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ID0901806100

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    Plenarprotokoll 9/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Inhalt: Begrüßung des Handelsministers der Re- publik Indien, Professor Mukherjee . . . 745 D Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 711 C Frau Traupe SPD 716 C Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 718 B Dr. Schneider CDU/CSU 727 B Gattermann FDP 731 A Waltemathe SPD 735 A Dr. Riesenhuber CDU/CSU 737 A Wolfram (Recklinghausen) SPD 742 A Beckmann FDP 746 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 748 C Franke CDU/CSU 751 A Glombig SPD 757 A Cronenberg FDP 763 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 766 C Pfeifer CDU/CSU 771 D Frau Weyel SPD 776 D Dr.-Ing. Laermann FDP 779 D Engholm, Bundesminister BMBW 784 A Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT . 786 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Lenzer CDU/CSU 788 B Stockleben SPD 791 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 793 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 796 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 799 D Hölscher FDP 803 B Spranger CDU/CSU 806 B Kühbacher SPD 809 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 813 A Baum, Bundesminister BMI 814 D Dr. Ehmke SPD (Erklärung nach § 32 GO) 817 C Nächste Sitzung 817 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 818*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 711 18. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer 30. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Dübber 29. 1. Dr. Enders * 30. 1. Ertl 29. 1. Dr. Feldmann 30. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Gansel 30. 1. Dr. Geißler 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Haase (Fürth) 30. 1. Dr. Hennig 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Jung (Kandel) * 30. 1 Kittelmann * 30. 1. Korber 30. 1. Dr. Kreile 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Simonis 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek * 30. 1.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans H. Gattermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Da übernehme ich eine Faustregel meines Großvaters, der mir schon gesagt hat: Bis zu 25 % des Nettoeinkommens darf man für Wohnung einsetzen; weniger ist besser, mehr ist nicht zu vertreten. Allerdings — und deswegen freue ich mich über Ihre Frage, Herr Kollege Niegel — haben Durchschnittswerte so etwas Mißverständliches an sich. Wenn von einem Durchschnittswert von 25 % gesprochen wird, kann dies natürlich nicht heißen, daß einer, der 400 DM hat, davon noch 100 DM Miete zahlen soll.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da gibt es Wohngeld!)

    Es heißt auf der anderen Seite nicht, daß einer, der 100 000 DM hat, nun unbedingt 25 000 DM verwohnen muß. Durchschnittswert heißt eben Durchschnittswert.
    Der zweite Faktor, auf den es ankommen wird, ist der, daß dann mit Sicherheit verbleibende Anfangsverluste steuerlich nicht diskreditiert werden dürfen. Sie müssen hoffähig gemacht werden, soweit dies nicht der Fall ist. Vielleicht muß man beim Mietwohnungsbau sogar darüber nachdenken, die eine oder andere steuerliche Behandlungsmaxime noch etwas attraktiver zu gestalten.



    Gattermann
    Das dritte und, wie ich fast sagen möchte, das wichtigste ist, daß man versucht, den Kostenanstieg zu bremsen. Dazu gehört die Überprüfung und gegebenenfalls Korrektur kostenträchtiger baurechtlicher Vorgaben. Dazu gehört die Intensivierung der Rationalisierungsforschung. Dazu gehört auch die Standardüberprüfung mit der Möglichkeit deutlicher Standarddifferenzierungen, die im Zusammenhang mit dem Faktor Nummer eins möglich werden. Damit kein Mißverständnis aufkommt: Ich meine hier nicht Billigwohnungen. Wenn mehr abgefordert wird, fängt man wieder an, etwas preisbewußter seinen eigenen Standard zu definieren.
    Zu diesem Punkt gehört auch der Versuch der Einflußnahme auf das Kapitalmarktkostenniveau. Wenn dies auf Grund zwanghafter internationaler Währungsinterdependenzen der Bundesbank auf längere Zeit allgemein nicht möglich sein wird — und ich fürchte oder bin fast sicher, daß dies der Fall ist —, wird man für einige zugleich besonders teure unversorgte Ballungsregionen über Sonderregelungen nachdenken müssen. Es gibt ja einschlägige Berliner Vorbilder.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Möller [CDU/CSU]: Nicht das Berliner Vorbild im Bundesgebiet nachmachen!)

    Dieses Scherenargument läßt viele Risiken in der Bewertung, die ich vorgenommen habe, offen. Aber mangels Alternative müssen wir diesen Weg beschreiten. Denn wir sehen deshalb keine Alternative, weil der nicht mehr bezahlbare ständig steigende Subventionsbedarf pro Wohnung im sozialen Wohnungsbau dies mit schöner Deutlichkeit beweist.
    Lassen Sie mich einige Worte zu dem zweiten angeführten Gegenargument bringen, daß eine solche konzeptionelle Regelung die kurzfristige Behebung von Versorgungsengpässen nicht möglich mache.
    Es ist deutlich geworden, daß in dem soeben vorgetragenen Konzept besonders im letztgenannten Punkt schon einige Elemente für die Beseitigung von Versorgungsengpässen enthalten sind. Darüber hinaus ist es geboten, diese Versorgungsengpässe, diese neue Wohnungsnot ein wenig zu relativieren, weil sie in der öffentlichen Diskussion deutlich überzeichnet wird. Ich will jetzt nicht in das allgemeine Wehklagen derer einstimmen, die sich darüber beklagen, daß gesicherte statistische Daten fehlen, mit denen man die Griffigkeit des Arguments exakt überprüfen kann.

    (Müntefering [SPD]: Dazu sollten Sie aber etwas sagen!)

    — Diese Relativierung sollte man schon vornehmen, Herr Kollege Müntefering.
    Es gibt einige wenige unbestreitbare Tatsachen, die es zu bewerten gilt. Wenn Städte mit deutlich sinkender Einwohnerzahl und fortlaufend steigender Zahl von Wohnungen für sich reklamieren, ein Gebiet mit erhöhtem Wohnungsbedarf zu sein, wo Wohnungsnot herrsche, so stimmt das mindestens nachdenklich. Wenn an ihrem Heimatort Studierende, die nicht mehr im Elternhaus wohnen wollen, für sich den Mangel an preiswertem Wohnraum reklamieren, so wirft das mindestens die Frage auf, ob dies den Staat in angespannter Haushaltslage in Problemlösungszwang bringt. Wenn durchaus verständliche, aber nicht durch Familienzuwachs unabweisbar erhöhte Wohnflächenansprüche nicht kurzfristig und preiswert befriedigt werden können, so stellt auch dies die Frage nach aktuellem Bedarf an staatlichem Handeln. Kurz: Man darf unerfüllte Wohnungswünsche und preislimitierte Wohnungsnachfrage nicht mit unabweisbarem Bedarf — der immer eine normative Größe ist — oder mit Wohnungsnot verwechseln. Das verstellt nämlich die Problemsicht für die wirklich unterversorgten Gruppen, z. B. kinderreiche Familien und Familien ausländischer Arbeitnehmer, wo der Staat in der Tat voll gefordert ist.
    Was wir in fast allen Ballungsgebieten der Bundesrepublik tatsächlich finden, ist eine unbefriedigte Nachfrage nach Wohnungen, aber nicht nach Wohnungen schlechthin,

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Billige Wohnungen!)

    sondern nach subventionierten Wohnungen, d. h. Wohnungen plus fortlaufender Zahlung einer staatlichen Differentialrente.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Nachfrage nach Subventionen!)

    Echte Versorgungsengpässe gibt es nur an ganz wenigen Plätzen in der Bundesrepublik Deutschland. Beispielshalber nenne ich die Regionen Stuttgart und München. Dort haben wir echte Versorgungsengpässe über das hinaus, was ich soeben skizziert habe.
    Ich komme zum Schluß. Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben sich viel vorgenommen. Unleugbare unterschiedliche Auffassungen in Einzelbereichen innerhalb der Koalitionsfraktionen zwingen zu Kompromissen. Dabei ist für die FDP Leitlinie, daß wir unseren Bürgern, die in der Tat nicht nur in diesem Bereich in den vor uns liegenden Jahren umdenken müssen, nicht zu viele und nicht zu schnell Mehrleistungen abverlangen können, aber auch, daß nicht nichts oder so gut wie nichts geschieht. Eine Fortsetzung der Zementierung des Status quo würde nämlich nach unserer Einschätzung bedeuten, daß wir die, die drinnen sind, schützen, hegen und mit staatlichen Wohltaten versehen, aber die draußen vor der Tür, die Jungen, im Regen stehenlassen würden.
    Meine Damen und Herren, ich spreche mir selbst Mut zu,

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Das ist auch nötig!)

    ich spreche der Bundesregierung Mut zu, und ich spreche diesem ganzen Hohen Hause bei der Bewältigung der in der Tat schwierigen Aufgaben Mut zu. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Möller [CDU/CSU]: Diesen Appell richten Sie bitte an Ihre Kollegen in der Koalition!)






Rede von Dr. Richard von Weizsäcker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Waltemathe.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Mut zu Gattermann, Herr Waltemathe!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ernst Waltemathe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wohl unvermeidlich, daß man sich in einer wohnungspolitischen Debatte Fachsimpeleien anhören muß. Zum Teil kommt man sich vor, als ob man in einem Fachausschuß sitzt. Ich möchte daher doch daran erinnern, daß wir uns in der ersten Lesung der Debatte zum Bundeshaushalt 1981 befinden und daß es neben fachpolitischen Problemen, etwa Beschäftigungsproblemen und Problemen bei der Wohnungsversorgung, wie sie für manche in Großstädten und Ballungsräumen auftreten, auch darum geht, ob der Staat, der Bundeshaushalt 1981 oder öffentliche Haushalte überhaupt Rahmenbedingungen zur Lösung von Problemen schaffen können, die nicht immer unbedingt mit Geldausgeben und mit Milliardenforderungen zu tun haben müssen. Es ist wohl auch notwendig, daß wir im Bereich der Wohnungs-
    und Städtebaupolitik versuchen, sowohl wirtschaftspolitische und beschäftigungspolitische als auch energiepolitische und verteilungspolitische Zusammenhänge darzulegen, und uns im übrigen auf einige aktuelle Schwerpunkte konzentrieren.
    Wenn ich nun Herrn Jahn richtig verstanden habe, so sieht das Konzept der Opposition wie folgt aus: Erstens. Vorrang für die Förderung des Wohnungseigentums. Dies erweckt den Eindruck, als ob hier gar nichts geschehe. Von 100 DM, die der Staat entweder durch Steuereinnahmeverzicht oder durch direkte Förderung ausgibt, fließen etwa 70 DM — vielleicht auch 75 DM; ganz genau läßt sich das ja nicht nachrechnen — in den Eigentumsbereich. Und jetzt stellen wir fest— ich bitte, da nicht mißverstanden zu werden; wir wollen Wohnungseigentum auch durchaus weiterhin fördern —, daß es in manchen Gebieten und Städten an Mietwohnungen fehlt und daß die Kritik daran wächst, daß wir dafür gar nichts tun.
    Zweitens. Vertragsfreiheit: Da ist das Mietrecht angesprochen worden.
    Drittens. Marktmieten statt Sozialmieten: Sie wollen also erst einmal, und zwar möglichst bald, alle zu niedrigen Mieten auf die Marktmiete anheben; so habe ich das verstanden.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Da verzerren Sie das Bild aber!)

    Viertens. Sie wollen dann soziale Gesichtspunkte durch das Wohngeld ausgleichen.
    Nun wissen Sie j a, daß auch ich ein Anhänger von Wohngeld bin — ich bin weiß Gott kein Gegner davon —, aber unter dem Stichwort „Mehr oder weniger Staat" muß ich doch darauf hinweisen, daß sich, da Wohngeldanträge jährlich gestellt werden müssen, bei einer erheblichen Anhebung des allgemeinen Mietniveaus auch die Zahl der Wohngeldberechtigten erheblich erhöhen wird.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Aber das Geld kriegt der Richtige!)

    Das bedeutet, daß Jahr für Jahr statt jetzt 2 Millionen vielleicht 4 Millionen oder 6 Millionen Bürger zu den Wohngeldstellen gehen müssen. Im übrigen bedeutet es, daß die Wohngeldausgaben natürlich ganz gewaltig ansteigen würden. Da das Wohngeld zu 50 % vom Bund finanziert wird, bin ich nicht ganz sicher, ob der Bundesfinanzminister — aus wohlverstandenem Interesse — eine solche Art von Mischfinanzierung — ich wiederhole: 50 % zahlt der Bund — mitmachen könnte.
    Fünftens. Konzentration öffentlicher Mittel: Da könnten wir uns leicht einigen.
    Wenn man dieses Konzept daraufhin untersucht, was es als Antwort für diejenigen gibt, die jetzt als Wohnungssuchende keine Wohnung finden, dann stellt man fest: Die Opposition bietet hier nichts, überhaupt nichts an.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Dann haben Sie auch nichts zu bieten, Herr Waltemathe!)

    Nun will ich einmal auf die Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 24. November zurückkommen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Ja, das ist interessant!)

    Da wurde gesagt: Erstens. Wir müssen auch mehr neue Wohnungen bauen. Zweitens. Die Rahmenbedingungen für den freifinanzierten Wohnungsbau sind zu verbessern. Drittens. Der soziale Wohnungsbau muß fortgesetzt werden, und durch die Einführung von mehr marktwirtschaftlichen Elementen soll zu größeren Mengeneffekten beigetragen werden, und zwar trotz der gestiegenen Kosten. Viertens. Mieterschutz ist dort noch zu verbessern, wo es um übertriebene Luxusmodernisierung geht oder um die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Außerdem sollen Mieter, die dies wollen, in die Lage versetzt werden, durch die Inanspruchnahme ihrer eigenen Bausparmittel prämienunschädlich die von ihnen bewohnte Wohnung selber zu modernisieren.
    Was nun zur Zeit und für die nächsten drei bis fünf Jahre wohl ins Auge fällt und Bund, Länder und Gemeinden eigentlich herausfordern müßte, ist dies: Investitionen, die zu Aufträgen im Bereich der Bauwirtschaft führen, nehmen ab. Aus guten Gründen z. B. werden Verkehrshaushalte zurückgefahren. Finanzielle Engpässe in öffentlichen Haushalten führen zu einer Minderung öffentlicher Bauaufträge. Während es Bereiche der Bauwirtschaft gibt, die nach wie vor sehr gut zu tun haben — ich denke z. B. an das Ausbaugewerbe —, nehmen die Auftragspolster in anderen Bereichen ab. Es ist aber die Frage, ob wir uns einen Kapazitätsabbau leisten können, wenn bei einem Aufschwung Aufträge nicht mit überdurchschnittlichen Preissteigerungen bezahlt werden sollen, wie das schon einmal zu beobachten war.
    Es ist die weitere Frage zu stellen, ob wir eigentlich einen nachhaltigen Beschäftigungseinbruch im Baugewerbe verkraften können. Ich glaube, diese Zuammenhänge müssen durchaus gesehen werden. Deshalb müssen wir schon aus beschäftigungspolitischen Gründen darauf drängen, daß die vorhande-



    Waltemathe
    nen öffentlichen Mittel im Bereich des Wohnungsbaus besser genutzt und private Investoren mehr als bisher zu einer Anstrengung angereizt werden, um den erheblichen Wohnungsbedarf, insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen zu decken. Im Rahmen der Beschäftigungspolitik ist jedenfalls längst anerkannt und u. a. im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz ist festgelegt, daß der Staat auch bei privater Organisation der Wirtschaft doch eine erhebliche Verantwortung oder Mitverantwortung zu übernehmen hat.
    Nun, meine Damen und Herren, Sozialdemokraten gehen davon aus, daß auch angemessenes Wohnen zu erträglichen Kosten ein Grundbedürfnis ist, das in einem als Sozialstaat verfaßten Gemeinwesen nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden kann, bei dem die Schwachen auf der Strecke bleiben würden. Es wäre natürlich ein Irrtum, anzunehmen, daß die öffentlichen Hände die alleinige Verantwortung hätten, jedem zu einer oder gar zu seiner Wohnung zu verhelfen. Aber der öffentlich geförderte soziale Wohnungsbau behält eine wesentliche Aufgabe im Rahmen einer sozial gerechten Vorsorgepolitik. Wenn offensichtlich erhebliche Engpässe — von manchen, wie ich finde, etwas übertrieben als neue Wohnungsnot bezeichnet — auftreten, kann sich der Staat nicht zurückziehen, sondern er muß mit anpacken.
    Was sich gegenüber den Jahren des Wiederaufbaus in der Nachkriegszeit verändert hat, muß gewiß berücksichtigt werden. Viele Bürgerinnen und Bürger haben inzwischen eine gut ausgestattete, auch familiengerechte Wohnung; viele können sie — ob als Mieter oder als Eigentümer — auch bezahlen. Aber andere bewohnen älteren Wohnraum, der aus Gründen der Energieeinsparung oder des schlechten Zuschnitts oder wegen mangelnder Ausstattung modernisiert werden muß.
    Familien mit Kindern sind vielfach unterversorgt. Es wohnen immer noch 25 % der kinderreichen Familien in viel zu kleinen Wohnungen, wie wir wissen. Sie finden aber auf dem freien Wohnungsmarkt keine Wohnung oder — falls sie eine fänden — keine tragbaren Kostenbedingungen vor.
    Ausländer, Behinderte und andere Gruppen haben vielfach Schwierigkeiten. Es darf schließlich nicht übersehen werden, daß viele junge Menschen heute nicht nur eher das Elternhaus verlassen und selbst — ob allein oder zusammen mit anderen — Wohnraum beanspruchen, sondern daß natürlich die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre die starke Nachfrage in den 80er Jahren hervorrufen.
    Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten stehen dazu, daß die Bildung von Wohneigentum zur eigenen Nutzung für viele Bürger nicht nur ein erstrebenswertes Ziel ist, sondern auch weiterhin gefördert werden sollte. Sozialdemokraten sehen aber auch die Probleme, die in der Verteilung der öffentlichen Mittel zutage treten. Während die steuerliche Förderung vielfach auch zu Mitnehmereffekten führt und zu einer Nichtberücksichtigung von Familiengröße und sozialem Angewiesensein auf staatliche Hilfe, fließen auch die direkten Subventionen überwiegend in die Eigentumsmaßnahmen.
    Die regionale Verteilungswirkung der Förderungssysteme führt außerdem zu dem unerwünschten Effekt, daß in Großstädten und Ballungsgebieten, wo insbesondere Mietwohnungen nachgefragt werden, nur unterdurchschnittliche Chancen der Wohnungsversorgung bestehen. Es ist deshalb heute geboten, mehr soziale und mehr regionale Ausgewogenheit zu bewerkstelligen und die insgesamt für den Wohnungs- und Städtebau von Bund, Ländern und Gemeinden bereitgestellten Mittel — das sind etwa 20 Milliarden DM pro Jahr — besser auszunutzen. Darüber hinaus ist es geboten, gezielt etwas auf die Beine zu stellen, das Engpässen in Großstädten und Ballungsräumen zu Leibe rückt.
    Angesichts hoher Boden- und Baukosten und ungünstiger Finanzierungsbedingungen infolge einer Hochzinspolitik, die Wohnkosten ja maßgeblich mit beeinflußt, kommt es jetzt darauf an, daß öffentliche Förderung und die Mobilisierung privater Mittel so miteinander verknüpft werden, daß zunächst einmal niedrigere Kostenmieten entstehen und die Differenz zwischen der so entstehenden niedrigeren Kostenmiete und der für den einzelnen tragbaren Mietbelastung oder Wohnkostenbelastung die öffentlichen Kassen auch nicht überstrapaziert. Hier haben sowohl die gemeinnützige Wohnungswirtschaft als auch private Initiative eine Aufgabe.
    Mehr marktwirtschaftliche Elemente einzuführen, wie es in der Regierungserklärung heißt, bedeutet doch wohl auch, daß in unseren Städten und Ballungsräumen ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erst einmal hergestellt werden muß. Mut zur Zukunft kann eine junge Generation nur haben, wenn das ernsthafte Bemühen sichtbar wird, mehr Chancengerechtigkeit auch im Wohnungsbereich herzustellen und Wohnungsnachfrage nicht auf irgendwann eintretende Sickereffekte zu verweisen.
    Eine Wegwerfgesellschaft, die durchaus nutzbaren Wohnraum vernichtet, können wir uns ebenfalls nicht leisten. Manche Hausbesetzung mag dafür ein Hinweis sein. Neubaukonzeption, Energieeinsparungspolitik, Modernisierungspolitik, Wohnraummodernisierung, also auch gerechte Nutzung des vorhandenen Wohnungsbestandes, müssen miteinander verknüpft werden.
    Auch meine Kollegin Traupe hat bereits darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung oder der Deutsche Bundestag nicht die alleinige Verantwortung für künftige Wohnungs- und Städtebaupolitik und die damit zusammenhängenden energie- und beschäftigungspolitischen Effekte übernehmen kann. Wir haben es hier, wenn schon nicht formal, so doch in dem eigentlichen Sinne des Wortes mit einer wahren Gemeinschaftsaufgabe zu tun. Auch die Opposition im Bundestag kann sich nicht von dieser Aufgabe wegstehlen und sagen: „Auf Bundesebene stellen wir j a nicht die Regierung". Die Opposition im Bundestag stellt in vielen Ländern die dortige Regierung und in vielen Kommunen die Mehrheit in Stadtverordnetenversammlungen und hat auch da in diesem Bereich Aufgaben zu lösen.
    Wir sind alle aufgerufen, an Lösungen zu arbeiten, die für eine Beseitigung von Engpässen und Unge-



    Waltemathe
    rechtigkeiten geeignet sind. Sozialdemokraten jedenfalls bereiten sich darauf vor, Instrumente zur Minderung von Wohnungsknappheit in den Brennpunkten des Bedarfs vorzuschlagen, weil wir nicht tatenlos zusehen wollen, wie einige vielleicht den Mut zur Zukunft verlieren könnten, wenn der Staat nichts täte. — Danke schön.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)