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ID0902303100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/23 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 23. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1981 Inhalt: Überweisung des Dritten Tätigkeitsberichtes des Bundesbeauftragten für den Datenschutz an weitere Ausschüsse 987 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und BranntweinsteuerÄnderungsgesetzes 1981 — Drucksachen 9/91, 9/144 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 9/173 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 9/164, 9/167 — Dr. Schäuble CDU/CSU 987 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 991 D Frau Matthäus-Maier FDP 994 B Matthöfer, Bundesminister BMF 997 B Namentliche Abstimmung 999 D Beratung des Jahresgutachtens 1980/81 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 9/17 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1981 der Bundesregierung — Drucksache 9/125 — Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 1001C, 1047B Dr. Waigel CDU/CSU 1010 C Dr. Jens SPD 1015 C Dr. Haussmann FDP 1021 A Dr. Albrecht, Ministerpräsident des Landes Niedersachsen 1041C, 1050C Dr. Schwarz-Schilling CDU/CSU 1052A Reuschenbach SPD 1054 B Hauser (Krefeld) CDU/CSU 1056 D Wurbs FDP 1059 C Pieroth CDU/CSU 1061 B Dr. Schachtschabel SPD 1063 D Fragestunde — Drucksachen 9/159 vom 13. 02. 1981 und 9/169 vom 18.02. 1981 — Bewertung des Artikels „Die versteckte Atommacht" in der Illustrierten „Stern" vom 19. Februar 1981 durch die Bundesregierung II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1981 MdlAnfr 1 18.02.81 Drs 09/169 Graf Huyn CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Penner BMVg 1023C, 1024A, B, C, D, 1025A, B, C, D, 1026A ZusFr Graf Huyn CDU/CSU . . . 1023D, 1024A ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . 1024B ZusFr Haase (Kassel) CDU/CSU 1024 B ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . 1024B ZusFr Jungmann SPD 1024 C ZusFr Dr. Jobst CDU/CSU 1024 C ZusFr Würzbach CDU/CSU 1024 D ZusFr Kroll-Schlüter CDU/CSU 1025A ZusFr Hansen SPD 1025A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1025 B ZusFr Linsmeier CDU/CSU 1025 B ZusFr Francke (Hamburg) CDU/CSU . . 1025C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU 1025C ZusFr Dallmeyer CDU/CSU 1025 D ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 1025D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 1026A Von der Bundesregierung wegen der Veröffentlichung „Die versteckte Atommacht" in der Illustrierten „Stern" in Aussicht genommene Schritte DringlAnfr 2 18.02.81 Drs 09/169 Würzbach CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Penner BMVg . 1026A, B, C, D, 1027A, B ZusFr Würzbach CDU/CSU 1026 B ZusFr Jungmann SPD 1026 C ZusFr Dallmeyer CDU/CSU 1026C ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1026 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1026 D ZusFr Hansen SPD 1027A ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . 1027A ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU 1027B Anzahl der Zivildienstleistenden, die Vorbereitungslehrgänge absolviert haben, sowie Erfahrungen mit diesen Lehrgängen MdlAnfr 35, 36 13.02.81 Drs 09/159 Horstmeier CDU/CSU Antw PStSekr Frau Fuchs BMA . . . 1027C, D, 1028A, B, C ZusFr Horstmeier CDU/CSU . . 1027D, 1028A, B ZusFr Broil CDU/CSU 1028 B ZusFr Börnsen SPD 1028 B ZusFr Peter (Kassel) SPD 1028C Einführung flexiblerer Arbeitszeiten zur Koordinierung der Familienaufgaben mit den Anforderungen der Berufswelt MdlAnfr 39, 40 13.02.81 Drs 09/159 Kroll-Schlüter CDU/CSU Antw BMin Frau Huber BMJFG . . . . 1028D, 1029A, B, C, D, 1030A ZusFr Kroll-Schlüter CDU/CSU . . . 1029A, B, D, 1030A ZusFr Dr. Diederich (Berlin) SPD 1029 B ZusFr Frau Steinhauer SPD ... 1029 C ZusFr Jaunich SPD 1030A Übersicht über cadmiumhaltige Lebensmittel MdlAnfr 41, 42 13.02.81 Drs 09/159 Jaunich SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . . 1030B, D, 1031A, B ZusFr Jaunich SPD 1031A ZusFr Susset CDU/CSU 1031 B Cadmiumgehalt in Lebensmitteln MdlAnfr 43, 44 13.02.81 Drs 09/159 Gilges SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . . 1031C, D, 1032A, C ZusFr Gilges SPD 1031D, 1032B Rechtsvorschriften zur Verminderung des Cadmiums in Lebensmitteln MdlAnfr 45, 46 13.02.81 Drs 09/159 Rayer SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . . 1032C, D, 1033A, B, D ZusFr Rayer SPD 1032D, 1033C ZusFr Eigen CDU/CSU 1033A ZusFr Broll CDU/CSU 1033A ZusFr Gilges SPD 1033A Erfahrungen des Arbeitsstabes Frauenpolitik mit dem arbeitsrechtlichen EG-Anpassungsgesetz MdlAnfr 47, 48 13.02.81 Drs 09/159 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . . . 1033 D, 1034A, B, C, D ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 1033D, 1034A. B ZusFr Frau Roitzsch CDU/CSU 1034 B ZusFr Heyenn SPD 1034 ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD 1034 D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1981 III Erfahrungen des Arbeitsstabes Frauenpolitik mit dem § 611b BGB (Stellenausschreibung) und mit dem Art. 2 des EG-Anpassungsgesetzes (Aushang der Gleichbehandlungsvorschriften im Betrieb) MdlAnfr 49, 50 13.02.81 Drs 09/159 Frau Steinhauer SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . . . 1034D, 1035B, C, D, 1036A ZusFr Frau Steinhauer SPD . . . . 1035A, B, D, 1036A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 1035B ZusFr Heyenn SPD 1035 D Aktivitäten des Arbeitsstabes Frauenpolitik beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit MdlAnfr 51 13.02.81 Drs 09/159 Frau Weyel SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . 1036A, D, 1037A, B, C, D, 1038A ZusFr Frau Weyel SPD 1036C, D ZusFr Kroll-Schlüter CDU/CSU 1036 D ZusFr Frau Terborg SPD 1037 A ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . 1037B ZusFr Frau Geiger CDU/CSU 1037 B ZusFr Frau Dr. Wex CDU/CSU 1037 C ZusFr Frau Steinhauer SPD 1037 D ZusFr Frau Dr. Hellwig CDU/CSU . . . 1037 D ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD 1038A ZusFr Frau Verhülsdonk CDU/CSU . . . 1038A Arbeitsprogramm des Arbeitsstabs Frauenpolitik, u. a. bezüglich der Verbesserung des Verhältnisses Familie und Beruf durch Teilzeitarbeit MdlAnfr 52, 53 13.02.81 Drs 09/159 Frau Dr. Lepsius SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . 1038B, C, D, 1039A, B, C, 1040A ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD 1038B, C ZusFr Dr. Diederich (Berlin) SPD 1038 D ZusFr Frau Benedix-Engler CDU/CSU . 1038D ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 1039A ZusFr Frau Weyel SPD 1039 A ZusFr Kroll-Schlüter CDU/CSU 1039 B ZusFr Frau Verhülsdonk CDU/CSU . . . 1039B ZusFr Frau Steinhauer SPD . . . 1039C, 1040A ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . .1040A Inanspruchnahme des Arbeitsstabs Frauenpolitik durch Frauen und verstärkte Bekanntmachung seiner Arbeit in der Öffentlichkeit MdlAnfr 54, 55 13.02.81 Drs 09/159 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD Antw BMin Frau Huber BMJFG . . . 1040B, D, 1041A, B ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . 1040 C ZusFr Frau Dr. Hellwig CDU/CSU . . . .1040D ZusFr Frau Verhülsdonk CDU/CSU . . . 1040 D ZusFr Heyenn SPD 1041A ZusFr Kroll-Schlüter CDU/CSU 1041 B Nächste Sitzung 1065 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1066*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1981 987 23. Sitzung Bonn, den 19. Februar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 2. Dr. Barzel 20. 2. Berschkeit 20. 2. Conrad (Riegelsberg) 20. 2. Eymer 20. 2. Genscher 19. 2. Handlos 20. 2. Dr. Hubrig 20. 2. Jansen 20. 2. Kittelmann* 20. 2. Dr. Klejdzinski* 20. 2. Korber 20. 2. Männing* 20. 2. Frau Dr. Martiny-Glotz 20. 2. Dr. Möller 20. 2. Dr. Müller* 20. 2. Dr.-Ing. Oldenstädt* 20. 2. Petersen** 20. 2. Pohlmann 20. 2. Prangenberg 20. 2. Dr. Probst 19. 2. Rösch* 20. 2. Frau Schlei 20. 2. Dr. Wieczorek 20. 2. Dr. Zander 20. 2. Zink 20. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Bundesregierung hat im Januar den Jahreswirtschaftsbericht 1981 gemäß § 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vorgelegt. Er enthält eine Darlegung der für das laufende Jahr von der Bundesregierung für wahrscheinlich gehaltenen wirtschafts- und finanzpolitischen Entwicklung.
    Die Bundesregierung nimmt darin außerdem zum Jahresgutachten des Sachverständigenrats vom November 1980 Stellung. Dieses Gutachten hat wie in den Jahren vorher wertvolle Anregungen gegeben. Ich danke dem Sachverständigenrat für seine umfassende und intensive Arbeit. Dieser Dank ist im Laufe der Jahre zur Routine geworden. Das soll ihn aber nicht mindern. Der Sachverständigenrat trägt in der Bundesrepublik maßgeblich zur wirtschaftspolitischen Meinungsbildung bei.
    Tiefgreifende Veränderungen haben sich in der Weltwirtschaft im Verlaufe der 70er Jahre und zu Beginn der 80er Jahre ergeben. Die wichtigsten wohl sind die abrupte Steigerung der Preise für Energie, insbesondere die Ölpreisexplosion, und die neue internationale Arbeitsteilung mit der zunehmend aufkommenden Konkurrenz der Schwellenländer und der erstarkenden Wettbewerbsfähigkeit Japans und anderen Konkurrenten.
    Sie finden ihren Ausdruck in unerträglich hohen Inflationsraten in fast allen Ländern, in exorbitanten Leistungsbilanzungleichgewichten, in den in vielen Ländern ausufernden Haushaltsdefiziten und nicht zuletzt in viel zu hoher Arbeitslosigkeit. Hinzu kommen Unsicherheiten in der weltpolitischen Lage. Sie beeinträchtigen die wirtschaftspolitische Aktivität in der Welt zusätzlich.



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Die Bundesrepublik ist mit den Belastungen bisher besser als andere zurechtgekommen. Sie steht im Weltmaßstab noch ganz gut da. Der Bundesminister der Finanzen hat in der Haushaltsdebatte die Vergleichszahlen genannt. Aber dies gibt uns ganz gewiß nicht das Recht zur Selbstzufriedenheit. Auch wir in der Bundesrepublik stehen unter starkem Anpassungszwang. Dieser Anpassungszwang ist so stark, daß wir mit einem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität rechnen müssen.
    Der Ölpreisschub von 1979 und 1980 hat unsere Ölrechnung um 30 Milliarden DM gegenüber 1978 verteuert und ein entsprechendes Leistungsbilanzdefizit ausgelöst. Was wir an das Ausland mehr haben zahlen müssen, läßt sich kurzfristig nicht ersetzen. Die Entzugswirkungen der erhöhten Ölrechnung sind es vor allem, die die wirtschaftliche Aktivität jetzt lähmen. Dagegen helfen keine zusätzlichen Staatsausgaben, keine geldpolitischen Konjunkturspritzen und erst recht nicht starke Lohnerhöhungen. Im Gegenteil. Damit würden die notwendigen Anpassungsprozeße nur weiter hinausgeschoben und die Schwierigkeiten verlängert.

    (Beifall bei der FDP)

    Die Bundesregierung hat dies alles im Jahreswirtschaftsbericht eingehend dargelegt und auch versucht, in Zahlen zu fassen. Ich will das hier nicht wiederholen, sondern ich will versuchen, über die Jahresfrist hinauszuschauen. Entscheidend ist, daß wir die Phase des Rückgangs möglichst rasch, aber auch richtig und dauerhaft überwinden; uns nützen keine konjunkturellen Strohfeuer.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Für die 80er Jahre ist entscheidend, daß sich die Umkehr aus der Anstrengung zur Anpassung an die weltwirtschaftlichen Veränderungen ergibt; darauf kommt es an. Ich weiß, daß das schwierig ist. Der Strukturwandel, meine Damen und Herren, der dafür notwendig geworden ist, erfordert unsere ganze Kraft. Unser Leistungswille und unsere Leistungsfähigkeit sowie unsere Umstellungsbereitschaft entscheiden maßgeblich darüber mit, wann wir aus der Talfahrt herauskommen und mit welchem Schwung wir das vor uns liegende Jahrzehnt meistern. Es wird Zeit brauchen, bis wir die Probleme überwunden haben; darüber sollte sich niemand hinwegtäuschen. So lange müssen wir uns wohl oder übel darauf einstellen, daß wir uns anstrengen und hart arbeiten und gleichzeitig den Gürtel auch ein wenig enger schnallen müssen.
    Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Die mit dem Anpassungsprozeß verbundene Dämpfung der realen Inlandsnachfrage heißt keineswegs, daß unser Wirtschaftswachstum anhaltend schwach bleiben muß, im Gegenteil! Es erwachsen daraus auch neue Wachstumsimpulse.
    Meine Damen und Herren, die Opposition hat uns — zuletzt noch in der Haushaltsdebatte — vorgeworfen, wir hätten die Wahrheit vor der Wahl nicht auf den Tisch gelegt.

    (Dr. Langner [CDU/CSU]: So war es doch!)

    Wer Ohren hatte, zu hören, konnte es im Wahlkampf aus meinem Munde beinahe täglich hören, landauf, landab:

    (Beifall bei der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    daß es ein Erfolg wäre, wenn es uns am Ende der neuen Legislaturperiode noch so gut geht wie jetzt. — Herr Waigel, ich habe gesagt: wer Ohren hat zu hören; ich füge hinzu: wer auch bereit ist zu hören.
    Noch, meine Damen und Herren, ist nicht ausgemacht, wie lange sich die strukturelle Anpassung hinzieht. Es liegt an uns, an jedem einzelnen von uns, ob die Wirtschaft über lange Zeit dahinlahmt oder ob wir nur zeitweilig kürzertreten müssen, um langfristig wieder besser dazustehen.
    Ich verhehle nicht, daß es Risiken gibt, die — aller Anstrengung zum Trotz — zu Rückschlägen führen können. Sie liegen in der Hauptsache in den Geschehnissen an den Ölmärkten, aber auch in einer erneuten Beschleunigung der weltweiten Inflation, was nicht zuletzt auch vom Verhalten der Sozialpartner in den jeweiligen Ländern abhängt.
    Die Gefahr, daß wirtschaftliches und politisches Fehlverhalten die derzeitige rezessive Wachstumsschwäche in eine länger anhaltende weltweite Rezession abrutschen lassen könnten, ist angesichts der weltweiten Dimension der Schwierigkeiten keineswegs auszuschließen. Aber die Chance, daß es trotz aller Risiken und Unsicherheiten nicht zu einer solch nachhaltigen Wirtschaftsflaute wie 1974/75 kommt, sondern zu einer baldigen Umkehr, ist ohne Zweifel vorhanden. Insbesondere vom Zwang zur Anpassung an die veränderte Energiesituation gehen heute nachhaltige Investitionsimpulse aus.
    Auch die Notwendigkeit, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten, zwingt in den westlichen Industriestaaten vielerorts zu vermehrter Anstrengung. Hinzu kommt. daß im vergangenen weltweiten Aufschwung keine unmäßigen Überkapazitäten und Lagerpositionen aufgebaut wurden; damit ist der Korrekturbedarf reduziert. Außerdem scheint nach den negativen Erfahrungen der Vergangenheit weltweit die Einsicht gewachsen zu sein, daß ölpreisbedingte Einkommenverluste letztlich nicht durch zusätzliche Einkommensforderungen vermieden werden können, sondern daß die Wachstums- und Beschäftigungsprobleme dadurch nur vergrößert werden. Auch haben die Wirtschaftspolitiker gelernt, daß ein Inflationsabbau für dauerhafte Erfolge bei Wachstum und Beschäftigung unabdingbar ist.
    Für die Bundesrepublik kommt hinzu — ich zitiere den Sachverständigenrat —
    ....daß jetzt, wo neue Anpassungsaufgaben ins Haus stehen, nicht erst die Hypothek einer gescheiterten Wirtschaftspolitik abzutragen ist. Für eine Stabilisierungskrise ... gibt es keinen Anlaß.
    Mit Sorge, meine Damen und Herren, sehe ich, daß eine zunehmende Zahl von Ländern versucht, die eigenen Schwierigkeiten mit Hilfe protektionistischer Maßnahmen zu Lasten anderer Länder zu



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    bewältigen. Darin liegt eine große Gefahr, die auch mittelfristig geeignet ist, sich lähmend auf die Weltwirtschaft zu legen. Spätestens seit den Erfahrungen mit dem weltweiten Protektionismus in den 30er Jahren wissen wir von der selbstzerstörerischen Wirkung solcher Praktiken. Natürlich würde ein so exportorientiertes Land wie die Bundesrepublik besonders betroffen sein.
    Die Bundesregierung mißbilligt deshalb auch die Bemühungen verschiedener Branchen in der Europäischen Gemeinschaft um Abschottung ihrer Märkte. Wir verkennen nicht, daß manche Veränderungen im internationalen Handel sich so rasch vollzogen haben, daß einige Bereiche hart erschüttert werden. Hier muß man abfedernd einwirken. Auf Dauer bringen solche Hilfen jedoch keine Lösung.
    Wie schädlich die Beschränkungen des Handels sein können, zeigt sich jetzt am Beispiel des europäischen Stahlmarktes. Alle staatlichen Interventionen und gemeinschaftlichen EG-Aktivitäten haben nicht verhindert, daß die europäische Stahlindustrie in ihre schwerste Krise in der Nachkriegszeit gestürzt ist.

    (Wehner [SPD]: Leider wahr!)

    Entscheidend ist jetzt, daß die strukturelle Anpassung vorankommt und nicht durch immer neue Subventionen gehemmt oder durch gemeinschaftliche Produktionsquoten verhindert wird.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Die anstehende Sitzung des Ministerrats in Brüssel muß hier Fortschritte bringen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Anwendung des Art. 58 des EGKS-Vertrages mit dem 30. Juni enden muß. Die Kommission hat dies bei Inkrafttreten zugesagt, und sie hält erfreulicherweise an ihrem Standpunkt fest.
    Meine Damen und Herren, auch wenn es sich mit unseren ordnungspolitischen Vorstellungen grundsätzlich nicht verträgt, sage ich hier deutlich: Die Bundesregierung hält für eine Übergangszeit einen auf freiwilligen Absprachen beruhenden geordneten Stahlmarkt in Europa für notwendig. Ich habe die deutsche Stahlindustrie aufgefordert, hierzu beizutragen und — wo notwendig und möglich — die Hilfestellung der Bundesregierung in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung hat kein Verständnis für eine Haltung Beteiligter, die eine gemeinsame Lösung verhindert.
    Damit ich hier nicht mißverstanden werde — denn dies ist ja eine ungewöhnliche Position, die wir einnehmen —, sage ich dies: Hinter dieser Haltung der Bundesregierung steht die Sorge um massive Beschäftigungseinbrüche in der deutschen Stahlindustrie. Diese gilt es jetzt zu verhindern. Dazu bedarf es der Kompromißbereitschaft aller Beteiligten.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Mit Besorgnis erfüllen mich auch die Töne aus der europäischen Automobilbranche oder aus der europäischen Unterhaltungselektronik. Man sollte sich das Beispiel der Stahlindustrie vor Augen halten.

    (Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Soll denn dieses Beispiel europäischer Politik für immer weitere Branchen Schule machen?
    Zum Glück hört man nunmehr aus dem Lager der deutschen Industrie — gerade jüngst aus dem Automobilbereich — mehr und mehr eine offensivere Sprache. Erfreulich ist auch, daß von den deutschen Gewerkschaften kaum protektionistische Töne zu hören sind. Ich möchte beides hier ausdrücklich begrüßen.

    (Beifall bei allen Faktionen)

    Auffällig ist in diesem Spiel vor allem, daß es immer die Großen sind, die sich nach Subventionen und Außenschutz anstellen und uns die Türen einrennen. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung macht aber eine Politik nicht mit, wonach marktwirtschaftliche Prinzipien und Wettbewerb immer nur für die kleinen und mittleren Unternehmen gelten, während sich die Großen dem Wettbewerb mehr oder weniger entziehen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Der wiederaufkommende Protektionismus ist eine politische Herausforderung von erheblichem Gewicht. Wir stehen vor einer Nagelprobe über das Wohl und Wehe der weltwirtschaftlichen Beziehungen: weltwirtschaftliche Zusammenarbeit oder Konfrontation? Für die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit hat heute die Devise „Wir sitzen alle in einem Boot" mehr denn je Gültigkeit.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Nichts wäre jetzt schlimmer, als in Defätismus zu verfallen oder nach Nothelfern zu rufen. Dies würde die Gefahr hervorrufen, daß wir in einen kumulativen Abschwung hineingleiten, dessen Bewältigung uns wahrscheinlich Jahre kosten würde.
    Es kann nur die Schlußfolgerung gezogen werden, daß wir uns noch mehr anstrengen müssen. Ich habe den Eindruck, daß sich diese Ansicht dank der intensiven und verbreiteten Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf den internationalen Märkten in unserem Lande weit durchgesetzt hat. Insofern hat die von mir begonnene sogenannte Japan-Diskussion jedenfalls Problembewußtsein geschaffen.
    Meine Damen und Herren, ich bedaure allerdings, daß es immer noch Diskussionsteilnehmer gibt, die wider besseres Wissen behaupten, ich hätte in diesem Zusammenhang die deutschen Arbeitnehmer der Faulheit bezichtigt.

    (Zuruf von der FDP: Unerhört! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister, Professor Jochimsen, sollte ebenso wie der Oppositionsvorsitzende, Dr. Kohl, aufhören, diese wahrheitswidrige Behauptung zu verbreiten.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)




    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Meine Damen und Herren, für die Lösung der anstehenden Aufgaben gibt es sicher keine Patentrezepte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch das ist wahr!)

    Wir können uns aber nicht mit zeitraubenden Debatten oder Optionen auf Papier und Denkpausen über den Berg bringen.

    (Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Im übrigen sollten diejenigen, die sich für Denkpausen aussprechen, für sich selber auch Lohnpausen akzeptieren.
    Es muß gehandelt werden, von jedem einzelnen und den Politikern. Ich sage: von jedem einzelnen und den Politikern. Das gilt selbstverständlich in erster Linie für Regierung und Koalitionsparteien. Denn uns hat der Wähler am 5. Oktober 1980 den Auftrag dazu gegeben.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Einen Teil der Bedingungen, die sich jetzt als hinderlich erweisen — in einer völlig neuen Situation; ich diskutiere gar nicht darüber, ob die Bedingungen damals richtig oder falsch waren; jedenfalls erweisen sie sich jetzt als hinderlich —, haben wir selber gesetzt.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    wir müssen auch die Kraft aufbringen, sie den jetzigen Erfordernissen anzupassen. Aber, meine Damen und Herren, auch die Opposition ist gefragt. In vielen Fällen hat sie in Bund und Ländern dazu beigetragen, die jetzigen Schwierigkeiten herbeizuführen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang einen Wunsch für diese Debatte über den Jahreswirtschaftsbericht äußern. Halten wir uns bitte nicht zu lange mit der Bewältigung der Vergangenheit auf!

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Die Zukunft verlangt Problemlösungen völlig anderer Art. Jeder Rat, auch und vielleicht gerade der der Opposition,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir hören gespannt zu!)

    für die Bewältigung der Zukunft ist von Wert. Er wird sorgfältig geprüft werden. Aber Nachkarten hilft nicht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — KrollSchlüter [CDU/CSU]: Man wird doch noch erinnern dürfen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Vor allem die unbefriedigende Beschäftigungslage erzwingt Antworten. Die hohen Arbeitslosenzahlen dürfen uns nicht durch die 80er Jahre begleiten.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir dürfen nicht zulassen, daß durch Arbeitslosigkeit so viele unserer Mitmenschen an einem erfüllten Leben gehindert werden. Wir können nicht hinnehmen, daß so viele Menschen von der Zusammenarbeit ausgeschlossen, mit finanzieller Unterstützung abgefunden und mattgesetzt werden. Wir können es uns auch nicht leisten, den Arbeitswillen so vieler Menschen zu ignorieren. Wir müssen also danach trachten, diese Menschen so bald wie möglich wieder an unserer Arbeit zu ihrem und unser aller Wohl mitwirken zu lassen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Aber wie?)

    Das ist die erste Priorität in Sachen Lebensqualität.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich bitte, mich nicht mißzuverstehen. Es kann keine selbstverständliche Vollbeschäftigungsgarantie geben. Das hat der Kollege Matthöfer kürzlich hier unterstrichen. Niemand kann sie geben und einlösen.

    (Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Nur Willy Brandt!)

    Ich wiederhole deshalb, was der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung gesagt hat:
    Die Unternehmen, beide Tarifpartner, Regierungen und Gesetzgeber in Bund und Ländern und die Bundesbank tragen auch künftig gemeinsame Verantwortung für einen hohen Beschäftigungsstand.
    Je früher wir alle, meine Damen und Herren, damit anfangen, uns auf die neuen weltwirtschaftlichen Bedingungen einzustellen, desto eher werden wir auch die Durststrecke überwinden. Wer damit als erster beginnt, wird auch schon bald die Nase vorn haben.
    In einer Zeit, in der die Anforderungen an den Leistungswillen und die Umstellungsbereitschaft wohl größer waren als heute — nämlich damals, vor 35 Jahren, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs —, haben wir auf die dynamischen Kräfte der Marktwirtschaft gesetzt. Die Wirtschaftspolitik hat damals und seither Sorge dafür getragen, daß die Voraussetzungen für das Funktionieren dieser Ordnung erhalten blieben. Unsere Wettbewerbspolitik und unsere Stabilitätspolitik stehen dafür. Wir sind mit diesem Konzept hervorragend gefahren, und das Konzept hat uns bis heute weitergetragen. Deshalb steht die Bundesrepublik Deutschland heute im Weltmaßstab besser da als andere Länder.
    Und nicht nur das; sie ist auch gut gerüstet, mit den anstehenden Schwierigkeiten fertig zu werden. Wir haben nicht nur eine Infrastruktur, die uns im Weltmaßstab als Industriestandort besonders qualifiziert, der deutsche Produktionsapparat ist modern, er arbeitet mit Spitzentechnologien, wobei wir allerdings erkennen müssen, daß vor allem die Vereinigten Staaten und Japan in bestimmten Bereichen, wohl auch dem der Mikroelektronik, an uns vorbeiziehen. Die Ausbildung der deutschen Arbeitskräfte



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    und ihre Arbeitsmoral sind gut und in der Welt angesehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir haben eine gesunde Unternehmensstruktur. Vor allem die breite Basis der kleinen und mittleren Unternehmen verleiht unserer Volkswirtschaft Flexibilität und schöpferische Kraft, und wir haben eine breite Produktpalette auf technisch hohem Standard, mit der wir auf den Weltmärkten antreten können.

    (Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/ CSU]: Aber wir haben bald keine Energie mehr!)

    Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang auch ein Wort zur Wirkung der Entwicklung des D-Mark-Wechselkurses. Die D-Mark hat sich seit 1979 nominal und real beträchtlich abgewertet. Dieser Prozeß hat sich zuletzt, zum Teil sicherlich spekulativ bedingt, beschleunigt. Im Januar lag der reale, gewogene Außenwert der Deutschen Mark gegenüber dem Stand von Ende 1979 um knapp 10 % niedriger. Allein gegenüber dem US-Dollar ergab sich ein Minus von knapp 20 %. Eine solche Entwicklung bleibt kurzfristig natürlich nicht ohne negative Rückwirkungen auf unsere interne Preisentwicklung und auf unsere Zahlungsbilanz. Immerhin bedeutet bei einer Ölrechnung von rund 60 Milliarden DM eine nominale Abwertung um 1 % gegenüber dem US-Dollar eine Mehrbelastung unserer Leistungsbilanz von rund 0,6 Milliarden DM, soweit es nicht zu Einsparungen kommt. Das erhöht sicherlich unsere Schwierigkeiten.
    Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die Rückführung des realen D-Mark-Wechselkurses bedeutet gleichzeitig eine Verbesserung der Wettbewerbschancen unserer Wirtschaft gegenüber dem Ausland und trägt auf längere Sicht dazu bei, die notwendige Verbesserung unserer Leistungsbilanz zu erleichtern. Auch diesen Aspekt sollte man nicht außer acht lassen.
    Aus alledem ergibt sich: Unsere gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind vergleichsweise gut. Die marktwirtschaftliche Ordnung hat sich als außerordentlich wirksam erwiesen. Sie ist keine Schönwetterveranstaltung, und wir setzen deshalb auch weiterhin auf die Dynamik unserer Marktwirtschaft, auf die Leistungsfähigkeit unserer Industrie und unserer Arbeitnehmer und auf die Kraft des einzelnen, mit den Schwierigkeiten fertig zu werden.

    (Beifall bei der FDP)

    Für uns schlägt zudem der Stabilitätsvorsprung gegenüber anderen Ländern zu Buche, und nicht zuletzt haben wir einen konstruktiven Konsens der Sozialpartner, der in der Vergangenheit und auch heute zu unserer wirtschaftlichen Stärke entscheidend beigetragen hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ein amerikanischer Journalist, der die Bundesrepublik sechs Wochen lang bereist hatte, hat kürzlich ein Interview mit mir mit folgender Frage eingeleitet: „Ihr Land lebt in ungewöhnlichem Wohlstand, seine Infrastruktur ist vorzüglich, die Verkehrsverhältnisse sind in Ordnung, die großen Städte funktionieren und sind sogar sauber. Haben Sie jetzt den Punkt erreicht, an dem das zu Ende geht?" Ich fand und finde auch heute noch, daß wir über diese Frage ernsthaft nachdenken müssen. Wer die Länder der industrialisierten Welt kennt, wird in der Tat sagen müssen, daß die Bundesrepublik alles in allem ihren Bürgern vergleichbar hohe Lebensqualität bietet, auch in unseren großen Städten. Aber jetzt wird sichtbar, daß uns Fehlentwicklungen im Wohnungsmarkt und Ölpreisauswirkungen auf den öffentlichen Personennahverkehr vor ähnliche Probleme stellen. Werden wir in der Lage sein, durch mehr Leistung einerseits und etwas mehr Bescheidenheit andererseits die Balance zwischen Wünschbarem und Möglichem zu halten?
    Für uns, für die Bundesregierung — ich bin sicher, für alle in diesem Haus —, stellt sich nun die Frage, wie eine adäquate Wirtschaftspolitik in dieser Situation auszusehen hat.
    Eine Sackgasse betreten wir mit Sicherheit, wenn wir uns nach außen abschotten, weniger arbeiten oder vor den Schwierigkeiten resignieren wollten. Für ein so stark außenhandelsorientiertes Land wie die Bundesrepublik wäre das der Anfang vom Ende.
    Eine Sackgasse wäre es aber auch, das Heil im Ruf nach staatlichen Nachfrageprogrammen und Dirigismen zu suchen. Der Staat kann das, was jetzt zu leisten ist, so nicht leisten. Darauf hat auch der Kollege Matthöfer gerade vor 14 Tagen in der Haushaltsdebatte mit Nachdruck hingewiesen. Ich zitiere ihn:
    Wir haben es eben nicht mehr nur mit zyklischen Schwankungen zu tun, die durch globale antizyklische Geld-, Kredit- und Finanzpolitik ausgeglichen werden könnten.
    Und an anderer Stelle fuhr er fort:
    Aus heutiger Sicht halte ich es nicht für angebracht, neue zusätzliche Ausgabenprogramme zu beschließen. Sie können nicht die wirtschaftlichen Probleme lösen, vor denen wir stehen.

    (Beifall bei der FDP)

    Neuartige Infektionen heilt man nicht nach alten Rezepturen. Ich war dankbar dafür, daß Karl Schiller, einer der Väter des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes, in dieselbe Kerbe gehauen und gesagt hat, daß die Instrumente dieses Gesetzes derzeit nicht anwendbar seien. Für eine Lage, bei der vor allem die Angebotsseite einen Bedarf an Strukturanpassung hat, ist nicht Keynesianische Nachfragepolitik, sondern eben vor allem Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Angebots- und Anpassungsbedingungen gefragt.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Kein Beifall bei der SPD!)

    Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik — so klang es kürzlich fast triumphierend von dieser Stelle aus dem Munde von Franz Josef Strauß —



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    sind alle vier Ziele des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes gleichzeitig verfehlt. Ja, er hat recht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie meistens!)

    Aber wie hätte sich angesichts der großen Belastung eine solche Konstellation wohl vermeiden lassen sollen? Der bayerische Ministerpräsident hat dafür keine Patentrezepte geliefert. Das konnte er auch gar nicht; denn ihm ist genauso klar wie uns, daß die weltwirtschaftlichen Störungen nicht von heute auf morgen abgefangen werden.
    Die Ziele des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes sind in dieser Situation objektiv nicht erreichbar. Sie werden in keinem industrialisierten Land der westlichen Welt erreicht und in fast allen Ländern erheblich deutlicher verletzt als bei uns.

    (Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/ CSU]: Aber wie kam es zu dieser Situation?)

    Jetzt kommt es darauf an — ich wiederhole das —, daß wir international unsere Wettbewerbsposition verbessern oder — um den IG Metall-Vorsitzenden Loderer bei seiner Rückkehr aus Japan zu zitieren — daß wir etwas mehr spurten. Dazu müssen wir die Kosten senken und die Produktivität erhöhen. Nicht zuletzt gilt es, neue Märkte zu erschließen. Dafür sind mehr Investitionen, mehr technische Neuerungen, mehr Export und entsprechende unternehmerische Entscheidungen nötig.

    (Beifall bei der FDP)

    Gerade den jüngeren Arbeitnehmern, aber natürlich auch den anderen, möchte ich zu bedenken geben, daß es im Strukturwandel nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner gibt. Auch der Strukturwandel eröffnet Chancen für neue Aktivitäten. Wer diese ergreifen will, muß sich darauf durch möglichst gute Ausbildung vorbereiten.
    Wir wissen, daß es fast unmöglich ist, Erfahrungen von einer Generation auf die andere erfolgreich weiterzugeben. Es ist für die Älteren schwer, ihren Kindern begreiflich zu machen, welche Leistungen beim Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland vollbracht worden sind. Es ist schwer, ihnen zu schildern, welche Kräfte bei uns vorhanden waren, die uns aus der Hoffnungslosigkeit der Nachkriegsjahre auf den heutigen Stand von Wirtschaft und Gesellschaft gebracht haben. Vielleicht bedarf es jetzt einer ähnlich großen Anstrengung aller wie damals. Ihre Notwendigkeit ist aber schwer zu erklären, weil Leistungsbilanzdefizite und Einbußen an Wettbewerbsfähigkeit für den einzelnen viel weniger greifbar sind als Trümmer und Ruinen, die man wieder aufbauen muß.
    Tragen wir alle mit dazu bei, daß jeder unserer Mitbürger, vor allem die jüngere Generation, erkennen kann, was jetzt Notwendigkeit, Aufgabe, aber auch Chance ist!
    Der Staat hat die Aufgabe, die Grundvoraussetzungen für das Funktionieren unserer marktwirtschaftlichen Ordnung zu erhalten und zu verbessern, also Stabilität der Preise zu sichern und den Wettbewerb zu garantieren, d. h. aber auch die Wirtschaft mit Bürokratismen nicht mehr als nötig zu belasten, von direkten Interventionen freizuhalten und Investitionshemmnisse abzubauen. Angesprochen sind vor allem die Bereiche Wohnungsbau, Kraftwerksbau und Telekommunikation, aber auch Fernwärme- und Umweltschutzinvestitionen. Hier, meine Damen und Herren, liegt wahrscheinlich ein Investitionsvolumen brach, das jedes öffentliche Ausgabenprogramm, auch wenn es über mehrere Jahre verteilt würde, weit in den Schatten stellt.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Ich möchte mich nicht auf Zahlenspiele über die Höhe des Investitionsstaus einlassen. Jeder, der sich mit der Materie näher befaßt hat, weiß, wie schwierig oder gar unmöglich es ist, klare Ziffern aufzustellen. Über den Sachverhalt — so ist mein Eindruck auch aus vergangenen Debatten — besteht unter uns kein Dissens.
    In meinem Gespräch mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund umriß ein Gewerkschaftsvorsitzender den Tatbestand im Wohnungsbau zutreffend wie folgt: Wir haben Wohnungsmangel, anlagesuchendes Kapital, nicht ausgelastete Kapazitäten und zurückgehende Beschäftigung in der Bauindustrie. Wir müssen dafür sorgen, daß dies wieder zueinander kommt.
    Das ist völlig richtig gesehen. Es stellt sich die Frage: Wie kann man das erreichen? Sicherlich nicht so wie König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der seinen wohlhabenden Bürgern in Potsdam und Berlin Grundstücke schenkte und das mit dem Kommentar versah: Der Kerl hat Geld, der muß bauen! — Das war eine etwas frühe Form des Baugebots.
    Meine Damen und Herren, um der Wohnungsnachfrage, insbesondere in den Großstädten, besser Rechnung zu tragen und um die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Bauwirtschaft besser zu nutzen, wird die Bundesregierung daher ein wohnungspolitisches Gesetzgebungsprogramm vorlegen. Vor allem soll dadurch die Investitionsbereitschaft privater Anleger im frei finanzierten Wohnungsbau gestärkt werden. Im sozialen Wohnungsbau sollen schrittweise mehr marktwirtschaftliche Elemente eingeführt und die Fehlbelegung vermindert werden. Die Instrumente des Bundesbaugesetzes sollen verbessert werden, um das Angebot an Bauland zu vergrößern.
    Wichtig ist, daß vor allem die private Wirtschaft die Anstöße der Regierung schnell aufgreifen kann und wieder mehr privates Kapital im Geschoßwohnungsbau investiert wird. Wer jedoch einerseits beim Bund 10 % mit freundlicher Bedienung durch die Bundesschuldenverwaltung und andererseits im Mietwohnungsbau 0 % mit Ärger und Verdruß bei Mietern, Behörden und Gerichten erhält, für den ist die Wahl wohl leicht.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Die Idee eines Sozialpfandbriefs löst dieses Problem auch nicht; ich halte sie übrigens nicht nur deshalb für verfehlt.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Ich weiß, meine Damen und Herren, daß es in der privaten Versicherungswirtschaft, deren Investitionen im Geschoßwohnungsbau in den letzten Jahren alarmierend zusammengeschmolzen sind, eine Diskussion darüber gibt, ob die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen, vor allem die Begrenzung auf Neubauten, ausreichend sind. Aber ich bitte meine früheren Kollegen aus der Versicherungswirtschaft — ich darf das vielleicht einmal so formulieren — dringend darum, mit uns gemeinsam einen Weg zu gehen, an dessen Ende meines Erachtens sicher weitere Auflockerungen stehen müssen. Wenn wir jetzt Ergebnisse erzielen, die beide Seiten für akzeptabel halten, dann wird die Bereitschaft, diesen Weg auch weiter zu gehen, wachsen. Nach 60 Jahren Zwangswirtschaft in der Wohnungswirtschaft kann beim ersten Schritt die Welt nicht in Ordnung gebracht werden.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, der Sektor mit den zur Zeit größten Investitionsschwierigkeiten, aber auch großen Chancen, einen positiven Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu leisten, ist der Energiebereich. So, wie die dramatischen Veränderungen im internationalen Ölangebot seit 1973 den entscheidenden Anstoß für den strukturellen Anpassungsprozeß gegeben haben, so kann dieser Sektor nunmehr entscheidenden Anlaß bieten für Investitionen und Innovationen, die das Gesamtklima positiv beeinflussen. Fehlentwicklungen in diesem Bereich und weitere Zeitverluste können wir uns nicht leisten. Wenn wir unseren Lebensstandard halten wollen und mehr exportieren müssen, so geht das nur mit einer modernen Industrie und sicher nicht in einer postindustriellen Gesellschaft, die in schöner, natürlicher Landschaft Blaupausen produziert und nur diese exportiert.

    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir müssen diese Technik bei uns selber bauen und anwenden. Die Bundesrepublik ist nicht vorstellbar ohne Industrielandschaft. Dazu gehören auch Kraftwerke, und zwar Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke. Dazu gehören weiter Kohleveredelung und optimale Nutzung der Fernwärme.
    Bund und Länder werden auch bald entscheiden, in welcher Form das 1982 auslaufende Energiesparprogramm mit stärkerer Konzentration auf die Energietechniken fortgesetzt wird. Ich brauche nicht zu wiederholen, daß wir den hohen Ölanteil an der deutschen Energieversorgung mit allen Anstrengungen verringern müssen. Wir sind mit dieser Politik erfolgreich, wie die Zahlen zeigen, vor allem im internationalen Vergleich. Aber wir können nicht stehen bleiben. Angesichts der Konzentration der Weltölförderung in politisch sensiblen Regionen ist auch ein Ölanteil von 49 % nicht tolerabel. Er muß weiter abgebaut werden. Die Auswirkung auf die Leistungsbilanz ist offensichtlich.
    Diese Politik verlangt, daß wir alle, aber auch alle uns zur Verfügung stehenden Energiereserven nutzen. Wegen der deutschen Steinkohle haben wir diese Politik mit der bis 1995 reichenden Vereinbarung zwischen dem deutschen Steinkohlenbergbau und der deutschen Elektrizitätswirtschaft abgesichert. Seit dem 1. Juni 1981 sind die deutschen Grenzen für Importkohle in entsprechend großen Kontingenten offen. Wer immer noch klagt, die Kontingente seien nicht groß genug,

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    der lese bitte den Leitartikel im Wirtschaftsteil der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" von gestern. Die deutsche ölverbrauchende Industrie muß, wo sie dies technisch kann, von diesem Angebot schnellstens Gebrauch machen und für Kohleeinsatz investieren. Ihre internationalen Konkurrenten in Japan, Frankreich, Italien und natürlich den Vereinigten Staaten sind in starkem Wettbewerb um preisgünstige Angebote auf dem Weltkohlemarkt.
    Die Bundesregierung sieht mit Sorge, daß die deutsche Industrie zögert, die bequemen Energieträger Öl und Gas zu verlassen und wieder zur Kohle zurückzukehren. Sie sollte sich aber klar darüber sein, daß dies unvermeidlich ist, wenn sie in den Energiekosten mit ihren Wettbewerbern in den anderen Industrieländern dieser Welt Gleichstellung anstrebt. Ich mache darauf aufmerksam — das muß man auch tun —, daß auch Kohleimporte die Leistungsbilanz belasten. Da das Ausweichen auf deutsche Steinkohle seine Grenze in den Haushaltsbelastungen findet, kann Kohle allein unsere Probleme nicht lösen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Risikoverminderung in unserer Energieversorgung geht nicht ohne friedliche Nutzung der Kernenergie.

    (Erneuter Beifall bei der FDP, der CDU/ CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Der Herr Bundeskanzler und ich haben anläßlich der Debatte über den Haushalt 1981 hierzu klar und unmißverständlich die Position der Bundesregierung zum begrenzten Ausbau der Kernenergie festgehalten. Die Bundesregierung hat die Voraussetzungen für die zweite Teilerrichtungsgenehmigung für Brokdorf geschaffen, und, wie ich höre, wird die Landesregierung Schleswig-Holstein darüber heute entscheiden.
    Die Bundesregierung ist gewillt, auch ihren Beitrag zur Verbesserung der Genehmigungsverfahren für Kernkraftwerke zu leisten. Dies geht aber nur im Einvernehmen mit den Ländern. Dabei ist keine Frage, daß Sicherheit und Rechtsschutz nicht zur Debatte stehen. Worum es primär geht, ist, administrativ und organisatorisch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß Genehmigungsablauf und Genehmigungszeitraum wieder kalkulierbarer für die Investoren und für die Hersteller der Kraftwerke und ihrer Ausrüstungen werden. Die Mehrkosten, die aus Verzögerungen einzelner Projekte entstehen, treffen alle Stromverbraucher, vor allem aber unsere Industrie, jedoch nicht nur diese.
    Damit ist der Zusammenhang zwischen rechtzeitiger Bereitstellung der notwendigen Kernenergie, der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, der Beschäftigung in unseren Unternehmen und der



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    längerfristigen Sicherung der Arbeitsplätze offensichtlich. Wir müssen natürlich auch die Kernenergie im Gesamtkonzept unserer Energiepolitik und im Zusammenspiel aller Energieträger sehen. Daran besteht kein Zweifel. Auch mit Hilfe anderer Energieträger, vor allem mit Gas und Kohle, bemühen wir uns zu diversifizieren und von einzelnen Ländern möglichst unabhängig zu sein. Aber die Kernenergie ist ein wichtiger Teil dieser Politik der Risikominderung.
    Die Bundesregierung wird die gesamte Übersicht auf die nationale und internationale energiepolitische Situation, die Erfolge und weiteren Notwendigkeiten in der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms darlegen und diese Fortschreibung im Spätsommer vorlegen.
    Im Bereich der Telekommunikation ist die technologische Entwicklung in letzter Zeit stärker vorangekommen, als noch vor ein bis zwei Jahren vermutet wurde. Der Aspekt einer Vermehrung des bloßen Fernsehkonsums ist in den Hintergrund getreten. Die neuen Kommunikationstechnologien sollten nicht gleichgesetzt werden mit der Möglichkeit zu übermäßiger und nur passiver Fernsehunterhaltung. Nur in dieser Hinsicht, aber sehr wohl in dieser Hinsicht mit vollem Recht — ich möchte das unterstreichen —, sollte und kann gefragt werden, ob wir uns auf diesem Gebiet alles leisten sollten, was technisch möglich wäre.
    Aber die neuen Technologien für die Telekommunikation eröffnen in den kommenden Jahren bemerkenswerte Möglichkeiten aktiver Kommunikation zwischen den einzelnen Menschen in Bild und Ton über beliebige Entfernungen. Sie können in der Zukunft die Informations- und Dispositionsmöglichkeiten jedes einzelnen Bürgers, unserer Unternehmen, Forschungs- und Bildungsstätten eindrucksvoll erweitern. Vor allem die gewerbliche Nutzung im Bereich produzierender und dienstleistender Unternehmen eröffnet neue Chancen. Gespräche mit Blickkontakt und der Austausch von Informationen zwischen Unternehmen mit hoher Geschwindigkeit und damit mit großer Zeitersparnis werden auch verkehrs- und energiewirtschaftliche Probleme verändern und erleichtern können.
    Wir stehen heute vor dem Anfang dieser Entwicklung in das „Informationszeitalter". Deutsche Unternehmen haben auf diesem Gebiet heute noch gute, ja sogar führende Startpositionen. Aber schon in zwei oder drei Jahren wird auf dem Weltmarkt ein heftiger Wettbewerb um die Marktanteile auf dem Gebiet der Telekommunikation einsetzen.

    (Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Der ist schon längst im Gange!)

    Unsere Wirtschaft hat jetzt die Möglichkeit, in diesem Wettbewerb zu bestehen, große Marktchancen zu nutzen sowie Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß wir unverzüglich unser Telekommunikationsnetz auf die Erfordernisse und Möglichkeiten der Zukunft umrüsten, um den Unternehmen die Anwendung für die aktive Kommunikation zwischen Individuen und zu vorderst für die geschäftliche Kommunikation zu ermöglichen. Nur so können wir unseren Platz in den ersten Rängen der technologisch fortgeschrittenen Industrienationen behalten. Diese Chance durch Zögern und vor allem langsames Denken und Unentschlossenheit verstreichen zu lassen, bedeutet in meinen Augen, auf das Niveau einer zweit- oder drittrangigen Industriewirtschaft abzusinken — mit allen dramatischen Konsequenzen für Beschäftigung und Lebensstandard unserer Bevölkerung auf lange Zeit.

    (Beifall bei der FDP und bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

    In diesem Bereich liegen heute greifbare Investitions-, Innovations- und Beschäftigungsmöglichkeiten in beachtlichem Maßstab, die wir jetzt brauchen und die wir uns nutzbar machen müssen.
    Meine Damen und Herren, zum Thema Investitionshemmnisse gehört auch das Thema „Bürokratismus". Allerdings sind die Schwachstellen hier nur schwer oder gar nicht auszumachen. Dennoch liegt das Problem auf der Hand. Welcher Unternehmer kennt nicht die Schwierigkeiten beim Erhalt von Genehmigungen für Investitionsvorhaben? Was rede ich von Unternehmern! Welcher Bauherr kennt nicht die Schwierigkeiten beim Bau seines Einfamilienhauses? Die Zahl der Formulare und Genehmigungsinstanzen wird immer größer und komplizierter. Ich will hier keineswegs einer lascheren Handhabung von Umweltauflagen, Arbeitsschutzbestimmungen und anderen Dingen das Wort reden, aber diese Bestimmungen dürfen nicht dazu führen, daß die notwendigen Entscheidungen aus Mutlosigkeit und Verantwortungsscheu von einem Schreibtisch auf den anderen verschoben werden.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    So blockiert man privatwirtschaftliche Initiative auf sehr subtile, allerdings sehr wirksame Art. Es muß auch einmal der Mut aufgebracht werden, Entscheidungen zu fällen.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der SPD — Ironischer Beifall und Zurufe von der CDU/CSU)

    Eine solche Politik zur Ermutigung von Investitionen, technologischen Neuerungen und Strukturanpassungen ist per se nötig, sie ist aber um so dringender, weil der Handlungsspielraum der Finanz-und Geldpolitik zur Zeit vor allem durch außenwirtschaftliche Zwänge äußerst begrenzt ist.
    Einen wichtigen Beitrag zur Besserung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen leistet der Staat dadurch, daß er seine Finanzen mittelfristig auf eine solide Basis stellt. Von diesem Ziel dürfen wir nicht abkommen, und zwar sicherlich für mehrere Jahre, trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage. Es gilt, wieder mehr Freiraum an den Kapitalmärkten auch für private Investitionen zu schaffen, und es gilt, das Vertrauen in die Solidität der öffentlichen Finanzen zu erhalten. Das beides scheinen mir wichtige Argumente zu sein.
    Meine Damen und Herren, wenn ich hier von Konsolidierung rede, so kommt es sicherlich auch auf das richtige Maß und das kurzfristige Timing an.



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Vor allem Steuerausfälle auf Grund der schwächeren wirtschaftlichen Aktivität müssen wir jetzt hinnehmen. Dasselbe gilt für die Finanzierung erhöhter Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit wegen der gestiegenen Zahl der Arbeitslosen. Würden wir anders handeln, wäre das Politik à la Brüning. Das wäre sicherlich falsch.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Konsolidierung, meine Damen und Herren, heißt vor allem Begrenzung des Ausgabenanstiegs, und zwar eine Begrenzung des Ausgabenanstiegs auf mittlere Frist unterhalb des nominalen Anstiegs des Bruttosozialprodukts.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann begrenzen Sie mal schön!)

    Solide Finanzpolitik muß damit verbunden sein, die Struktur unserer öffentlichen Haushalte dahin gehend weiter so zu verbessern, daß den wachstumsfördernden Maßnahmen mehr Gewicht zukommt. Diese Aufgabe der Umschichtung ist nicht in einem Kraftakt zu leisten. Sie wird deshalb auch in den kommenden Jahren viel von uns fordern. Wir sollten uns darüber keine Illusionen machen.
    Aus meinen Worten, meine Damen und Herren, ersehen Sie, daß ich — wie ich schon im Wirtschaftsausschuß sagte —, ganz gewiß kein Gegner von staatlichen Anreizen für öffentliche und private Investitionen bin. Nur gilt es zu beachten: Aus den vorhin genannten Gründen werden die hohen Defizite vorerst noch größer. Deshalb darf es ein einfaches Draufsatteln nicht geben. Das wäre — wie es so schön heißt — kontraproduktiv.
    Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang möchte ich auch ein Wort zu den Leistungsgesetzen sagen. Damit ich aber hier nicht mißverstanden werde, dies vorweg: Das soziale Netz steht nicht zur Disposition.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Niemand beabsichtigt, daran zu rühren. Nur sollte man darüber nachdenken, ob alles das, was früher einmal entschieden wurde, heute noch von solcher Dringlichkeit ist. Zum Teil haben sich auch Mißbräuche zum Schaden der Solidargemeinschaft herausgebildet, denen entgegengewirkt werden muß.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Also doch!)

    Hier müssen wir die Dinge ernsthaft prüfen. In diesem Sinne, aber auch nur in diesem Sinne, dürfen auch die Leistungsgesetze nicht tabu sein.

    (Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Wer will denn etwas anderes? — Seiters [CDU/ CSU]: Alles sehr konkret!)

    Meine Damen und Herren, zur Konsolidierung auf der Ausgabenseite gehört schließlich auch, daß wir auf einen effizienteren Einsatz der vorhandenen Mittel im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik hinwirken. Ich denke hier insbesondere an die Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und an Eingliederungsbeihilfen für besonders schwer vermittelbare Personen; denn gerade hier hat sich in der Vergangenheit gezeigt, daß sie nur zu einer relativ geringen Anzahl wirklich dauerhafter Arbeitsplätze führten bzw. durch hohe Mitnehmereffekte ausgenutzt worden sind.
    Ein weiterer und wichtiger Teil finanzpolitischer Aktivität wird schließlich im Abbau von Subventionen liegen. Die Schädlichkeit von Dauersubventionen brauche ich Ihnen nicht darzulegen. Sie lähmen Eigeninitiative und Kreativität genauso wie protektionistische Maßnahmen oder andere staatliche Interventionen. Trotz der mehrjährigen Aufgaben in der Finanzpolitik gilt im Prinzip auch hier dasselbe, was ich vorhin schon gesagt habe: Je früher und beherzter wir unsere Sache anpacken, desto früher sind wir über den Berg, desto mehr leisten wir für eine solide gesamtwirtschaftliche Basis in der Mitte der 80er Jahre. Auch deshalb sollten wir schon bei den anstehenden Haushaltsberatungen die hier vorgetragene Linie noch besser berücksichtigen.
    In einem Dilemma, meine Damen und Herren, steckt unsere Geldpolitik. Aus binnenwirtschaftlichen Gründen wäre zwar eine expansivere Linie mit dem Ergebnis von Zinssenkungen angezeigt; die Stärke der außenwirtschaftlichen Einbindung der Bundesrepublik aber engt ihren Handlungsspielraum erheblich ein. Vor allem die inflationsbedingten hohen Zinsen des Auslands erschweren die Finanzierung unseres Leistungsbilanzdefizits und üben so einen Druck auf den Wechselkurs aus, der seinerseits die Bereitschaft zur Anlage in D-Mark dämpft. Die Zinsdifferenz zum Ausland erklärt aber nicht alles.

    (Kiep [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Die jüngste Schwäche der D-Mark hat sich nämlich nicht bei steigenden Zinsdifferenzen eingestellt, sondern bei eher sinkenden. Eigentlich hätte sich also der Druck auf die D-Mark in letzter Zeit verringern müssen, zumal auch noch die Inflationsraten im Ausland zugunsten der deutschen Mark wirken. Tatsächlich aber hat er sich erhöht. Es muß also noch andere Gründe geben, die die Entwicklung der D-Mark und des Dollars erklären.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Einmal herrscht an den Devisenbörsen bislang der Eindruck vor, daß noch keine deutliche Tendenz zur Verbesserung unserer Leistungsbilanz erkennbar ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Zum anderen sind wohl Irritationen über unseren energiepolitischen Kurs nicht ohne Einfluß auf das internationale Vertrauen in die D-Mark geblieben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Ich gehe davon aus, daß sich das wieder legt. Aber Devisenmärkte reagieren nun einmal überempfindlich.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Neben solchen hausgemachten Gründen gibt es auch Faktoren, die für eine besondere Dollar-Stärke und gegen eine ausgeprägte D-Mark-Schwäche sprechen. Ich denke hier vor allem an den Vertrauensvorschuß der neuen Regierung der Vereinigten Staaten und an die Erwartung, daß sie mit einer soliden Mehrheit im Senat ihre Probleme meistern



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    kann. Damit verbunden sind auch pointierte Spätreaktionen auf die früher überzogene Dollar-Abwertung und D-Mark-Aufwertung. Für diese Ursachenanalyse spricht auch, daß der Schweizer Franken gegenüber dem Dollar ebenfalls verloren hat.
    Wir, meine Damen und Herren, können es doch nur begrüßen, wenn die USA zu mehr Stabilität und Stärke zurückfinden. Das haben wir doch jahrelang gefordert. Nebenbei: Auch in der amerikanischen Politik wird sicher wieder der Alltag einkehren.
    Schließlich scheinen mir auch die Unsicherheiten der weltpolitischen Lage, insbesondere der Lage in Mittelost und in Mitteleuropa, ihren Teil zur Stärke des US-Dollars gegenüber europäischen Währungen beigetragen zu haben. An der Ost-West-Nahtstelle reagieren die Geldmärkte sensibler.
    Meine Damen und Herren, das Fazit aus allen unseren Überlegungen ist: Komplexe ökonomische und politische Faktoren bestimmen die derzeitigen Wechselkursrelationen. Deshalb vergrößert sich der Handlungsspielraum der Notenbank nicht allein schon dann, wenn die Zinsdifferenzen vom Ausland her verringert werden. Dies ist eine notwendige, aber nicht unbedingt hinreichende Voraussetzung.
    Ich bin sicher, daß bei einer entsprechenden Orientierung in den ökonomischen und politischen Grundbedingungen das Vertrauen in die D-Mark bald wieder gestützt wird. Ich komme deshalb auch bei den geld- und währungspolitischen Betrachtungen wieder auf den Ausgangspunkt und mein Ceterum censeo zurück. Es ist gerade auch aus dieser Sicht wichtig, daß wir im Strukturwandel Fortschritte machen, in der Energiepolitik klaren Kurs halten

    (Kiep [CDU/CSU]: Halten?)

    und unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Ausland verbessern.
    Da unsere Möglichkeiten zur Importreduzierung — auch und insbesondere wegen unserer Abhängigkeit vom Öl— auf kurze Frist beschränkt sind, müssen wir Sorge dafür tragen, daß das Ausland wieder mehr bei uns kauft, und das geht nur über eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und über die Erschließung neuer Märkte. Sobald hier und bei den ausländischen Zinsen Land in Sicht ist, sollte der sich daraus ergebende Spielraum für die Geldpolitik allerdings durch die Deutsche Bundesbank auch zügig genutzt werden. Wir alle müssen dafür Sorge tragen, daß es bald dazu kommt.
    Meine Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen das Konzept darzulegen, mit dem die Bundesregierung ihre Antwort auf die unbestreitbar schwierigen wirtschaftspolitischen Probleme geben wird. Ich habe Ihnen damit keine Patentrezepte angeboten. Solche Rezepte gibt es in unserer weltwirtschaftlichen Lage nicht. Aber ich sehe keinen besseren als den geschilderten Weg, um wirtschaftliches Wachstum und Abbau der Arbeitslosigkeit zu erreichen. Wenn wir unseren Wohlstand sichern wollen, müssen wir uns mehr noch als bisher auf uns selbst besinnen, auf unseren Leistungswillen und unsere Leistungskraft.
    Dies ist nicht die Stunde der Verzagtheit und nicht die Stunde der Resignation. Wir haben dazu nicht die geringste Veranlassung. Das Jahr 1981 bringt uns neben allen nicht zu bestreitenden Schwierigkeiten auch große Chancen. Dann, wenn wir bereit sind, die Herausforderung anzunehmen, wenn wir ihr in überlegter Offensive begegnen, können wir mit Zuversicht auf die vor uns liegenden Aufgaben blicken. Wenn wir uns anstrengen — jeder an seinem Platz —, wird der Erfolg nicht ausbleiben. Wir können es schaffen, wenn wir nur wollen. — Ich bedanke mich für Ihr Zuhören.

    (Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wir haben die Rede des Herrn Bundesministers für Wirtschaft zur Einbringung von Jahresgutachten und Jahreswirtschaftsbericht gehört. Ich eröffne die Aussprache über beide Berichte. Als erster Redner hat der Herr Abgeordnete Dr. Waigel das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß die beschämend ironisierende Devise des Parteivorsitzenden der SPD, die SPD sei für ein kräftiges „Sowohl-Als-auch", in so kurzer Zeit zur durchgehenden Maxime der ganzen Regierung werden würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, haben noch zigfach ein „Wenn" hinzugesetzt. Ihre Rede war über weite Strecken eine Aneinanderreihung allgemeiner Binsenwahrheiten und volkswirtschaftlicher Leerformeln, wohingegen die Lektüre des Wirtschaftsteils der großen Tageszeitungen nachgerade zu einem intellektuellen Genuß wird.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU — Wehner [SPD]: Wie Sie ihn verstehen! — Zurufe von der FDP)

    Sie haben am Schluß gesagt: Wir können es schaffen, wenn wir nur wollen. Das klingt so kleinmütig, daß dieser Regierung niemand mehr diese Aufforderung und diesen Wunsch zutraut. Auch aus Ihnen selbst, Herr Bundeswirtschaftsminister, spricht mehr Verzagtheit und Ohnmacht als Zuversicht und Kraft.

    (Lampersbach [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Die Aufforderung zu mehr Leistung, Anstrengung, Bescheidenheit und Umkehr müssen Sie nicht in erster Linie an das deutsche Volk richten, sondern an diese ideenarme und kraftlose Regierung und die sie begleitende Koalition.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der einzelne kann nämlich relativ wenig tun, wenn die politische Richtung nicht stimmt. Bisher hören wir nur Verbales, aber von konkretem Tun ist nicht die Rede.
    Es stimmt auch nicht, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß die Bundesrepublik in allen Bereichen bisher mit den Belastungen besser zurechtgekommen wäre als andere, denn wir hatten im letzten



    Dr. Waigel
    Jahr das höchste Leistungsbilanzdefizit in der westlichen Welt, obwohl dies in der Beantwortung unserer Kleinen Anfrage im letzten Jahr noch nicht bestätigt worden ist. Sie sind, Herr Bundeswirtschaftsminister — wir haben das registriert —, mit der Opposition recht milde umgegangen — Sie haben hier ja früher auch schon einen etwas ironischeren, sarkastischeren Stil angelegt — und haben darauf hingewiesen, daß die Opposition gefragt sei. Wir registrieren das und stellen fest, daß damit die Devise von Herrn Wehner aus dem vorigen Jahrzehnt offenbar nicht mehr ihre Gültigkeit besitzt. Sie brauchen nämlich auch die Opposition, weil Sie nämlich in Ihrer Koalition gar keine Mehrheit für marktwirtschaftliche Lösungen dieser Fragen besitzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich betrachte es auch als ein ehrliches Eingeständnis, Graf Lambsdorff, wenn Sie sagen: Einen Teil der Bedingungen, die sich jetzt als hinderlich erweisen, haben wir selber gesetzt. Sehr wahr! Nur, fangen Sie mit der Korrektur an! Fangen Sie mit der Entbürokratisierung an, und reden Sie nicht nur davon!
    Sie haben vom notwendigen konstruktiven Konsens der Sozialpartner gesprochen. Wir stimmen Ihnen zu. Liegt es aber — neben anderen — nicht vielleicht auch etwas an Ihnen, daß es bisher nicht zu der dringend erforderlichen Konzertierten Aktion gekommen ist? Es ist nämlich leichter, mit einfachen Formeln Wahlkampf zu machen, als den notwendigen sozialen Konsens mit Opfern für alle herbeizuführen. (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben zu Recht vor einigen Wochen in einem Interview von der Notwendigkeit der Wiedergewinnung der deutschen Tugenden gesprochen. Lesen Sie einmal das Wahlprogramm der FDP, ob das als Beitrag zur Wiedergewinnung alter deutscher Tugenden dienen kann!
    Sie haben sich dann immer wieder auf Ihren Kollegen, den Finanzminister Matthöfer, bezogen. Es ist eigentlich ein etwas merkwürdiger Stil, daß sich nun die Bundesminister hier vor dem Plenum gegenseitig loben müssen, weil ein Lob sonst in deutschen Landen und in der Zeitung in den letzten Monaten nicht mehr erteilt wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Oder, Herr Minister, ist es der Versuch, den bisher gegen Marktwirtschaft ideologisch widerspenstigen Finanzminister so einzubinden, daß er nun in den marktwirtschaftlichen Schwitzkasten genommen wird?

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Er sieht schon so blaß aus!)

    Sie haben gesagt, der bayerische Ministerpräsident habe dafür keine Patentrezepte geliefert.

    (Wehner [SPD]: Prost! — Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/ CSU)

    — Danke, Herr Wehner, aber es war nur Wasser. —

    (Heiterkeit)

    Wenn Sie die Reden von Franz-Josef Strauß aus den Jahren 1969 bis 1981 gelesen und beherzigt hätten und wenn Sie seine Finanzpolitik aus den Jahren 1966 bis 1969 fortgeführt hätten, dann bräuchten Sie heute keinen so deprimierenden Jahreswirtschaftsbericht vorlegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Bayerische Pflichtübung!)

    — Nein, das ist keine Pflichtübung, das ist die Realität; er war der einzige Finanzminister, der in schwieriger Zeit Schulden zurückgezahlt hat. Sie werden das nie schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)