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ID0901615500

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Metadaten
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    Plenarprotokoll 9/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Dienstag, den 27. Januar 1981 Inhalt: Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. Häfele CDU/CSU 515 C Westphal SPD 523 C Gärtner FDP 529 C Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 5300 Bonn Alleinvertrieb: Verlag Dr. Hans Heger, Postfach 200821, Herderstraße 56, 5300 Bonn 2, Telefon (0228) 363551 Haase (Kassel) CDU/CSU 537 B Walther SPD 542 A Frau Matthäus-Maier FDP 548 A Dr. Sprung CDU/CSU 554 A Gobrecht SPD 557 B Dr. Riedl (München) CDU/CSU 559 D Löffler SPD 563 D Rentrop FDP 566 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 568 B Dr. Spöri SPD 570 B Dr. Waffenschmidt CDU/CSU 572 D Kühbacher SPD 576 A Rapp (Göppingen) SPD 580 A Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU 581 D Wieczorek (Duisburg) SPD 583 D Hoffie FDP 586 D Dr. Hauff, Bundesminister BMV 589 C Kiechle CDU/CSU 593 A Hoffmann (Saarbrücken) SPD 596 A Dr. Zumpfort FDP 599 C Nächste Sitzung 604 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . .605* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 27. Januar 1981 515 16. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer * 27. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Enders * 30. 1. Ertl 27. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. Jung (Kandel) * 27. 1. Junghans 28. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Kittelmann * 30. 1. Klein (Dieburg) 30. 1. Korber 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek 30. 1.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Klaus-Jürgen Hoffie


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Dann kommt der Rottenführer und sagt: Noch einmal einen letzten großen Anlauf.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Und jetzt!)

    Dann kommt es. Sie greifen noch einmal an, wieder schüttelt sich der Elefant, aber endlich bleibt einer, der Anführer, oben. Der jubelt und triumphiert. Und da rufen die wenigen überlebenden Ameisen:

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hoffie!) Würg' ihn, Dieter, würg' ihn!


    (Heiterkeit und Zurufe von der CDU/CSU)

    So ist das, wenn Sie dieses Problem angehen wollen. Aber im Ernst: Was ich damit sagen will, ist, daß wir uns alle überhaupt keinen Illusionen hingeben können, es gäbe für die Bundesbahn auch nur irgendwo im verborgenen irgendein Patentrezept, mit dem ihre gewaltigen Probleme von heute auf morgen gelöst werden könnten. Mein Kollege Gärtner hat ja heute morgen versucht, dies sehr deutlich zu machen.
    Ich will auch hier sagen, daß die Opposition kein solches Rezept vorzuweisen hat. Früher wollte sie das ja alles mit dem Rechenstift machen. Heute wird dazu nicht viel mehr gesagt, als daß man möglicherweise etwas stärker investieren sollte. Natürlich können wir alle zusammen darauf hinweisen, daß es auf Dauer selbstverständlich nicht tragbar ist, wenn schon mehr als jede zweite Mark aus dem Verkehrshaushalt allein für die Deutsche Bundesbahn gebraucht wird. Natürlich braucht die Bahn mittelfristig eine ausreichende Dotierung der unabweisbaren Aufgaben. Natürlich gibt es am Ende für die Deutsche Bundesbahn auch Grenzen der Verschuldung.
    Aber in Wahrheit drücken doch die Bundesbahn vier wirklich schwere Hypotheken, die einer echten, durchgreifenden Sanierung entgegenstehen:
    Erstens. Nach Art. 87 des Grundgesetzes muß diese Bundesbahn als bundeseigene, als hoheitliche Verwaltung geführt werden.
    Zweitens. Sie muß ihre Aufgaben mit Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes erfüllen.
    Drittens. Sie muß Jahr für Jahr Beträge in Milliardenhöhe für Pensionen und andere Altersversorgungen aus den eigenen Erträgen aufwenden. Es ist ja schön, wenn man sagen kann, daß man 82 000 Bahner irgendwie hat freisetzen können. Aber unter diesem Titel laufen viele von ihnen dann doch in den Büchern der Deutschen Bundesbahn als Belastungen weiter.
    Viertens. Man muß hinzufügen, daß für den Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs — das ist ja eigentlich eine Aufgabe der Länder und Gemeinden — Milliardensummen auch von der Bundesbahn aufgebracht werden müssen.
    Ich sage hier ganz offen: Solange dieses so ist und bleibt, wird die Produktion bei der Deutschen Bundesbahn immer zu teuer bleiben. Solange wir das in einer wirklich großen Koalition der Vernunft aller Beteiligten und Betroffenen — da beziehe ich die Gewerkschaft ausdrücklich mit ein — nicht ändern, gibt es kein anderes Konzept als eine Politik sinnvoller kleiner Schritte oder — wenn man so will — auch bestimmter Maßnahmenbündel.

    (Beifall bei der FDP)

    Hier liegen mir besonders die Bereiche am Herzen, die Aktion erfordern. Das sind eine verbesserte Investitionsstruktur, die Anpassung an veränderte Markt- und Zukunftschancen sowie eine bessere Kooperation mit anderen Verkehrsträgern. Dies bedeutet unbedingt auch Verzicht auf nicht mehr gewollte oder auf solche Leistungen, die Privatunternehmen, meine Damen und Herren, besser und kostengünstiger erbringen können. Da bietet sich ja einiges zur Diskussion an. Hier muß sowohl die Öffentlichkeit als auch die politische Klasse grundsätzlich umlernen. Man kann nicht einerseits immer nur mit anklagendem Zeigefinger auf ein defizitäres Unternehmen deuten und sich andererseits zur gleichen Zeit gegen jeden noch so sinnvollen Abbau von Leistungen und unnötigen Defizitbereichen wenden, von Leistungen, die anders billiger und auch nicht schlechter wahrgenommen werden könnten, meine Damen und Herren.
    Da nützt es überhaupt nichts, Herr Kollge Schulte, wenn Sie sagen: Die Probleme der Bundesbahn gehen wir einmal damit an, daß wir eine Verbandsklage möglichst vermeiden. Warum kommen wir denn mit dem Neubau der dringend notwendigen Bundesbahntrassen nicht weiter? Doch nicht deshalb, weil wir das Institut der Verbandsklage haben, sondern deshalb, weil — auch ohne Verbandsklage — wegen eines rechtzeitigen und ausreichenden Dialogs mit dem Bürger in einem demokratischen Prozedere Hindernisse aufgebaut werden, wobei wir inzwischen aber doch sagen können, daß sich die or-



    Hoffie
    ganisierten Umweltschützer dem Ausbau von Bahntrassen heute am allerwenigsten entgegenstellen. Vielmehr kommt das aus anderer Ecke. Was den Straßenbau angeht, sieht das allerdings etwas anders aus.
    Meine Damen und Herren, ich meine, die Deutsche Bundesbahn muß, wenn sie im Wettbewerb bestehen will, als Unternehmen betrieben werden. Ich halte die Rationalisierungsreserven auch außerhalb des Personalbereichs noch nicht für ausgeschöpft; das sind sie auch in keinem anderen Unternehmen der freien Wirtschaft. Um dies zu erreichen, meine Damen und Herren, muß natürlich angemessen investiert werden. Und was die Einnahmeseite anlangt, müssen wir so ehrlich sein und sagen: Die Deutsche Bundesbahn muß eine realistische Tarifpolitik betreiben, Preise, Tarife verlangen, die der Markt hergibt und darf keine einzige Mark verschenken. Oder wir müssen weiter die Zustände beklagen, wie Herr Schulte das hier getan hat.
    Meine Damen und Herren, was den öffentlichen Personennahverkehr betrifft, muß an dieser Stelle auch einmal klargestellt werden, daß der Bund für diese Aufgaben allein mehr aufwendet als Länder und Gemeinden zusammen, die für diese Aufgaben eigentlich zuständig wären. Herr Waffenschmidt sollte sich hier einmal aus seiner Position in der Organisation der Städte und Gemeinden heraus bei der Deutschen Bundesbahn, beim Bund dafür bedanken, daß die Hauptlast für den ÖPNV eben nicht bei den Gemeinden liegt, wohin sie gehört, sondern daß diese vielmehr vom Bund getragen wird.
    Es ist natürlich schmerzhaft, daß die Streichung der Gasöl-Betriebsbeihilfe zu Tariferhöhungen zwingt, aber es ist doch wohl nicht darstellbar, meine Damen und Herren, daß Energie immer teurer, der Transport aber gleichzeitig immer billiger wird. Wenn 20 % des Endenergieverbrauchs in den Verkehrsbereich gehen, dann muß auch auf diesem Sektor der notwendige Beitrag geleistet werden. Das gilt für den Individualverkehr ebenso wie für das öffentliche Verkehrsangebot. Dies muß nach unserer Auffassung mit marktwirtschaftlichen Mitteln geschehen. Deshalb passen Energiesubventionen auch nicht mehr in die politische Landschaft. Wir begrüßen daher das Konzept der Bundesregierung, dem öffentlichen Personennahverkehr in den nächsten Jahren jeweils 150 Millionen bzw. 140 Millionen DM zur Stärkung solcher wichtiger Investitionsmöglichkeiten zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Dies ist sicher der erste richtige Schritt in die richtige Richtung, dem dann allerdings eine eher dauerhafte Lösung folgen müßte.
    Die FDP bleibt dabei, daß es das Sinnvollste und auch für den Bürger Einsichtigste und Akzeptabelste wäre, etwa 1 Pfennig aus der Mineralölsteuer, 1 Pfennig mehr jeweils zur Hälfte für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, aber auch dafür zur Verfügung zu stellen, das längst fällige Verkehrslärmschutzgesetz nun endlich in einer Form einzubringen und — auch für die FDP — zustimmungsfähig zu machen, daß es seinen Namen verdient, aber auch bezahlt werden kann.
    Im Laufe der Auseinandersetzung wird sich noch zeigen, wie es mit dem Beitrag der Opposition zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs aussieht, insbesondere ob man den Vorstellungen von Herrn Rommel folgt, der sich ja der Position der FDP angeschlossen hat. Herr Waffenschmidt hat heute nicht gesagt, ob sich seine Organisation anschließt. Aber wir werden sehen, wie das am Ende ausgeht.
    Meine Damen und Herren, ich möchte hier ein Zitat in die Debatte einführen. Da ist gesagt worden — ich zitiere —:
    Zu einer vernünftigen Situationsbeschreibung gehört auch die Erkenntnis, daß wir uns auf manchen Gebieten eine Infrastruktur geschaffen haben, die nicht mehr weiter ausgebaut werden muß und darf. Und wenn man mit dem Kraftfahrzeug durch Europa oder durch Amerika fährt, stellt man fest, daß wir uns auf diesem Felde eine Pause der Vernunft nicht nur leisten können, sondern uns selbst verordnen sollten.
    Meine Damen und Herren, das ist ja nicht meine Feststellung — —

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Bitte setzen Sie das Zitat fort! Das ist ganz wichtig!)

    — Wenn ich noch ein bißchen Zeit habe, werde ich das versuchen.— Dann haben Sie gesagt, die wirklich notwendigen Straßen müßten noch gebaut werden. Von Ihnen, Herr Dr. Dregger, stammt dieses Zitat.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: „Es gibt Regionen, die nach wie vor der Erschließung harren"!)

    Herr Kohl hat ja diese Position übernommen. Das heißt doch wohl — ich weiß nicht, ob Sie die Umfragen gelesen haben, wonach 80 % der Bürger gegen neue Straßen sind —, daß die CDU-Spitze einen Wandel der Wertvorstellungen mitgemacht hat. Da kommt Ihr verkehrspolitischer Sprecher her und sagt: Was ist das? Da findet überhaupt nichts statt, weder bei uns noch sonstwo, schon gar nicht in der Bevölkerung. — Ich weiß nicht, wie das Verhältnis der Verkehrspolitiker zu ihren Oberen ist, aber zumindest in der Spitze scheint sich eine etwas differenziertere Betrachtungsweise durchgesetzt zu haben, als den Erfolg von Verkehrspolitik allein danach zu bestimmen, wieviel Kilometer Asphalt und Beton wir noch in die Landschaft setzen.
    Meine Damen und Herren, wir haben schon seit Jahren versucht, diese Erkenntnis, die j a auch von der CDU aufgenommen worden ist, zu predigen und klarzumachen, daß die Verkehrsinfrastruktur in der Bundesrepublik besser und leistungsfähiger ist — das gilt auch für vergleichbare Länder — als anderswo in der Welt

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Der Leber-Plan stammt nicht von uns!)

    und daß ein gewandeltes Umweltbewußtsein unsere
    Bürger keine Volksfeste mehr feiern läßt, wenn eine
    neue Straße gebaut wird. Heute ist es ja eher umge-



    Hoffie
    kehrt: Es werden dort Feste gefeiert, wo der Bau von Straßen verhindert werden konnte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kommen Sie einmal in meinen Wahlkreis!)

    — Ich würde gern kommen und auch gleich sagen, wo wir den Ansatz sehen.
    In der Tat, Herr Dr. Schulte, wird dann auch niemand behaupten können, daß der erreichte Standard mit 6,5 Milliarden DM nicht nur gehalten, sondern auch weiter sinnvoll erhöht werden kann. Wir sollten doch hier nicht so tun, als wäre für Straßenbau plötzlich kein Geld mehr vorhanden. Es sind doch 6,5 Milliarden DM vorhanden. Wir meinen, es kommt in der Tat nicht darauf an, ob wir bis zum Jahre 2000 noch 3000 oder nur 2000 Autobahnkilometer hinzubauen, sondern es kommt vielmehr darauf an, daß wir sehr vernünftig und in Übereinstimmung mit Bürgern und Betroffenen zu Entscheidungen kommen, die zunächst einmal für uns selbst Prioritäten setzen, indem wir sagen: Es müssen ortskernentlastende Umgehungsstraßen gebaut werden; hier können wir einen positiven Beitrag leisten. Unfallschwerpunkte müssen beseitigt werden, und das vorhandene Netz muß so weit modernisiert werden, daß es eine sinnvolle und stimmige Ergänzung findet. Aber dafür — Herr Kollege Schulte, auch Sie haben Schwerpunkte in diesen Bereichen gesetzt — ist genügend Geld vorhanden.
    Wenn wir uns darauf verständigen, dann kann doch nicht wahr sein, daß Sie das Parlament künftig aus der Verpflichtung entlassen wollen, diese Prioritäten neu zu bestimmen. Ich unterstütze für meine Fraktion voll und ganz die Absicht des Bundesverkehrsministers, wieder zu den Prioritätenstufen I a und I b zurückzukehren, auch wenn wir den Bedarfsplan mit einer einheitlichen Dringlichkeitsstufe I erst vor wenigen Monaten verabschiedet haben. Aber wenn wir neue Prioritäten im Hinblick auf den Plan setzen müssen, meine Damen und Herren, dann darf das nicht am Parlament vorbeigehen. Das müssen wir selbst entscheiden. Wir wollen solchen Entscheidungen nicht ausweichen, und die sollten wir doch auch nicht irgendwelchen Verwaltungsbürokratien überlassen. Wir alle müssen uns dieser neuen Aufgabe stellen, wir müssen gemeinsam entscheiden und möglichst sofort handeln und nicht, Herr Schulte, erst in fünf Jahren. Ich meine, dies muß in der Verantwortung des Parlaments bleiben.
    Ich glaube, daß eines abschließend noch gesagt werden muß: Das ganze Lamento über den notwendigen Eingriff auch in den Verkehrshaushalt, das hier von der Opposition angestimmt wurde, kann nicht überdecken, daß die Bundesregierung und der neue Bundesverkehrsminister entschlossen sind, eine von allen, jedenfalls bisher immer, bejahte Verkehrspolitik der Vernunft und des Augenmaßes konsequent fortzusetzen. Deshalb muß hier noch einmal verdeutlicht werden, was verschwiegen wurde, nämlich daß der bisherige Ordnungsrahmen in der Verkehrspolitik voll erhalten bleibt. Das heißt, sie wird sich auch weiterhin so weit wie irgend möglich an marktwirtschaftlichen Grundsätzen orientieren. Dazu gehört auch die freie Wahl des Verkehrsmittels in einer kontrollierten Wettbewerbsordnung.
    Damit bleiben am Ende, Herr Dr. Schulte, die Leitlinien und die Ziele sozialliberaler Verkehrspolitik auch für die 80er Jahre auf Mobilität für Bürger und Wirtschaft ausgerichtet, auf eine nachfragegerechte Infrastruktur und natürlich auch auf die neuen Bedingungen, die Energiepolitik und die Beachtung von mehr Umweltschutz von uns verlangen. Für diese Politik möchte ich namens der FDP-Fraktion die volle Unterstützung der Freien Demokraten erklären. — Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Volker Hauff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Schulte hat in seiner Rede drei Dinge gesagt, wenn man von Einzelheiten absieht. Er hat erstens daran Kritik geübt, daß in verschiedenen Bereichen zu wenig Geld zur Verfügung steht.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Sie sagen „richtig", wunderbar. — Er hat zweitens gesagt: Die CDU/CSU wird keine Anträge auf Erhöhung stellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Er hat drittens gesagt: Wir werden auch keinerlei Umschichtungsanträge stellen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das hat er nicht gesagt! Da haben Sie etwas gehört, was er nicht gesagt hat! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich habe sehr sorgfältig zugehört, und ich habe nirgendwo entdeckt, daß der Kollege Schulte der Meinung war, man sollte in bestimmten Bereichen der Verkehrsausgaben Kürzungen vornehmen. Das ist die alte Art, wie Sie Opposition machen. Sie beklagen viel, Sie kritisieren viel, aber Sie legen keinerlei eigenes Konzept vor, und das ist bedauerlich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Wer regiert denn? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie regieren doch!)

    — Sicher regieren wir. Wir werden auch weiter regieren.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wann denn? — Aber nicht mehr lange!)

    Die Situation der Verkehrspolitik zu Beginn der 80er Jahre läßt sich meines Erachtens durch fünf Punkte skizzieren.
    Erstens. Die Leistungen auf dem Verkehrssektor in unserem Land sind überzeugend. Wir haben ein gut ausgebautes Verkehrswegenetz insgesamt, wir haben eine leistungsfähige Verkehrswirtschaft, und das föderative System hat sich in diesem Bereich im wesentlichen bewährt. Deswegen wird die Verkehrspolitik auch in der Zukunft, anknüpfend an diese überzeugenden Leistungen, unter der Überschrift



    Bundesminister Dr. Hauff
    der Kontinuität stehen. Das hat auch etwas mit den Leistungen zu tun, die mein Vorgänger Kurt Gscheidle auf diesem Gebiet in den letzten Jahren erreicht hat.
    Zweitens. Wir müssen uns mit der Tatsache auseinandersetzen, daß Energie teuer und knapp wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Donnerwetter!)

    Die Verfügbarkeit des Öls nähert sich dem Ende, und wir müssen mit einer weiteren Steigerung der Energiepreise, insbesondere der Ölpreise, rechnen. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, daß der Anteil des Verkehrssektors an dem Gesamtendenergieverbrauch unseres Landes in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, von 17 % vor wenigen Jahren auf jetzt 21 %. Das führt zu dramatischen Entwicklungen im Hinblick auf die einzelnen Verkehrsträger.
    Ich hatte heute vormittag ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Lufthansa. In diesem Unternehmen hat sich in den letzten acht Jahren der Anteil der Gesamtausgaben, die für Energie zur Verfügung gestellt werden müssen, von 7 % auf über 22 % erhöht. Dies muß Auswirkungen auf die Investitionen in diesem Bereich und auf die tatsächliche Inanspruchnahme der einzelnen Verkehrsträger haben.
    Drittens. Die objektive Umweltbelastung, Herr Kollege Schulte, in unserem Lande stößt an Grenzen. Der Verkehr belastet fast immer unsere Umwelt. In einigen Bereichen sind die Grenzen der Belastbarkeit erreicht, bei anderen sind wir nicht weit davon entfernt. Dies führt in der Tat dazu, daß sich — ich sage: mit Recht — das Umweltbewußtsein bei großen Teilen der Bevölkerung so verändert hat, daß viele Konsequenzen in der Verkehrspolitik verlangen.
    Viertens. Die Sicherheit in unserem Gesamtverkehrssystem ist nicht befriedigend. Solange Menschen im Verkehr zu Schaden kommen in der Größenordnung, wie dies bei uns geschieht, solange viele, viele Menschen dabei getötet werden, kann und darf es kein Nachlassen in unserem Bemühen um mehr Sicherheit im Verkehr geben.
    Dabei dürfen wir nicht nur an den Kraftfahrzeugverkehr denken, sondern vor allem an andere Verkehrsteilnehmer, von denen wir in den letzten Jahren gelernt haben, wie stark sie gefährdet sind. Ich denke an Fußgänger, an Radfahrer, an Kinder, an altere Menschen und an Behinderte.
    Fünftens. Die Ausgangssituation ist auch dadurch geprägt, daß die Finanzmittel knapper werden. Wer immer von der Opposition den Eindruck erwecken will, die Verkehrspolitik stünde allein unter dem Zwang der knapper werdenden Finanzmittel, dem sei gesagt: Alle fünf Rahmenbedingungen haben sich verändert und werden sich auch weiter verändern. Das gilt für die Energieverfügbarkeit, das gilt für die Umweltsituation und natürlich auch für den Finanzrahmen.
    Ich glaube, daß wir daraus als erstes und wichtigstes die Konsequenz zu ziehen haben, daß wir in Zukunft in stärkerem Maße darauf zu achten haben, wie wir unausgeschöpfte Kapazitäten in unserem Verkehrssystem durch eine bessere Verknüpfung der einzelnen Verkehrsträger, und zwar aller Verkehrsträger in dem jeweiligen Bereich, nutzen können.
    Dies gilt nicht nur im nationalen Rahmen, sondern das gilt selbstverständlich auch für die internationalen Verkehrsbeziehungen. Herr Kollege Schulte, ich habe unmittelbar nach meinem Amtsantritt die Gelegenheit genommen, nach Brüssel zu gehen und dort im Europäischen Rat die Konzeptionen der Bundesregierung vorzutragen und für die Vorstellung zu werben, daß wir auch auf dem Gebiet der Verkehrspolitik Europapolitik nicht mit der Krämerseele machen dürfen, sondern erkennen müssen, welche entscheidende Rolle Verkehrsinvestitionen für die Integration Europas tatsächlich spielen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir müssen erkennen, wie wichtig Verkehrspolitik, Eisenbahnpolitik und Straßenbaupolitik bei der Herstellung des modernen Nationalstaats in unserem Lande waren und daß wir vergleichbare Anstrengungen heute für Europa unternehmen müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies gilt auch im Bereich der besseren Zusammenfügung der einzelnen Verkehrsträger.
    Beim Güterverkehr ist die Verknüpfung von Straße und Schiene der wichtigste Ansatzpunkt. Dem kombinierten Verkehr gilt hier die Zukunft. Deshalb geht es darum, bestehende Terminals für den kombinierten Verkehr besser zu nutzen und neue Terminals zu bauen — darauf komme ich nachher noch einmal zurück —, auch neue Techniken des Umschlags zu entwickeln und Kooperation mit der Privatwirtschaft auf diesem Gebiet zu suchen, insbesondere zwischen den Verladern und der Bundesbahn.
    Dieses Prinzip der Zusammenarbeit gilt aber auch für die stärkere Verknüpfung im Personenverkehr zwischen Schiene und Straße, auch zwischen Schiene und Luftfahrt.
    In den Ballungsräumen sind die Verkehrsverbände auf der Basis der jeweils für eine Region optimalen Zusammenarbeit auszubauen. Dies ist nach unserer Verfassung in allererster Linie Sache der Länder und der kommunalen Gebietskörperschaften. Man sollte, wann immer man in diesem Zusammenhang Vorstellungen, Forderungen oder Kritik äußert, die Adressaten richtig wählen. In diesen jeweiligen Verkehrsverbünden müssen wir mit darauf achten, daß wir eine klare Arbeitsteilung zwischen den Verkehrsträgern in Bund, Ländern und Kommunen haben. Verknüpfung heißt hier vor allem die Vermeidung von Parallelinvestitionen und Erleichterung des Umsteigens von einem Verkehrsmittel zum anderen.
    Lassen Sie mich zum Beginn dieser Legislaturperiode das tun, was ich gestern gegenüber den Länderverkehrsministern getan habe: die herzliche



    Bundesminister Dr. Hauff
    Bitte äußern, einen Appell an Länder und Kommunen richten, in der Frage der Entwicklung von regionalen Konzepten für den öffentlichen Personennahverkehr in eine Kooperation einzutreten und die jeweilige Verantwortung zu übernehmen, damit es tatsächlich zu einer Kette der Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen in diesem Bereich kommt, das Verkehrsangebot insgesamt verbessert wird und zugleich auch die Wirtschaftlichkeit erhöht wird.
    Zweitens: Wir müssen von einem realistischen Investitionsrahmen ausgehen. Das heißt, der Umfang und die Struktur des Verkehrswegeplans 1980 müssen den insgesamt geänderten Rahmenbedingungen angepaßt werden, aber eben nicht schematisch, sondern: die Ziele des Verkehrswegeplans, die ich nach wie vor für richtig und zutreffend halte, müssen noch stärker akzentuiert werden.
    Nun komme ich zu Ihrer Bemerkung, Herr Schulte, in der Sie sagten: Was hat sich eigentlich verändert, seit dies verabschiedet wurde? Es ist richtig, im letzten Jahr hat man in Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung, Bundestag — allen Fraktionen des Bundestages — und dem Bundesrat die Prioritäten festgeschrieben. Sie wissen besser als ich, daß man damals bei der Verabschiedung nicht die Preissteigerungen berücksichtigt hat, die bereits zwischen 1978 und 1980 eingetreten sind. Sie wissen besser als ich, daß man zu dem Zeitpunkt, als dies verabschiedet wurde, von einer Planungsreserve in Milliardenhöhe ausging, obwohl jedermann wissen konnte, daß es bei der absehbaren Wirtschaftsentwicklung unrealistisch war, davon auszugehen. Sie wissen auch besser als ich, daß man bei der Verabschiedung dieser Sache davon ausging, daß es null Zusatzinvestitionen für die Lärmbekämpfung gäbe — obwohl das absolut unrealistisch ist. Daß es so gekommen ist — lassen Sie uns darüber offen reden! —, hat wesentlich damit zu tun, daß es ein Bundestagswahljahr war. Aber da sollten wir doch nicht anfangen, in dieser Frage den Schwarzen Peter um-herzuschieben,

    (Beifall bei der SPD)

    sondern da müssen wir jetzt anfangen, darüber nachzudenken, wie man mit einer solchen Situation wirklich vernünftig umgeht. Wir alle haben Anlaß, uns an die Brust zu klopfen. Ich mache Ihnen jedenfalls keinen Vorwurf — —

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sie haben die Regierungsverantwortung!)

    — So ist es. Ich will Sie gern ermuntern, Herr Kollege Dregger, einmal nachzulesen, an welcher Stelle, an welchem Punkt eigentlich welche Zusatzmaßnahmen in das Gesetz hineingeschrieben wurden. Das war nicht die Bundesregierung. Studieren Sie die Protokolle!

    (Wehner [SPD]: Das ist zuviel verlangt!)

    Dann lassen Sie uns sehen, was da wirklich los ist.

    (Zustimmung bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Richtig ist: es bleibt bei den Prioritäten. Weil ich sage „keine schematische Kürzung", gehen wir davon aus, daß das Programm zum Bau von Umgehungsstraßen, das gerade diesen Akzenten so gut gerecht wird, trotz der Finanzschwierigkeiten ungekürzt durchgeführt wird, daß die Beseitigung von schienengleichen Bahnübergängen ohne Reduzierungen fortgesetzt wird, daß wir Unfallschwerpunkte beseitigen. Wir sehen also die Prioritäten. Dabei sind die Investitionen mit eigenem Verkehrswert wichtiger als der Beginn von neuen Baumaßnahmen.
    Das sind alles keine populären Dinge, daß weiß ich auch. Wir werden in der Verkehrspolitik der nächsten Jahre keine Erfolgsmeldungen großen Umfanges haben. Wir werden uns darum zu bemühen haben, das knapper gewordene Geld so zu verwenden, daß dies insgesamt wirklich dem Ausbau unseres Verkehrssystems zugute kommt.
    Dies gilt auch für die Bundesbahn. Die Bundesbahn hat nach meiner Meinung eine gute Zukunft vor sich.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Deswegen legen Sie überall Strecken still!)

    — Warten Sie doch einen Augenblick! — Wenn Sie, Herr Kollege Schulte, hier sehr mannhaft beklagen, die Bahn nehme zu wenig Investitionen vor, dann würde ich dieser Ihrer Haltung sehr viel mehr Geschmack abgewinnen können, wenn Sie gleichermaßen mannhaft den Kollegen in Ihrer Fraktion öffentlich widersprächen, die im Zusammenhang mit den Neubaustrecken der Bundesbahn Forderungen erheben, die absolut unrealistisch sind, z. B. in Baden-Württemberg. Denn dort liegt eine der Schwierigkeiten, wenn wir über den Investitionsplan der Bundesbahn nachdenken: daß wir in unserem Land einen Realisierungszeitraum für Neubaustrecken der Bahn von 30 Jahren haben. Dies ist auf die Dauer nicht zu verantworten. So werden wir die Maßnahmen nicht durchführen können, die für die Bahn erforderlich sind. Die Schwierigkeiten sind nur zu überwinden, wenn wir als politisch Verantwortliche auch in unserer jeweiligen Partei mithelfen und nicht .nur hier über andere reden.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die Bürgerinitiativen!)

    Damit die vorhandenen Chancen tatsächlich wahrgenommen werden! Wenn wir — das gilt für jeden — uns in der eigenen Partei so mannhaft hinstellten, wie Sie es hier getan haben, und uns nicht nur beklagten, daß es hier keine Investitionen gebe, wäre dies Verhalten glaubwürdiger.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Es ist nicht die Bundesregierung, sondern es sind die Bürgerinitiativen!)

    Neue Chancen und neue Verkehrsmärkte ergeben sich für die Bahn aus ihrem Vorteil, ein energiesparendes Verkehrsmittel zu sein. Die Bahn muß dabei vor allem die Chance nutzen, die in der Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger liegt. Das heißt: mehr Kooperation, insbesondere beim kombinierten Verkehr. Im Personenfernverkehr hat die Bahn mit der Einführung des Intercity-Verkehrs die Gunst der Stunde schon genutzt. Das hat sich gelohnt. Hier sind alle positiven Entwicklungen der



    Bundesminister Dr. Hauff
    letzten Jahre zu einem zeitgemäßen, benutzerfreundlichen Angebot zusammengekommen. Hier zeigt sich die günstige Entwicklung der Produktivitätssteigerung bei der Bahn, des Einsatzes moderner Technik und des Ausnutzens von Marktchancen.
    Was die Wandlung zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen angeht, so hat die Öffentlichkeit noch immer nicht zur Kenntnis genommen — auch heute in der Debatte ist das nicht klargeworden —, daß sich die Deutsche Bundesbahn gar nicht ausschließlich wie ein Wettbewerber im Markt verhalten kann, wie das immer wieder von ihr gefordert wird. Dies ist eine Fiktion. Die Deutsche Bundesbahn erfüllt öffentliche Aufgaben. Diese Aufgaben sind diesem Unternehmen per Gesetz auferlegt, und zwar in einer Größenordnung wie keinem anderen Unternehmen in unserem Lande.
    Da kommt es dann, daß der Deutsche Bundestag sagt: wir wollen nicht mehr Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Bundesbahn zur Verfügung stellen! Und da kommt es dazu, daß im Juni 1979 der Deutsche Bundestag einstimmig beschließt, auf eine „rasche Verwirklichung aller Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, insbesondere auch im hochdefizitären Schienenpersonennahverkehr" zu drängen. Diese Forderung wurde von allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages getragen.
    Ich habe daraus die Konsequenz gezogen, daß ich den Vorstand der Deutschen Bundesbahn aufgefordert habe, alle seine Maßnahmen in diesem Bereich im einzelnen daraufhin zu überprüfen, ob dieser Maßstab, den der Deutsche Bundestag gesetzt hat, auch tatsächlich eingehalten wird. Ich habe ihn zweitens aufgefordert, bei diesen Maßnahmen nicht nur eine Vorkalkulation vorzunehmen, sondern anschließend nachzurechnen, ob die tatsächliche Kostenentwicklung dem auch entspricht. Drittens wurde der Vorstand der Deutschen Bundesbahn verpflichtet, im Laufe des Jahres 1981 ein verkehrspolitisches Konzept über die Rolle der Deutschen Bundesbahn im öffentlichen Personennahverkehr, insbesondere in der Fläche, vorzulegen.
    Wir alle werden entsprechend unserem gemeinsamen Beschluß aus dem Jahre 1979 im Herbst dieses Jahres zu prüfen haben, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Jedenfalls bin ich bereit, mit Ihnen in diesen Dialog einzutreten, um zu einer Konzeption zu kommen, die dann wirklich möglichst breit getragen wird.
    Tatsache ist heute, daß im Bereich der Deutschen Bundesbahn wichtige große Investitionsvorhaben für Neubaustrecken, beim Bau von Containerbahnhöfen, beim Bau von Rangierbahnhöfen blockiert sind, in erster Linie übrigens nicht durch Bürgerinitiativen. Wer das meint, hat die Situation nicht genau studiert.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Der Bürger vor Ort will keine Belastung. Er äußert dies durch die kommunalpolitisch Verantwortlichen, völlig unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Die Bahn hingegen braucht eine Modernisierung ihrer Netze, ihrer Umschlagmöglichkeiten, ihrer Bahnhöfe, um den Anforderungen der Zukunft gewachsen zu sein und um die Chancen der Zukunft zu nutzen. Dies ist eine der großen Aufgaben der Deutschen Bundesbahn.
    Lassen Sie uns in einen Wettstreit darüber eintreten, wie das Konzept aussehen sollte, mit dem man mit dieser Aufgabe besser fertig wird, die in der Tat für die Deutsche Bundesbahn unbefriedigend gelöst ist. Die Menschen bei der Bahn arbeiten, strengen sich an und setzen sich ein; sie verdienen unser aller Lob.
    Wir tragen aber eine Mitverantwortung. Wir dürfen nicht nur kritisieren, sondern müssen auch fragen, wie die tatsächlichen Schwierigkeiten besser überwunden werden können, um der Bahn wirklich eine gute Zukunft zu ermöglichen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der öffentliche Personennahverkehr unseres Landes wird trotz rückläufiger Steuereinnahmen aus dem Mineralölaufkommen weiter ausgebaut. Wenn der Ansatz der Verknüpfung richtig ist, müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, den öffentlichen Personennahverkehr in allen Bereichen auszubauen. In den Ballungsräumen wird das vorrangig mit Investitionsmaßnahmen gehen. Alle geplanten Investitionen können mit dem vorliegenden Haushalt finanziert werden.
    Für den ländlichen Raum muß ich die Behauptung zurückweisen, der Bund engagiere sich hier nicht. Der Bund leistet für den gesamten öffentlichen Nahverkehr finanziell mehr als Länder und Gemeinden zusammen. Lassen Sie mich dazu einige Zahlen nennen. Die Deutsche Bundesbahn betreibt auf ungefähr 90 000 Kilometern Omnibusverkehr in der Fläche. Die Deutsche Bundespost betreibt auf ungefähr 50 000 Kilometern Omnibusverkehr in der Fläche. Die Deutsche Bundesbahn betreibt auf rund 23 000 Kilometern Schienenpersonennahverkehr, mit einem Defizit von 4,22 Milliarden DM, davon weit über 70 % in der Fläche. Es handelt sich um vom Bund bereitgestellte Mittel, die dem öffentlichen Nahverkehr in der Fläche zugute kommen. Zusätzlich führen wir Modellvorhaben durch, um herauszufinden, welche neuen Möglichkeiten genutzt werden können.
    Wir werden mit Sicherheit darüber nachzudenken haben, wie wir beim öffentlichen Nahverkehr in der Fläche zu neuen Konzeptionen kommen. Aber das wird nur in ganz beschränktem Umfang vom Bund, im wesentlichen dann durch die Bundesbahn, zu leisten sein. Viel, viel wichtiger ist, daß das als politische Aufgabe derjenigen, die in der betreffenden Region Verantwortung tragen, angenommen wird.
    Ich komme damit auf eine Bemerkung über das Ausmaß der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs im Ballungsraum und in der Fläche durch die kommunalen Gebietskörperschaften, die, glaube ich, Herr Hoffie gemacht hat. Es ist nicht nur ein Finanzierungsproblem, sondern möglicherweise noch viel stärker ein politisches Gestaltungsproblem, daß man die Aufgabe als politische Herausforderung begreift und daraus Konsequenzen zieht.



    Bundesminister Dr. Hauff
    Es bleibt jedenfalls dabei: Die Deutsche Bundesbahn wird sich nicht aus der Fläche zurückziehen, es sei denn, es handelt sich vereinzelt um solche Vorhaben, die wirtschaftlich vollkommen sinnlos sind.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassend feststellen: Wer angesichts eines Haushalts von nahezu 25 Milliarden DM von einem Diktat der leeren Kassen in der Verkehrspolitik spricht, der hat jeden Sinn für Proportionen verloren.

    (Matthöfer [SPD]: Sehr richtig!)

    Es bleibt bei der Kontinuität, es bleibt bei der freien Wahl des Verkehrsmittels in einer kontrollierten Wettbewerbsordnung. Wir brauchen Kontinuität und Kooperation in der Verkehrspolitik, wir brauchen aber auch neue Akzente in der Investitionspolitik, um Energie einzusparen, um die Umwelt zu schonen und um die Sicherheit der Menschen in unserem Lande zu erhöhen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)