf morgen lösen. Aber sie würden sich überhaupt nicht lösen lassen ohne das unablässige Mühen von Politikern, Gewerkschaftern, Verbänden und einzelnen, die offenkundige oder versteckte Benachteiligungen von Frauen an der Schwelle des dritten Jahrtausends für unwürdig halten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es ist erstaunlich, hat Elisabeth Selbert gesagt — und sie hat das in einer Fernsehsendung in diesen



    Bundesminister Frau Huber
    Tagen wiederholt —, mit welchem Ernst im Gegensatz zum späteren Bundestag der Parlamentarische Rat die Fragen der Frauen abgehandelt hat. Meine Damen und Herren, dies gibt mir zum Nachdenken Anlaß. Ich hoffe, dieser Bundestag wird eine solche Meinung widerlegen. Die Enquete ist ein Anfang und ein Einstieg dazu.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Verhülsdonk.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roswitha Verhülsdonk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politik für Frauen ist ein Teil der Gesellschaftspolitik, sie ist ein Teil Sozialpolitik. Frauenpolitik ist nicht mehr nur Familienpolitik; denn mittlerweile steht an jedem dritten Arbeitsplatz eine Frau. Zunehmend machen Frauen ihren Anspruch auf einen qualifizierten Arbeitsplatz geltend, nachdem sie sich in wachsendem Maße den Mühen einer Berufs- und Hochschulausbildung unterzogen haben.
    Die Erfahrungen, die Mädchen in der Berufswelt machen, führen häufig dazu, daß sie als junge Ehefrau und Mutter eine ausschließliche Bindung an Haus und Familie als Isolation empfinden. So hat sich die Erwerbsquote der verheirateten Frauen nach dem Krieg kontinuierlich nach oben bewegt und ist bei den heute 20- bis 45jährigen, also bei den Frauen im gebärfähigen Alter, in den letzten zehn Jahren um über 10 % auf jetzt insgesamt 50 % gestiegen.
    Dieser neuen Wirklichkeit entsprechend fordern Frauen auch eine eigenständige soziale Sicherung, die ihre Leistungen für die Gesellschaft, die sie bei der Kindererziehung erbringen, mehr als bisher anerkennt und bis ins Rentenrecht berücksichtigt. Die Rentenreform 1984 wird diesem Anspruch der Frauen Rechnung tragen müssen.
    Die Enquete-Kommission hat sich diesen neuen Fragen in erfreulicher Offenheit gestellt und versucht, viele konkrete Wege zu Lösungen aufzuzeigen. Wir alle wissen: Es gibt kein Allheilmittel. Was geleistet werden muß, ist mühsame Kleinarbeit. Weil sicher keiner von uns die Weisheit gepachtet hat, kann es auch nicht darum gehen, Patentrezepte mit Ewigkeitswert zu liefern.
    Lassen Sie mich aber dennoch hier den Versuch machen, aufzuzeigen, wo wir als Christlich Demokratische Union und als Christlich-Soziale Union andere Wege zu beschreiten gedenken als Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition. Wir bekennen dabei, daß diese anderen Lösungsmöglichkeiten sicher auch mit anderen Werthaltungen und daher mit anderen Vorstellungen von einer humanen Gesellschaft verbunden sind.
    Ich nenne ein Stichwort: Frauenarbeitslosigkeit. Wir wissen, daß die Arbeitslosenquote der Frauen seit 1970 ständig und überproportional angestiegen ist. Wir wissen aber auch, daß diese überproportionale Frauenarbeitslosigkeit einer neuen Form von Arbeitslosigkeit, nämlich der Teilzeitarbeitslosigkeit, entspringt, die bereits über 15 % ausmacht. Seit Jahren hört man zwar von der Bundesregierung hin und wieder schöne Appelle an die Arbeitgeber, auch an die öffentlichen, mehr Teilzeitarbeitsplätze einzurichten. Ich kenne aber keine besonderen Anstrengungen der Bundesregierung für diese Arbeitslosen, die — wie wir j a wissen — ganz überwiegend Frauen sind. Die Halbherzigkeit gegenüber den teilzeitarbeitsuchenden Frauen und auch — ich muß es leider sagen — das noch überwiegende Desinteresse der Gewerkschaften an dieser Frage halten wir Frauen in der Union für unhaltbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn weiterhin einseitig nur der Vollzeitarbeit von der Bundesregierung Augenmerk geschenkt wird, weil Teilzeitarbeitsuchende angeblich auf das Einkommen aus dieser Tätigkeit nicht angewiesen sind — empirische Untersuchungen beweisen übrigens das Gegenteil —, dann heißt das in unserer anhaltend schwierigen Arbeitsmarktsituation für diese Frauen der unfreiwillige Marsch an den häuslichen Herd und in die sogenannte stille Reserve als Puffer für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, bis es wieder einmal bessere Zeiten gibt. Mit dieser Lösung des Problems können wir angesichts des verständlichen Wunsches vieler Frauen, wenigstens teilweise im Erwerbsleben zu bleiben oder zurückzukehren, ganz und gar nicht einverstanden sein. Ich weiß, Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, sind es auch nicht, wenn ich Sie richtig verstehe. Viele von Ihnen träumen von einer generellen, also für alle Arbeitnehmer geltenden Verkürzung der Arbeitszeit von heute in der Regel acht auf sechs Stunden, natürlich mit Lohnausgleich, damit dann auch der Mann Familienpflichten übernehmen und die Ehefrau und Mutter ohne Doppel- oder Dreifachbelastung einer vollen Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir halten, einmal abgesehen von den wirtschaftlichen Problemen im Lohnbereich, von diesem so schön klingenden Modell der sogenannten familiengerechten Arbeitszeit, wenn es allgemeinverbindlich und per Gesetz für alle, also Mann und Frau, gelten soll, gar nichts, weil es in unseren Augen einen entscheidenden Nachteil für die Frauen mit sich bringt: die Zwangsjacke der Ganztags- und Vollberufstätigkeit. Wir sehen keinen Sinn darin, daß das Heil für alle Frauen in einer lebenslänglichen Berufstätigkeit gesucht und gefunden werden soll. Damit würden nur alte Rollenzwänge durch neue ersetzt.
    Dieses Modell uniformer Arbeitszeitgestaltung, das gleichzeitig als Instrument aktiver Arbeitsmarkt- und Familienpolitik propagiert wird, könnte nur funktionieren, wenn man staatliche Kontrolleure einsetzte, die überwachten, daß auch ja nicht mehr als sechs Stunden gearbeitet würde; ich überzeichne einmal bewußt. Konsequent wäre es dann auch noch, die Familie zu kontrollieren, ob dort auch tatsächlich — ich möchte es einmal scherzhaft so nennen — Familie und Freizeit von Mann, Frau und Kind gemeinsam veranstaltet wird. Diese neue Idylle kann doch im Ernst nicht funktionieren.



    Frau Verhülsdonk
    Als politisch verantwortlich Handelnde finde ich es unredlich, diesen Traum, diese Utopie Frauen heute als Realpolitik anzubieten. Sie weichen damit den heutigen Problemen aus und bleiben den Frauen die Antwort auf unter heutigen Bedingungen mögliche Lebensalternativen schuldig. Es ist doch eine schreckliche Vereinfachung und dazu eine Verkennung der Lebenswirklichkeit, wenn heute propagiert wird, daß immer mehr Arbeitszeitverkürzung zu immer mehr Humanität führe.
    Worum es gegenwärtig in der Frauenpolitik vielmehr geht, ist die Frage, ob es nicht einen dritten Weg für Frauen gibt, der sie weder gänzlich von Haus und Familie noch vom Beruf trennt. Eine Antwort auf diese Frage ist für uns, wie gesagt, die Teilzeitarbeit. Noch sind mit dieser Beschäftigungsform viele Nachteile verbunden, wie geringe Aufstiegschancen, weniger qualifizierte Tätigkeiten, größere Probleme der Mobilität. Notwendig ist eine attraktive Gestaltung dieser Arbeitsplätze, damit auch Männer in Zukunft mehr Wahlfreiheit erhalten.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Das verstehen wir unter einer freiheitlichen und humanen Gesellschaft: Bedingungen zu schaffen, daß Mann und Frau unter verschiedenen Möglichkeiten im Arbeitszeitangebot — das können z. B. auch 60-oder 80 %ige Arbeitsplätze statt der heute üblichen 50- oder 100 %igen sein — in verantwortlicher Partnerschaft wählen können, wie sie gemeinsam das Familieneinkommen erwirtschaften und den Familienpflichten gerecht werden. Hier bietet sich ein Betätigungsfeld für staatliche Hilfen. Hinweise für die Richtung der Bemühungen gibt es bereits genug.
    Viele Betriebe begegnen der Teilzeitarbeit heute noch mit erheblichen Vorbehalten, u. a. weil sie von einer Verschlechterung der Kostensituation ausgehen. Eine Untersuchung des Landes RheinlandPfalz über Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung in der Wirtschaft konnte dieses noch weit verbreitete Vorurteil widerlegen, weil kürzere Arbeitszeiten auch die Effizienz der geleisteten Arbeit steigern. Zudem hat das Gutachten nachgewiesen, daß auch qualifizierte Arbeitsplätze teilbar sind, soweit Informationsverluste keine Rolle spielen.
    Ich habe den Eindruck, daß ein Umdenkungsprozeß bereits begonnen hat, an dem erfreulicherweise auch die Bundesanstalt für Arbeit mitwirkt, die das vom Land Rheinland-Pfalz initiierte Modell Teilzeitarbeit mitfinanziert, das in diesen Tagen vor dem Abschluß steht und sehr interessante Ergebnisse verspricht.
    Auch möchte ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich Versuche begrüßen, die Idee des aus dem Amerikanischen kommenden sogenannten. „lob sharing" bei uns umzusetzen und in unsere deutschen arbeits- und sozialrechtlichen Vorstellungen einzupassen. Wir müssen abwarten, ob und wie sich der Musterarbeitsvertrag, den uns z. B. die Arbeitgeberverbände der chemischen Industrie vorlegten, in der Praxis bewährt.
    Ich komme zu einem anderen Punkt, dem wir große Bedeutung beimessen und der eng mit dem bisher Gesagten verknüpft ist: der beruflichen Wiedereingliederung. Wir, die Union, wollen, daß alle Frauen, die den Wunsch haben, nach Jahren ausschließlicher Familientätigkeit wieder ins Erwerbsleben zurückzukehren, auch tatsächlich die Chance dazu bekommen und daß ihnen dieser Weg mehr als bisher erleichtert wird.
    Es kann doch nicht angehen, daß eine Frau, die sich einmal für Kindererziehung entschieden und sich deshalb aus dem Berufsleben für einige Jahre zurückgezogen hat, damit einen irreversiblen, einen fürs ganze Leben nur schwer wiedergutzumachenden Schritt getan hat. Wir wollen nicht, daß die Gesellschaft allein der Frau, die sie überfordernde Alternative „berufliche Karriere oder Familie" aufbürdet. Deshalb ist eine verstärkte Bemühung der politisch Verantwortlichen um die Integration von Frauen ins Beschäftigungssystem dringend notwendig.
    Verheerend haben sich die durch das Haushaltsstrukturgesetz von 1975 verringerten Möglichkeiten und Anspruchsvoraussetzungen des Arbeitsförderungsgesetzes auf die Wiedereingliederung von Frauen ins Erwerbsleben ausgewirkt. Diesen Rückschlag hat auch die Fünfte Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes mit dem wieder verbesserten Zugang von Frauen zu Maßnahmen der beruflichen Bildung noch nicht beseitigt. Bisher gelingt Frauen die Rückkehr in eine qualifizierte Tätigkeit nach längerer Unterbrechung nur mit außergewöhnlichen Anstrengungen auch psychischer Art. Die positiven Ergebnisse der einschlägigen Modellversuche geben jedoch zu gewissen Hoffnungen Anlaß. Das Schlüsselproblem wird auch hier bleiben, ob es gelingt, genügend qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen.
    Nach einer Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit wollen 75% der möglichen Rückkehrerinnen in den Beruf am liebsten in Teilzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt sein. Diesen Frauen, deren Kinder heranwachsen, muß allerdings gesagt werden, daß sie dem Arbeitsmarkt auch zu ungünstigeren Zeiten, also etwa am Nachmittag, zur Verfügung stehen müßten, damit nicht die Vollzeitbeschäftigten im Betrieb die Last der Teilzeitbeschäftigung eines Teils der Belegschaft zu tragen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich noch einen weiteren Bereich ansprechen, der hier schon eine Rolle spielte und bei dem wir, die Opposition, offensichtlich einen anderen Standpunkt einnehmen als etwa die sozialdemokratische Fraktion. Es scheint mir, daß diese hier in Bremserhäuschen sitzt. Das finde ich erstaunlich genug. Ich meine das Problem des Arbeitsschutzes speziell für Frauen, im besonderen die in der Arbeitszeitordnung enthaltenen Regelungen. Wohlgemerkt, meine Damen und Herren, ich spreche nicht vom Mutterschutz; damit dies nicht wieder mißverstanden wird.
    Offensichtlich will die Bundesregierung die Frauen diskriminierenden Bestimmungen erst ändern, wenn der kleine Koalitionspartner bereit ist, die Arbeitszeitordnung insgesamt zu ändern. Wie



    Frau Verhülsdonk
    Sie wissen, hat auch die Enquete-Kommission die Empfehlung ausgesprochen, die Beschäftigungsverbote für Frauen z. B. auf Baustellen aufzuheben. Der technologische Wandel hat erfreulicherweise auch in diesen Berufen Veränderungen in bezug auf die körperlichen Anforderungen und Belastungen mit sich gebracht. Daß der Ton dort angeblich rauher ist als sonstwo, mein Gott, kann j a wohl nicht ernsthaft ein Grund sein, Frauen den Zugang zu sogenannten Männerberufen zu verwehren, wenn wir gleichzeitig die Ausbildung von Mädchen in Männerberufen modellartig fördern.
    Ich räume gern ein, daß das generelle Beschäftigungsverbot für Frauen auf Baustellen, nachdem gewisse Auswege durch Neuinterpretationen von Verordnungen im Baunebengewerbe gefunden wurden, ein Randproblem darstellen mag, und bisher nur eine kleinste Minderheit betrifft. Für mich ist dies jedoch eine Frage der Glaubwürdigkeit des Gesetzgebers. Schließlich haben wir erst im Sommer vergangenen Jahres gemeinsam ein arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz verabschiedet, das die Gleichbehandlung von Mann und Frau am Arbeitsplatz gewährleisten soll. Sie wie wir sind uns doch hoffentlich darüber im klaren, daß jetzt auch noch das geltende Frauenarbeitsschutzrecht, das dem Frauenbild der Nationalsozialisten entstammt, der heutigen beruflichen Wirklichkeit angepaßt werden muß, wenn wir die Überwindung des geschlechtsspezifisch geteilten Arbeitsmarkts ernstlich wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nach unserer Auffassung ist der Arbeitsschutz keine Frage allein für Frauen, sondern eine Frage der menschengerechten Gestaltung der Arbeitswelt für Männer und Frauen. Man kann durchaus über weitere, in der Arbeitszeitordnung ebenfalls noch vorhandene Beschäftigungsverbote für Frauen reden. So habe ich mir beispielsweise über das geltende Nachtarbeitsverbot noch kein abschließendes Urteil gebildet. Eines muß aber an dieser Stelle gesagt werden: Das Nachtarbeitsverbot wird ständig durchbrochen. In großer Zahl arbeiten Frauen in Wechselschichten, die bis in die Nacht dauern. Im öffentlichen Dienst werden Frauen sogar die ganze Nacht beschäftigt, z. B. bei den Paketpostämtern. Diese Frauen heben und tragen dort die ganze Nacht hindurch ständig auch schwere Lasten.
    Unglaubwürdig ist diese Bestimmung noch aus einem anderen Grund. Sie gilt nur für Arbeiterinnen in der freien Wirtschaft, nicht aber für die Angestellten. Jede Krankenschwester darf Nachtschicht und dabei auch noch körperliche Schwerstarbeit leisten.

    (Niegel [CDU/CSU]: Muß!)

    — Sehr wahr, muß. — Ich habe Verständnis dafür, daß die Gewerkschaften die Nachtarbeit möglichst generell einschränken und deshalb keine weiteren Dämme einreißen lassen wollen. Aber unverkennbar ist, daß zur Zeit das Nachtarbeitsverbot bei immer mehr Frauen auf Ablehnung stößt, nicht zuletzt weil es auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen
    als Argument für niedrige Frauenlöhne mißbraucht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen aufpassen, daß wir die Frauen nicht zu Tode schützen und sie damit aus dem Arbeitsmarkt verdrängen. Solange nicht auch für Männer andere Arbeitsschutzbedingungen gelten, kann ich nur vor der Bumerangwirkung von einseitigen Schutzgesetzen für Frauen warnen.
    Lassen Sie mich abschließend meine Grundüberlegungen zusammenfassen. Politik hat die Aufgabe, den Freiheitsraum für das Individuum zu sichern. Sie muß sich am Menschen orientieren und nicht an Systemen und Ideologien. Die Lebensbedingungen für alle, für Männer und Frauen, müssen so gestaltet werden, daß der Mensch seine Rechte auch wahrnehmen kann. Das gilt heute besonders für die Probleme der Frau.
    Die Aufgabe, mehr Gerechtigkeit für Frauen zu verwirklichen, darf aber nicht an naiven Gleichheitsforderungen ansetzen. Gerade in der Geschichte des Kampfes um die Gleichwertigkeit der Frau und um ihre Position in der Gesellschaft ist schon viel Törichtes geschehen. Man denke z. B. an die Begründung der sogenannten Leichtlohngruppen, wo man vom Begriff der Schwere der Arbeit, d. h. von der aufgewandten Muskelkraft, den Anspruch auf gleichen Lohn abgeleitet hat und zum Teil heute immer noch ableitet. Heute wissen wir, daß der Maßstab falsch ist, daß Gleichwertigkeit auch bei unterschiedlicher Leistung gleichen Anspruch begründen kann.
    Das Beispiel sollte auch der Politik für die Frau Richtung geben. Unterschiedlichkeit der Geschlechter verlangt unterschiedliche Bemühungen. Wer solche Unterschiede auslöschen will, gefährdet zugleich auch Freiheit und menschliche Selbstbestimmung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)