Rede von
Dr.
Oscar
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Verehrter Kollege Müntefering, das meine ich natürlich überhaupt nicht. Im Gegenteil. Genau bei dieser Gruppe muß die soziale Wohnungspolitik einsetzen. Aber Ihre soziale Wohnungspolitik versagt ja. Dafür liefern Sie tagtäglich neue Beweise. Unsere gesetzlichen Instrumentarien sind stumpf.
Ich komme auf die Wohnungsmisere in Berlin zurück. Berlin hat den höchsten Wohnungsversorgungsgrad überhaupt. Auf 1 000 Berliner entfallen 576 Wohnungen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 403. In vielen Bereichen ist die Wohnungsversorgungsquote sogar niedriger. Da stimmt doch etwas nicht. Mit perfektionistischen, dirigistischen, planwirtschaftlichen und superbürokratischen Systemen kann man den Verteilungsmechanismus nicht in Gang setzen. Gerecht verteilen, marktgerecht verteilen kann eben nur der Markt und sonst niemand.
Wenn wir die Kostenmiete, die Sozialmiete schrittweise — das ist auch ein Prozeß von mehreren Jahren — unter jeweiliger sozialer Absicherung in die Vergleichsmiete überführen, bedeutet dies nur für einen Bruchteil der Anspruchsberechtigten eine Veränderung der mietpolitischen Situation. Wir haben nach der Anhebung der Einkommensgrenzen nach § 25 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes etwa 10 bis 11 Millionen Anspruchsberechtigte. Nur 4,5 Millionen Familien wohnen in Sozialmietwohnungen. Davon sind 1,5 Millionen Fehlbeleger. Den 3 Millionen Familien, die berechtigterweise in diesen Sozialwohnungen leben,
— niemand will jemand rausschmeißen, ich am allerwenigsten, ich bin kein gewalttätiger Mensch, Sie kennen mich —, stehen etwa 7 Millionen gegenüber, die auch einen Wohnungsberechtigungsschein haben. Für diese sind Sie blind, für die machen Sie gar nichts. Ich sage nicht, daß alle 7 Millionen, die da draußen stehen, unbedingt herein müssen; aber unbedingt herein müssen mindestens noch so viele, wie jetzt drin sind; die kriegen kalte Füße, die frieren, haben keinen Mantel, keine Pelzmütze, gar nichts. Für die, die drin sind, haben wir alles.