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ID0901824200

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    Plenarprotokoll 9/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Inhalt: Begrüßung des Handelsministers der Re- publik Indien, Professor Mukherjee . . . 745 D Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 711 C Frau Traupe SPD 716 C Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 718 B Dr. Schneider CDU/CSU 727 B Gattermann FDP 731 A Waltemathe SPD 735 A Dr. Riesenhuber CDU/CSU 737 A Wolfram (Recklinghausen) SPD 742 A Beckmann FDP 746 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 748 C Franke CDU/CSU 751 A Glombig SPD 757 A Cronenberg FDP 763 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 766 C Pfeifer CDU/CSU 771 D Frau Weyel SPD 776 D Dr.-Ing. Laermann FDP 779 D Engholm, Bundesminister BMBW 784 A Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT . 786 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Lenzer CDU/CSU 788 B Stockleben SPD 791 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 793 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 796 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 799 D Hölscher FDP 803 B Spranger CDU/CSU 806 B Kühbacher SPD 809 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 813 A Baum, Bundesminister BMI 814 D Dr. Ehmke SPD (Erklärung nach § 32 GO) 817 C Nächste Sitzung 817 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 818*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 711 18. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer 30. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Dübber 29. 1. Dr. Enders * 30. 1. Ertl 29. 1. Dr. Feldmann 30. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Gansel 30. 1. Dr. Geißler 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Haase (Fürth) 30. 1. Dr. Hennig 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Jung (Kandel) * 30. 1 Kittelmann * 30. 1. Korber 30. 1. Dr. Kreile 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Simonis 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek * 30. 1.
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    Rede von Adolf Stockleben


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich stimme Ihnen zu. Wir müssen auch hier versuchen, durch eine vernünftige Politik vorhandene Hemmnisse abzubauen. Dann werden wir mal sehen, wer für den Abbau der Hemmnisse ist. Darüber müssen wir reden. Ich bin sehr wohl dafür, der Fernwärme eine größere Chance zu geben.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Da müssen Sie Stoltenberg in die Wüste schicken!)

    Ich beziehe mich nochmals auf das, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat: „Mut zur Zukunft". Das gilt gerade für unsere junge Generation. Hier kann die Forschungs- und Entwicklungspolitik einen großen Beitrag leisten. Ich gehe davon aus, daß die jüngere Generation sehr wohl bereit ist, mit uns, der Gesellschaft in einen energiepolitischen Dialog einzutreten. Ich gehe davon aus, daß auch die Gewerkschaften diesen technologiepolitischen Dialog mit uns suchen.
    Ich darf mich in diesem Zusammenhang auf etwas beziehen, was der Ministerpräsident des Landes Hessen, Herr Holger Börner, neulich auf einer Konferenz der beratenden Ingenieure gesagt hat. Er hat gesagt, es komme darauf an, daß die Geisteswissenschaft rechnen, die Technik aber sprechen lerne. Wenn das erreicht sei, würden jene, die die Welt verändern, nämlich die Ingenieure, in der Offentlichkeit dieselbe Beachtung erringen können, wie sie seit langem schon die hätten, die die Welt nur interpretieren, nämlich die Philosophen.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Das ist sehr vernünftig!)




    Stockleben
    — Ja, das ist es. Das ist ja auch ein vernünftiger Mann, der das gesagt hat.
    Ich meine, daß es sehr wichtig ist, daß wir diesen technologiepolitischen Dialog — ich möchte da den neuen Forschungsminister ermuntern — wirklich ermuntern, damit nicht die Technologiefeindlichkeit aufkommt, die wir im Bereich der Kernenergie haben; dies wäre schlimm.
    Aber wir dürfen, z. B. im Bereich der Mikroelektronik, auch nicht einfach sagen, es ist egal, wieviel Arbeitsplätze uns dort verlorengehen, wir müssen sehr wohl flankierende Maßnahmen ergreifen. Sehen Sie sich einmal an, wieviel Arbeitsplätze im Verwaltungsbereich, bei Banken, aber auch in Industriebetrieben in den 80er und 90er Jahren durch neue Kommunikations- und Informationstechniken verschwinden werden. Die dadurch entstehenden Probleme gilt es dann mit dem „Programm zur Humanisierung des Arbeitslebens" aufzufangen zu versuchen, damit diejenigen, die Rationalisierung, Technisierung bisher noch nicht in dem Maße erlebt haben, nicht allzu stark betroffen werden.
    Ich meine, daß es im „Jahr der Behinderten" unsere Aufgabe ist, auch als Forschungspolitiker mit dafür zu sorgen, daß den Leistungsgeminderten, den Behinderten insgesamt geholfen wird. Denn von den Arbeitslosen und Kurzarbeitern, deren Zahlen uns der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit allmonatlich über das Fernsehen vermittelt, ist doch ein Teil behindert und damit leistungsgemindert. Diese Menschen wollen arbeiten, können es aber nicht. Sie kommen über die Leistungsschwelle, weil sie hoch angesetzt ist, nicht mehr hinaus. Wir müssen hier meines Erachtens einen sinnvollen Beitrag leisten und deutlich machen, daß die Humanisierung des Arbeitslebens insbesondere dort ansetzen muß, wo der behinderte Mensch am stärksten gefordert ist und sich auch entsprechend diskriminiert fühlt.
    Einige Anmerkungen noch zum Finanzvolumen: Ich bin dafür — ebenso die SPD-Bundestagsfraktion —, daß sich die Energieversorgungsunternehmen in stärkerem Maße an der Forschungsfinanzierung beteiligen. Ich freue mich, daß die FDP sagt: Jawohl, daß auch die CDU/CSU sagt: Wir wollen auch mitmachen; das ist eine gute Sache. Ich bin sogar der Meinung, daß wir dort, wo wir jemanden mit 50 % fördern, durchaus dazu auffordern sollten, sich nicht nur mit 50 %, sondern mit 70 % oder 80 % an dieser projektbezogenen Forschung zu beteiligen, weil es bei geschickter Abschreibung und entsprechender Bilanzierung durchaus so ist, daß sie bei 50 % Zuschuß immer noch plus/minus sein kann. Wir könnten mit diesen Mitteln, die uns dann mehr zur Verfügung stünden, durchaus das eine oder andere sinnvolle Projekt auf den Weg bringen.
    Sinnvoll, so meine ich, ist es insbesondere, im Bereich der Umwelttechnologie, der Umweltforschung mehr zu tun. Wir müssen überlegen, wie wir Industrie- und Hausmüllabfälle problemlos beseitigen und wie wir dort Investitionshemmnisse abbauen können.

    (Beifall bei der SPD) Die Industrie wartet darauf. Allerdings kann dies nicht mit indirekter Forschungsförderung geschehen, vielmehr ist hier eine direkte Förderung erforderlich. Hier brauchen wir Pyrolyse-Anlagen, in denen wir flüssige und feste Industriemülle beseitigen und damit gleichzeitig in Wärmerückgewinnungsanlagen nutzen können.

    Solche vernünftigen Dinge können Sie mit uns immer machen. Sie können deshalb nicht sagen, wir seien in diesen Fragen ideologisch verkrampft, ganz im Gegenteil. Wir wollen die Modernisierung der Wirtschaft weiterbringen. Hier müssen auch die Arbeitnehmer eine entscheidende Rolle spielen. Auch die Gewerkschaften mit ihren Betriebsräten sollen in stärkerem Maße an der Forschungs- und Technologiepolitik beteiligt werden, damit es nicht zu einem Konflikt kommt, der von einigen aus manchen Gründen als wünschenswert angesehen wird.
    Wenn wir in den nächsten vier Jahren in diesem Sinne Politik betreiben, dann, so meine ich, ist es durchaus möglich, mit weniger Mitteln, jedoch mit einem guten Minister die vor uns liegenden Aufgaben zu erfüllen. — Ich bedanke mich bei Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir kommen nun zu einem neuen Themenbereich.
Das Wort hat Frau Bundesminister Huber.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Antje Huber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon ein erstaunlicher Vorgang, daß die Opposition bei der Einbringung dieses Haushalts diesmal auf eine Diskussion zu den Stichworten Familie und Gesundheit verzichten wollte, so daß der Minister selbst die Runde eröffnen muß.

    (Daweke [CDU/CSU]: Wieso denn? Sie regieren doch! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ladies first!)

    Dies pflegen Sie sonst nicht so zu sehen. — Aber wir erinnern uns, wie es in den letzten Jahren war. Da waren schon in den Eingangsreden der Hauptredner der Opposition jede Menge Bemerkungen zur Familienpolitik enthalten. Das Stichwort Familie fiel sehr häufig. Der Geburtenrückgang und die zukünftige Geburtenentwicklung wurden beschworen.

    (Frau Dr. Wex [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr!)

    Die bundesdeutsche Familie würde sich von der Koalition verlassen fühlen. Offensichtlich hat nun aber das Thema Familienpolitik trotz großer Versprechungen im Jahre 1980 nicht so viel eingebracht. Nun soll es wieder ausgespart werden.
    Meine Damen und Herren, ich wünsche mir keine Wiederauflage der nicht sehr sinnvollen Streitgespräche über Bevölkerungspolitik, die wir hier gehabt haben, aber es macht mich doch besorgt, daß hier bei der ersten Lesung des Haushalts über alles, aber auch alles geredet werden soll, nur nicht über



    Bundesminister Frau Huber
    die Familie, die doch früher eine so große Rolle gespielt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Fairerweise muß es ja wohl auch gestattet sein, zu sagen, daß das Jahr 1980 keineswegs den angekündigten Geburtenrückgang gebracht hat, sondern ein Mehr von 7 %; das entspricht einem Zuwachs von etwa 600 000 Kindern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Weil wir mehr junge Ehepaare haben!)

    Mit 1 1/2 % haben Sie recht; das übrige ist mehr, als wir auf Grund der Jahrgangsstärken erwarten konnten, auch was deutsche Kinder anbetrifft. Damit hat sich das gezeigt, was die Bundesregierung immer behauptet hat, nämlich daß das generative Verhalten schwer einschätzbar ist und sich für bevölkerungspolitische Diskussionen nicht eignet.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Das ist für die Parteien ein ganz unergiebiges Thema. Das haben wir immer behauptet.
    Die Bundesregierung ist auch jetzt weit davon entfernt, auf der Basis der neuen Daten neue Hochrechnungen darüber zu erstellen, wie die Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahre 2030 aussieht. Wir haben gelernt, und wir haben eigentlich immer vorausgesagt, daß sich dieses Gebiet gar nicht für langfristige Prognosen eignet. Aber es muß doch wohl erlaubt sein, sich die Diskussionen der früheren Jahre heute noch einmal ins Gedächtnis zu rufen und zu sagen: So ist es eben nicht gekommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Doch!)

    Meine Meinung ist, daß der Staat eine Familienpolitik betreiben sollte, behutsam, rücksichtsvoll und nicht lauthals, und daß er sich bemühen sollte, aus den vielfältigen Interessen der sehr unterschiedlichen Familien herauszufiltern, wo wirklich neues Recht und weitere Hilfen aus gutem Grund angezeigt sind. Dieser Grundsatz soll auch bei der weiteren Entwicklung des Familienlastenausgleichs gelten, sobald geklärt ist, ob mit den Ländern eine Finanzamtslösung vereinbart werden kann.
    Herr Kroll-Schlüter hat im Pressedienst der CDU/ CSU-Fraktion dazu gesagt, daß nicht einmal die mittelfristige Finanzplanung etwas über die künftigen Kindergelderhöhungen aussage. Meine Damen und Herren, die mittelfristige Finanzplanung hat niemals etwas darüber ausgesagt. Kindergelderhöhungen sind niemals in die mittelfristige Finanzplanung eingestellt worden. Bundestag und Bundesrat haben sich 1974 damit zufriedengegeben, alle zwei Jahre von der Bundesregierung einen Bericht zur wirtschaftlichen Lage der Familie zu verlangen, um dadurch stets neu mit dem Thema konfrontiert zu sein.
    Der Haushalt 1981 ist sicher schwieriger als andere vor ihm. Er ist hier aus verschiedenen Aspekten kritisiert worden. Es verdient jedoch lobend erwähnt zu werden, daß trotzt der Sparmaßnahmen — das hat in dieser Debatte noch niemand gesagt — das Kindergeld um 1,6 Milliarden DM aufgestockt worden ist, trotz der Sparmaßnahmen!
    Ich vermerke dabei anerkennend, daß ein Teil dieser Erhöhung durch die Bereitschaft der Länder zur Mitwirkung möglich war.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ein großer Teil! — Welcher Länder?)

    Trotzdem ist es doch wohl richtig, daß ab 1. Februar, ab nächsten Montag also, rund gerechnet fünf Millionen Familien auch erkennen können, daß die Bundesregierung und zugegebenermaßen auch die Länder ihre familienpolitischen Bemühungen auch finanziell unterstreichen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU)

    Der Haushalt meines Ministeriums ist dadurch um über 7% gestiegen. Diese große Steigerung verdient in diesem Jahr besonders angemerkt zu werden. Im übrigen denke ich: 19 Milliarden Kindergeld —, da brauchen wir uns nicht nur auf die letzte Erhöhung zu beziehen. Vor zehn Jahren war es die Hälfte, rund gerechnet die Hälfte. Es hat noch nie eine Zeit in der Bundesrepublik gegeben, wo sich das Kindergeld so gewaltig entwickelt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich will hier nicht die zweite Lesung vorwegnehmen, sondern nur einige Stichworte bringen.
    In der Familienpolitik ist neben dem Familienlastenausgleich die Förderung der Familienbildung zu nennen, die Förderung der Familienerholung, der Müttererholung und der Verbände. Gerade diese Punkte, die in den Diskussionen oft sehr viel später als das Kindergeld kommen, sind von außerordentlicher Wichtigkeit. Denn Familienpolitik kann sich nun einmal nicht auf geldliche Leistungen beschränken. Beim Thema Erholung wird oft vorgebracht, daß es noch zuwenig Übersicht über günstige Freizeitmöglichkeiten für Familien gibt. Dies ist richtig, trotz unserer bisherigen Bemühungen. So werden wir neben Modellen auch hier eine bessere Übersicht erstellen. Überhaupt glauben wir, daß es noch zuwenig Daten über die wirkliche Lage der Familien gibt, die über das Einkommen hinausgehen. Hieran werden wir in dieser Periode arbeiten.
    Auch die Älteren und Alten gehören zur Familie. Sie sollen in unserer Gesellschaft sein. Wir haben uns mit ihren Problemen zu befassen, bis hin zu dem Pflegekostenproblem.
    Wer Familienpolitik sagt, muß auch über Jugendpolitik reden. Jugendpolitik ist nicht nur eine Frage von Gesetzen und Leistungen. Die Älteren können die Jungen, auch wenn sie sie erziehen, doch nicht nach ihren Wünschen formen. Sie können ihnen nicht die eigenen prägenden Erlebnisse auf den Lebensweg mitgeben, sondern höchstens einen Abglanz davon. Wir haben als Ältere zwar vieles gerade wegen der Jungen geschaffen. Aber wir müssen sehen und auch akzeptieren, daß sie sich ihre eigene Welt bauen. Das war wohl auch immer so. Jugendrevolte ist ja im Grunde nichts Neues. Vielleicht war sie früher auf andere Felder abgelenkt, an anderen Fragen festgemacht. Teilweise war sie sicher auch privater. Nach dem Krieg war die Anpassung zunächst zwangsläufig unproblematisch, weil die ge-



    Bundesminister Frau Huber
    sellschaftlichen Prioritäten deutlich waren. Heute in der Enge, in der wir räumlich leben, in der Kleinfamilie, die bei uns vorherrscht, erhalten viele Konflikte Massencharakter. So sehen wir, daß viele Eltern enttäuscht reagieren, weil sie glauben, daß die Jungen ihre Leistung nicht anerkennen, auch die Nachkriegsleistung, auf die wir stolz sind. Die Jungen blicken oft verständnislos auf die Konsumlust der Älteren, die früher entbehrt haben, und auf das Leistungsverständnis derer, die hart aufbauen mußten, auf die Humorlosigkeit auch solcher, die eben schwere Jahre gehabt haben.
    Glaubt man einer in München gerade veröffentlichten Umfrage — beim Jugendforschungsinstitut ist sie erstellt —, so wird deutlich, daß die Jugend sich heute in zwei Lager teilt: die einen, die für ihre Karriere hart arbeiten wollen, und die anderen, die nur bescheidener arbeiten, nicht so viel Geld verdienen und dafür mehr Freizeit gewinnen möchten. Darin drückt sich eine andere Lebensphilosophie aus.
    Am schwierigsten für unsere Gesellschaft ist die dritte Gruppe. Das sind die Verführten und Verzweifelten, die austeigen wollen, die sich in Subkulturen finden, die dem Alkohol oder den Drogen verfallen sind, den Sekten zulaufen. Wenn wir uns ihnen zuwenden, so müssen wir doch sehen, daß sie mit einfachen Mitteln nicht leicht zurückzuholen sind.
    Was kann man nun tun? Ich glaube, das Wichtigste ist das Gespräch zwischen den Generationen, Kontakt, Aussprache, weniger öffentliche Ansprache. Das zeigt, daß der Staat hier nicht so viel tun kann, wie manche hoffen. Es zeigt aber auch, daß es kein Einheitsrezept, keine Einheitslinie gibt.
    Herr Pfeifer hat gestern die Ansicht veröffentlicht, daß es um die Richtung geht und daß die Jugendpolitik nicht blind sein darf. Das ist richtig, Jugendpolitik darf nicht blind sein. Aber sie muß pluralistische Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Das versuchen wir im Bundesjugendplan, der die Jugendarbeit der verschiedenen Organisationen stützt und fördert, Foren schafft und die Jugend in ihren selbst gestellten Aufgaben unterstützt.
    Der Bundesjugendplan weist im Ansatz eine Erhöhung von 2 Millionen DM aus. Diese dient in erster Linie der politischen Bildung. Damit wollen wir es den jungen Menschen ermöglichen, sich in Diskussionen mit der Politik auseinanderzusetzen und sich insgesamt mit unserem, mit ihrem Staat, zu identifizieren.
    Organisierte Jugendarbeit — das betone ich — ist nicht alles. Der Bund kann in seiner Zuständigkeit nur besondere nationale und internationale Aktivitäten der Verbände fördern. Das übrige müssen die Länder und Gemeinden tun. Aber das Geld für die Jugendverbände ist gut angelegt, wenn sie über die Grenzen hinweg sich in Frieden begegnen, anstatt sich — wie früher — im Krieg gegenüberzustehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es ist auch gut angelegt, wenn sie ihre eigenen Ziele
    verfolgen, gleichzeitig aber soziale Aufgaben erfüllen: wenn sie sich als Pfadfinder um Behinderte
    kümmern, wenn sie sich als Schreberjugend um die Ausländerkinder kümmern — z. B. in Berlin; den Ausländerkindern sind wir viel schuldig —, wenn sie sich als kirchlich organisierte Jugend der Dritten Welt und der Industriejugendarbeit annehmen, wenn sie sich als Gewerkschaftsjugend um Drogensüchtige und wenn sie sich als Sportjugend um Aussiedler, um Strafgefangene, um Kriegsgräberbetreuung kümmern. Hier gibt es einen ganzen Katalog. Mir liegt daran, zu zeigen, daß auch die Verbandsjugendarbeit die neuen Aufgaben erkannt hat und sich ihnen widmet. Wir brauchen junge Menschen, die sich engagieren, die unsere Demokratie tragen und als sozialen Rechtsstaat weiterentwickeln.
    Die Regierung wird die Fraktionen weiter beraten, wenn sie die Jugendhilferechtsreform wieder einbringen. Das ist eine Reform, die den Familien Probleme ersparen und den Jugendlichen, die vom Schicksal bedroht sind, neue Chancen geben soll.
    Wir werden auch unseren Kampf gegen Alkoholismus und Drogen fortsetzen, wiewohl dieser sehr schwer und das Geld knapp sind. Aber wir werden unser Modellprogramm fortsetzen.
    Ich freue mich, daß die Betäubungsmittelrechtsnovelle kürzlich hier mit so großer Einmütigkeit begrüßt und wieder eingebracht worden ist.
    Wenn ich nun auf dem Feld der Gesundheitspolitik bin, möchte ich sagen, daß mein Haus nicht nur für das Arzneimittelrecht und die Gesundheitsberufe zuständig ist, wo wir leider im Bereich der Krankenschwestern neu anfangen müssen, weil wir die Novelle mit dem Bundesrat nicht zustande gebracht haben.
    Ein wichtiges Thema, ein Hauptthema der letzen Legislaturperiode war die Psychiatrie. Ich bedauere, daß nach der großen Debatte, die wir hier im Anschluß an die Enquete und an die Beteuerungen aus allen drei Fraktionen hatten — ich erinnere ganz besonders an unseren Kollegen Picard —, nicht mehr Echo auf unser Angebot kam, 100 Millionen DM im Jahr 1980 einzusetzen. Leider haben die CDU/CSU-Länder unter bayerischer Führung gepaßt. Jetzt stehen im Psychiatrie-Titel 64 Millionen DM. Davon sind 53 Millionen DM für das Psychiatrie-Programm. So werden wir zwar nicht flächendeckend, aber doch deutlich Pionierarbeit leisten.

    (Zuruf der Abg. Frau Dr. Wex [CDU/CSU])

    — Ich meine: mit Modellen flächendeckend, Frau Wex.

    (Frau Dr. Wex [CDU/CSU]: Ich sage ja schon gar nichts mehr!)

    Wir werden Pionierarbeit leisten, von der nachher alle Länder profitieren, auch jene, die sich jetzt nicht beteiligen.
    Es klingt etwas lieblos, wenn ich jetzt sage, daß wir uns auch um die Randgruppen kümmern wollen. „Randgruppen" ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck für diejenigen, die wir meinen. Unser Haushalt stellt Mittel bereit für Zigeuner, für Nichtseßhafte und Obdachlose.



    Bundesminister Frau Huber
    Nur der kann geringschätzig über diese sogenannten Randgruppen denken, der niemals mit den Schicksalen konfrontiert worden ist, die dahinterstehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Der Ausdruck „Randgruppen" ist eben falsch!)

    — Wir werden sicher gemeinsam bemüht sein, einen neuen Ausdruck zu finden. Vielen Dank.
    Diese Gruppen haben Anspruch auf unsere Solidarität genauso wie die wirklichen Asylanten, die Arbeit und Obdach finden müssen. Hier müssen wir auch auf die Hilfe der Gemeinden und der von uns unterstützten Wohlfahrtsverbände reflektieren.
    Keinesfalls eine Randgruppe, aber doch eine, die wir nicht einfach unter Familienpolitik rubrizieren können, sind die Frauen. Das Bundesministerium für Jugend und Familie hat seit anderthalb Jahren einen kleinen Frauenstab.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hatte!)

    — Hat einen Frauenstab. Er kümmert sich vor allem nicht nur um Informationsarbeit und Modelle, wie z. B. bei Aufstiegsproblemen in den Betrieben, die wir jetzt wohl mit einigem Erfolg angehen, sondern er wird auch die Frage prüfen, ob wir ein Gleichstellungsgesetz brauchen, und dieses gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium vorbereiten.
    Wer die Arbeit dieser Gruppe gering schätzt, weiß nicht, wie sehr dies das Bohren harter Bretter ist in einer Welt, die immer noch von Männern bestimmt ist. Dieser Deutsche Bundestag hat zu 92 % männliche Abgeordnete. Es wird sehr davon abhängen, ob wir von denen etwas Unterstützung erhalten, und ich sage laut: etwas mehr Unterstützung erhalten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Burger [CDU/CSU]: Nur eine einzige Frau ist Ministerin! — Zuruf von der CDU/CSU: Auch der Kanzler ist ein Mann!)

    — Wir wollen ja die Männer nicht total ausschalten. So ist es nicht.

    (Weitere Zurufe)

    Manches, was sich im Haushalt 1981 niederschlägt, geht auf Initiativen und Gesetze aus der vorigen Legislaturperiode zurück. Das Chemikaliengesetz, das wir jetzt umsetzen müssen, wird Geld kosten. Es wird auch nicht ohne neue Stellen gehen. Aber wir werden dies tun.
    Der gesundheitliche Schutz der Verbraucher ist ein sehr aktuelles Thema. Er erfordert von uns mehr Verordnungen und auch mehr Kontrollen durch die Länder. Wir würden die Mittel hierfür gern einsparen. Die Länder würden das wohl auch gern tun. Aber leider können wir so lange in unseren Bemühungen nicht nachlassen, wie es Produzenten gibt — das ist natürlich nur ein Teil der Produzenten —, die ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Verbraucher
    — das sind wir ja alle — die Lebensmittel verfälschen, Zusätze hineinbringen, die gesundheitsschädlich sind, sogar schwer gesundheitsschädlich sind. Das ist kein Kavaliersdelikt. Dafür werden wir
    Mittel investieren, obwohl wir das lieber woanders täten.
    Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit mit seiner besonderen Nähe zum Bürger will versuchen, nahe am Bürger zu bleiben. Manches gibt der Haushalt her, auch der Haushalt 1981. Aber, meine Damen und Herren, das meiste bewirkt unser aktives Bemühen, wenn es sich auf ein breites gesellschaftliches Engagement stützen kann. Woher wir auch immer kommen, wir sollten uns um dieses Engagement bemühen und nicht noch einmal erleben, daß das Thema Familie nur in bestimmten Jahren eine Rolle spielt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)