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ID0901805700

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    Plenarprotokoll 9/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Inhalt: Begrüßung des Handelsministers der Re- publik Indien, Professor Mukherjee . . . 745 D Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 711 C Frau Traupe SPD 716 C Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 718 B Dr. Schneider CDU/CSU 727 B Gattermann FDP 731 A Waltemathe SPD 735 A Dr. Riesenhuber CDU/CSU 737 A Wolfram (Recklinghausen) SPD 742 A Beckmann FDP 746 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 748 C Franke CDU/CSU 751 A Glombig SPD 757 A Cronenberg FDP 763 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 766 C Pfeifer CDU/CSU 771 D Frau Weyel SPD 776 D Dr.-Ing. Laermann FDP 779 D Engholm, Bundesminister BMBW 784 A Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT . 786 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Lenzer CDU/CSU 788 B Stockleben SPD 791 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 793 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 796 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 799 D Hölscher FDP 803 B Spranger CDU/CSU 806 B Kühbacher SPD 809 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 813 A Baum, Bundesminister BMI 814 D Dr. Ehmke SPD (Erklärung nach § 32 GO) 817 C Nächste Sitzung 817 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 818*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 711 18. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer 30. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Dübber 29. 1. Dr. Enders * 30. 1. Ertl 29. 1. Dr. Feldmann 30. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Gansel 30. 1. Dr. Geißler 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Haase (Fürth) 30. 1. Dr. Hennig 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Jung (Kandel) * 30. 1 Kittelmann * 30. 1. Korber 30. 1. Dr. Kreile 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Simonis 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek * 30. 1.
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    Rede von Hans H. Gattermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schneider, ich habe gerade bei Ihren Worten über Ludwig Erhard nachgedacht und ein bißchen über die Truppe philosophiert, in der dieser Ludwig Erhard der 80er Jahre und der von damals stehen. Da ist mir ein Unterschied aufgefallen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen! — Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    — Warten Sie es ab, meine Herren! Die Truppe des Erhard der 80er Jahre wird ihren Erhard mit Sicherheit niemals demontieren. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Windelen [CDU/CSU]: Haben Sie mit Hansen schon gesprochen?)

    Herr Kollege Jahn, ich frage mich, warum es Ihnen eigentlich immer wieder so viel Freude bereitet, in sachlichen Einzelpositionen Unterschiede der Koalitionsparteien herauszuarbeiten. Diese Unterschiede sind doch selbstverständlich, Herr Dr. Jahn; sonst könnten diese beiden Parteien ja fusionieren, wenn sie in allen Punkten deutlich übereinstimmten. Herr Dr. Jahn, eine Koalition lebt

    (Zuruf von der CDU/CSU: Zwischen links und zwischen rechts!)

    von dem Willen

    (Windelen [CDU/CSU]: Zum Weiterregieren!)

    und der Fähigkeit zum politischen Kompromiß. Bis jetzt hat es an diesen beiden wesentlichen Elementen nicht gemangelt. Ich gehe davon aus, daß dies auch in Zukunft der Fall sein wird.
    Herr Dr. Jahn, noch etwas, was Sie mir einmal gelegentlich bei einem abendlichen Plausch erklären müssen, ist die Sache mit der Doppelstrategie. Wieso ist es eine Doppelstrategie, wenn ein Fachminister Wünsche anmeldet,

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Etwas verspricht!)

    aber der Finanzminister diese Wünsche nicht erfüllen kann und nicht erfüllen will. Ihr Programm, Herr Kollege Jahn, stand samt und sonders unter einem Finanzierungsvorbehalt. Ich halte solches für seriös. Aber das hat doch mit Doppelstrategie nichts zu tun.
    In der öffentlichen Diskussion der vergangenen Monate hatte die Wohnungspolitik einen Stellenwert fast wie in den 50er Jahren erlangt. Das ist vordergründig, so meine ich, sehr verwunderlich, weil, global betrachtet, die Versorgungslage damals so schlecht wie nie war und heute so gut wie nie ist.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Der Minister war anderer Meinung!)

    Ich sagte, das mag vordergründig verwundern. Denn auf den zweiten Blick wird klar, daß der Wohnungsmarkt heute trotz hohen quantitativen und qualitativen Versorgungsstandards gravierende Probleme hat, wenn auch völlig anderer Art.
    Als Stichwort nenne ich nur: sich abzeichnende Versorgungsengpässe durch regional unterschiedliche Angebote, das soziale Ärgernis eines völlig verzerrten Mietpreisgefüges, das soziale Ärgernis der Fehl- und Unterbelegung von Sozialmietwohnungen, die immer weiter auseinanderklaffende Lücke zwischen Herstellungskostenniveau und Ertragssituation, Enge des Grundstücksangebots, nicht zuletzt auch durch unzureichende Baulandausweisungen vieler Gemeinden, wie städtebauliche Verwerfungen mit ihren Infrastrukturproblemen. Wenn ich diese Probleme hier aufzähle, dann glaube ich nicht, daß das eine gezielte Kritik an unserer Wohnungspolitik der vergangenen Jahre ist.
    Herr Kollege Schneider, auch Sie haben diese Probleme angesprochen und auf die sozialliberale Verantwortung hingewiesen. Diese Strukturprobleme im sozialen Wohnungsbau sind in ihrer Anlage natürlich sehr viel älter. Die Instrumente des sozialen Wohnungsbaus sind sehr viel früher entwickelt worden. Die gravierendsten Probleme, was Mietverzerrungen z. B. betrifft, haben wir in den sehr frühen Förderjahrgängen. Sie wissen, daß dort Korrekturen über gesetzliche Eingriffe aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gerade einfach sind.
    Meine Damen und Herren, Bundesregierung und Koalitionsfraktionen sind gewillt — dies ist in der Regierungserklärung deutlich angesprochen worden und dies hat auch der Herr Minister heute morgen gesagt —, die Probleme anzugehen. Das wird nicht ohne einschneidende Maßnahmen, nicht ohne den Zwang zum Abschiednehmen von liebgewordenen Subventionsusancen, nicht ohne deutliche Mehranforderungen an die Leistungsbereitschaft unserer Bürger abgehen, selbst wenn Bundesregierung und Koalitionsfraktionen bemüht sind und bemüht bleiben werden, dies alles mit äußerster Behutsamkeit und unter Vermeidung sozialer Friktionen zu tun.
    Ich meine, die Hauptaufgabe bei der Entwicklung der neuen Wohnungspolitik — und dies ist begonnen worden — liegt darin, über die Rolle des Staates im und am Wohnungsmarkt nachzudenken, diese Rolle des Staates neu zu definieren.
    Dabei kommt man unter dem Aspekt der Analyse der heutigen Nachfrage und unter dem Aspekt der Situation der öffentlichen Haushalte aller Ebenen um eine Vorausfeststellung nicht herum: Der Finanzierungsbedarf, sei es für Neubau, sei es für Modernisierung, für Sanierung, für Stadterneuerung oder



    Gattermann
    für Verbesserung des Wohnumfeldes, ist mindestens für die nächsten zehn Jahre durch die auf den Wohnungsmarkt drängenden geburtenstarken Jahrgänge, durch veränderte Wohnformen, durch im Zuge der Modernisierung wegfallende Bestandszahlen, durch Nutzungsänderungen, sehr, sehr hoch. Ohne mich auf bestimmte Zahlen festlegen zu wollen und zu können, ist aber die Erkenntnis unabweisbar, daß der Finanzierungsanteil des Staates — und hier meine ich alle Ebenen — sehr, sehr schmal ist, sich
    — um den Versuch zu machen, ihn zu quantifizieren
    — maximal in einer Größenordnung von 5 bis 8 % des Gesamtfinanzierungsbedarfs bewegen kann.

    (Vorsitz : Vizepräsident Dr. von Weizsäkker)

    Daraus folgt zweierlei, zum einen, daß der Staat im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzgebungskompetenz die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmendaten so zu setzen hat, daß die Erfüllung der Gesamtaufgabe durch private Investoren wieder verantwortbar wird, und zum zweiten, daß der Staat sein bescheidenes Mitfinanzierungsengagement auf die Absicherung all jener konzentrieren muß, die beim Marktgeschehen auf der Strecke bleiben, auf Anreize in wenigen Versorgungsbereichen, für die der Markt mit Sicherheit prognostizierbar kein Angebot liefern wird, und auf die Finanzierung von auf Dauer unrentierlichen Vorkosten im Mietwohnungsbau im Zusammenhang mit städtebaulichen Schwerpunktmaßnahmen.
    Meine Damen und Herren, es gilt Abschied zu nehmen von der Aufgabendefinition im Zweiten Wohnungsbaugesetz, wonach der Staat die unmittelbare Verantwortung für die Schaffung von Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zu tragen habe. Oder anders ausgedrückt: Es gilt, die ordnungspolitische Grundsatzentscheidung für eine flankierte, sozial verpflichtete Marktwirtschaft zu erneuern und in der praktischen Politik wieder sichtbar werden zu lassen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Wollen Sie das ändern?)

    Ich bin mir bewußt, daß dem einen oder anderen, auch im Lager der Koalition, diese sehr deutlichen Worte nicht so ganz schmecken, daß man sie vielleicht als eine Überinterpretation dessen bezeichnen wird, was im Ansatz zwischen den Koalitionsparteien vereinbart worden ist. Ich meine aber, daß dies so deutlich gesagt werden muß, damit die angestrebte Wiederbelebung der darniederliegenden Investitionsbereitschaft nicht schon im Vorfeld Schaden nimmt.
    Wenn sich die Regierungsparteien darauf verständigt haben, daß das Kostenmietenniveau im sozialen Mietwohnungsbestand mittelfristig an das Vergleichsmietenniveau herangeführt werden soll, dann heißt das eben, daß der Markt vereinheitlicht werden soll, was eine zwingende Voraussetzung für funktionierendes Marktgeschehen ist.

    (VergleichsMeine Damen und Herren, soweit Einzelmaßnahmen bereits konkret angesprochen worden sind — ich meine, es ist etwas früh, heute eine Gesamtbewertung vorzunehmen, denn Sie wissen ja noch gar nicht, was Ihnen als Gesamtpaket im Laufe des ersten Halbjahres 1981 auf den Tisch gelegt werden wird —, ich nenne das Stichwort Staffelmiete, kann man natürlich trefflich darüber streiten, ob solche Maßnahmen angesichts der Schere zwischen Herstellungskostenniveau und aktueller Ertragssituation ausreichen. Man kann da durchaus seine Zweifel haben; es wäre aber verhängnisvoll, über die psychologischen Einflußfaktoren schon jetzt ein mögliches positives Ergebnis zu zerreden. Mindestens die Großanleger — sprich: Lebensversicherer — sind aufgefordert und gefordert gemäß ihren eigenen Erklärungen zu diesem Thema, einmal durch großangelegte Versuche in diesem Bereich unter Beweis zu stellen, ob die Staffelmieten den gewünschten Erfolg haben oder nicht. Meine Damen und Herren, es gibt den einen oder anderen, der sich für das Gesamtpaket, das ja im Ansatz marktwirtschaftlich angelegt ist, ein negatives Ergebnis zwar nicht gerade wünscht, aber auch nicht so sehr traurig darüber wäre, um danach sagen zu können: Seht einmal, die Marktwirtschaft hat versagt — damit der Staat wieder total in die Verantwortung genommen werden kann. Den wenigen will ich sagen, daß sie nach Einschätzung der FDP-Fraktion einen sehr, sehr gefährlichen Weg beschreiten, denn angesichts der Haushaltssituation aller öffentlichen Hände werden sie es nicht schaffen, die Versorgung staatlich-administrativ auf dem erreichten Wohnflächenniveau zu sichern. Sie würden sich am Ende als administrative Verwalter des Mangels wiederfinden. (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sie haben Anlaß, das zu sagen!)


    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Das wissen Sie auch noch nicht!)


    (Franke [CDU/CSU]: Sind das wenige?)

    Der Weg, den die Bundesregierung eingeschlagen hat und inbeirrt gehen wird, ist der andere, ist der richtigere.
    Noch eines muß in diesem Zusammenhang in aller Deutlichkeit ausgesprochen werden. Angesichts des zwischenzeitlich erreichten Niveaus der Herstellungskosten von Wohnungen wie des Niveaus der Bewirtschaftungskosten von Wohnungen werden in



    Gattermann
    der Zukunft im Durchschnitt deutlich höhere Mieten gezahlt werden müssen

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    genauso, wie seit langem in dem funktionierenden Marktbereich, nämlich dem Eigentumsbereich, deutlich höhere Lasten gezahlt werden. Dabei meine ich nicht die Vermögensbildung durch Abzahlung des Darlehens. Das ganze Konzept kann nur funktionieren, wenn in der Regel für die Wohnung der nach Lage, Größe und Ausstattung angemessene Mietzins gezahlt wird. Das gilt mittelfristig nicht nur für Neubaumieten, sondern das muß nach und nach

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: In welchem Zeitraum?)

    auch für den Bestand gelten.
    Nur der guten Ordnung halber will ich noch anfügen, daß dies die soziale Verpflichtung des Staates, denjenigen aufzufangen, der dabei Schaden nehmen könnte, intensiviert. Das heißt, man muß natürlich die Querrechnung zum Wohngeldgesetz in jedem Falle anstellen. Aber nur so glauben wir und glaubt die Bundesregierung, wenn ich Sie richtig interpretiere, daß die Dinge in der Zukunft werden laufen können.
    Meine Damen und Herren, ich will hier noch einmal ganz kurz die Definition der Rolle des Staates resümieren: Der Staat — der Bund — hat bei der Setzung der Rahmendaten für den Wohnungsmarkt alles zu tun, um unter Wahrung der gebotenen Sicherung des Wohnungsmieters ein funktionierendes Marktgeschehen zu gewährleisten. Er hat die am Markt finanziell Überforderten subjektiv zu unterstützen. Der Staat — hier meine ich insbesondere Länder und Gemeinden — hat durch finanzielles Engagement das Marktangebot für soziale Zielgruppen abzurunden und in Unterversorgungsregionen das Marktangebot über finanzielle Anreize zu vermehren, und er hat in städtebaulichen Schwerpunktmaßnahmen Wohnungsbau finanziell möglich zu machen. Eine solche bescheidene Definition der Rolle des Staates begegnet natürlich Einwendungen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Wollen Sie § 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes ändern, Herr Gattermann?)

    — Dies wird aus dem, was ich eben vorgetragen habe, eine für mich zwangsläufige Folge sein.
    Meine Damen und Herren, ein solches Verständnis von Wohnungspolitik begegnet Einwendungen, die auch in der heutigen Debatte angeklungen sind. Es wird argumentiert, ein weitgehend marktwirtschaftliches Konzept müsse scheitern, weil die berüchtigte Schere zwischen Kostenmietenniveau und Leistungskraft der Wohnungsnachfrager nicht geschlossen werden könne, so daß die erforderlichen Investitionen weitgehend ausbleiben würden. Weiter wird gesagt, marktwirtschaftliche Konzeptionen könnten allenfalls mittelfristig greifen, die aktuellen Versorgungsengpässe in Ballungsgebieten erlaubten aber keinen Aufschub.
    Zum Scherenargument: In der Tat kann man privaten Investoren die Lücke zwischen Kostenmieten von bis zu 20 DM pro Quadratmeter und eingewöhnten Bewilligungsmieten von 5, 6 oder 7 DM pro Quadratmeter nicht ausreden. Ohne deutliche Korrekturen der Rahmendaten und ohne flankierende staatliche Maßnahmen wird es nicht gehen.
    Nach Auffassung der FDP-Fraktion müssen drei Faktoren zusammenwirken. Einen habe ich bereits angesprochen. Ich will das noch einmal verdeutlichen: Der rechtliche Bewirtschaftungsrahmen für Wohnungsvermietung muß insoweit neugestaltet werden, daß eine zeitnahe Anpassung der Mieten an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse ohne unerträglichen bürokratischen Aufwand möglich wird, so daß der Investor eine Kalkulationsgrundlage zur Festlegung jenes Zeitpunktes hat, zu dem er mit seiner Investition in die Kostendeckung oder gar in die Rendite hineinwächst.
    Das bedeutet gleichzeitig korrespondierend dazu, daß die Leistungsbereitschaft der Wohnungsnachfrager deutlich verbessert werden muß, daß im Rahmen des privaten Wohnungsbudgets die Wohnkosten wieder einen wesentlich höheren Stellenwert erhalten müssen, als wir es heute haben.

    (Niegel [CDU/CSU]: Wie hoch, Herr Gattermann?)



Rede von Dr. Richard von Weizsäcker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Niegel?

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    Rede von Hans H. Gattermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich weiß ja schon, welche Zwischenfrage kommt, deswegen gestatte ich sie.