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ID0901801400

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    Plenarprotokoll 9/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Inhalt: Begrüßung des Handelsministers der Re- publik Indien, Professor Mukherjee . . . 745 D Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 711 C Frau Traupe SPD 716 C Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 718 B Dr. Schneider CDU/CSU 727 B Gattermann FDP 731 A Waltemathe SPD 735 A Dr. Riesenhuber CDU/CSU 737 A Wolfram (Recklinghausen) SPD 742 A Beckmann FDP 746 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 748 C Franke CDU/CSU 751 A Glombig SPD 757 A Cronenberg FDP 763 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 766 C Pfeifer CDU/CSU 771 D Frau Weyel SPD 776 D Dr.-Ing. Laermann FDP 779 D Engholm, Bundesminister BMBW 784 A Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT . 786 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 Lenzer CDU/CSU 788 B Stockleben SPD 791 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 793 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 796 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 799 D Hölscher FDP 803 B Spranger CDU/CSU 806 B Kühbacher SPD 809 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 813 A Baum, Bundesminister BMI 814 D Dr. Ehmke SPD (Erklärung nach § 32 GO) 817 C Nächste Sitzung 817 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 818*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1981 711 18. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer 30. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Dübber 29. 1. Dr. Enders * 30. 1. Ertl 29. 1. Dr. Feldmann 30. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Gansel 30. 1. Dr. Geißler 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Haase (Fürth) 30. 1. Dr. Hennig 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Jung (Kandel) * 30. 1 Kittelmann * 30. 1. Korber 30. 1. Dr. Kreile 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Simonis 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek * 30. 1.
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    Rede von Dr. Friedrich-Adolf Jahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Müntefering, ich brauche mich davon in keiner Weise zu distanzieren. Ich habe lediglich gesagt, daß es, wenn wir die Fehlbelegung lösen wollen, notwendig ist, nicht, wie es die Regierung tut, nur ein einziges Modell vorzulegen, sondern daß die anderen Modelle, die viel wichtiger sind und die Probleme besser lösen, Anspruch darauf haben, mit ihnen gemeinsam in gleicher Weise diskutiert zu werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Koalitionsvereinbarung kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier die Bahrsche Vertragskunst am Werk war. Jeder kann nach dem Motto „Laßt uns Formeln finden" die Koalitionsvereinbarung auslegen, wie er es will. Und so geschieht es. Herr Kollege Gattermann sah sich bereits genötigt, öffentlich die Einhaltung der Koalitionsvereinbarung einzuklagen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden fragen: Was ist die Position der CDU/CSU?

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Völlig eindeutig!)

    Hier können wir uns durch eine langjährige Politik in diesem Haus noch einmal mit unserem obersten Leitsatz empfehlen, daß das bestimmende Ordnungsprinzip auch im Wohnungsbau die Soziale Marktwirtschaft ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir fügen hinzu, daß die Wohnungswirtschaft unter sozialer Absicherung der einkommensschwachen Bevölkerungskreise schrittweise in die Marktwirtschaft überführt werden muß. Der Lücke-Plan aus dem Jahr 1960 ist die Magna Charta, wie es im Wohnungsbau hervorragend zum Wohl unserer Bürger bestellt ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    SPD-Politiker — so Herr Kollege Conradi — beklagen, das private Kapital gehe jetzt vorrangig in die Modernisierung und nicht mehr so sehr in den Neubau. Das trifft zu. Aber man muß auch den Mut haben, zu fragen, warum. Wenn Sie sich fragen, warum diese Mittel jetzt in die Modernisierung gehen, haben Sie gleichzeitig das Rezept für den Neubau. Denn hier sind steuerliche Anreize zusätzlich geschaffen worden, und hier hat man das Vergleichsmiete-Prinzip gelockert.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Dies ist die Magna Charta für andere Initiativen, die wir gemeinsam anfassen sollen.
    Ohne die Aktivierung privaten Kapitals ist eine spürbare Verbesserung auf dem Wohnungsmarkt nicht zu erwarten. Wohnungsbau braucht Marktwirtschaft. Anders formuliert: Ökonomie statt Ideologie.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Ohne den Abbau von Hemmnissen für private Investitionen geht es in der Wohnungsbaupolitik nicht wieder bergauf.
    Die Bundesregierung hat im Bericht über die Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes den Zusammenhang zwischen mangelnder Investitionsbereitschaft und der Mietgesetzgebung geleugnet. Sachverständige haben ihr widersprochen. Es darf nicht übersehen werden, daß sich die bestehenden Vorschriften zum Nachteil der Wohnungsuchenden ausgewirkt haben. Eine Änderung der mietrechtlichen Rahmenbedingungen ist zwar nicht die einzige Voraussetzung, aber eine der wesentlichen Vorausetzungen dafür, daß Investitionen im frei finanzierten Wohnungsbau wieder attraktiver werden.
    Deshalb sind wir der Auffassung:
    Erstens. Die CDU/CSU hält an ihrem ordnungspolitischen Ziel fest, privates Eigentum an Grund und Boden und an Wohnungen breiter zu streuen.
    Zweitens. Junge und kinderreiche Familien müssen frühzeitig Wohnungseigentum erlangen können.
    Drittens. Da nicht alle Bürger Eigentum an der Wohnung erwerben können oder wollen und da für sie die Mietwohnung Mittelpunkt ihres Lebens ist, ist ein gesetzlich festgelegter Schutz der Mieter gegenüber nicht gerechtfertigten Kündigungen unverzichtbar.
    Viertens. Auf der anderen Seite muß die Möglichkeit eingeräumt werden, Mieten zu erzielen, die die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzers gewährleisten. Dies ist ein Anspruch des Gesetzgebers an das Vergleichsmieten-Prinzip.
    Fünftens. Das Mietrecht muß in bezug auf die Ermittlung der Mieten praktikabler gestaltet und entformalisiert werden.
    Sechstens. Das Mietrecht muß an die akuten Bedürfnisse des Marktes angepaßt werden. Nur mehr Vertragsfreiheit im Wohnungsbau kann die Probleme überhaupt lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb sagen wir trotz mancher Bedenken auch nicht nein zur Staffelmiete. Nur sollte diese Möglichkeit dann nicht nur für den Neubau, sondern auch für den Bestand gelten, wenn eine Wohnung frei wird.
    Siebtens. Meine Damen und Herren, bei vielen Vermietern besteht der Wunsch, Mietverträge für eine bestimmte Zeit wirksam abschließen zu dürfen, weil der Wohnraum zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt, z. B. für einen Familienangehörigen, benötigt wird. Wir haben in Ballungsgebieten auch deshalb Mangel, weil einige Bürger den Wohnraum, den sie zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt für eigene Familienangehörige benötigen, nicht vermieten. Auch dieses Problem wollen wir lösen, aber nicht, wie ge-



    Dr. Jahn (Münster)

    stern in der Zeitung zu lesen war, durch staatlichen
    Zwang, sondern durch Anreize für die Vermietung.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zur Fehlbelegungsabgabe. Für die Einführung der Fehlbelegungsabgabe spricht zunächst, daß Ungerechtigkeiten beseitigt werden. Aber die Bedenken sind erheblich. Mit der Fehlbelegungsabgabe wird nämlich nur ein Teilproblem gelöst. Nicht gelöst werden die Probleme der Unterbelegung; nicht gelöst werden die Probleme der Mietenverzerrung; nicht gelöst wird die schreiende Ungerechtigkeit, daß zwei Drittel unserer Bürger, die einen Anspruch haben, ohnehin auf den Markt verwiesen werden und nur ein Drittel — das sind die Kapitalkräftigeren gegenüber denen, die nichts haben — diese Wohltat bekommt.
    Die Marktspaltung wird festgeschrieben, die Bürokratie ist erheblich. Die Überprüfung von 5 Millionen Haushalten erfordert einen riesigen Verwaltungsaufwand; 0,8 Millionen werden aller Voraussicht nach abgabepflichtig. Für Dauerbeschäftigung ist gesorgt. Es ist zu befürchten, Herr Minister, daß sich die Fehlbelegungsabgabe selbst auffrißt.
    Es wäre interessant, Herr Minister , wenn Sie dem Hohen Hause heute einmal vortragen würden, was denn die Verbandspolitiker bei der Anhörung in den letzten Tagen in Ihrem Hause über das Institut der Fehlbelegungsabgabe zu Protokoll gegeben haben. Hat sich nicht der Gewerkschaftsbund mit Nachdruck gegen die Fehlbelegungsabgabe ausgesprochen? War es nicht so, daß die Verhandlung in Ihrem Hause, weil Sie nicht konnten, weil der Staatssekretär nicht konnte, weil der zuständige Ministerialdirektor nur zeitweise da war, von einem Ministerialdirigenten geleitet wurde mit dem Ergebnis, daß der überwiegende Teil der gesamten Verbandspolitiker große Bedenken gegenüber der Fehlbelegungsabgabe angemeldet hat?
    Trotz Fehlbelegung wird dem Bauherrn die Subvention — das ist das zinsverbilligte Darlehn — weiter gewährt und das gleiche, was durch diese Zinsverbilligung erreicht wird, bei einem Dritten, dem Fehlbeleger, abgeschöpft. Ich muß fragen: Hat das nicht etwas mit Parkinson zu tun? Keine einzige Wohnung wird bei einer Fehlbelegungsabgabe mehr gebaut.
    Folgt man der Rechtsauffassung der Bundesregierung, die die Fehlbelegungsabgabe nicht mehr als Abgabe besonderer Art, sondern nunmehr als beitragsähnliche Abgabe ansieht, so ist nach Auffassung von Steuerexperten die erhaltenswerte Einrichtung, die die Bundesregierung geschaffen hat, der fehlbelegte Wohnungsbestand. Das zeigt schon die Fragwürdigkeit der Konstruktion.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Union hat schon immer gesagt, daß die Fehlbelegungsproblematik gelöst werden muß. Sie steht dazu und will nicht beim Status quo verbleiben. Wir müssen uns aber vorbehalten, daß wir auch andere Modelle

    (Waltemathe [SPD]: Ablehnen!)

    gleichzeitig in die Diskussion bringen, nämlich Modelle, bei denen nicht nur die Fehlbelegung, sondern auch die Ungerechtigkeiten, die Mietenverzerrung und die Unterbelegung gleichzeitig beseitigt werden. Deshalb muß gleichzeitig geprüft werden, warum es nicht vertretbar sein soll, den sozialen Wohnungsbau schrittweise — gegen Rückzahlung der öffentlichen Mittel — aus den Bindungen zu entlassen, und zwar unter gleichzeitiger individueller Absicherung über das Wohngeld. Herr Minister, Sie haben im „Express" 1978 und auch im „Rheinischen Merkur" 1978 immer wieder gesagt, daß das Problem der Fehlbelegung durch eine Fehlbelegungsabgabe nicht zu lösen sei;

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    eine große Bürokratie stehe dem entgegen. Unsere Frage ist: Warum gelten diese Prinzipien nicht auch heute? Darauf, daß Sie Ihre Meinung hier um genau 180 ° geändert haben, müssen Sie eine Anwort geben.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalition muß uns zunächst einmal sagen, was sie denn selbst konkret will. Die Koalition ist uneins. Herr Gattermann bezeichnet die Fehlbelegungsabgabe als Übergangslösung. Herr Müntefering sagt: Keine Übergangslösung, kein Einstieg zum Ausstieg. Herr Gattermann sagt: Wir wollen nicht alle Haushalte überprüfen, sondern nur Stichproben machen. Die SPD erklärt: Alle Haushalte müssen überprüft werden. In diesem Sachzusammenhang, meine Damen und Herren, müssen wir auch die Frage stellen: Wer gibt denn nun in der Regierung den Ton an?
    Herr Kollege Wehner, Sie haben gemeinsam die Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau angehoben. Herr Kollege Matthöfer erklärt während dieser Haushaltsdebatte hier in diesem Hause, daß nun endlich die Frage aufgeworfen werden müsse, ob die Einkommensgrenzen nicht heruntergesetzt werden sollten. Herr Bundesbauminister, ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie heute vor diesem Hause sagen würden, ob Sie die Meinung Ihres Kabinettskollegen Matthöfer in diesem Punkte teilen oder ob Sie die Sache für sich offenlassen wollen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ob er sie teilen darf!)

    — Oder teilen darf, sehr gut.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minister Haack, Sie haben weiter vorgestern in der Presse durchaus publikumswirksam gesagt: Wir müssen Investoren mit einem Steuerbonus zum Bauen anreizen. — Herr Minister Haack hat den Progressiveffekt für den Wohnungsbau erkannt. Das haben wir immer gesagt. Herr Kollege Matthöfer geht aber hin und will § 7b und andere steuerrechtliche Vergünstigungen abschaffen. Hier ist ein Widerspruch.
    Herr Minister Haack, Sie haben den Sozialpfandbrief und den Steuerbonus nach dem Berlin-Modell genannt. Herr Matthöfer hat das alles in seinem Konzept nicht vorgesehen. Ich bin der Meinung, daß Sie hier endlich einmal sagen müssen, was Sie wirklich wollen. Es muß aufhören mit der Doppelstrategie in unserem Lande, daß Sie als Ressortminister



    Dr. Jahn (Münster)

    draußen Forderungen erheben, die der zuständige Finanzminister am Kabinettstisch ablehnt. Dies haben die Bürger unseres Landes in dieser Form nicht verdient.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Konzept der sozialen Wohnungsmarktwirtschaft kann in fünf Punkten umrissen werden.
    Erstens: Vorrang für die Förderung selbstgenutzten Wohneigentums. Zweitens: Zulassung von mehr Vertragsfreiheit im Mietrecht. Drittens: Schrittweise Aufhebung der Zweiteilung des Wohnungsmarktes. Viertens: Individuelle Absicherung einkommensschwächerer Haushalte durch das Wohngeld. Fünftens: Konzentration der knappen öffentlichen Mittel des sozialen Wohnungsbaus zur Beseitigung von Marktschwächen.
    Mit dieser Konzeption kann man nur leben, wenn man von dem Abschied nimmt, was die Regierung bisher auf diesem Felde selbst vorglegt hat.
    Meine Damen und Herren, wir wissen, daß wir für unsere Initiativen, die wir vorlegen, im Augenblick in diesem Hause keine Mehrheit haben. Wir werden Ihnen von der FDP aber Gelegenheit geben, Ihre eigenen Wahlversprechen im Deutschen Bundestag einzulösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auf das Einklagen von Koalitionsvereinbarungen, Herr Gattermann, können Sie dann getrost verzichten. Die längst überfällige Wende in der Wohnungsbaupolitik sollte nicht länger aus Koalitionsrücksichten blockiert werden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist die marktwirtschaftliche Alternative, der einzige Weg, daß auch mehr gebaut wird, und der einzige Weg, auf dem Bürgerinitiative, individuelle Entfaltung, Eigeninitiative und Eigenverantwortung von den Bürgern gefordert und auch gerne gegeben werden. Deshalb sollten wir diesen Weg gehen. Was private Initiative leisten kann, darf der Staat nicht an sich ziehen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Bremsen!)

    Nicht mehr Staat, sondern mehr Eigeninitiative ist der Schlüssel zum Erfolg auch in der Wohnungsbaupolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine abschließende Bemerkung. Viele öffentliche Erklärungen der letzten Zeit besagen: Lassen wir die Dinge so laufen, dann bewegt sich nichts. Der Vorwand, die Dinge in staatliche Hände zu übernehmen, wird immer größer. Wir wehren uns dagegen, daß Sie laufend sagen: Die Soziale Marktwirtschaft im Wohnungsbau hat versagt. Wer das sagt, verkennt, daß sich die Soziale Marktwirtschaft im Wohnungsbau zur Zeit überhaupt nicht frei entfalten kann. Deshalb sollte man dieses Argument nicht länger gebrauchen. Man sollte nicht eine Politik betreiben, die den Mangel, der zweifellos vorhanden ist, der auch künstlich aufgebaut ist, länger forciert. Vielmehr sollte man eine Politik betreiben, die darauf aus ist, mehr Eigeninitiative, mehr Eigenverantwortung zum Wohle unserer Bürger draußen im Lande zu entwickeln, und zwar nicht nur der Vermieter, sondern auch der Mieter. Denn Eigentum ist der beste Mieterschutz, und die Mieter sind am besten geschützt, wenn ein großes Wohnungsangebot vorhanden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Traupe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Brigitte Traupe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Jahn, ich werde Ihnen an gegebener Stelle antworten. Ich bin nur ein bißchen traurig darüber, daß Sie mir heute morgen nicht eine einzige neue Idee geboten haben, die sich auch realisieren läßt.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Wir warten auf Ihre!)

    In einer Zeit knapper werdender öffentlicher Mittel stellt sich für uns alle, also für die Politiker des Bundes, der Länder und der Kommunen — höflicherweise hätte ich umgekehrt anfangen sollen —, die Frage, welche sinnvolle Aufgabenverteilung und welche sinnvolle Aufgabenteilung wir in der Zukunft vornehmen wollen.
    Ich gehöre zu jenen, die in der augenblicklichen finanzpolitischen Situation aller drei Ebenen auch die Chance zum Nachdenken sehen. Sorgfältiger als bisher müssen wir uns unabhängig von der politischen Couleur fragen: Welche staatlichen Aufgaben der Daseinsfürsorge müssen wir weiterhin gewissenhaft wahrnehmen? Welche staatliche Ebene kann dies am sinnvollsten? Wird unabhängig von parteipolitischer Zugehörigkeit der Schutz Schwächerer, Behinderter beachtet? Kümmern wir uns genügend um soziale Gerechtigkeit, von der wir ja alle so viel sprechen? Und wir müssen uns fragen: Wie werden die notwendigen Geldmittel aufgebracht?
    Im Rahmen der heutigen Etatdebatte stellt sich für uns Bundespolitiker folgende Frage: Brauchen wir eine weitere öffentliche Wohnungsbauförderung, und sollte sich der Bund daran beteiligen? Auch wenn es von dem Herrn Vorredner wieder anders dargestellt wurde, die Förderung des Wohnungsbaus ist zunächst die Aufgabe der Länder. Der Bund beteiligt sich an den Förderungsprogrammen der Länder durch Finanzhilfen gemäß Art. 104 Abs. 4 des Grundgesetzes. Die bisherige staatliche Förderung des Wohnungsbaus hat — das ist unbestritten — zu einer stark verbesserten Versorgungslage geführt. Daher kann sich eine öffentliche Wohnungsbaupolitik meiner Meinung nach in den kommenden Jahren schwerpunktmäßig auf die Versorgung einkommensschwacher Haushalte konzentrieren, auf bestimmte Zielgruppen wie kinderreiche Familien, auf alleinstehende Elternteile mit Kindern, auf Schwerbehinderte, auf ältere Menschen. Ferner muß sie sich um die Bildung von privatem Wohnungseigentum in Form von Familienheimen oder Eigentumswohnungen kümmern.
    Nach der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 24. November 1980 sollte mit den Ländern



    Frau Traupe
    darüber verhandelt werden, daß die direkte Förderung des sozialen Wohnungsbaus in die alleinige Zuständigkeit der Länder gelegt wird. Mit den Verhandlungen soll im Frühjahr 1981 in einer BundLänder-Kommission begonnen werden. Demgemäß sind die im Haushalt 1980 vorveranschlagten Verpflichtungsrahmen für das Programmjahr 1981 ungekürzt übernommen worden. Erst ab dem Programmjahr 1982 sind Kürzungen entsprechend der Behandlung bei den Gemeinschaftsaufgaben — also um 20 % — vorgesehen. Dadurch wird neben der Konsolidierung des Bundeshaushalts Handlungsspielraum gewonnen und Druck auf die Länder ausgeübt, den Übergang vorzubereiten.
    In dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf des Einzelplans 25 und der Finanzplanung bis 1984 sind Verpflichtungsrahmen für die Programmjahre vorgesehen: im Sozialprogramm einschließlich der Aussiedler, also beim ersten Förderungsweg, jährlich 590 Millionen DM; im Eigentumsprogramm, dem zweiten Förderungsweg, jährlich 880 Millionen DM. Für den sozialen Wohnungsbau sind in der Finanzierungsplanung folgende Ausgabensätze des Bundes angenommen: 1981 für den Wohnungsbau für Zielgruppen 729,8 Millionen DM, für das Eigentumsprogramm 779,9 Millionen DM. Dies setzt sich bis in das Jahr 1984 fort.
    Aber wenn hier gesagt worden ist, der Bund habe in der Vergangenheit seine Aufgaben nicht wahrgenommen, so kann ich nur fragen: Spielt es keine Rolle, daß wir in den Jahren zwischen 1970 und 1979 allein von Bundesseite für Wohnungsbauprämien fast 12 Milliarden DM ausgegeben haben, daß wir für Wohngeld fast 7 Milliarden DM gezahlt haben und daß der Bund im Jahre 1980, das wir gerade abgeschlossen haben, Wohnungsbauprämien in einer Höhe von knapp 1 Milliarde DM und Wohngeld in einer Höhe von 911 Millionen DM gezahlt hat? Die nun in Kraft tretende neue Wohngeldnovelle bringt als soziale Komponente vor allem für Familien mit mehreren Kindern beachtliche Leistungen. Die Zeitungen haben das in den vorangegangenen Tagen und Wochen auch gewürdigt. Sie haben die Wohngeldempfänger darauf hingewiesen, daß der Stichtag der 31. Januar 1981 ist und die Wohngeldanträge gestellt werden müssen. Meine eigene Heimatzeitung schreibt zu Recht: Es kann nicht oft genug betont werden: Wohngeld ist kein Almosen des Staates. Wer zum Kreis der Wohngeldempfänger zählt, hat einen Rechtsanspruch darauf.
    Von wegen also, wir hätten nichts getan! Sehen Sie sich einmal die Leistung für einen Arbeitnehmer an, der allein verdient und in einem Vierpersonenhaushalt lebt! Sein Wohngeld steigt erheblich. Ich habe hier Beispiele vor mir liegen. Da ist einmal ein Lohn von 1 704 DM angegeben und eine Miete von 301 DM. Bis jetzt hat der Wohngeldempfänger 82 DM bekommen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Wir möchten etwas Neues hören! Das haben Sie doch angekündigt! Das können Sie alles im Haushaltsausschuß sagen!)

    In Zukunft wird er 55 DM mehr bekommen, also 137 DM. Hat er eine teurere Wohnung, steigt sein entsprechender Zuschuß um ein erhebliches.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wenn er eine Wohnung hat! Das ist das Problem!)

    — Langsam; darauf komme ich noch.
    Bei einem Sechspersonenhaushalt sieht es sogar so aus, daß jemand, der eine große Wohnung braucht und bei einem Lohn von 2 769 DM — mit den entsprechenden übrigen Zuschüssen — eine Belastung von 1 100 DM hat, in Zukunft 219 DM mehr bekommt, nämlich insgesamt 341 DM. Im Bundeshaushalt macht sich das dahin gehend bemerkbar, daß wir über 200 Millionen DM mehr für Wohngeld zur Verfügung stellen müssen als 1980.
    Meine Damen und Herren. Ich habe Herrn Dr. Jahn in der Hoffnung zugehört, wie ich anfangs sagte, ich würde hier neue Ideen für die Finanzierung des Wohnungsbaus erfahren. Aber mir fällt auf, daß die Opposition nur Schlagworte — da natürlich voran immer „mehr Marktwirtschaft und weniger Staat" — und kein wirklich sachliches Angebot unterbreiten kann. Natürlich brauchen wir sowohl den Markt als auch die Verantwortung des Staates und die Förderung durch ihn. Nur ein vernünftiges Abwägen, keine Schlagworte können uns in den nächsten Jahren helfen!
    Sie bieten uns auch immer wieder den Verkauf von Sozialwohnungen an Mieter als Lösung an. Dadurch wird das Problem, mehr Mietwohnungen bereitzustellen, nicht gelöst. Als Mitglied des Haushalts- und vor allen Dingen auch des Rechnungsprüfungsausschusses verhehle ich nicht, daß ich bei der Fehlbelegungsabgabe die Sorge habe, daß es uns ähnlich wie mit den BAföG-Darlehen geht: Der Verwaltungsaufwand könnte oftmals höher sein als das Ergebnis. Aber wir sollten diese Frage sachlich als Versuch prüfen und sie nicht sofort ideologisch betrachten.
    Meine Damen und Herren, wenn wir heute nicht genügend Wohnungen in Ballungsräumen haben, so ist das nicht allein und ausschließlich Schuld des Bundes. Wie ich eingangs sagte, gibt es für den Wohnungsbau die Mitverantwortung aller drei staatlichen Ebenen. Da wollen wir zuerst den Kommunen die folgenden Aufgaben nicht abnehmen: Sie müssen entscheiden, wie viele Wohnungen bei ihnen gebraucht werden. Sie müssen entscheiden, welches Verhältnis zwischen Mietwohnungen und Eigentumswohnungen sowie Eigenheimen richtig ist.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Das kann der Markt besser als staatliche Instanzen!)

    Sie haben die schwierige Aufgabe, Bauland sowohl für den sozialen Mietwohnungsbau als auch für den kleinen privaten Bauherrn bereitzustellen. Es ist ja doch wohl wahr, daß leider in der Vergangenheit die Mehrheit des Parlaments nicht den Mut zu einem vernünftigen Bodenrecht und zu einer vernünftigen Gestaltung der Bodenpreise hatte. Es kommt doch nicht von ungefähr — Sie haben es vielleicht in dem Bericht der Eidgenössischen Kommission in Zürich gelesen —, daß sich der Protest junger



    Frau Traupe
    Menschen dort entwickelt hat, wo die höchsten Baulandpreise ganz Europas gezahlt werden.
    Ich denke, wir müssen hier nachdenken und dürfen uns keine Scheuklappen anlegen.
    Ich gebe auch zu erwägen, daß es nicht sinnvoll sein kann, nur in den Ballungsräumen neue Wohnungen zu schaffen. Wir haben in den ländlichen Räumen die beste Infrastruktur, die ein west- oder osteuropäisches Land überhaupt aufweist. Wir haben Straßen, Schulen, Sportstätten, und es gibt Gott sei Dank auch noch eine Reihe von Arbeitsplätzen in ländlichen Räumen. Viele Kommunen haben nicht nur rechtzeitig billiges Bauland erworben, sondern sorgen auch dafür, daß es nicht spekulativ genutzt wird. Sie haben auch großzügig Gewerbegebiete zur Verfügung gestellt, um zu erreichen, daß die jüngere Bevölkerung bei ihnen bleibt. Wir müssen auch in Zukunft darauf achten, daß dies so bleibt.
    Vom Städtebauministerium und auch von den Ländern muß gründlich überlegt werden, ob nicht ein zu konzentrierter Bau von Wohnungen in Ballungsräumen eine zu starke Abwanderung aus ländlichen Räumen zur Folge hat.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Das war doch die Politik der SPD in den vergangenen Jahren!)

    Ausgleichen kann jedoch nicht zuerst der Bund. Diese Ausgleichsaufgabe haben die Länder. Sie haben dafür zu sorgen, daß es zwichen ihren Großstädten, den Ballungsräumen und dem ländlichen Raum zu einer Abstimmung über überregionale Verkehrsnetze und Arbeitsplätze kommt.
    Der Bund hat natürlich auch und in der Zukunft seine Verantwortung für den Wohnungsbau. Er bleibt aufgefordert, als Gesetzgeber für die gleichwertigen Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik zu sorgen. Er muß sie anstreben. Er muß dafür sorgen, daß ein gesundes Verhältnis zwischen Privateigentum und Mietwohnungen von allen drei staatlichen Ebenen angestrebt wird.
    Aber es ist eben eine Lüge, daß dies nur der Bund zu tun hat. Ich sage noch einmal, ich erwarte voller Interessen neue Ideen, realisierbare Ideen auch von der Opposition. Wir brauchen alle einen Pakt der Vernunft, keine harte Konkurrenz zwischen Großstädten und ländlichen Räumen, sondern ein wohl abgewogenes Verhältnis. Daran werden sich die Haushaltspolitiker der SPD auch im Bund beteiligen. Aber wir weisen mit aller Entschiedenheit zurück, daß nur der Bund die Verantwortung für diese Aufgabe trägt. Die Verfassung drückt es anders aus.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Möller [CDU/ CSU]: Wo bleiben denn Ihre neuen Ideen?)